Seit längerem mal wieder etwas Vertontes von mir und geschriebenes natürlich auch. ^^
Arschplatane
„Ich habe nicht minder Lust, dir deinen Hunger nach Fremdliebe in den Rachen zu stopfen“, tönte Dagobert und schubste dabei seine flüchtige Bekanntschaft aus dem Hotelbett. So wie es zu Hause der Obermacker von Friedie zu tun pflegte, wenn er während des Malens auf ihrer Haut zu viel Schmerz gesoffen hatte. Doch Dagobert war nicht Friedies Obermacker, sondern ein resttrunkener Yuppie, der im Lotto der Zufälle gewonnen hatte und nach einer durchzechten Nacht mit einem Tattoo von seiner Sirene auf der Brust erwacht war.
Ihm war speiübel und das Schädeldach drohte ihm wegzufliegen. Er gierte mörderisch nach Ruhe und Frieden. Doch sein Inneres drohte, darin zu ertrinken, als er mit wundem Körper und zerfaserter Seele in das Tageslicht trat und ihm die Morgenhitze des Sommers die Luft zum Atmen nahm.
Er wusste nicht, wo er sich genau befand und konnte sich nicht an die Einzelheiten von letzter Nacht erinnern. Also schickte er sich an, den nächst besten vorbeifahrenden Taxifahrer anzuhalten, und diesen dann nach dem Weg zu fragen. Deshalb hob er seinen linken Arm in die Höhe und versuchte mit ihm den Stadtverkehr auf der Straße zu dirigieren.
Als sich seine Lider zum zigsten Male geschlossen und wieder gehöffnet hatten, sauste ein gelbes Taxi-Cabriolet heran und blieb unmittelbar vor seinen nackten Füßen stehen. Dagobert rieb sich die übernächtigten Augen, denn aus dem Cabrio ragte eine Arschplatane hervor. Eine mit Gesicht und vielen Armen und sowie zwei Beinen. Das irritierte ihn sehr. Denn die Platane begann sofort damit, seinen Allerwertesten durch seine zerknitterte und angeschmuddelte Anzugshose zu befingern, um ihn in ihr Gefährt zu lotsen und ihm dann ihren Sirup durch alle möglichen Körperöffnungen einzuflößen, sogar über die Hautporen, um ihn sich zugehörig und gefügig zu machen.
Das gefiel dem Dagobert gar nicht gut, war er doch ein zumeist autarker Mensch, der Wert auf seine Freiheit legte. Doch nun drohte ihm das blanke Gegenteil, und ihm fiel auf die Schnelle nichts ein, womit er hätte dagegen steuern können.
Da tat das Taxi-Cabriolet der Arschplatane einen rußigen Rülpser, und sein Motor verschluckte sich am Kohl in der Kraftsuppe seines Tankes. Das Vehikel machte eine halbe Wagenradumdrehung rückwärts, während sich die Arschplatane mit ihren vielen Armen in sich selbst verhedderte und für einen Augenaufschlag handlungsunfähig war.
Die nun immer höher steigende Morgensonne blendete irgendwann die Augen der Platane, bevor sich ihre Strahlen in diesen - wie in zwei Glaskugeln - brachen und daraufhin zwei Regenbögen in den Himmel malten.
Niemand außer Dagobert war Zeuge dieses kleinen Schauspiels. Und niemand außer ihm grinste dabei von einem Ohr bis zum Anderen. Denn die Regenbögen erschienen ihm als Ausweg aus seiner mehr als misslichen Lage.
Er machte einen großen Satz vorwärts, schwang sich über das Taxi-Cabriolet und seine Besitzerin und sprang in den Himmel hinein. Dabei schnallte er sich die Regenbögen verkehrt herum unter die Füße und glitt über den Himmel in die Freiheit davon. Friedlich und ruhig sollte es dort allerdings auch nicht zugehen.
Doch dies ist eine andere Geschichte.
© CRSK, Le, 07/2023
Vertonung:
https://soundcloud.com/crskunst/arschplatane-gelesen-von-crsk