Aluminium im Essen
Für manche Menschen ist das Deoregal ein Quell großer Gefahren, fürchten sie doch, dass am Ende ein aluminiumhaltiges Produkt im Korb landet. Wer ihnen eine in Alufolie eingeschlagene Leckerei mitbringt, riskiert verschreckte Reaktionen. Aluminium halten nicht wenige Menschen für die Ursache von Krebs und Alzheimer. Und seit jede Drogerie mit alufreien Deos wirbt, grübeln auch abgeklärtere Menschen. Was ist von all dem zu halten: Panikmache? Halbwahrheit? Oder doch gesunde Vorsicht? Die Antwort fällt auch den Wissenschaftlern nicht ganz leicht, die jetzt im Deutschen Ärzteblatt die bisherigen Erkenntnisse zu dem Leichtmetall zusammengetragen haben.
Sicher ist: Aluminium ist weit verbreitet. Es ist das dritthäufigste Element der Erdkruste und kommt natürlicherweise in Nahrungsmitteln und im Trinkwasser vor. Zudem sind einige Aluminiumverbindungen auch in Lebensmitteln enthalten; sie dienen beispielsweise als Farbstoff in Zuckerwaren. Das Metall ist außerdem in Verpackungen, Kochtöpfen und Backblechen zu finden, aus denen es Säuren und Salze auch wieder herauslösen können. Immer wieder gelangen auf diese Weise nennenswerte Aluminiummengen in die Natronlauge der Bäckereien und von dort auf die Brezeln und Laugenstangen. Auch in einigen Impfstoffen, Arzneimitteln und Kosmetika kann Aluminium enthalten sein - und das nicht erst seit Kurzem. Manchen Deos werden Aluminiumsalze seit mehr als 100 Jahren zugefügt. Sie sorgen dafür, dass sich die Hautporen zusammenziehen und die Schweißkanäle blockiert werden.
Toxikologie Alu im Kantinenessen
Alu im Kantinenessen
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Aus all diesen Quellen kann Aluminium über die Haut oder den Magen-Darm-Trakt in den Körper gelangen. Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) kann es leicht passieren, dass dabei die als sicher definierte wöchentliche Dosis überschritten wird. Nur ist nicht ganz klar, was genau daraus folgt.
Prinzipiell kann Aluminium das Gehirn schädigen. Das wissen Forscher aus Tierversuchen und aus jenen leidvollen Erfahrungen, die einige Dialysepatienten in den 1970er Jahren machten. Damals beobachteten Ärzte hilflos, wie Patienten plötzlich Symptome entwickelten, die an eine Demenz erinnerten; sie litten an Sprach- und Bewegungsstörungen sowie an Gedächtnisverlust. Als Ursache wurden Aluminiumsalze identifiziert, die früher in teilweise hoher Konzentration in der Dialyseflüssigkeit enthalten waren und offenbar eine Vielzahl biologischer Prozesse im Gehirn der Patienten störten. Die tragischen Fälle waren eines jener Indizien, die einige Wissenschaftler fürchten ließen, dass Aluminium auch an der Entstehung der Alzheimer-Demenz beteiligt sein könnte.
Allerdings ist der Schluss nicht sehr naheliegend, denn eine Alzheimer-Krankheit unterscheidet sich in ihrer Entstehung und ihrem Verlauf sehr stark von der Entwicklung, die bei den Dialyse-Patienten beobachtet wurde. Man kann beide Störungen nicht gleichsetzen, warnen die Forscher Katrin Klotz und Wobbeke Weistenhöfer von der Universität Erlangen-Nürnberg.
Selbst Arbeiter mit Aluminiumlunge hatten keine Nervenkrankheiten
Auch ein weiteres Indiz für die Aluminium-Hypothese ist nicht sehr aussagekräftig: In den Gehirnen von Alzheimer-Kranken haben Wissenschaftler erhöhte Mengen von Aluminium-Ablagerungen gefunden. Nur ist nicht klar, ob sie die Krankheit mit ausgelöst haben oder ob umgekehrt die Störung Veränderungen hervorgerufen hat, die dem Aluminium erst erlaubten, leichter in die Blutgefäße des Gehirns zu gelangen. Epidemiologische Studien sprechen jedenfalls nicht dafür, dass das Aluminium aus alltäglichen Quellen zu einer Alzheimer-Demenz führt. Bisherige Studien liefern "nur sehr unsichere Hinweise" auf einen Zusammenhang zwischen einer Aluminiumaufnahme und der Krankheit, schreiben die deutschen Umweltmediziner.
So lassen sich auch die Erkenntnisse zu der Frage zusammenfassen, ob aluminiumhaltige Deos das Risiko für Brustkrebs steigern. Zwar wurde beobachtet, dass Tumore häufiger in jenem Teil der Brust auftreten, der den Achselhöhlen nahe liegt. Eine Erklärung könnte jedoch sein, dass dort auch mehr Gewebe vorhanden ist, in dem dann Zellen entarten können. Die Beobachtung, dass man in Brusttumoren Anreicherungen von Aluminium gefunden hat, ist ebenfalls nicht sehr stichhaltig. Wie auch bei den Aluminium-Ablagerungen in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten ist nicht klar, was Ursache und Folge der Erkrankung ist. Auch andere Mineralstoffe werden in Tumoren gefunden. Epidemiologische Studien, bei denen Deonutzung und Erkrankungen zueinander in Beziehung gesetzt wurden, kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen, die Mehrzahl konnte allerdings keinen Zusammenhang zeigen.
Insgesamt liest sich die Arbeit der deutschen Forscher recht beruhigend. Hans Drexler, Arbeitsmediziner der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitautor der Studie, verweist zudem auf Erfahrungen mit Arbeitern. "In der Arbeitswelt kennt man hohe Aluminiumbelastungen. Die sogenannte Aluminiumlunge, die durch Einatmen hoher Aluminiumstaubmengen verursacht wird, ist seit Jahren eine anerkannte Berufskrankheit." Bei den Betroffenen findet man hohe und sehr hohe Aluminiumkonzentrationen im Körper, die im normalen Alltag nicht erreicht werden. Dennoch wurden selbst bei diesen Arbeitern keine Nervenerkrankungen oder höhere Krebsraten beobachtet.
Entwarnung wollen die Autoren dennoch nicht geben. Es gebe zu wenige aussagekräftige, lang laufende Studien. Auch das BfR beklagt, dass Forschungsbedarf vor allem in der Frage der Langzeitfolgen einer permanenten Aluminium-Aufnahme bestehe. "Erst mit solchen Daten kann eine gesundheitliche Risikobewertung zu Aluminium, die alle wesentlichen Aufnahmewege berücksichtigt, vorgenommen werden", betont die Behörde.
Solange halten es ihre Experten für nicht verkehrt, ein wenig Vorsicht walten zu lassen. Wer aluminiumhaltige Deos verwendet, kann die Aufnahme der Salze reduzieren, wenn er sie nicht unmittelbar nach der Achselrasur und nicht auf anderweitig geschädigte Haut aufträgt. Lebensmittel, die Salz oder Säure enthalten, sollten nach Möglichkeit nicht in Alubehältnissen aufbewahrt oder zubereitet werden. Dazu gehören beispielsweise aufgeschnittene Äpfel, Tomaten, Rhabarber oder Salzhering.
(Quelle : Bundesamt für Risikobewertung)