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Der Junge und der Reiher (2023)

****e22 Mann
1.049 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Der Junge und der Reiher (2023)
Bereits mehrmals verkündete Hayao Miyazaki das Ende seiner Karriere, nur um später ein weiteres langjähriges Herzensprojekt zu realisieren. 10 Jahre nach seinem letzten "letzten" Film, bleibt sich der Altmeister des Anime weiterhin treu und kehrt mit "Der Junge und der Reiher" aus dem Ruhestand zurück.

Die Macher vertrauten auf die Vorfreude und die Neugierde des japanischen Publikums und verzichteten daher auf Trailer und Promobilder vor der japanischen Veröffentlichung im Juli 2023, sodass wir auch in der westlichen Welt lange Zeit überhaupt nicht wussten, wovon der neue Ghibli-Film überhaupt handelt. Ich möchte es ihnen gleichtun und werde daher auf eine Inhaltsangabe verzichten. Nur soviel sei gesagt: narrativ befinden wir uns nach dem geerdeten "Wie der Wind sich hebt" wieder im Bereich von "Chihiros Reise ins Zauberland" und "Mein Nachbar Totoro" - also mehr im Fantastischen, in einer von Symboliken geprägten metaphorischen Seelen- und Gedankenwelt eines Kindes.

Miyazaki erschafft wieder traumhaft und malerisch schöne Bilder, wobei er sich diesmal besonders bei den Hintergründen von den Gemälden von Arnold Böcklins hat inspirieren lassen, die von teils skurrilen, teils emotionalen, aber nie eindimensionalen Figuren bevölkert werden. Typisch für ihn haben wir bspw. wieder keinen klaren Antagonisten, in Miyazakis Traumwelten gibt es nun mal keine rein bösen Kräfte. Jeder hat seine Motivation, jeder seine Existenzberechtigung und genau hierin legt er auch die zentrale Aussage seiner Adaption eines Jugendbuchs, das man eigentlich mit "Wie willst du leben?" übersetzt und was auch der passendere japanische Filmtitel ist.

Aus diesem Grund liebe ich die Filme von Ghibli seit meiner Kindheit, weil sie mir nicht nur eine vorgelogene Flucht vor der Realität mit Musicaleinlagen bieten wollen, sondern mich sowohl als Kind, als auch als Erwachsener mit realen und komplexen Problematiken auseinandersetzen lassen. Es sind Filme, die dem Zuschauer, egal welchen Alters, emotional und geistig etwas zumuten.

Müsste ich eine Schwäche des Films benennen, dann ist es lediglich mein Gefühl, dass sich "Der Junge und der Reiher" wie ein Rückschritt zum inhaltlich etwas eigentümlichen aber auch reiferen "Wie der Wind sich hebt" anfühlt. Zwar bewegen wir uns in einem gleichgelagerten Setting, das jedoch mit den typischen Stilelementen seiner fantastischeren Filme angereichert wird. Als hätte man ein kleines Miyazaki Best-Of-Medley, was in mir ein kleines Gefühl von fehlender Eigenständigkeit und Überraschungsarmut auslöste. Dieses Gefühl verging jedoch zum Glück während des Sehens im Rausch der Bilder und dem Klang der Musik von Joe Hisaishi. Und glücklicherweise hat Miyazaki ja bereits angekündigt noch einen Film machen zu wollen... er kann es nun mal nicht lassen! Zum Glück, denn solche Filme bekommen wir heutzutage nicht mehr oft neu im Kino zu sehen. Und so denke ich mit Wehmut bereits an die Zukunft, wenn er dann doch irgendwann kommt, der unvermeidliche Tag und wir ihn haben... den letzten Film von Hayao Miyazaki.

Fazit: Auch im hohen Alter schafft Miyazaki ein Kunstwerk, das sich nahtlos in sein Gesamtwerk einreiht und damit zeigt, warum er zu Recht einer der größten Regisseure und Geschichtenerzähler aller Zeiten ist.

Deutscher Kinostart ist der 4.1.2024.


*******re61 Mann
314 Beiträge
Habe den Film vor gut zwei Wochen gesehen. Eigentlich bin ich ein Miyazaki Fan. Die ersten Animes, an denen er zumindest beteiligt war, habe ich Anfang der 70er im ostdeutschen Kino gesehen. Und seitdem bin ich, wie heisst das gleich neudeutsch? - addicted to Anime. Mein absoluter Miyazaki Favorit ist Nausicaä aus dem Tal der Winde von 1984.

Dieser Film und sein Vorgänger (Wie der Wind sich hebt) haben einen direkten Bezug zu Ereignissen direkt vor und im Zweiten Weltkrieg in Japan. Ganz im Gegensatz zu all den anderen Filmen, die er bei Ghibli gemacht hat.

Und er hat mich, im Gegensatz zu meinen Erwartungen, nicht abgeholt. Ja, es gibt sie, diese typischen Miyazaki Elemente: schöne, starke, eigenständige Frauen; das traumhaft schöne Grasland in dem man jeden einzelnen Halm sich unter dem Wind anders biegen sieht; der hohe Himmel mit seinen beeindruckenden Wolkenformationen. So schön, dass es fast weh tut ...

Aber irgendwie sprang der Funke nicht über. Den Begriff Medley find ich recht passend. Es fehlt der Fluss in der Story. Es saugt Dich nicht ein. Es bleibt ein Sammelsurium schöner Bilder, dass aber alles in allem statisch wirkt und teilweise würde ich sogar den Begriff overacted verwenden, wenn man das bei einem Anime so sagen kann.

Eine zentrale Rolle spielt Nachfolge in der Geschichte. Vielleicht verarbeitet Miyazaki hier wie im Vorgänger Erlebnisse seiner frühen Kindheit und gleichzeitig seine Enttäuschung, das ihm die direkte Nachfolge fehlt. Man bekommt den Eindruck, dass er noch viel mehr erzählen möchte, ihm aber irgendwie die Zeit davon läuft ...
*********Noob Mann
1.736 Beiträge
Bin jetzt aus dem Kino zurück. Der Film lässt sich für mich mit "Traumreise" zusammen fassen. Ich habe von Gihbli noch nie so sureale Bilder gesehen, inklusive der komischen, verfressenen Vögel. Es wird mehrmals darauf hingewissen, das, das gesehene nicht echt ist. Die Schiffe am Horizont? Illusion. Futter für die Pelikane? Der Ozean ist da, nur die passenden Fische wurden vergessen. Der Reiher aus dem Titel weist darauf hin. Nach einer Weile ist eh alles vergessen. Und der Film endet wie ein Traum, plötzlich. Die Tür geht zu, man ist wieder wach das Leben geht weiter.
Es ist auch ein sehr stiller Film, nicht nur im Stil sondern vor allem im Ton. Was dabei besonders auffiel waren die ganzen Popcornfresser, mit denen ich mir den Saal teilen musste. Ich denke ich werde es wie ein Freund machen der mit war. Den Film in Ruhe nochmal und vor allem alleine schauen.
******ier Frau
38.648 Beiträge
Gruppen-Mod 
zur Info:
Hier *pfeil* Kinofreunde: Welche Filme enttäuschten euch? haben wir eine weitere interessante Meinung zu diesem Film.

*omm* *modda*
***on Mann
124 Beiträge
Kann mich nur anschließen:
Super Bilder, aber die Story wirkt gezwungen surreal und fühlt sich mehr wie ein Zusammenschnitt der alten Miyazakifilme an. Schade. Aber einmal schauen kann man nix falsch machen.
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