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Hagen - Im Tal der Nibelungen (2024)

****e22 Mann
1.056 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Hagen - Im Tal der Nibelungen (2024)
Ich war schon sehr gespannt auf diese deutsche Produktion von Cyrill Boss und Philipp Stennert, da ich von Kindestagen an großer Fan des Nibelungenstoffes bin, in all seinen literarischen, (musik)-theatralischen und filmischen Variationen.

Der Film erzählt die Geschehnisse um Siegfried, dem Drachentöter, vor allem aus der Perspektive von Hagen von Tronje, der ihn laut Sage getötet haben soll.

Zuvor muss man wissen, dass dieser Film eine kommende Serie rund um die Ereignisse der Nibelungen vorbereiten soll, die vor allem das beleuchtet, was in der zweiten Hälfte der deutschen Nibelungensage, dem Nibelungenlied, geschieht. Schon Fritz Lang teilte sein Monumentalwerk der Nibelungen in zwei Teile, „Siegfrieds Tod“ und „Kriemhilds Rache“. „Hagen“ behandelt die Ereignisse des ersten Teils, die kommende Serie soll die Ereignisse des zweiten Teils thematisieren, der mehr Stoff für Intrigen und Verrat, also Potenzial für ein deutsches „Game of Thrones“, bietet.

Zunächst richtet sich ein großes Lob an das komplette Team rundum Kamera, Make-Up, Kostüme und Sets. Das sieht in „Hagen“ wirklich sehr hochwertig aus, die Schlachten und Kampfszenen sind ordentlich dreckig und blutig. Wer Fan von Serien wie „Game of Thrones“ oder „Vikings“ ist, kommt hier visuell vollkommen auf seine Kosten. In Details gibt es sogar immer mal Jugendstilelemente in den Kostümen, eine kleine Verbeugung an den Lang-Klassiker, die ich sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen habe.

Inhaltlich muss man voranstellen, dass es ja nicht die eine endgültige Version der Nibelungensage gibt. In etlichen Ländern gibt es Abwandlungen der Sigurd-Saga und dementsprechend nimmt sich der Film auch seine erzählerischen Freiheiten und ändert einige Details zugunsten seiner eigenen Version ab, wie es auch einst Wagner für seine Oper-Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ getan hat. Das funktioniert über Zweidrittel des Films hervorragend, ich mochte vorallem wie der Film die Mischung aus nordischer Mythologie, christlicher Symbolik und historischer Ereignisse einfängt, wie es ja auch das Nibelungenlied selbst macht.

Leider versteift der Film sich dann doch zu sehr darauf, unbedingt die Siegfried-Figur zu dekonstruieren und uns Hagen als nahbare Figur näher zu bringen. Das führt zum einen dazu, dass die Figuren doch zu klar gezeichnet, nicht nuanciert genug sind. Zum anderen führt dies dazu, dass die weiblichen Figuren sehr verblassen. Zwar inszeniert der Film Brunhilde als starke Kriegerin (und ich liebe die Figur, wie ich generell Walküren liebe), doch werden ihre Motive und ihre Tragik nicht wirklich herausgearbeitet, genauso wenig wie die von Kriemhild. Im Nibelungenlied ist der Königinnenstreit ein zentrales dramaturgisches Element, dieser Film besteht nicht mal den Bechdel-Test.

Gerade in diesem Punkt weicht der Film inhaltlich von den bisherigen Interpretationen und Versionen ab… das ist auch per se nicht schlimm. Da es kein festes Nibelungenwerk gibt, bietet sich ja auch Raum für Interpretationen. Aber wenn man interessante Konflikte herausnimmt, muss man diese auch mit einer eigenen Interpretation füllen. Vorallem zum Ende hin entwickelt sich so ein dramaturgischer luftleerer Raum, der seine Figuren nicht gut genug herausarbeitet. Es gibt nun mal einen Grund, warum Wagner Brunhilde eine ganze Oper gewidmet hat und der Tod von Siegfried in der „Götterdämmerung“ einen knapp 12-stündigen Vorlauf benötigt. Mut macht also nur, dass sich die kommende Serie mehr Zeit nehmen kann, um seine Charaktere besser ausarbeiten zu können.

Fazit: „Hagen“ ist handwerklich sehr starke High-Fantasy, die leider erzählerisch schwach ist und an der Last seiner Vorlage und anderen Adaptionen zerbricht.


*********er78 Mann
1.362 Beiträge
@****e22: Soweit ich weiß, basiert der Film/die Serie auf Wolfgang Hohlbeins "Hagen von Tronje" Roman, in dem wenn ich es richtig im Kopf habe, Siegfried eben dekonstruiert wird. Sprich, eine etwas andere Sicht auf die typische Niebelungen-Sage. Daher würde ich sagen: Passt so... Ob's dann gefällt steht auf einem anderen Blatt

Und ich meine, das der Film nicht die Serie vorbereiten soll, sondern aus Teilen der Serie zusammen. Geschnitten wurde (ähnlich wie seinerzeit das Boot).
*******777 Mann
880 Beiträge
Hagen
War schon jemand in der neuen Verfilmung über die Nibelungensage „Hagen“?
Wenn ja, wie fandet ihr den Film?
Meine Triskele
*********_Arte Frau
14.060 Beiträge
Es gibt mindestens einen Beitrag dazu.
******ung Mann
6.674 Beiträge
Ich war noch nicht in dem Film.
Ich hab etwas Angst...
Ich LIEBE das dazugehörige Buch von Wolfgang Hohlbein.
Ich habs ungefähr...also...richtig oft gelesen.
Und beim letzten Film zum Buch (Der schwarze Turm) hab ich vor Enttäuschung fast geweint...
Aber...vielleicht kann man mir hier die Angst nehmen das es ein ähnliches Fiasko ist.
******ung Mann
6.674 Beiträge
Zitat von ****e22:
Leider versteift der Film sich dann doch zu sehr darauf, unbedingt die Siegfried-Figur zu dekonstruieren und uns Hagen als nahbare Figur näher zu bringen. Das führt zum einen dazu, dass die Figuren doch zu klar gezeichnet, nicht nuanciert genug sind. Zum anderen führt dies dazu, dass die weiblichen Figuren sehr verblassen. Zwar inszeniert der Film Brunhilde als starke Kriegerin (und ich liebe die Figur, wie ich generell Walküren liebe), doch werden ihre Motive und ihre Tragik nicht wirklich herausgearbeitet, genauso wenig wie die von Kriemhild. Im Nibelungenlied ist der Königinnenstreit ein zentrales dramaturgisches Element, dieser Film besteht nicht mal den Bechdel-Test.

Da trifft es das aber:
Zitat von *********er78:
Soweit ich weiß, basiert der Film/die Serie auf Wolfgang Hohlbeins "Hagen von Tronje" Roman, in dem wenn ich es richtig im Kopf habe, Siegfried eben dekonstruiert wird.
absolut zu.

Das Buch ist grandios (weshalb ich ECHT Angst vor dem Film hab).
Aber wenn es darum geht Sigfried zu demontieren haben sie zumindest 50% richtig gemacht.

Ich mochte Hagen schon vom ersten Moment an als ich ihn im Buch "Deutsche Heldensagen" von 1992 das erste Mal gelesen hab - vom ersten Auftreten bis zu dem Moment wo er enthauptet wurde.
Und irgendwann kam dann Wolfgang Hohlbein und hat sich gedacht:
"Na, mal schaun was wir aus dem alten Recken noch machen können neh?"
und hat ihn zu einer fantastischen Figur gemacht.
Es gibt keine Darstellung in der ich Siegfried jemals Hagen vorgezogen hätte.
Die Darstellung des Siegfried hat mich einfach schon immer gestört.
Deshalb habe ich dann - natürlich - Hagen von Tronje echt oft gelesen.
Und deshalb habe ich noch immer Angst vor dem Film...ich will nicht schon wieder ein Buch demontiert sehen das ich liebe.
Ich danke für den Bericht der mir Mut macht...aber ich warte noch auf ein paar andere - vielleicht auch von jemandem der das Buch auch gelesen hat?
****e22 Mann
1.056 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Zur Info:

Ich habe die Beiträge zu „Hagen - Im Tal der Nibelungen“ zu einem eigenen Thema zusammengefasst. *modda*
*******777 Mann
880 Beiträge
Vielen Dank für die interessanten Infos.
Ich kenne das Buch von Hohlbein nicht. Sollte ich mal lesen. Klingt gut. 😊
****na Frau
1.281 Beiträge
@****e22

Vielen lieben Dank für eine weitere präzise und aussagekräftige Rezension.
*****n66 Mann
34 Beiträge
Von mir auch vielen Dank für die Rezension.
Werde mir den Film definitiv ansehen, wenn er online verfügbar ist.
Bin auch ein absoluter Fan vom Roman von Hohlbein. Erst letztens wieder gelesen. Ich finde diesen Konflikt zwischen christlichem Glauben und Heidentum klasse aufgegriffen und auch diese Thematik wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten in Bezug auf Siegfried.
Einfach eine mega Sage.
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