Joker: Folie à Deux (2024)
Vor fünf Jahren konnte „Joker“ mit einem Einspielergebnis von über einer Milliarde Dollar und etlichen Auszeichnungen sowohl Publikum als auch Kritiker überzeugen, was nach den Mechanismen des Marktes eine Fortsetzung unumgänglich machte. Diese haben wir nun mit „Joker: Folie à Deux“ bekommen, wieder inszeniert von Todd Phillips und mit Joaquín Phoenix in der Hauptrolle. Nach den Ereignissen aus „Joker“ wartet Arthur Fleck auf seinen Gerichtsprozess. Während seiner Inhaftierung in Arkham lernt er Herleen „Lee“ Quinzel kennen, die eine gefährliche Faszination für ihn und seine Taten als Joker entwickelt hat…
„Joker“ wurde seinerzeit stark diskutiert, da man durch die Heroisierung des Bösewichts Nachahmungstäter befürchtete, die sich durch die Figur zu Gewalttaten motiviert fühlen könnten. Dies blieb glücklicherweise aus, dennoch sehe auch ich immer mal in sozialen Medien Bilder des Jokers mit mantrahaften Wandtattoosprüchen, die einem zum Widerstand gegen das System motivieren und zur Selbstverwirklichung anregen sollen. Diese fragwürdige Resonanz schien für Phillips Anlass genug zu sein, seine Fortsetzung als Metakommentar zu seinem Vorgänger zu konzipieren, der durchaus viel Deutungspotenzial bietet, aber kein wirklich runder Film mehr ist und auch eine Vielzahl von Zuschauern vor den Kopf stößen dürfte.
Zunächst muss man festhalten, dass der Film objektiv sehr gut gefilmt ist. Er findet immer wieder sehr ästhetisch fotografierte Bilder, bei deren Einstellungen sich Phillips wieder von Comicpanels hat inspirieren lassen. Für Diskussionen sorgte auch die Entscheidung, den zweiten Teil als Musical anzulegen und hierin liegt auch die Hauptaufgabe für Lady Gaga in diesem Film, deren Harley Quinn nicht wirklich interessant gezeichnet ist und die „Folie à Deux“-Bedeutung des Films in Frage gestellt wird, dennoch ist sie gesanglich über jeden Zweifel erhaben, lediglich schauspielerisch ist sie vor allem gegenüber Phoenix unterlegen. Auch in den Nebenrollen ist der Film bspw. mit Brendan Gleeson sehr gut besetzt, handwerklich ist dem Film bis auf sein handlungsarmes Drehbuch nichts vorzuwerfen. Für mich persönlich ist es nur sehr bedauerlich, dass sich die sehr melancholische und tragende Musik von Hildur Guðnadóttir (sie gewann für ihren Score zum ersten Teil ebenfalls verdient einen Oscar) in diesem Jukebox-Musical nicht mehr entfalten kann.
„Joker: Folie à Deux“ ist also ein sperriges Werk, das sich nie in das Korsett einer herkömmlichen Fortsetzung einengen lässt und dadurch das Publikum spalten wird. Ich habe in anderen Kritiken gelesen, dass er sich für viele wie ein Mittelfinger an die Fans des ersten Teils anfühlt. Dem würde ich jedoch widersprechen: Es ist ein Mittelfinger, aber nicht an die Fans, sondern an Warner Bros. Denn Todd Phillips hatte immer betont, dass er keine Fortsetzung machen wollte, man ihn dann aber so sehr mit Geld zugesch*ssen hat, ihn mit einem 200 Millionen Budget ausgestattet hat, das man zu keinem Zeitpunkt wirklich im Film sieht und er nun einen Film gemacht hat, der sowohl inhaltlich als auch monetär keine weitere Fortsetzung zulassen wird, da das breite Publikum kein Interesse an ein sperriges und halbgares Musical haben wird, das seine Jokerfigur entmystifizert und dekonstruiert… Phillips hat keinen Film, sondern einen Witz über den derzeitigen Zustand der Kulturindustrie geschaffen, der sich gegen seine Geldgeber richtet… und das finde ich witzig.
Fazit: «Joker : Folie à Deux» est la plus grosse blague de l'année.