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KOMPONIST des Monats, X. Teil

*******ltra Mann
1.393 Beiträge
Manfredini . . . unter dem Aspekt, dass jetzt immer mehr Komponisten ins Blickfeld rücken, die entweder eine marginale Bedeutung haben oder deren Musik relativ unbekannt ist, was ja nicht immer etwas über deren musikalisches Größe aussagt.
Auf Offenbach trifft das natürlich nicht zu, aber ich bin kein Operettenfreund.
*********toile Paar
8 Beiträge
Aah, okay. Dann ist Jacques Offenbach auch unser Tipp. La belle Hélène und so... *zwinker*
*******e_76 Mann
1.329 Beiträge
Da sind diesmal viele interessante Namen dabei. Ich wäre für Hugo Distler
*****der Mann
6.987 Beiträge
Ich tendiere auch zu Hugo Distler
****ga Frau
18.014 Beiträge
Themenersteller 
2 Stimmen für Jacques Offenbach:
tantrissima
alabelleetoile


2 Stimmen für Manfredini:
luccio
john_coltra


2 Stimmen für Hugo Distler :
der kelte76
ludere_linguae
*******sima Frau
2.542 Beiträge
Für Distler kann ich mich durchaus auch erwärmen! Ebenso für Manfredini oder sonst jemanden aus der Liste, denn ich lerne immer gerne was dazu, was ich vorher noch nicht wußte, oder höre Musik, die ich sonst nicht unbedingt hören würde - Hauptsache, es beteiligen sich wieder mehr andere Gruppenmitglieder aktiv und tragen ebenfalls Texte(!) zu diesem Thread bei. Denn auch wenn es mir grundsätzlich Freude macht, einen KdM intensiver zu entdecken und zu "beackern", und ich Euch Andere an diesen Entdeckungen auch gerne teilhaben lasse, möchte ich doch nicht auf Dauer diejenige sein, die gefühlt 95% der Beiträge hier beisteuert...
Ich kenne keinen außer Offenbach. Müsste die Liste erst mühsam durcharbeiten, anhören, eine Meinung zu bilden.
******hof Paar
94 Beiträge
Hugo Distler wäre sehr spannend!
****ga Frau
18.014 Beiträge
Themenersteller 
2 Stimmen für Jacques Offenbach:
tantrissima
alabelleetoile


2 Stimmen für Manfredini:
luccio
john_coltra


3 Stimmen für Hugo Distler :
strudlhof
der kelte76
ludere_linguae
****ga Frau
18.014 Beiträge
Themenersteller 
Zitat von *****err:
Ich kenne keinen außer Offenbach. Müsste die Liste erst mühsam durcharbeiten, anhören, eine Meinung zu bilden.

und das heisst jetzt was genau? *g*
Willst du die Liste mühsam durcharbeiten oder für J. Offenbach stimmen? *g*
Bisher wählte ich nur, was mir bekannt war. Unoriginal. Wähle halt jetzt Offenbach.
*********vibus Mann
1.020 Beiträge
Offenbach! Gounod hat anscheinend keine Chance *traurig*
*******uck Mann
138 Beiträge
Uff. Robert Schumann war wohl schon dran. Hab mit ihm Geburtstag, aber über ihn weiß ich natürlich eh schon so einiges, genauso Richard Strauss.
Jaques Offenbach halte ich für sehr unterschätzt. Ich finde ihn hoch politisch und überaus aktuell. Hugo Distler kenn ich so gut wie gar nicht. Wäre also auch interessant etwas dazu zu lernen.
Aber Offenbach zieht mich etwas mehr. Verbinde gute Abende mit ihm.
Also Jaques Offenbach.
*******uck Mann
138 Beiträge
Und da ich nur 3 Semester studiert habe, es musste alles schnell gehen, lerne ich gerade viel dazu, was im Studium zu kurz kam. Komponisten, die berufen wurden und mit wenig Enthusiasmus unterrichteten, haben doch große Lücken und wenig Begeisterung hinterlassen.
****ga Frau
18.014 Beiträge
Themenersteller 
6 Stimmen für Jacques Offenbach:
tantrissima
alabelleetoile
freiherr
plusquamavibus
moonstruck
ananga


2 Stimmen für Manfredini:
luccio
john_coltra


3 Stimmen für Hugo Distler :
strudlhof
der kelte76
ludere_linguae
****ga Frau
18.014 Beiträge
Themenersteller 
Was Tolles von Offenbach als Entréé

****ga Frau
18.014 Beiträge
Themenersteller 


auch ein Ohrenschmaus *anbet*
*******e_76 Mann
1.329 Beiträge
Zitat von *******uck:
Komponisten, die berufen wurden und mit wenig Enthusiasmus unterrichteten, haben doch große Lücken und wenig Begeisterung hinterlassen.

Irgendwie kommt mir das aus meinem Studium auch bekannt vor. Drum herzlichen Dank an alle, die hier was zur Schließung der Wissenslücken beitragen und vor allem an @*******sima Bin mehr wie beeindruckt über deine Vorträge.
*********vibus Mann
1.020 Beiträge
Mein persönliches Offenbach-Highlight sind "Hoffmanns Erzählungen". Die Oper enthält meiner Meinung nach eine der schönsten Koloraturarien der Operngeschichte, nämlich die Arie der Aufziehpuppe Olympia, hier nahezu perfekt gesungen von der "Königin der Koloraturen" Edita Gruberova. Begeisternd!

*******sima Frau
2.542 Beiträge
Ja, "Hoffmanns Erzählungen" ist auch das einzige Werk von Jacques Offenbach, das ich gesehen habe, vor vielen Jahren in Stuttgart und mit Anja Silja als Olympia, eine wunderbare Aufführung!

Offenbach wäre am 18. Juni 2019 200 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass gab es vielerlei Würdigungen unterschiedlicher Art, die ich für unsere Zwecke hier als hilfreich empfinde, da wir ihm im Rahmen dieses Threads nahe kommen und mehr über ihn und seine Musik erfahren wollen.

Die folgende "Notiz" bei SWR2 ist nur eine von vielen. Etwas längere Würdigungen habe ich aber auch gefunden. Davon vielleicht später.

Die eingängigen Melodien der Tanznummern "Cancan" und "Barcarole" kennt jeder – nicht unbedingt aber deren Erfinder: Jacques Offenbach. In diesem Jahr wäre er 200 geworden.

Am 20. Juni 1819 wurde der deutsch-französische Komponist in Köln geboren. 2019 feiert die Musikwelt seinen 200. Geburtstag. Er gilt als Begründer der modernen Operette.

Von Köln nach Paris

Am 20. Juni 1819 wurde der Jacques Offenbach als Jakob Offenbach in Köln geboren. Sein Vater war Kantor in der Kölner Synagoge und brachte ihm Geige- und Cellospielen bei. Mit 14 Jahren wanderte der Musiker nach Frankreich aus. Er wollte am bekannten Konservatorium in Paris studieren – ein Privileg, das damals eigentlich Franzosen vorbehalten war. Kurz zuvor war Klaviervirtuose Franz Liszt noch abgelehnt worden. Doch Offenbach hatte Erfolg. Zwar verließ er das Konservatorium nach kurzer Zeit wieder, doch Paris blieb Dreh- und Angelpunkt seines musikalischen Wirkens. Aus Jakob wurde Jacques, der sich als Cellist und Komponist einen Namen machte. 1855 gründete Offenbach ein eigenes Theater und entwickelte die Gattung Operette. Der "Kölsche Jung" gilt heute als Erfinder des modernen Unterhaltungstheaters – Fluch und Segen zugleich.

"Nur" Unterhaltungsmusik?

Beim Publikum kam die Mischung aus Kunst und Unterhaltung zwar gut an – Offenbachs Melodien sind leicht und eingängig. Andererseits brachte ihm das auch den Ruf ein, letztlich nur unbedeutende Unterhaltungsmusik zu komponieren. Dabei strotzen viele Werke vor Satire und Kritik an den Verhältnissen und der Obrigkeit: Unterhaltung, die zugleich der Gesellschaft auf den Zahn fühlt. Die Operette "Pariser Leben" etwa bringt Liebe und Lust in für damalige Zeiten ungewohnt freizügiger Weise auf die Bühne. Anlässlich der Uraufführung befürchtete der Theaterdirektor einen Skandal. Doch das Publikum war begeistert. In "Hoffmanns Erzählungen", einer nicht vollendeten Oper, die Geschichten von E.T.A. Hoffmann aufgreift, stehen Technik, Liebe und Kunst im Zentrum.

Deutsch-französischer Krieg als Verhängnis

Der deutsch-französische Krieg 1870/71 wirkte sich nachhaltig auf das Leben des Komponisten aus: In Frankreich wurde der Künstler fortan als "Deutsch-Jude" angefeindet, in Deutschland als Vaterlandsverräter und "französisch-dekadent" abgelehnt. Sein Weltbürgertum schlug in Heimatlosigkeit um. Offenbach starb am 7. Oktober 1880 in Paris. Viele seiner Werke wurden vergessen, der Komponist auf wenige Stücke reduziert. Neben der Außenseiterrolle könnte seine jüdische Herkunft dazu beigetragen haben. Zwar wurde Offenbach seiner Frau zuliebe katholisch. Trotzdem verboten die Nazis seine Werke als "jüdisch". Experten finden immer mal wieder unbekannte Kompositionen und versuchen, deren Inhalt in die heutige Zeit zu übertragen.

Jubiläumsfeiern in Köln und Paris

Zum Jubiläum würdigt Offenbachs Geburtsstadt Köln den Komponisten mit einem bunten Programm. Zahlreiche Veranstaltungen über ihn, die Rezeptionsgeschichte, aber auch Diskussionen etwa zu Humor oder Antisemitismus sollen Offenbach und die Vielfalt seines Werks bekannter machen. In seiner Wahlheimat Paris ist ein Straßenfest zu seinen Ehren geplant. Auch andere Städte beteiligen sich: Dresden etwa führt die Operette "Häuptling Abendwind" auf, Berlin "Hoffmanns Erzählungen" und in Mannheim steht "Orpheus in der Unterwelt" auf dem Programm.

Mir macht diese "Notiz" jedenfalls Lust, mehr über ihn zu erfahren und ein wenig genauer hinzuschauen, denn bisher ging es mir eher so wie @*******ltra - Operette ist nicht so mein Ding. Dass diese jedoch von Offenbach eventuell auch absichtsvoll als Vehikel für Satire und Kritik an der damaligen Gesellschaft und den politischen Verhältnissen genutzt worden seien, triggert mich und weckt tatsächlich meine Neugier.

Ich bin jetzt gespannt darauf, was sich im Lauf dieses Monats dazu noch herausstellt und mache mich an meine persönliche Recherche.
*******sima Frau
2.542 Beiträge
Abgesehen vom allen leicht zugänglichen Wikipedia-Artikel zu Offenbach bietet sich als Alternative ein ca. einstündiges, sehr kurzweiliges, Gespräch der SWR-Musikjournalistin Ulrike Timm mit dem Offenbach-Biografen Heiko Schon zum Einstieg an.

Es wurde gesendet am So, 23.6.2019, 15:05 Uhr, in der SWR2-Reihe "Zur Person" , und ist als Podcast abrufbar unter dem Link:

https://www.swr.de/swr2/programm/broadcastcontrib-swr-29994.html

Heiko Schon veröffentlichte, ebenfalls anlässlich des 200. Geburtstags von Offenbach, im Auftrag der Kölner Jacques-Offenbach-Gesellschaft die derzeitige Referenz-Biographie "Jacques Offenbach: Meister des Vergnügens", die im Buchhandel erhältlich ist.
Heiko Schon:
JACQUES OFFENBACH – MEISTER DES VERGNÜGENS
216 Seiten, Regionalia Verlag, 2019.

Ein auf das Buch bezogenes (gedrucktes) Interview findet sich außerdem unter:
https://onlinemerker.com/heiko-schon-jacques-offenbach/
*******uck Mann
138 Beiträge
Ich lehne mich wahrscheinlich etwas aus dem Fenster, wenn ich jetzt so schreibe.
Es sind so meine persönlichen Gedanken, die sich in den letzten 40 Jahren gebildet haben.

Die Operette war und ist eigentlich der Platz für Satire und Kritik. In guten Inszenierungen immer wieder erfrischend und aktuell. Leider wird oft vergessen, Komödie ist um einiges schwieriger auf die Bühne zu bringen als Tragödie und wird daher oft den Anfängern für erste Gehversuche überlassen. Dazu kommt die Verniedlichung durch diverse Verfilmungen in den 50ern.
Erst allmählich wird die Operette in all ihrer Kritik an der Obrigkeit und der sozialen Verhältnisse, insbesondere auch am Bild der Frau, wieder entdeckt. Anders als oft wahrgenommen, sind in der Operette die Frauen die Klugen und die Männer ziemliche Idioten. Das zieht sich allerdings durch die ganze Geschichte immer wieder.
Der Altmeister ist hier Jaques Offenbach. Wenn man seine Stücke eben nicht nur mal so hört, sondern Abend für Abend spielen muss, hat man mehr davon, nicht wegzuhören, sonden hinzuhören.
Und dann entdeckt man Unglaubliches und ich bin immr wieder von der Frechheit beeindruckt.
Das Wiener Pedant im Schauspiel ist Johann Nepomuk Nestroy.
Als Operette noch häufiger auf dem Spielplan stand und das Publikum busseweise die Vorstellungen besuchte, war es oft interessant, zu beobachten, wann wie gelacht wurde. Man konnte ziemlich sicher auf den Hintergrund des Publikums schließen. Und ich meine es nicht abwertend. Es darf auch in der Kunst erlaubt sein, für ein paar wenige Stunden mal abzutauchen und seine Sorgen zu vergessen und zu lachen.
Gerade Offenbach hat da ein Händchen für Situation und eben eingängige Ohrwürmer.
Schwieriger könnte es werden, denke ich, es losgelöst von der Bühne, der live-Aufführung zu erleben.
Offenbach ist da durch sein Jubiläum etwas im Glück, da er für erfahrenere Regisseure und größere Häuser interessant wurde.
Das ist zwar alles nicht spezifisch zu Offenbach und eher zu Operette im Allgemeinen, aber vielleicht macht es Lust, Operette etwas genauer zu betrachten und hier besonders Offenbach.
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Die Operette Les deux aveugles (Die beiden Blinden) war das erste Bühnenwerk Offenbachs, das er für sein eigenes Theater geschrieben hat (1855).

Die Handlung spielt auf einer Brücke in Paris. Die beiden Protagonisten waren früher angeblich taub, heute spielen sie zwei Blinde, denn in Wahrheit hören und sehen Patachon und Giraffier hervorragend. Sie geben sich als arme Musikanten aus, um erfolgreicher in ihrer Bettelei zu sein. Dabei gönnt keiner dem andern ein Almosen. Schlimmer noch: Aus Neid beschimpfen sie sich gegenseitig aufs Bitterste (Quelle: Wikipedia).

Hier eine szenische Aufführung mit Klavierbegleitung ... *fernglas*



*******sima Frau
2.542 Beiträge
Wandel als Prinzip - Jacques Offenbach zum 200. Geburtstag..
... Das ist diesmal der Titel des Manuskripts der SWR2 Musikstunden der Woche vom 17. Juni – 21. Juni 2019 von Michael Struck-Schloen, das mir erfreulicherweise "zugeflogen ist".

Michael Struck-Schloen wurde 1958 in Dortmund geboren, als der Pott noch glühte. Später Abwanderung in die Universitätsstadt Köln (Musikwissenschaft, Germanistik, Kunstgeschichte).

Probeweise Dozent am Musikwissenschaftlichen Institut der Kölner Uni. Heute als Dozent zuweilen Vermittler journalistischer Grundfragen an die Jugend. Das Klavier erschloss die Salonmusik des 19. Jahrhunderts, die Posaune eher Werke der Moderne bis hin zu Karlheinz Stockhausen (gemeinsame Uraufführung des "Samstag aus LICHT" in Mailand).

Seit 20 Jahren frei schwebendes Dasein als Journalist für Zeitungen, Fachblätter, Bücher - den Hörfunk vor allem; seit 1996 Moderator beim WDR. Nach 25 aufregenden Kölner Jahren wurde der Wohnsitz ins lyrischere Umland verlegt.

*******sima Frau
2.542 Beiträge
Manuskriptauszug Struck-Schloen (1)
1. Grenzgänger zwischen Deutschland und Frankreich

Der Mann, um den es in dieser Woche geht, war eine beliebte Zielscheibe der Karikaturisten. Mal hetzt er mit grün karierter Hose, Paletot und Zylinder durchs Bild, auf dem Weg zur Probe in einem Pariser Theater; dann wieder reitet er rosenbekränzt auf einem Cello ‒ oder komponiert lächelnd für ein ganzes Heer von Theaterdirektoren, die bittend und bettelnd zur Tür hereinquellen. Der gehetzte, begehrte und enorm produktive Mann ist natürlich Jacques Offenbach ‒ der Tanzmeister der Pariser Opéra-bouffe, der am kommenden Donnerstag seinen 200. Geburtstag feiert. Wir feiern mit, am Mikrofon ist Michael Struck-Schloen.

Offenbach feiern! Dazu sollte man nicht nur den Höllen-Cancan aus Orpheus in der Unterwelt oder die Barkarole aus Hoffmanns Erzählungen lieben, sondern den ganzen Offenbach. Und dazu muss man aufgelegt sein. Als am 20. Juni 1919 der hundertste Geburtstag des Komponisten anstand, war der Erste Weltkrieg gerade zuende und der Versailler Friedensvertrag zwischen Deutschland und den Siegermächten fast spruchreif. Nicht nur die Millionen Toten auf beiden Seiten, auch die harten Bedingungen des Vertrags belasteten in den kommenden Jahren das Verhältnis zwischen Deutschland und
Frankreich ‒ der beiden Länder, die Offenbachs Identität geprägt haben. Nein, in Feierlaune war damals, im Juni 1919, niemand so recht.

Aber das änderte sich zum Glück wieder. Offenbachs Musiktheater war nicht vergessen, sondern nur aufgeschoben. Und in der ausbrechenden Amüsierwut der zwanziger Jahre, die Paris genauso wie Berlin erfasste, spielte Offenbach wieder eine Rolle. Der Regisseur Max Reinhardt frischte seine Vorkriegsinszenierungen des Orpheus und der Schönen Helena auf; an der Krolloper in Berlin kamen Hoffmanns Erzählungen in einem hypermodernen Bühnenbild des Bauhaus-Künstlers László Moholy-Nagy heraus; und in Wien setzte sich der Schriftsteller Karl Kraus leidenschaftlich für Offenbach als Alternative zur rührseligen Operette von Lehár und Kálmán ein.

Offenbachs feucht-fröhliche Frivolität, seine Respektlosigkeit gegenüber den Eliten, der Wahnsinn seiner Handlungen und Galopps ‒ das alles passte bestens zum Geist der Befreiung in den roaring twenties. Und der Dirigent Otto Klemperer gehörte zu denen, welche die Offenbach-Renaissance mit dem passenden Soundtrack versahen.

An dieser Stelle steht im Manuskript die Einspielung der Ouvertüre zur "Schönen Helena" in einer Aufnahme von 1929, in der Bearbeitung von Friedrich Lehner, mit der Staatskapelle Berlin unter Otto Klemperer. Diese Aufnahme steht im Internet nicht zur Verfügung, aber die Ouvertüre an sich wurde ja glücklicher Weise bereits weiter oben von @****ga eingestellt und kann dort abgespielt werden, wenn auch nicht in der Lehner-Bearbeitung!

(...) Und auch hier steht am Ende ein zündender Galopp, wie es sich für die großen Opéras-bouffes von Jacques Offenbach gehört.

1933 aber wurde Offenbach in Deutschland abgeschafft ‒ als Jude, als Franzose und als Komponist frivoler, eben „undeutscher“ Musik. Das kam nicht unvorbereitet. Schon ein halbes Jahrhundert früher hatte eine Leipziger Karikatur Offenbach als Juden und Affen gezeigt. „Der semitisch-musikalisch-akrobatische Gorilla“, so las man unter der giftigen Zeichnung, „war die Freude aller Operettenthiergärten, in denen er durch seine oft drolligen Töne die musikalischen Kinder ergötzte. Obgleich in Köln geboren, ist er doch in Paris gezüchtet. Gegenwärtig ist er etwas außer Mode gekommen.“

Aber auch im NS-Staat verschwand Offenbach nicht sofort ‒ bis 1938 durfte er noch vom Jüdischen Kulturbund aufgeführt werden. Als die Synagogen brannten, war auch das vorbei. Nach dem Krieg war Offenbach fast erledigt. Man kannte noch einige Werke ‒ Die schöne Helena, Orpheus in der Unterwelt, vor allem die letzte Oper Hoffmanns Erzählungen. Aber sie wurden in fragwürdigen Bearbeitungen aufgeführt, und für die meisten galt Offenbach ohnehin nur als Schöpfer des Cancans und frivoler Nichtigkeiten.

Als in seiner Geburtsstadt Köln der Platz vor der neuen Oper im Jahr 1957 den Namen „Offenbachplatz“ erhalten sollte, gab es Proteste von Seiten der CDU und FDP. Für die Vertreter der Volksparteien war Offenbach weder ein bedeutender „Meister deutscher Musik“ noch ein würdiger Kölner ‒ eine Peinlichkeit ersten Ranges. Aber dahinter steckte nicht nur das Erbteil des Nationalsozialismus, das bis heute weiterwirkt. Wie immer misstraute der Bildungsbürger dem Populären ‒ übrigens auch in Frankreich, wo man über Offenbach gern die Nase rümpft. Und ist es nicht seltsam, dass es nirgendwo ein Museum für den Komponisten gibt, der in Frankreich und Wien so bekannt war wie Wagner oder Verdi? Die „Rue Jacques Offenbach“ in Paris ist eine mickrige Straße, die Offenbach nie gesehen hat. Und seine Wohnungen am Fuß des Montmartre wurden schon zu Lebzeiten Opfer des Pariser Großarchitekten Baron Haussmann.

Gehen wir in den folgenden vier Musikstunden auf SWR 2 ein wenig auf Spurensuche. Und beginnen wir am heutigen Offenbachplatz, wo bis zu ihrer Zerstörung in der Pogromnacht von 1938 die prachtvolle Kölner Synagoge stand.

Die hier vorgesehene Einspielung lautet im Manuskript folgendermaßen:
Jacques Offenbach:Tavo lefanecha (T: Jüd. Liturgie)

Diese Einspielung steht mir nicht zur Verfügung. Ein Soundtrack des entsprechenden Musikstücks steht jedoch zur Verfügung unter dem Link:

https://www.iemj.org/en/medi … rubrique=178&id_article=2134

Sie ist entnommen einer vom WDR produzierten CD "Gesänge aus der Synagoge" mit Titeln von Jacques und Isaak Offenbach. Isaak war Offenbachs Vater. Zum Anhören bitte bis zum Ende des erklärenden Einführungstextes herunterscrollen


„Unser Gott und Gott unserer Väter / Es ertöne vor Dir unser Gebet, / Überhöre nicht unser Flehen“. So beginnt dieses jüdische Geständnis, das in der alten Kölner Synagoge erstmals im Jahr 1841 gesungen wurde; Jacques Offenbach hatte den Text eigens für das kleine Bethaus und seine Gemeinde vertont. Damals weilte der Komponist bei der Familie in Köln, die gerade zwei herbe Schicksalsschläge zu verkraften hatte: In kurzen Abständen waren der Bruder Michael und die Mutter gestorben, die ihren Sohn sicher niemals Jacques, sondern immer nur Jacob oder ‒ auf gut kölnisch ‒ „Köbesje“ genannt hat.

Mutter Marianne Offenbach war die Tochter eines Geldwechslers und Lotterieunternehmers. Und in der Familie wurde lange noch erzählt, dass ihr Vater, der wohlhabende Herr Rindskopf, gar nicht amüsiert war, als sich die Tochter eines Tages in einen armen Musiker namens Isaac Eberst verliebte, der unlängst aus Offenbach zugewandert war. Die Hochzeit konnte er dennoch nicht verhindern ‒ und vielleicht hat er sich ja am Ende über den reichen Enkelsegen gefreut: Zehn Kinder bekamen Marianne und Isaac, der sich bald Offenbach nannte. Als siebtes Kind kam Jacob Offenbach am 20. Juni 1819 am Großen Griechenmarkt in Köln zur Welt.
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