Kinds of Kindness (2024)
Nachdem im Januar erst „Poor Things“ startete, läuft ab heute bereits der neueste Film von Yorgos Lanthimos in den deutschen Kino.In drei unterschiedlichen Geschichten sehen wir Emma Stone, Willem Dafoe, Jesse Plemons und Margaret Qualley in jeweils unterschiedlichen Rollen, die sonst inhaltlich kaum, dafür thematisch miteinander verbunden sind.
Die Rückkehr von Drehbuchautor Efthymis Filippou bedeutet auch eine Rückkehr zur Stilistik Lanthimos’ früherer Werke. Wer bislang nur „The Favourite“ und „Poor Things“ kennt und selbiges erwartet, den könnte „Kinds of Kindness“ sehr irritieren, enttäuschen oder sogar abstoßen… zumindest mussten bei meiner heutigen Vorführung ein paar Zuschauer sichtlich angewidert den Film vorzeitig verlassen und hielten die gesamten 165 Minuten Lauflänge nicht aus.
Lanthimos und Filippou thematisieren in ihren unterschiedlichen Segmenten Schicksale von Begehren, Verlangen und (Macht-)Missbrauch. Hierbei kehrt er zurück zur Abstraktion und Perversion konventioneller Gesellschaftsstrukturen, schafft immer wieder Dissonanzen und Provokationen, hegt seine Erzählungen aber dabei zumindest formalistisch in eine gewisse Hegemonie ein: durch wiederkehrende Musikthemen, ästhetischen Stilmitteln oder thematischen Handlungspunkten. Seine Suche nach metaphorischen Bildern, die vorsätzliche Brechung der Dynamik, die beabsichtigte Provokation gestalten den Film dabei zwar nicht wirklich elegant… doch mir wurde beim Sehen bewusst, dass mir genau diese Sperrigkeit in seinen beiden vorherigen Filmen gefehlt hat… wir sind zwar immer noch nicht bei der alten Größe eines „Dogtooth“, aber zum Glück weit genug entfernt vom Konventionellen.
Manchmal ertappte ich mich bei dem Gefühl, dass der Film in die typischen Anthologiemuster verfällt und nicht alle Segmente die gleich hohe Qualität erreichen. Das macht sich u.a. beim Schauspiel bemerkbar: Emma Stone und Willem Dafoe spielen gewohnt gut, doch wirklich überragen darf Jesse Plemons und das gerade im ersten Kurzfilm, in dem er die gesamte Klaviatur schauspielerischer Handwerkskunst abruft.
So bleibt mir zum Ende hin nur noch eine Triggerwarnung auszusprechen: Gewalt, explizite Sexszenen, Drogenmissbrauch, Manipulation, emotionale Erpressung, psychische Erkrankungen, physische Misshandlung, Vergewaltigung, verschiedenste Körperflüssigkeiten, Kannibalismus und Gewalt gegen Tiere… das alles wartet Lanthimos auf. Er bewegt sich wieder weg von der Massentauglichkeit… ob dies ein Schritt in die richtige Richtung ist, daran werden sich die Geister scheiden… und wohin das führt, sehen wir spätestens 2025, denn dann soll auch schon sein nächster Film in den Kinos starten… natürlich mit Emma Stone und Willem Dafoe in den Hauptrollen.
Fazit: „Poor Things“ mag der bessere und gefälligere Publikumsfilm sein, doch „Kinds of Kindness“ ist der bessere und sperrige Lanthimos-Film, so wie ich ihn einst kennen und lieben gelernt habe.