Der typische Hollywood-Dreiakter umfasst Storys wie "Die Familie des Protagonisten wird getötet und er jagt den Mörder", "Der Protagonist wird gejagt, bis er im Showdown den Jäger besiegt" oder "Eine erfolgreiche, alleinstehende Geschäftsfrau erbt Eigentum und kommt nach einigen Irrungen mit ihrem Jugendfreund zusammen".
Diese klassischen Geschichten sind meist klar strukturiert und fokussieren sich oft auf dramatische Höhepunkte und Konflikte. Aber sie sind sehr vorhersehbar. Manchmal gibt es offene Enden, um bei Erfolg eine Fortsetzung nach Machart zu drehen zu können. Es gibt jedoch auch spannende Hollywood-Geschichten, die den Strukturen von Kishōtenketsu oder anderen ähnlichen Erzählformen folgen. Da fällt mir z.B. Poor Things ein.
Wenn ich das richtig verstanden habe, ist der "Ten"-Teil von Kishōtenketsu besonders bemerkenswert, weil hier zwar eine Wendung stattfindet, diese jedoch nicht unbedingt dramatisch sein muss. Es geht nicht um einen Kampf zwischen Protagonist und Antagonist oder zwischen Gut und Böse. Vielmehr beobachtet man im "Ten"-Teil den in "Sho" lieb gewonnenen oder interessanten Charakter in einer ungewöhnlichen Situation oder auf einer verschlungenen Reise, die schließlich zur Auflösung in "Ketsu" führt.
Diese Struktur ermöglicht einen überraschenden Spannungsbogen, der nicht auf einem klassischen Gut-gegen-Böse-Konflikt basiert. Diese Erzählweise nutzen die Filme von Studio Ghibli. Diese Filme zeichnen sich dadurch aus, dass sie oft von unschuldigen Kindern handeln, die ihren Weg über ihre Persönlichkeit finden und nicht immer alles hinterfragen. Zudem spielen fantastische Elemente oder Welten und Magie stets eine zentrale Rolle.
Star Wars wurde wahrscheinlich aus ähnlichen Gründen im Vergleich ausgewählt. Obwohl es einige unerwartete Wendungen gibt, wie zum Beispiel die Enthüllung, dass Luke und Leia Geschwister sind, bleibt es im Kern dennoch ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse.
Ich muss zugeben, dass nicht alle Animes meinen Geschmack treffen, auch wenn sie die Kishōtenketsu-Struktur nutzen. Aber wenn mir ein Anime gefällt, berührt er mich tief an einer ungepanzerten Stelle in meinem Herzen und hält die Spannung durch die nicht vorhersehbare Wendungen über den gesamten Plot hinweg aufrecht.