Sophia Loren zum 90.
Diese berühmte, italienische, schöne Schauspielerin hat ein respektvolles Alter erreicht & feiert heute ihren 90. Geburtstag. Ich finde: dies könnten wir zum Anlass nehmen, sie mit diesem Thread zu ehren.
Sie ist Weltstar und hat zwei Oscars bekommen: einen 1962 als beste Hauptdarstellerin in dem Film "Und dennoch leben sie" & einen Ehrenoscar 1991 für ihr Lebenswerk.
Auf Arte & auf YouTube ist diese Doku zu finden:
Zitate von ihr:
ihr Gesicht im Wandel der Jahre:
Sophia Loreen bei einem Auftritt 2022, also vor zwei Jahren:
ein Artikel über sie mit persönlichem Charakter (Quelle: Berliner Zeitung, Marc Hairapetian)
Zum 90. Geburtstag: Eine Liebeserklärung an Sophia Loren
Schon seit den 1950er-Jahren eroberte Sophia Loren weltweit die Leinwände. Unser Autor erinnert sich noch heute an ein denkwürdiges Interview vor 30 Jahren. Eine Huldigung.
Ich lernte Sophia Loren 1994 bei einem Interview während der Berlinale im leider nicht mehr existenten Ristorante Bacco in der Marburger Straße kennen. Bei dieser Gelegenheit wagte ich anzudeuten, dass sie mich schon als Erstklässler in Wallung gebracht hatte. Die damals 59-jährige Schauspielerin, die seinerzeit den Goldenen Ehrenbären erhielt, entgegnete mit ihrem strahlenden Lächeln, das ihre makellos weißen Zähne entblößte: „Ich nehme es als ein schönes Kompliment, dass Sie sich schon so früh für mich in jeder Hinsicht interessiert haben!“ So war das Eis zwischen uns schnell gebrochen.
Der Weg zum Ruhm war für die mit 174 Zentimetern Körpergröße viele Kolleginnen überragende Loren, die sich im Laufe ihrer Karriere vom „Busenwunder“ zur allseits anerkannten Charakterdarstellerin wandelte, zumindest zu Beginn steinig: „Ich hatte großes Glück, denn ich hätte nie gedacht, dass ich die Höhen erreichen würde, die ich erreicht habe“, versicherte sie mir. „Ich träumte nur von ein bisschen Geld, einer kleinen Karriere und einer Ehe. Das ist alles, wovon man träumt, wenn man in einer Kleinstadt lebt. Ich weiß nicht, ob ich es verdiene, aber ich hatte mehr, mehr, mehr, mehr, mehr, mehr als das.“
Loren verzichtete auf den Adelstitel
Sophia Loren wurde am 20. September 1934 in Rom als Sofia Costanza Brigida Villani Scicolone in ärmlichen Verhältnissen geboren. Sie wuchs nicht in Rom, sondern in Pozzuoli und Neapel auf. Zu ihrem Vater, dem Bauingenieur Riccardo Scicolone, der nach der Geburt von Sofias jüngerer Schwester Maria ihre Mutter, die Klavierlehrerin Romilda Villani, immer noch nicht ehelichte, hatte sie kein gutes Verhältnis. Mir gegenüber betonte sie, dass sie eigentlich berechtigt gewesen wäre, sich Markgräfin Lucilla Scicolone Murillo zu nennen, doch aufgrund der kritischen Haltung ihm gegenüber darauf verzichtete. Doch mehr als der Adelstitel ist seit mittlerweile 70 Jahren ihr Künstlername weltweit bekannt, den ihr der 2007 verstorbene Filmproduzent Carlo Ponti gab.
Alles begann mit dem Versuch ihrer finanziell nicht auf Rosen gebetteten Mutter, aus dem betörenden Aussehen ihrer Tochter Kapital zu schlagen. Sie drängte Loren, an Misswahlen teilzunehmen und als Komparsin in Filmen mitzuwirken wie dem in Cinecittà gedrehtem US-Antikepos „Quo Vadis?“ (1951). Beim Kino machte sie immerhin freiwillig mit. Einen regelrechten Popularitätsschub erlangte sie als Sofia Lazzaro durch die in ihrer Heimat äußerst beliebten Fotoromane. Dieser Name war eine Anspielung auf ihre Schönheit, die sogar – gemäß dem Johannesevangelium, wo Jesus den verstorbenen Lazarus von Bethanien wiederbelebte – Tote zum Leben erwecken könnte! Beim Wettbewerb um den Titel der „Miss Rom“ wurde sie 1950 Zweite und lernte den 22 Jahre älteren Ponti kennen. Er förderte ihre schauspielerischen Ambitionen fortan unter dem Namen Sophia Loren maßgeblich.
Nach der ersten Hauptrolle als „Weiße Frau in Afrika“ (1953) ging sie auf Pontis Anraten 1957 nach Hollywood. Regisseur und Produzent Stanley Kramer drehte das historische Abenteuerspektakel „Stolz und Leidenschaft“. Loren stand als gegen Napoleon aufbegehrende, spanische Widerstandskämpferin Juana gleich neben Cary Grant und Frank Sinatra vor der Kamera und schwebte auf Wolke sieben: „Stanley Kramer ließ mich als Neuzugang der Traumfabrik meine Flamenco-Sequenz selbst choreografieren! Und dann verliebte sich am Set Cary Grant in mich und machte mir sogar einen Heiratsantrag, obwohl er bereits mit Betsy Drake verheiratet und ich mit Carlo liiert war.“
Im Rausch der Gefühle hätten die beiden die drohenden Komplikationen nach Beendigung der Dreharbeiten einfach verdrängt, versicherte mir die später doch von Gewissensbissen geplagte Loren.
1960 konnte sie unter der Regie von Vittorio De Sica in „Und dennoch leben sie“, einem beklemmenden Spätwerk des Neorealismus, beweisen, was schauspielerisch wirklich in ihr steckt. Eigene Kindheitserfahrungen brachte sie auf die Leinwand und vermittelte glaubhaft den Schmerz des Zweiten Weltkrieges. Besonders erschütternd ist die Sequenz, wenn sie und ihre Filmtochter Eleonora Brown von marokkanischen Soldaten eine ganze Nacht lang vergewaltigt werden. Der Lohn für diese Tour de Force, bei der Loren physisch und psychisch an ihre Grenzen ging: zahlreiche internationale Filmpreise, darunter 1962 der Oscar als „Beste Hauptdarstellerin“. Bei der Zeremonie war sie gar nicht zugegen. „Als ich meinen Oscar gewann, war ich in Rom. Ich sagte: ‚Wenn ich gewinne, werde ich ohnmächtig‘, also blieb ich zu Hause.“
Es folgte eine große Rolle nach der anderen, in den deutschen Versionen meist kongenial von Marion Degler synchronisiert: Anthony Manns Monumentalfilm „El Cid“ (1961, Titelrolle: Charlton Heston), der kurz nach „Und dennoch leben sie“ in Spanien entstand, war für Loren ein weiterer Schritt auf der Karriereleiter. Genauso wie die fantastisch ausgestattete Ultra-Panavision-70-Produktion „Der Untergang des Römischen Reiches“ (1964, Regie: ebenfalls Anthony Mann), wo sie als Lucilla, Tochter des Kaisers Marcus Aurelius (Alec Guinness), den Militärtribun Livius (Stephen Boyd) liebt, aber mit Sohaimos (Omar Sharif), dem König von Armenien, zwangsverheiratet wird, um den „Pax Romana“ zu wahren. In den USA trat Sophia Loren in einigen, meist komödiantischen Filmen auf, in der Regel an der Seite berühmter Zelluloidhelden wie Clark Gable, Anthony Quinn, John Wayne, Richard Burton, Paul Newman oder Gregory Peck. In England agierte sie mit Marlon Brando in Charlie Chaplins letztem Film „Die Gräfin von Hongkong“ (1967).
In Tanzszenen fühlte sie sich frei
Erstklassig war auch der zuvor gedrehte Nouvelle-Vague-Thriller „Die dritte Dimension“ (1962) von Anatole Litvak. Hier wartet Anthony Perkins als Luftikus Robert Macklin, der Loren als seine lebenslustige Ehefrau Lisa in einen Versicherungsbetrug mit fatalen Folgen hineinzieht, mit einer schillernden Ideologie auf: Liebe sei nicht rosaroter Zustand, sondern die Synthese aus Gefahr und der daraus wachsenden Bindung auf Gedeih und Verderb, so etwas wie die schöne Hölle. Diesem Fegefeuer will sie entfliehen, indem sie sich von ihren intelligenten, aber unreifen Gatten auf recht drastische Weise befreit: Sie tötet ihn und wird darüber wahnsinnig. Hinreißend zu Beginn ihr ausgelassener Tanz in einem Nachtclub zur instrumentalen Version von „Twistin’ the Twist“. Dieser macht Perkins derartig eifersüchtig, dass er ihr eine schallende Ohrfeige verpasst: „Ich spüre sie immer noch“, offenbarte sie mir in unserem Interview. „Er hatte versehentlich wirklich zugeschlagen und sich danach mit einem Blumenstrauß entschuldigt.“
Sie selbst wäre immer besonders gut in Tanzszenen gewesen und hätte dort eine gewisse Freiheit als Schauspielerin gefühlt, versicherte mir die Taufpatin der US-Schauspielerin Drew Barrymore. So auch wie in der damals gerade abgedrehten Mode-Satire „Prêt-à-Porter“ (1994) von Robert Altman, wo der legendäre Striptease aus „Gestern, heute und morgen“ (1963) parodiert wird, indem der gealterte Marcello Mastroianni das nackte Ende gar nicht mehr mitbekommt, weil er schon auf dem Bett eingeschlafen ist.
Was für sie die größte Anerkennung wäre, wollte ich noch von ihr wissen. Ihre charmante Antwort: „Neben Ihrem Kompliment zu Beginn unserer Konversation die Tatsache, dass mir viele junge Frauen schreiben und mich als ihr Vorbild bezeichnen.“ Das wird sich bis heute nicht geändert haben. 30 Jahre nach unserer ersten Begegnung und 17 nach der letzten bei der Bambi-Verleihung 2007 in Düsseldorf, wo sie fürs Lebenswerk ausgezeichnet wurde, wird die lebende Legende Loren 90. Sie ist immer noch sexy, aber nie ordinär, selbstbewusst, aber keine Feministin.
Sophia Loren lebt am Genfersee und besitzt zudem eine Ranch in Kalifornien, einen Palazzo in Rom und eine Wohnung im Trump World Tower in New York. Sie stürzte kürzlich und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Inzwischen ist sie aber wieder so fit, dass sie sich gut vorstellen kann, noch in einem weiteren Film vor die Kamera zu treten, wie sie der Vogue verriet. Zuletzt war sie 2020 in „Du hast das Leben noch vor dir“ als Holocaust-Überlebende und ehemalige Prostituierte Madama Rosa zu sehen, die in ihrer Wohnung Kinder von anderen Sexarbeiterinnen beherbergt. Ihr Sohn Edoardo führte Regie.
Die zweifache Mutter war mir als jungem Journalisten gegenüber 1994 sehr offen. Schon damals sagte sie: „Wenn ich von Nostalgie spreche, meine ich damit nicht körperliche Schönheit oder Älterwerden. Es geht nicht um die ganze Zeit, die vergeht; es ist das Gefühl, dass man manchmal gerne in diese Zeit zurückkehren würde, es aber nicht kann. Es ist eher psychologisch als physisch.“
(Quelle: Berliner Zeitung, Marc Hairapetian) Schon seit den 1950er-Jahren eroberte Sophia Loren weltweit die Leinwände. Unser Autor erinnert sich noch heute an ein denkwürdiges Interview vor 30 Jahren. Eine Huldigung.
Ich lernte Sophia Loren 1994 bei einem Interview während der Berlinale im leider nicht mehr existenten Ristorante Bacco in der Marburger Straße kennen. Bei dieser Gelegenheit wagte ich anzudeuten, dass sie mich schon als Erstklässler in Wallung gebracht hatte. Die damals 59-jährige Schauspielerin, die seinerzeit den Goldenen Ehrenbären erhielt, entgegnete mit ihrem strahlenden Lächeln, das ihre makellos weißen Zähne entblößte: „Ich nehme es als ein schönes Kompliment, dass Sie sich schon so früh für mich in jeder Hinsicht interessiert haben!“ So war das Eis zwischen uns schnell gebrochen.
Der Weg zum Ruhm war für die mit 174 Zentimetern Körpergröße viele Kolleginnen überragende Loren, die sich im Laufe ihrer Karriere vom „Busenwunder“ zur allseits anerkannten Charakterdarstellerin wandelte, zumindest zu Beginn steinig: „Ich hatte großes Glück, denn ich hätte nie gedacht, dass ich die Höhen erreichen würde, die ich erreicht habe“, versicherte sie mir. „Ich träumte nur von ein bisschen Geld, einer kleinen Karriere und einer Ehe. Das ist alles, wovon man träumt, wenn man in einer Kleinstadt lebt. Ich weiß nicht, ob ich es verdiene, aber ich hatte mehr, mehr, mehr, mehr, mehr, mehr als das.“
Loren verzichtete auf den Adelstitel
Sophia Loren wurde am 20. September 1934 in Rom als Sofia Costanza Brigida Villani Scicolone in ärmlichen Verhältnissen geboren. Sie wuchs nicht in Rom, sondern in Pozzuoli und Neapel auf. Zu ihrem Vater, dem Bauingenieur Riccardo Scicolone, der nach der Geburt von Sofias jüngerer Schwester Maria ihre Mutter, die Klavierlehrerin Romilda Villani, immer noch nicht ehelichte, hatte sie kein gutes Verhältnis. Mir gegenüber betonte sie, dass sie eigentlich berechtigt gewesen wäre, sich Markgräfin Lucilla Scicolone Murillo zu nennen, doch aufgrund der kritischen Haltung ihm gegenüber darauf verzichtete. Doch mehr als der Adelstitel ist seit mittlerweile 70 Jahren ihr Künstlername weltweit bekannt, den ihr der 2007 verstorbene Filmproduzent Carlo Ponti gab.
Alles begann mit dem Versuch ihrer finanziell nicht auf Rosen gebetteten Mutter, aus dem betörenden Aussehen ihrer Tochter Kapital zu schlagen. Sie drängte Loren, an Misswahlen teilzunehmen und als Komparsin in Filmen mitzuwirken wie dem in Cinecittà gedrehtem US-Antikepos „Quo Vadis?“ (1951). Beim Kino machte sie immerhin freiwillig mit. Einen regelrechten Popularitätsschub erlangte sie als Sofia Lazzaro durch die in ihrer Heimat äußerst beliebten Fotoromane. Dieser Name war eine Anspielung auf ihre Schönheit, die sogar – gemäß dem Johannesevangelium, wo Jesus den verstorbenen Lazarus von Bethanien wiederbelebte – Tote zum Leben erwecken könnte! Beim Wettbewerb um den Titel der „Miss Rom“ wurde sie 1950 Zweite und lernte den 22 Jahre älteren Ponti kennen. Er förderte ihre schauspielerischen Ambitionen fortan unter dem Namen Sophia Loren maßgeblich.
Nach der ersten Hauptrolle als „Weiße Frau in Afrika“ (1953) ging sie auf Pontis Anraten 1957 nach Hollywood. Regisseur und Produzent Stanley Kramer drehte das historische Abenteuerspektakel „Stolz und Leidenschaft“. Loren stand als gegen Napoleon aufbegehrende, spanische Widerstandskämpferin Juana gleich neben Cary Grant und Frank Sinatra vor der Kamera und schwebte auf Wolke sieben: „Stanley Kramer ließ mich als Neuzugang der Traumfabrik meine Flamenco-Sequenz selbst choreografieren! Und dann verliebte sich am Set Cary Grant in mich und machte mir sogar einen Heiratsantrag, obwohl er bereits mit Betsy Drake verheiratet und ich mit Carlo liiert war.“
Im Rausch der Gefühle hätten die beiden die drohenden Komplikationen nach Beendigung der Dreharbeiten einfach verdrängt, versicherte mir die später doch von Gewissensbissen geplagte Loren.
1960 konnte sie unter der Regie von Vittorio De Sica in „Und dennoch leben sie“, einem beklemmenden Spätwerk des Neorealismus, beweisen, was schauspielerisch wirklich in ihr steckt. Eigene Kindheitserfahrungen brachte sie auf die Leinwand und vermittelte glaubhaft den Schmerz des Zweiten Weltkrieges. Besonders erschütternd ist die Sequenz, wenn sie und ihre Filmtochter Eleonora Brown von marokkanischen Soldaten eine ganze Nacht lang vergewaltigt werden. Der Lohn für diese Tour de Force, bei der Loren physisch und psychisch an ihre Grenzen ging: zahlreiche internationale Filmpreise, darunter 1962 der Oscar als „Beste Hauptdarstellerin“. Bei der Zeremonie war sie gar nicht zugegen. „Als ich meinen Oscar gewann, war ich in Rom. Ich sagte: ‚Wenn ich gewinne, werde ich ohnmächtig‘, also blieb ich zu Hause.“
Es folgte eine große Rolle nach der anderen, in den deutschen Versionen meist kongenial von Marion Degler synchronisiert: Anthony Manns Monumentalfilm „El Cid“ (1961, Titelrolle: Charlton Heston), der kurz nach „Und dennoch leben sie“ in Spanien entstand, war für Loren ein weiterer Schritt auf der Karriereleiter. Genauso wie die fantastisch ausgestattete Ultra-Panavision-70-Produktion „Der Untergang des Römischen Reiches“ (1964, Regie: ebenfalls Anthony Mann), wo sie als Lucilla, Tochter des Kaisers Marcus Aurelius (Alec Guinness), den Militärtribun Livius (Stephen Boyd) liebt, aber mit Sohaimos (Omar Sharif), dem König von Armenien, zwangsverheiratet wird, um den „Pax Romana“ zu wahren. In den USA trat Sophia Loren in einigen, meist komödiantischen Filmen auf, in der Regel an der Seite berühmter Zelluloidhelden wie Clark Gable, Anthony Quinn, John Wayne, Richard Burton, Paul Newman oder Gregory Peck. In England agierte sie mit Marlon Brando in Charlie Chaplins letztem Film „Die Gräfin von Hongkong“ (1967).
In Tanzszenen fühlte sie sich frei
Erstklassig war auch der zuvor gedrehte Nouvelle-Vague-Thriller „Die dritte Dimension“ (1962) von Anatole Litvak. Hier wartet Anthony Perkins als Luftikus Robert Macklin, der Loren als seine lebenslustige Ehefrau Lisa in einen Versicherungsbetrug mit fatalen Folgen hineinzieht, mit einer schillernden Ideologie auf: Liebe sei nicht rosaroter Zustand, sondern die Synthese aus Gefahr und der daraus wachsenden Bindung auf Gedeih und Verderb, so etwas wie die schöne Hölle. Diesem Fegefeuer will sie entfliehen, indem sie sich von ihren intelligenten, aber unreifen Gatten auf recht drastische Weise befreit: Sie tötet ihn und wird darüber wahnsinnig. Hinreißend zu Beginn ihr ausgelassener Tanz in einem Nachtclub zur instrumentalen Version von „Twistin’ the Twist“. Dieser macht Perkins derartig eifersüchtig, dass er ihr eine schallende Ohrfeige verpasst: „Ich spüre sie immer noch“, offenbarte sie mir in unserem Interview. „Er hatte versehentlich wirklich zugeschlagen und sich danach mit einem Blumenstrauß entschuldigt.“
Sie selbst wäre immer besonders gut in Tanzszenen gewesen und hätte dort eine gewisse Freiheit als Schauspielerin gefühlt, versicherte mir die Taufpatin der US-Schauspielerin Drew Barrymore. So auch wie in der damals gerade abgedrehten Mode-Satire „Prêt-à-Porter“ (1994) von Robert Altman, wo der legendäre Striptease aus „Gestern, heute und morgen“ (1963) parodiert wird, indem der gealterte Marcello Mastroianni das nackte Ende gar nicht mehr mitbekommt, weil er schon auf dem Bett eingeschlafen ist.
Was für sie die größte Anerkennung wäre, wollte ich noch von ihr wissen. Ihre charmante Antwort: „Neben Ihrem Kompliment zu Beginn unserer Konversation die Tatsache, dass mir viele junge Frauen schreiben und mich als ihr Vorbild bezeichnen.“ Das wird sich bis heute nicht geändert haben. 30 Jahre nach unserer ersten Begegnung und 17 nach der letzten bei der Bambi-Verleihung 2007 in Düsseldorf, wo sie fürs Lebenswerk ausgezeichnet wurde, wird die lebende Legende Loren 90. Sie ist immer noch sexy, aber nie ordinär, selbstbewusst, aber keine Feministin.
Sophia Loren lebt am Genfersee und besitzt zudem eine Ranch in Kalifornien, einen Palazzo in Rom und eine Wohnung im Trump World Tower in New York. Sie stürzte kürzlich und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Inzwischen ist sie aber wieder so fit, dass sie sich gut vorstellen kann, noch in einem weiteren Film vor die Kamera zu treten, wie sie der Vogue verriet. Zuletzt war sie 2020 in „Du hast das Leben noch vor dir“ als Holocaust-Überlebende und ehemalige Prostituierte Madama Rosa zu sehen, die in ihrer Wohnung Kinder von anderen Sexarbeiterinnen beherbergt. Ihr Sohn Edoardo führte Regie.
Die zweifache Mutter war mir als jungem Journalisten gegenüber 1994 sehr offen. Schon damals sagte sie: „Wenn ich von Nostalgie spreche, meine ich damit nicht körperliche Schönheit oder Älterwerden. Es geht nicht um die ganze Zeit, die vergeht; es ist das Gefühl, dass man manchmal gerne in diese Zeit zurückkehren würde, es aber nicht kann. Es ist eher psychologisch als physisch.“
Marc Hairapetian, Jahrgang 1968, ist Journalist, Filmkritiker, freier Autor sowie seit 1984 Herausgeber und Gründer des Kulturmagazins „Spirit – Ein Lächeln im Sturm“.
Das ist ein Beitrag, der im Rahmen unserer Open-Source-Initiative eingereicht wurde. Mit Open Source gibt der Berliner Verlag allen Interessierten die Möglichkeit, Texte mit inhaltlicher Relevanz und professionellen Qualitätsstandards anzubieten. Ausgewählte Beiträge werden veröffentlicht und honoriert.
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Wie immer freue ich mich über eure Beiträge zu dieser Frau.