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Piraten in Hamburg!

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****012 Frau
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Isabella (17)
Stille. Das Meer hatte sie umfangen. Die grau-grünen Fluten der Nordsee strichen mit untypischer Wärme über Isabellas Haut. Streiften ihre Flanken. Fuhren ihr lüstern unter das zerrissene Hemdchen, als wollten sie die Besucherin aus einer anderen Welt nun vollends entkleiden. Der helle Stoff glitt vorne auseinander, bauschte sich wie eine Fahne. Doch er flatterte nicht. Folgte ihr nur mit der fließenden Trägheit einer in der Strömung treibenden Wasserpflanze. Geisterhaft schwebte er über ihrem nackten Körper, als wolle er Isabellas Reise zum Meeresgrund bremsen. Doch es gelang ihm nicht. Das lustzerfetzte Kleidungsstück konnte ihr nur noch eine unwirkliche Eleganz verleihen, als sie mit den Beinen voran tiefer sank.

Ihre Arme hatte die Ertrinkende über den Kopf gehoben. Als wollten ihre Fingerspitzen noch einen letzten Sonnenstrahl von der glitzernden Wasseroberfläche fischen und mit in die Tiefe nehmen. Ein kleines Andenken für die ewige Dunkelheit, die sie dort unten erwartete und die nur giftig leuchtende Quallen und Tiefseefische mit kurzen, blitzenden Lichtern erhellten. Die Zeit geriet aus dem Takt. Wie lange sank sie schon?

Noch perlten feine Luftbläschen zwischen ihren Lippen hervor. Würde das hier wirklich das Ende sein? Es wäre ja so passend: Ein nasses Grab, geschaufelt von einem Piraten mit dubiosen Absichten und ausgeprägter Libido… Weder das eine noch das andere hatte Isabella in der kurzen Zeit ausreichend erforschen können. Und das ärgerte sie fast am meisten. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie ausgesprochen gerne lebte…

Wo war der Kerl überhaupt? Fest hatte er sie an sich gedrückt, als sie gemeinsam ins Wasser stürzten. Doch nach dem Eintauchen war sie ihm irgendwie entglitten und hatte ihn aus den Augen verloren. „Wenn ich ertrinke, bringe ich ihn um“, schoss es ihr durch den Kopf. „Ich werde mich in einen rachsüchtigen Wassergeist verwandeln und ihm in seinem elenden Piraten-Dasein keine verdammte Minute Ruhe mehr gönnen!“

Schon sah sie sich als blasse, aber natürlich höchst attraktive Erscheinung über seinem Lotterbett schweben und seine wechselnden Gespielinnen zu Tode erschrecken. Und falls er auf die Idee kam, sie dafür zu züchtigen… Nun ja: Dann würde er feststellen, dass Schwert und Gerte einer Geisterfrau nichts anhaben konnten. Sie würde einfach um sein Straf-Instrument herum wabern, unfassbar wie ein Wolkengebilde. Dahinter würde sie dann wieder zu ihrer kompletten, völlig striemenfreien Gestalt zusammenfließen. Und zwar mit dem boshaftesten Geisterlachen, das man sich nur vorstellen konnte…

Noch aber war es nicht so weit. Und nachdem sie den ersten paralysierenden Schock abgeschüttelt hatte, war Isabella auch nicht bereit, die Flinte schon ins Meer zu werfen. Weshalb sollte sie ertrinken? Sie war schließlich keine schlechte Schwimmerin. Und eigentlich konnte das Wasser direkt vor der Insel auch nicht allzu tief sein. Es war sicher nur die Angst gewesen, die mit Haifischzähnen nach ihren Gedanken geschnappt und ihr jede vernünftige Überlegung aus dem Kopf gewirbelt hatte. Doch damit war es jetzt vorbei!

Entschlossen schüttelte Isabella das Grauen ab und versuchte, sich in der schemenhaften Unterwasserwelt zu orientieren. Ja, oben und unten waren problemlos zu unterscheiden: Sonnengleißende Oberfläche gegenüber schattigem Grund. Schon streiften ihre Füße über sandigen Wattboden mit ein paar Muschelschalen. In der Tiefsee war sie also ganz sicher nicht gelandet! Doch der Meeresspiegel schien durchaus ein paar Meter über ihr zu liegen.

Offenbar hatte hier vor kurzem ein sturmgeborener Wasserwirbel gewütet. Mit unbändiger Kraft hatte er einen tiefen Kolk in den weichen Untergrund gegraben und auch ein kleines Stück des Ufers weggerissen. Die zur Befestigung angehäuften Steine waren dagegen machtlos gewesen. Wie Spielzeug hatten die wirbelnden Fluten sie durch die Gegend geworfen, als wollten sie sich über diesen Zähmungsversuch lustig machen. Das hier war das Reich des Meeres, lautete die unmissverständliche Botschaft. Und ein paar schwache Menschlein mit vergleichsweise unbeholfenen Schwimmfähigkeiten hatten hier nichts zu suchen.

Was zweifellos auch für Isabella galt. Schon spürte sie, wie ihr der Brustkorb eng wurde. Zu gerne hätte sie nachgesehen, was dort hinten zwischen den Steinen steckte. Es sah beinahe aus… Doch nein: Wenn ihr nicht in den nächsten Sekunden Kiemen wuchsen, konnte sie der Sache jetzt nicht weiter nachgehen. Sie brauchte Luft! Mit einer kräftigen Bewegung stieß sie sich vom Boden ab und katapultierte sich Richtung Oberfläche. Prustend durchbrach sie den Wasserspiegel, rang nach Atem… und fand sich erneut von kräftigen Armen umschlossen.

„Da seid Ihr ja wieder!“, raunte ihr die raue Stimme von Gödeke Michels ins Ohr. „Ich fing schon fast an, mir Sorgen zu machen!“ „Dazu habt Ihr auch allen Grund, HERR Michelson“, fauchte Isabella. „Was fällt Euch eigentlich ein? Benehmen sich da oben in Bergen alle ehrbaren Kaufleute so? Dann wundert es mich, dass die dortigen Damen nicht längst mit ein paar wirkungsvollen Gifttränklein Abhilfe geschaffen haben!“

Ohne sie loszulassen, warf der Likedeeler den Kopf in den Nacken… und lachte. Lachte! Isabella wand sich in seinem Griff. Was allerdings zur Folge hatte, dass sich ihre nackten Brüste auf sehr anregende Weise an seinem Körper rieben. Und ihre verräterischen Knospen hatten nichts Besseres zu tun, als umgehend von Wut auf Geilheit umzuschalten. Doch wenigstens ging es ihm nicht anders. Denn als ihr Schenkel – zufällig oder nicht – über seine Körpermitte streifte, musste sie unwillkürlich an aufgerichtete Schiffsmasten denken. Und ans Aufentern. Aber das könnte ihm so passen!

Mit Unschuldsmiene sah sie ihn an, leckte sich über die salzigen Lippen… und schlang ihm die Beine um die Hüfte. Ihre Hand fuhr in seine Hose und befreite seinen Schwanz. Lasziv rieb sie sich daran, ließ ihn genießerisch ihre Schamlippen teilen. Zustoßen aber konnte er so nicht. Denn es war unmöglich, gleichzeitig zu schwimmen und ihren widerspenstigen Körper zu kontrollieren. Sie lächelte süffisant. Räkelte sich genießerisch und provokant in seinen Armen... Was werdet Ihr tun, Pirat?

Seine Augen wurden eine Spur dunkler. Seine Hand griff in ihre Haare, die ihr nun nass und glatt über den Rücken fielen. Wie ein Büschel Seegras schlängelten sie sich zwischen seinen Fingern. Er zog ihr den Kopf in den Nacken und starrte sie an. „See-Luder!“, knurrte Gödeke Michels und presste seine Lippen auf ihre. Seine Zunge schob sich in Isabellas Mund, um dort eine Gleichgesinnte zu finden.

Es war ein Kampf der Leidenschaften. Die Wogen umspülten zwei Körper, die versuchten, gleichzeitig zu schwimmen und sich zu balgen wie See-Otter. Knurrende Gier. Stoßweiser Atem. Rauschendes Blut. Und für einen Augenblick schien das Meer zu überlegen, ob diese beiden Lust-trunkenen Gestalten nicht doch in seine Welt gehörten…

Weder Isabella noch Gödeke hätte sagen können, wie viel Zeit im Meeres-Rausch verging. Irgendwann aber tauchten sie wieder daraus auf, und das Land begann zu locken. Mit verlässlichem Boden, auf dem man liegen und ruhen konnte. Oder sich wälzen und zustoßen… Wie überaus verführerisch das plötzlich klang! Doch als Gödeke die paar Meter zur Insel zurück schwamm, zögerte Isabella. Ihre Entdeckung von vorhin ließ ihr keine Ruhe. „Ich komme gleich nach“, rief sie dem Likedeeler hinterher und tauchte noch einmal in den Kolk hinab.

Tatsächlich! Ihre Augen hatten ihr kein Trugbild vorgegaukelt: Zwischen den Steinen der ehemaligen Befestigung hatte sich eine kleine Holzkiste mit Metallbeschlägen verklemmt. Vielleicht hatte man sie an der Küste vergraben und der Sturm hatte sie nun freigespült? Wie spannend! Vorsichtig ruckelte Isabella daran, um das Ding zu befreien. Und tatsächlich schaffte sie es. Bevor die Luft erneut knapp wurde, hatte sie ihren Schatz geborgen und an die Oberfläche gebracht. Nur ein paar Schwimmzüge noch und sie war an Land.

Schwer atmend ließ sie sich neben Gödeke in den Sand fallen und stellte ihren Fund vor ihre Füße. „Seht nur!“, sagte sie fasziniert. „Oh ja, ich sehe!“, grinste der Freibeuter und ließ seinen Blick über ihr Hemdchen gleiten, das nun fast durchsichtig vor Nässe auf ihren Brüsten klebte. Isabella rollte mit den Augen. „Schon gut!“, sagte er und beugte sich ebenfalls vor. „Ich gebe zu, das sieht interessant aus. Was da wohl drin ist?“

Das harte Eichenholz wirkte Jahrhunderte alt und trug eine weißliche Kruste aus Seepocken. Der Verschluss hatte sich verzogen und klemmte. Doch als Isabella mit einem Stein vorsichtig dagegen hämmerte, gab er nach. Mit einem feuchten Knarren öffnete sich der Deckel… und den beiden Strandgut-Sammlern blieb der Mund offen stehen. Denn in der Truhe schimmerte es golden.

Es war kein Schatz im klassischen Sinne. Keine Münzen und Perlen und Edelsteine. Eher sah es aus wie das Vermächtnis eines alten, religiösen Kultes. Isabella hatte keine Ahnung, wer die Menschen gewesen waren, die diese Kiste versteckt hatten. Ihr Glaube und ihre Riten waren längst in Vergessenheit geraten. Doch sie hatten zweifellos den Freuden der Sinnlichkeit gehuldigt! Wie sonst waren die kleinen Statuen zu erklären, die überaus offenherzig ihre tiefen Spalten und überdimensionalen Schwänze präsentierten? Oder die steinernen Paare, auf ewig verschlungen in Lust?

Das Faszinierendste aber lag am Boden der Kiste. Andächtig nahm Isabella die zwölf etwa handgroßen Tafeln heraus und legte sie nebeneinander in den Sand. Pures Gold leuchtete in der Sonne, kunstvolle Figuren zierten die schimmernde Oberfläche. Und was sie taten… Isabella schluckte. Es war eine Galerie des Lasters – fantasievoll und abgrundtief verdorben. Ob die dargestellten Ausschweifungen als Anregung gedacht gewesen waren? Mussten oder durften die Anhänger des Kults diese Riten zu bestimmten Gelegenheiten vollziehen? Isabella und Gödeke tauschten einen vielsagenden Blick. Und in der Luft schwirrten goldene Gedanken.

Plötzlich aber stand der Likedeeler auf und klopfte sich den Sand von der Hose. „Ich muss mich jetzt leider verabschieden“, sagte er. „Ich habe noch etwas zu erledigen und bin spät dran“. Er zog sein Hemd wieder an. „Sehen wir uns später?“ „Natürlich“, erwiderte Isabella lächelnd. „Die Insel ist ja nicht groß, da werden wir das kaum vermeiden können!“ „Gut!“, sagte Gödeke und warf ihr noch einen schwer zu deutenden Blick über die Schulter zu. „Ich hätte Euch übrigens nicht ertrinken lassen…“

Damit bückte er sich und hob eine der goldenen Tafeln auf. Mit dem Bild nach unten drückte er sie ihr in die Hand. „Die Szene hier erinnert mich an Euch“, sagte er mit einem anzüglichen Grinsen. Dann schlenderte er pfeifend davon…


© Kea2012, März 2018
****orn Mann
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Gödeke Michels – Maj ten Brook
Die helle Glocke der kleinen Neuwerker Kapelle schlug dreimal, als Gödeke sich auf dem Weg machte. Er verließ den Anleger und die Gegend um den mächtigen Turm und wandte sich gen Nordwesten. Dort, an den wilden Stränden, vermutete er die Friesin, die er treffen wollte, eher, als an der rauen Steilküste im Südosten. Die tieferen Gewässer waren schneller zu erreichen, und er vermutete, dass da ihr Schiff vor Anker liegen würde, die mächtige Baleine, ein Dreimaster, weder Kogge noch Hulk, sondern eine hohe und schlanke Balinger, ein feines Enterschiff, das musste er gestehen.

Gödeke Michels hatte sich wieder komplett eingekleidet. Getrocknet war die helle Hose im Sonnenlicht und stetgem Wind. Das weiße Hemd flatterte ihm um den Körper, in den halbhohen brauen Stiefeln schritt er aus, war in Gedanken vertieft, dachte zurück an die vergangenen Stunden, und was die blonde, kleine Meerjungfrau aus den Fluten geborgen hatte. Einen echten Schatz! Und nicht irgendeinen Schatz, der aus Bechern und Münzen bestand, nein, natürlich musste es ein ganz besonderer sein. Die hübsche Isabella bringt mich noch um den Verstand, dachte Gödeke und schritt weiter aus, achtete auf den von Steinen übersäten Trampelpfad. Ständig wartet sie mit neuen Überraschungen auf und verblüfft mich. Nein, sie ist alles andere nur keine Strickliesl oder langweiliges Mütterchen. Eine Hure oder Metze ist sie auch nicht. Was also dann? Er hatte ihr geraten, gut auf den Schatz aufzupassen, man wisse nie was sich für Gesindel herumtreibt, oder gar Piraten, worauf sie nur keck geantwortet hatte, dass sie ihren Schatz lieber einem erfahrenen Piratenanführer anvertrauen würde als Gesindel, und dass sie sich wundern würde, dass der Herr Kaufmann aus Bergen da unterschied. Ständig musste sie ihm das Wort im Munde umdrehen. Vermutlich war sie Politikerin, dachte er grimmig und ein merkeln fuhr ihm über den Rücken.
Einen hatte er ihr dann aber doch mit auf den Weg gegeben. Auf einer der Goldplatten war eine überaus versaute Szene eingeprägt, die er ihr unter die Nase gehalten hatte. Eine Arschfickszene, in der, in Hundestellung, eine Frau vis a tergo bestiegen wurde und weitere vier nackte Männer das Mädel umstanden mit vorgereckten Lanzen, aus denen sich Ladungen ergossen und die Lustrekelnde auf Haar, Rücken, ins Gesicht und in den gierig geöffneten Mund besudelten. Was für eine heiße Szene, hatte Michels gedacht und Isabella die Goldplatte in die Hand gedrückt. Daran musste er denken, als er um die nächste Düne bog und aufs Meer hinaus blickte.

Und da sah er es in der Ferne liegen, das Schiff, die Baleine. Er war auf der richtigen Spur. Weiter folgte er dem Eselspfad oberhalb des Strandes, brauchte jetzt nur noch nach einem Ruderboot Ausschau halten. Dort unten, da lag es! Ein Stück weit den Strand hinaufgezogen. Anscheinend wollte man sich nicht von der nächsten Flut überraschen lassen. Wo aber war die Besatzung? Die Männer? Hatten die ebenfalls den Weg zum Neuwerker Turm eingeschlagen, um sich dort mit den Huren zu vergnügen? Sie mussten den Landweg genommen haben, denn am Meer war ihm niemand begegnet. Sein Blick war fokussiert und so wäre er fast mit dem hünenhaften Mann zusammengestoßen, der wie aus dem Nichts plötzlich von backbord aufgetaucht war. Sein Biberfellstirnband verlieh ihm etwas Verwegenes, das graue Haar ließ ihn älter erscheinen, als er vermutlich war. Beeindruckend aber die Größe des Mannes. Er überragte Gödeke um Haupteslänge, musste fast so groß wie Lars sein, Lars Reesenspund aus Eckernförde, sein Personenschützer. Reflexartig schnellte Michels rechte Hand hinter den Rücken, bereit, den Dolch zu ziehen, doch der Mann hob seinen linken Arm an und in Höhe des Ohres formte er mit Zeigefinger und Daumen ein ‚L‘ und ließ die Fingerkuppen dreimal kurz hintereinander zusammen kommen. Gödeke entspannte sich, erkannte das Signal und nickte. Er hob seinen rechten Arm und wiederholte das lautlose Erkennen zweier Freibeuter, die sich an Land begegnen.

„Thure von Ottensen”, stellte der Riese sich vor und ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht. „Sehr erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Michels.“
Man reichte sich die Hand, sah sich gegenseitig in die Augen und befand, dass man sich auf derselben Seite von Gesetz und Recht befand. Nämlich auf der des Widerstandes und des Aufbegehrens. „Ein hübsches Sümmchen ist inzwischen auf euren Kopf ausgesetzt“, lachte Thure und schlug Michels mit einer Hand kräftig auf die Schulter.
„Das will ich doch meinen, Bibermann mit den eisblauen Augen“, feixte Gödeke zurück. „Mundet Euer Black Ale so famos, wie man es sich an der Küste Gotlands, in Visby erzählt?“
„Mehr als das, und wie es sich schickt, haben wir ein Fass an Land gebracht. Wie man hört, ist das Weibsvolk der Insel gut in Form. Doch sagt … ich hatte mich Euch ein wenig anders vorgestellt. Reist Ihr allein?“
„Nicht ganz, ich bin in Begleitung von drei Leuten, einer Dame aus Litauen, einem Walfischfänger aus Hamburg und meiner rechten Hand, ein Mann so groß gewachsen wie Ihr es seid. Ein bärtiger Rotschopf. Ich bin incocknito unterwegs, ein Handelsmann aus Bergen, getarnt, und wünsche, dass dies auch so bleibt. Selbst die Besatzung der Talisker ist nicht eingeweiht. Nur eine junge Hurenlehrerin scheint zu ahnen, wer ich wirklich bin.“
„Und die lebt noch?“, lachte Thure auf. „Na dann, passt gut auf euren Kopf auf. Behaltet ihn oben.“
Er machte den Weg frei und wies hinunter zum Strand. „Ihr findet sie dorten bei den Felsen. Ich bleibe in der Nähe.“

Gödeke setzte seinen Weg fort, ging hinunter zum Wasser, beziehungsweise dort hin wo die See noch vor kurzem gewesen war. Die Ebbe hatte bereits ein gutes Stück weit vom Watt freigegeben. Mehrere Felsen ragten aus dem Sand empor. Auf dem ersten Gesteinsbrocken hatte es sich jemand bequem gemacht. Eine Frau. Und obwohl Gödeke natürlich wusste, wer da auf ihn wartete, schlenderte er lässig auf sie zu, so wie ein Spaziergänger es tat, der die frische Nordseeluft genießt. Als er nah genug heran gekommen war verlangsamte er jedoch seinen Schritt, denn das was er da auf dem Felsen sitzen sah, verschlug ihm den Atem. Die Frau sah auf dem ersten Blick vollkommen anders aus, als er es von einer Friesin erwartet hatte. Sie wirkte eher wie eine Südländerin. Vor vielen Jahren, als die Welt noch in Ordnung war, war er auf einer seiner Reisen bis nach Porto gekommen, einer bezaubernden Hafenstadt an der Küste Portugals, wo es einen exzellenten, schweren, ein wenig süßlichen Wein zu trinken gegeben hatte, war er mit den rassigen, weiblichen Schönheiten des Landes in Kontakt gekommen. Die Frau auf dem Felsen sah diesen absolut ähnlich. Ihre gelockte, braun-schwarze Haarpracht flatterte wie die Mähne eines anadalusischen Rassepferdes im Wind. Blankgewichste Lederstiefel, die ihr bis über die Knie reichten, glänzten in der Sonne. Darüber lugten braungebrannte Schenkel hervor. Allerdings fast hälftig bedeckt von den fliegenden Schößen eines schwarzen Waffenrocks. Ein dünner, weißer Rock flatterte leicht im Wind, und ein großer, silberner Ohrring blinkte im hellen Licht des Tages. Sie wandte den Kopf zu ihm um und versuchte mit einer Hand die Mähne zu bändigen und gleichzeitig die Augen vor der Sonne zu schützen.

Nah trat Michels auf sie zu. „MtB?“, fragte er und grinste sie an. Sie lachte glockenhell auf. „GM“?, kam es zurück. Strahlendweiße Zähne lächelten ihn an und einen kurzen Moment lang sah er ihre Zungenspitze, die sich zwischen die Vorderzähne geschoben hatte. Sie hielt ihm die Hand entgegen, er beugte sich hinab, zog sie an seinen Mund und berührte mit den Lippen den Handrücken. Dann aber zog er die Dame vom Felsen empor, sie ließ es geschehen, sprang neben ihm im Sand auf die Füße und sah ihm klar und offen in die Augen. Und abermals war er überrascht. Er hatte passend zu ihrem Teint dunkelbraune Augen erwartet, doch er blickte in grün-blaue, die sich wie der Himmel in der See spiegelten. Eine ganz und gar faszinierende Augenfarbe, wie er in noch kein zweites Paar geblickt hatte. Auch ihr Gesicht war braungebrannt, die vollen Lippen überaus weiblich. Schlank war ihre Statur, aber weder zierlich noch dünn. Nein, diese Frau besaß Kraft und Durchsetzungsvermögen, das sah er auf einem Blick. Die schwarze Corsage unterstützte sowohl die schlanke Taille als auch den Busen, eine weiße Rüschenbluse rundete den schwarz-weiß-Look der Freibeuterin ab. Dünne, silberne Ketten, Armreifen und weiterer Schmuck und Geschmeide klimperten bei jeder ihrer Bewegungen, ein paar bunte Lederbänder sorgten kreuz und quer für weitere Verzierungen. Imposant war allerdings der Waffengurt, der eng um ihre Hüften geschlungen war und an dem ein berüchtigter Nierendolch hing und auch ein lederner Beutel.

Erst jetzt bemerkte er, dass ihr weißer, kurzer Rock keineswegs strahlend sauber war und auch an mehreren Stellen eingerissen. Das schien sie nicht im Mindesten zu stören, im Gegenteil, dieser Frau sprang die Sehnsucht nach Abenteuern, Lebensfreude und pure Lust aus jeder Faser ihres Körpers. Nah standen sie beieinander, blickten sich an. Stumm und neugierig. Und begrüßten sich auf die Art, wie sich Anführer untereinander begrüßen. Sie spannten beide die jeweils rechte Hand um den Unterarm des anderen und drückten zu.
„Ich bin erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Maj ten Brook, Tochter Kenock des l.“
„Und ich freue mich, Euch endlich und wahrhaftig kennen zu lernen und vor Euch zu stehen, Gödeke Michels, erster Anführer der Vitalienbrüder der Ostsee mit Sitz auf Gotland.“
Kein Unbehagen, keine Furcht, kein Lächeln, sondern Respekt, Ehre und Ernsthaftigkeit spiegelten sich in ihren Augen. Man war sich verbunden, sich des Augenblicks bewusst, zwei Menschen, die die Zeit prägten, heute, 1396, jeder auf seine Weise, dem Ruf verbunden, authentisch in ihrem Wesen. Freibeuter der Meere, ein Mann, eine Frau. Der eine ein Lebemann, die andere ein Wildfang. Schon in diesen ersten Minuten knisterte die Luft, einem kaum fühlbarem Vibrieren gleich. Sie waren sich beide ihrer Stellung und Standes bewusst.

Gödeke stammte aus ärmlichen Verhältnissen, war dem Hungertod mehr als einmal sehr nahe gewesen, hatte Frau und Kinder verloren, als sie in seinen Armen entschlafen waren, ausgemergelt, und das trotz, dass er hier und da einen Laib Brot und ein paar Hühnereier gestohlen hatte, auf das in der Zeit der großen Hungersnot der sichere Tod durch den Strang gestanden hatte. Hohe Abgaben, Steuern, Zölle, Gebühren, die kein einfacher Mann oder Händler mehr in der Lage war, an die Landesfürsten zu entrichten, hatten nicht nur ihn in die Entbehrung und Hoffnungslosigkeit getrieben. In einem diesen Elendsviertel war Gödeke Michels aufgewachsen. Er hatte seine geliebte Familie bei Wismar zu Grabe getragen, doch mit der letzten Kraft war es ihm ein paar Wochen später, mit 40 weiteren Verzweifelten, gelungenen, ein Schiff aufzubringen. Die Mannschafft im Hafen zu überwältigen, die Überlebenden gefangen zu nehmen und mit seinen eigenen Leuten, einige waren umgekommen, Wismar mit dieser einen, beladenen Hansekogge zu verlassen.

Es war ein großes und mächtiges Schiff, ein Einmaster mit gut 200 qm rechteckigem Rahsegel. Die restliche, ursprüngliche Mannschaft war schnell überzeugt, überzulaufen und so führte Gödeke Michels 37 Kaperbrüder über die See, die Keimzelle dessen, was sich später Vitalienbrüder nennen sollte. Alle so ausgehungert wie er, in Lumpen gekleidet und am Ende ihrer Kräfte. Mehr tot als lebendig. Ein Überfall halbtoter Zerlumpter war es gewesen, manche zu schwach, um einen Dolch in eine Brust zu stoßen. Und doch, sie schafften es in jener Nacht, einen neuen Lebensanfang zu beginnen. Hering, Stockfisch, Mehl und Salz hatte die Hansekogge geladen – sie kam ursprünglich aus Danzig und war auf dem Weg nach Lübeck – dazu Pelze, Lederhäute, Bernstein, Eisen, Kupfer und wertvolles Erlenholz. Knapp 60 Tonnen Fracht erbeutete Gödeke Michels in jener Nacht. Pech und Bier aus der Tschechei waren auch mit dabei, ebenso wie Unmengen an Butter und Käse und Getreide.

Es waren keineswegs alles nur Seeleute, die den Sprung in den Untergrund wagten, sondern viele waren Bauern und Handwerker, die aus den unterschiedlichsten Gründen ihre Arbeit verloren hatten, ihre Familien, Höfe und Werkstätten; Männer, die mittellos waren. Eine Verzweiflungstat sondergleichen. Fast ein halbes Jahr blieb das Schiff ununterbrochen auf See, landete nur an, um Wasservorräte aufzufüllen, Werkzeug zu beschaffen und sonstiges Material, was sie benötigten. Ebenso Kleidung und frische Lebensmittel. Obst und Gemüse. Michels war vom ersten Tag an ihr Anführer, er hatte den Plan ausgeheckt und ihn letztendlich auch durchgezogen. Er lief keinen größeren Hafen an. Bezahlt wurde überwiegend in Waren, besonders die Pelze aber brachten auch Bares, gutes Geld, das sie nicht verhurten oder versoffen, sondern in den Ausbau des Schiffes steckten und es sich teilten. In der Zeit wurde es umgebaut zu einem fahrenden, schwimmenden Dorf auf dem Meer, und auch zu einem Angriffsschiff, einem Enterschiff. Denn von nun an waren sie eines: Sie waren Gesetzlose, sie waren Piraten. So wundert es nicht, dass sie sich fortan auch als solche benahmen und verdingten.

Die Hälfte des Lagerraumes wurde zum Mannschaftsquartier, Hängematten anstatt Kojen. An Oberdeck wurden eine kleine Mühle, zwei Öfen, ein großer Grill und eine Schmiede gebaut. Es wurde Korn gemahlen, Brot gebacken und Waffen hergestellt. Aus dem Erlenholz, das für England bestimmt war, schnitzten sie Langbögen und Pfeile, versahen sie mit eisernen Spitzen. Sattler, Schneider, Zimmermänner, Müller, Bäcker und Schmiede arbeiteten Tag und Nacht. Sie nähten sich Kleidung und neues Schuhwerk. Zumeist alles aus Leder. Zu essen gab es fast ausschließlich gegrillten Fisch mit frischem Brot und Butter. Dazu Käse und Hartwurst. Zu trinken Wasser und Bier.
Diese erste erbeutete Kogge blieb Gödeke Michels Mutterschiff. 17 Jahre war das jetzt her.

„Darf ich Euch bitten, Platz zu nehmen?“, lachte Maj nun doch, holte ihn aus seinen Gedanken zurück und lud ihn mit einer Handbewegung auf ihren Felsen ein.

© Walhorn März 2018
*****cat Paar
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Gruppen-Mod 
Katterein (12)
Während Katterein die Netze einholte, die Fische aus den Maschen befreite und die zappelnde Beute in das Fass hineingleiten ließ, waren ihre Gedanken bei den Piraten.

So nah!
Kurz vor Hamburg.

Sie musste zurück zu Endres und ihn in Kenntnis setzen. Ihr Traum schien zum Greifen nah! Sie war ganz aufgeregt. Am liebsten wäre sie gleich weiter gesegelt und hätte selbst nachgeschaut, ob sie die „verdächtigen“ Koggen entdecken würde, dann aber nahm sie Kurs auf Hamburg.

Sie vertäute das kleine Fischerboot und winkte nach Endres. Als der am Boot auftauchte und den Deckel des Fasses öffnete, staute er nicht schlecht. „Guter Fang, meine Schöne“, lobte er sie.
„Danke..aber noch toller ist die Neuigkeit, die ich zu berichten habe“, fing Katterein an.

„Piraten auf Neuwerk?“, grinste Endres. Katterein schlug mit der Faust auf seine Schulter, „Hey. Wieso weißt du das schon wieder? Das ist MEINE Neuigkeit für Dich!“ Sie zog eine Floppe. Endres zog mit dem Zeigefinge ihr Kinn hoch und küsste sie zärtlich. „Du bist süß, wenn du eingeschnappt bist!“, lächelte er sie an,“ Der Drochtersen Hinnak hat seine Fische hier abgegeben und es war DIE Neuigkeit hier am Markt. Nebel, Wellen, Wind und Feuer. Er schwor, der Belzebub selbst würde sein Unwesen auf der Insel O treiben. Er habe Schwefel gerochen.“

Katterein lachte. „Der hat wieder zuviel von seinem Apfelwein getrunken. Die benutzen Schwefel, um den Wein haltbar zu machen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Hoffen wir mal, dass seine Piraten-Neuigkeit nicht auch von seinem umschwefelten Hirn kommt.“

Endres rollte das Fass auf eine Karre und schob sie damit zum Schuppen. Katterein blieb an seiner Seite. „Meinst du die Koggen kommen direkt hierher?““Joa...ich denk schon“, nickte Endres und machte den Schuppen auf. Er schob die Karre hinein und schloss die Tür hinter der Fischerin und sich. Er drückt sie an die Wand und küsste sie. „Pfui- du stinkst...Los zieh dich aus!“ Katterein pellte sich aus den dicken Pullovern, zog die Stiefel und die Hose aus, bis sie unbekleidet vor Endres stand. Der stand vor ihr und schaute sie an „Du frierst“, bemerkte er lächelnd und zog vorsichtig an ihren Nippel. „Dann wärme mich, Endres“, lockte die Nackte und schmiegte sich an den Männerkörper. Sie zerrte an seiner Tunika. Er half und zog sich den Stoff über den Kopf. Das Band seiner Hose war schnell gelöst. Er stolperte noch etwas schwankend beim Ausziehen seiner Lederschuhe, doch dann bemerkte auch er, wie kühl es ohne die wärmenden Kleidungsstücke im Schuppen war.

Doch ihre innere Hitze machte das bald wett. Katterein sprang ihren Freund regelrecht an. Dieser hielt sie an seinen Körper gepresst und legte sie dann behutsam auf einen Stapel Seile, der praktischerweise in Penetrationshöhe geschichtet waren. Er hielt ihre Beine nach oben und verschwand mit seinem Kopf zwischen ihren Schenkeln. Ihr gurrendes Geräusch verriet ihm, dass seine Zunge ihr Lust bereitete.

Gern hätte er sich hier länger aufgehalten, allein die Kälte ließ ihn aufstehen und seinen prallen Stab in die befeuchtete Muschel gleiten. Seine Lenden prallten auf den Ansatz ihres Pos. Lüstern sah er den wippenden Brüsten zu, die sich im Takt seiner Stöße bewegten.

Als sie sich viel später mit zitternden Beinen wieder anzogen, hatten beide ein erschöpftes Grinsen auf den Lippen. Endres machte die Schuppentür wieder auf. Es war Ebbe. In seinem Abschnitt der Elbe lief das Wasser zwar noch nicht auf Grund aber an der Trostbrücke, wo der Hafen früher angelegt war, war jetzt Schlick zu sehen.

„Wenn ich die Kohle als Pirat zusammen habe, mache ich- glaube ich- eine Kneipe hier in Hamburg auf und dann verkaufe ich gemischte Getränke und nenne sie dann besonders...“, träumte Endres laut, als sie am Steg entlang liefen. „Wie willst du sie nennen?“, fragte Katterein mit dem Kopf an seiner Schulter.
„vielleicht einen...“Geschlechtsverkehr am Wattenmeer““, grinste er und sie knuffte ihn lachend in den Bauch.
****orn Mann
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Gödeke Michels Teil 30 - Strandspaziergang
„Na, Gödeke, wie laufen die Geschäfte?“ Maj ten Brok sah ihn verschmitzt von der Seite an und biss in einen Apfel, den sie aus dem Lederbeutel gezogen hatte.

Gödeke Michels antwortete nicht sofort, die Frage bedrückte ihn ein wenig, wie es schien. Er blickte ins schwindende Meer hinaus, nahm die fortlaufende Ebbe zum Anlass, seine Gedanken und Empfindungen zum Ausdruck zu bringen. „Die Geschäfte laufen gut, sehr gut sogar, ich kann mich wahrlich nicht beschweren. Die Lager sind zum Bersten gefüllt, die gesamte Bruderschaft könnte sich bequem zur Ruhe setzen und bis ans Ende ihrer Tage leben und alt werden, sehr alt sogar, bekämen wir all die angehäuften Waren verkauft und ließe man uns ungestört leben.“ Rau lachte er auf ob seines eigenen Witzes. „Magister Sigbold hat auf Gotland Tag und Nacht zu tun, um hunderte von Tonnen Handelsware zu erfassen.“

„Doch ist Euer Ruf und die Reputation ein wenig angekratzt, um es vorsichtig ausdrücken, um Euch die großen Häfen und Handelsplätze … wie sagt Ihr? … bequem anlaufen zu lassen und zu sichern. Handel zu treiben mit Euch wird mit der sofortigen Todesstrafe belegt. Was also fangt Ihr mit den erbeuteten Gütern an? So wie ich mir denken kann befindet sich nicht nur bares Geld, Silber und Gold darunter, sondern überwiegend wohl Erze, Eisen, Holz und anderes schweres Material. Dazu bestimmt auch tonnenweise Getreide, das gelagert und verarbeitet gehört. Je mehr Schiffe Ihr kapert, umso mehr Lagerkapazitäten benötigt Ihr auch.“

„Wie Recht ihr habt!“, nickte Michels grimmig. „Gotland ist derzeit wohl die reichste Insel der Ostsee. Unsere Silos sind gut gefüllt, es braucht keiner Hunger zu leiden. Die Likedeeler teilen alles, was aber soll ein einzelner Mann mit einer Tonne Eisen anfangen? Oder mit einem Ballen Stoff? In Visby hat sich eine kleine Industrie aufgebaut, die Einwohnerzahl hat sich mehr als verdoppelt. Viele Menschen haben sich uns angeschlossen, auch Frauen und ganze Familien. Menschen, die das Elend satt hatten. Auf deutscher Seite sind uns an erster Stelle Wismar und Rostock verblieben, zwei Städte, die uns unterstützen und die wir anlaufen können, um unsere Güter zu verkaufen. Das hat sich bei der Bevölkerung herumgesprochen und es kommt nicht selten vor, dass unsere Schiffe auch auf den Rückfahrten gefüllt sind. Aber nicht mit Waren, sondern mit Verzweifelten, die ihr Zuhause verloren haben, oder mit dem Hungertod kämpfen, Menschen, die am Ende sind, so wie wir es dereinst waren, wir alle, die wir uns zusammengeschlossen haben. Selbst ich wäre schon lange tot, Maj.“

Nachdenklich blickte er ihr in die schönen grün-blauen Augen. Seine Hand glitt an ihr Handgelenk, zog es zu sich heran und er biss einmal in ihren roten Apfel.

Dann schmunzelte er, ob ihres überraschten Gesichtsausdruckes. „Aber um Eure Frage zu beantworten, in den nächsten Tagen läuft die Hälfte meiner Flotte aus, segelt nach Rostock und Wismar, in jene beiden Städte, in denen wir willkommen sind und schlägt das Lager um. Denn es sieht nicht nur so aus, es ist so, dass der komplette Handel der Hanse über die Ostsee durch uns zum Erliegen gekommen ist. Das letzte Schiff wurde vor zwei Wochen aufgebracht.“

„Da habt Ihr den Pfeffersäcken einen erheblichen Schaden zugefügt, keine Frage, Respekt! Schmeckt Euch der Apfel der Sünde?“, fragte sie kokett, wurde aber kurz darauf wieder Ernst. „Wieviel Leute seid Ihr denn inzwischen und wie viel Schiffe fahren unter Eurer Flagge?“

„Auf Gotland befinden sich derzeit knapp 2.000 Vitalienbrüder. Insgesamt befahren wir 33 Schiffe, Koggen und Hulks, alle erbeutet, 9 davon unter der Führung von Klaus Störtebeker, ein paar von anderen Anführern. Er hat sich in die Nordsee abgesetzt, als es hier in der Ostsee nichts mehr zu holen gab. Er weilt auf Helgoland und dürfte euch bekannt sein, nehme ich an. Oder?“

Geschickt hatte Gödeke das Gespräch in eine andere Richtung gelenkt, denn er war gespannt, etwas mehr über die Friesen zu erfahren.
„Nicht mir persönlich, nein. Wohl aber meinem Halbbruder, Bengt ten Brook. Wie Ihr vermutlich wisst, Gödeke, sind wir Friesen das einzig freie Volk, denn wir kämpfen verbissen gegen den sogenannten Landesfürsten, Albert von Bayern, dem verfickten, elenden Drecksack! Er schimpft sich Graf von Holland und will uns ebenfalls, so wie alle anderen Ländereien, unterdrücken und unterjochen. Doch das Küstenland wehrt sich. Erst vor kurzem ist es Bengt gelungen, sämtliche Häuptlinge, die hovetlinge, zu vereinen. So kämpft das Brokmerland jetzt zusammen mit Bant und Wangerland, mit den Wursten, Emsingern, Aurichern, Emdenern und Harlingern gegen Albert. Man erzählt sich viel über die Vitalienbrüder, sie sind richtiggehend populär, weil sie der Hanse kräftig eins auswischen und an die Pfeffersäcke gehen, doch sei Euch gesagt, auch uns Friesen bleibt kaum etwas anderes übrig, als uns mittels Piraterie über Wasser zu halten. Nur bekommt das nicht alle Welt mit, und doch schwächen wir große Handelsstädte wie Brügge oder London erheblich. So auch ich, Maj ten Brok.“

Mürrisch warf sie den Kopf zurück, dass ihre braun-schwarze Mähne nur so flatterte, ungebrochener Stolz lag in ihrem Antlitz und ihre klaren Augen funkelten, die rechte Hand zuckte zum Nierendolch, als wolle sie sich in den nächsten Kampf stürzen. „Vort zo nemen ze up de zulven tiid eyn schip, dat uyt Enghelande qwam unde wolde int Zwen seghelen, dar inne dat koplude van unsen rechte grot gut vorloren hebben an golde unde an wande, unde de sulven koplude hebben ze mit en gevoret in Vreslande. Versteht Ihr? So spricht zum Beispiel Brügge über uns.“

Gödeke verstand zwar nicht alles, war aber überzeugt davon, das Maj die Wahrheit sprach und ebenfalls eine sehr erfahrene Seeräuberin war. Es war keineswegs so, dass er nicht darüber im Bilde war, was sich in Friesland tat und wer Bengt und Maj ten Brook sind. Ganz im Gegenteil, er achtete die Brokmerländer sehr, ihren Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit. War ihm all dies doch bestens vertraut, nur … er war noch nie einem dieser Helden begegnet. Und betrachtete sich die wilde Kämpferin erneut und etwas genauer.

„Wie kommt es, dass Ihr einen solch südländischen Teint besitzt?“
„Was?“ Maj starrte ihn perplex an, seine Frage kam mehr als überraschend. Sie zog die dunklen Augenbrauen zusammen und musterte den Mann neben ihr. Wollte er ihr dumm kommen? Doch seine Frage schien ehrlichem Interesse zu entspringen, sein Lächeln war weder spöttisch noch höhnisch, und so entspannte sie sich. „Meine Mutter ist Neapolitanerin, und tatsächlich erklärt das auch mein Temperament, wenn Ihr darauf anspielt.“
Jetzt lachte sie doch auf und schlug Gödeke rechts auf die Schulter. „Gehen wir ein Stück?“

„Unsere Zeit auf Gotland scheint sich allerdings dem Ende zu nähern“, setzte Gödeke die Unterhaltung fort. „Der Deutsche Orden plant eine Invasion. Wir werden die Lager räumen müssen und mit unserer Flotte anderswo Zuflucht finden.“
„Ja“, nickte Maj ten Brok, „ich hörte davon. Wollt Ihr nicht ebenfalls nach Friesland umziehen? Emden stünde Euch als Handelsplatz offen und auch Marienhafe. Als Gegenleistung unterstützt Ihr uns im Kampf gegen den ätzenden Albert. Die Nordsee hat auch einiges an Lukrativem abzufischen. Weser- und Elbmündung bieten reiche Beute. Nur … hier auf Neuwerk würde ich mich nicht allzu lange aufhalten. Der Amtmann von Ritzebüttel, Ungustus Bruns, ist derzeit außer Gefecht gesetzt, doch wird das nicht ewig lang andauern. Aber sagt: Ihr seid auf dem Weg zum Hansetag in Hamburg? Warum? Wieso setzt Ihr Euch dieser Gefahr aus?“

Gödeke Michels musste diesen Schwall an Informationen und Fragen erst einmal sacken lassen, ein Ausweichen nach Friesland schien verlockend, das unübersichtliche große Küstengebiet ein ideales Versteck. Die Nordsee ein feines Beutegebiet. Störtebeker war ja bereits hier an der Elbmündung erfolgreich aktiv. Er selbst würde sich dann auf die Wesermündung konzentrieren. Bot Maj ten Brook ihm hier eine lebenswerte Möglichkeit?

„Euer Angebot ehrt mich, Seite an Seite mit den Brokmerländlern gegen den fiesen Bayern zu kämpfen, doch sind wir Seeleute, Piraten wie Ihr, und keine ausgebildete Landstreitmacht. Dennoch … wir könnten auf der Seeseite kämpfen und sind dafür hervorragend geeignet. Was Hamburg betrifft, so muss ich unbedingt herausbekommen, wann genau der Deutsche Orden seinen Überfall auf Gotland plant, wie viel Zeit uns noch bleibt, das Weite zu suchen. Vielleicht ein Jahr, vielleicht weniger. Denn eines ist sicher, wir werden vorab Gotland verlassen, es kampflos räumen, zu überlegen ist der Gegner. Doch werden die Päpstler leere Lagerhäuser und Silos vorfinden.“

„Ich denke, Euch wird mehr Zeit verbleiben, als ein Jahr, denn die Hansestädte sind es erst jetzt erstmalig leid, was auf der Ostsee geschieht und beraten, was sie gegen die Vitalienbrüder und Euch unternehmen wollen. Doch geht das bei weitem nicht so schnell, wie Ihr Euch das vorstellt. Die Hansestädte sind zerstritten, eine Einigung wird noch eine Weile dauern. Und auch der Deutsche Orden ist noch längst nicht soweit. Es fehlen die Mittel und erst wenn die durch die Hanse zugesichert sind können sie Schiffe bauen, genügend Schiffe, um Gotland anzugreifen. Die Streitmacht besitzen sie schon jetzt, das ist gesichert, doch übersteigt das Projekt bei weitem ihre Mittel und Möglichkeiten.“

„Es sind politische Gründe, die den Orden handeln lässt, wir Vitalienbrüder nur der Vorwand, um Gelder von der Hanse zu erzwingen. Die Kirchenleute sind nicht zu unterschätzen.“

„Mein Halbbruder Bengt wird auch auf dem Hansetreffen teilnehmen. Als Abgesandter der Häuptlinge Frieslands. Ihr solltet Euch konspirativ heimlich mit ihm treffen, von unserer Liaison hier auf Neuwerk berichten und zum Zeichen dieses Lederband um euer Handgelenk tragen. Er wird es auf Anhieb erkennen.“

Sie zupfte es von ihrem schwarzen Korsett und band es ihm geschickt ums linke Handgelenk und verknotete es. Nah stand sie bei ihm und er fuhr ihr mit der anderen Hand über den Nacken und hinein in die dunkle Lockenpracht. Ihr Haar war wirklich fast so fest und dicht wie die Mähne eines Rassepferdes aus Andalusien. Es fühlte sich gut an. Auch ihren Duft atmete er ein. Sie roch eindeutig nach Frau. Er blickte hinunter zu den kniehohen, blankgewichsten Lederstiefeln und dem sündig dünnen, kurzen Rock. Und auch auf die blankliegenden nacktbraunen Schenkel von edlem Wuchs. Maj ten Brook war wirklich nicht nur eine beachtliche, sondern auch eine überaus attraktive Frau.
„Habt Ihr nicht Lust, mich auf ein Black Ale einzuladen? Das würd mir jetzt recht der Sinn nach stehen, meinen Durst zu stillen.“


© Walhorn März 2018
Der Drang nach Freiheit – Marlis (25)
Marlis weinte leise Tränen. „Was hast Du dann gemacht?“

„Ich nahm mein Geld, mietete ein Pferd und ritt so schnell ich konnte nach Lübeck mit Mord im Herzen. Ich wollte sie finden und bestrafen. Als ich ankam suchte ich ohne zu zögern die Kaschemme auf und sie war tatsächlich da, erkannte mich, kam ohne Arg auf mich zu. Und in diesem Moment kehrte meine Vernunft zurück und ich konnte ihr nichts tun, weil es einfach nicht ihre Schuld war.

Ich drehte mich um, stieg auf das Pferd, ritt davon und schwor mir, nie wieder nach Lübeck zurückzukehren. Es ist besser für mich.“ Seine Stimme brach und die Tränen liefen. Marlis zitterte in seinen Armen, musste sich zwingen, sich wieder zu entspannen. Jetzt raste ihr Herz. „Und was war dann...?“ fragte sie zaghaft.

„Ich ritt zurück nach Schonenberek, verkaufte meinen Besitz weit unter Wert und zog weiter nach Hamburg. Ohne jemals auf See gewesen zu sein heuerte ich auf dem nächsten Schiff als Matrose an. Vermutlich unter Wert, aber das war mir egal. Ich wollte einfach nur weg. Und ich bin ganz schön weit rumgekommen, sogar bis nach Zypern. Aber weißt Du was? Ich bin wirklich todmüde. Lass uns schlafen.“

Es war einfach unglaublich, aber nach nur wenigen Minuten war Piet eingeschlafen und schnarchte Marlis ins Ohr. Sie lag da, fror, war stocksteif, ihr Herz raste und sie versuchte, die Geschichte irgendwie zu verarbeiten. Nun gut, Krankheiten konnte man sich überall holen. Wenn man dem einfachen Volk glauben durfte, reichte schon die Anwesenheit eines Wechselbalgs oder eines Juden. Die Theorie der Mutter Oberin von der schlechten Luft war natürlich plausibler.

Sie lag die halbe Nacht mit brennenden, trockenen Augen wach und versuchte sich vorzustellen, wie Piet mordlüstern die Kaschemme betrat. Es gelang ihr einfach nicht. Sie dachte zurück an Egon, wie Piet ihn ohne viel Federlesens in das eisige Wasser gestoßen hatte. Hmmm aber das musste sein, sonst wäre sie geliefert gewesen. Sie erinnerte sich, wie er zärtlich den kleinen Piet im Arm wiegte. Ja, das war Piet. Das Andere waren Dämonen, das war nicht er. Endlich kehrte die Wärme in ihren Körper zurück und sie schlief ein.

Am nächsten Morgen wurden sie durch kräftiger werdendes Babygeschrei geweckt. Sie klopften an Engelins Tür und sie ließ sie rein. Engelin sah schon ein wenig kräftiger aus, aber definitiv übernächtigt. Der kleine Piet schrie und mochte sich nicht beruhigen. „Hat er getrunken?“ fragte Marlis.

„Ja klar, wie verrückt. Und gesäubert habe ich ihn auch schon. Kalt kann ihm nicht sein, zu warm auch nicht, was will das Kind bloß....“ Engelin schaute etwas hilflos, Piet lachte, streckte die Arme aus, schaukelte den kleinen Piet und das Baby strahlte ihn an, nuckelte wieder an seiner Faust und war schlagartig still. Engelin nahm ihn zurück und sofort fing der kleine Piet an zu wimmern. Marlis nahm ihn auf den Arm, streichelte seinen Bauch, legte ihn an ihren Oberkörper und streichelte seinen kleinen, schmalen Rücken. Und da kam es endlich, das Bäuerchen.

Gemeinsam gingen sie hinunter zum Frühstück. Marlis orderte für Engelin eine extra große Portion Grütze mit Blutwurst. Engelin war verlegen. „Ihr habt Piet und mich echt gerettet. Aber was Ihr bezahlt habt kann ich Euch niemals zurückgeben. Das ist mir echt unangenehm.“ „Ach weißt Du, es ist letztendlich nur Geld. Was man Gutes gibt kommt irgendwann einmal zurück. Bitte mach Dir keine Sorgen.“

Die Tür ging auf, ein Mann polterte rein und setzte sich an den Nebentisch, schaute rüber, lachte: „Moin, ich bin Jan Michel Hinnerk Kotzebue. Steuermann auf der Suche nach Beschäftigung. Wollt Ihr immer noch nach Dover? Was haben wir denn da Hübsches.....“

Jan Michel Hinnerk strahlte Engelin an, sah ihr Kind, strahlte immer noch und verliebte sich in diesem Augenblick unsterblich in die schmale, junge Frau.
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****012 Frau
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Isabella (18)
Was für ein Tag! Noch immer leicht fassungslos saß Isabella am Strand von Neuwerk und ließ sich langsam von der Sonne trocknen. Wie angenehm sich das anfühlte! Und wie gut es tat, mal ein wenig durchatmen und zur Besinnung kommen zu können! Nachdenklich drückte sie das Wasser aus ihren nassen Haaren.

Sie war sich immer noch nicht ganz sicher, was sie von Gödeke Michels halten sollte. Irgendwie gelang es dem impertinenten Kerl immer wieder, sie zu überraschen. Mit einer plötzlich abgefeuerten Frage, auf die sie in Sekundenschnelle eine passende Antwort finden musste, wenn sie sich nicht verraten wollte. Ob ihr das gelungen war? Hatte er sie vielleicht längst durchschaut? Manchmal flackerte ein plötzliches Misstrauen in seinen Augen, dessen Ursache sie nicht ergründen konnte. Es gab Augenblicke, in denen er die Kälte des Nordmeeres ausstrahlte. Die Skrupellosigkeit eines arktischen Raubtieres, das sehr genau seine Chancen und Risiken abwog. Bevor es zuschlug.

Doch diese Momente waren rasch verflogen, und er hatte wieder geplaudert, als sei nichts geschehen. Hatte mit überraschender Begeisterung von den Fjorden Norwegens erzählt. Das war so eine Facette, die sie noch nicht recht einordnen konnte. Gehörte das zu seiner Rolle als ehrbarer Kaufmann? War es ein Trick, um sie einzuwickeln? Oder konnte er tatsächlich immer noch staunen über die verblüffende Schönheit der Welt? Trotz des Lebens, das er führte? Isabella ertappte sich dabei, dass sie ihm das wünschte. Und das war ein ziemlich beunruhigender Gedanke…

Denn in Sachen professionelle Distanz hatte sie sich ohnehin schon ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Das Einmaleins der Spionage sah körperliche Verführung zwar durchaus als probates Mittel, um an Informationen zu kommen. Aber in diesem Fall… Isabella schüttelte den Kopf. Die wilden Ausschweifungen mit dem Hauptmann der Likedeeler konnte sie beim besten Willen nicht als raffinierte Verhörtechnik verkaufen. Im Gegenteil: Wellen der Lust hatten ihre Rationalität hinweggerissen und vorübergehend auf dem Grund der Nordsee ertränkt. Und wenn ihre Menschenkenntnis nicht gleich mit untergegangen war, dann war es Gödeke ähnlich gegangen. Dann hatten sie beide einen sehr echten Moment geteilt. Eine kleine, gestohlene Ewigkeit, in der es nur darum ging, das Leben zu feiern. Mit allen Sinnen…

Lächelnd sah sie sich noch einmal die goldene Tafel an, die ihr der Freibeuter bei seinem Abschied in die Hand gedrückt hatte. Die kniende Frau, von hinten genommen, umringt von geilen Kerlen und von allen Seiten angespritzt… Warum er wohl gerade diese Szene ausgesucht hatte? Männliches Wunschdenken? Oder hatte er entsprechende Erfahrungen? Ob dergleichen auf Piratenschiffen vielleicht üblich war?

Isabella schloss für einen Moment die Augen und spürte dem Pochen zwischen ihren Schenkeln nach. Für manchen Betrachter mochte die Frau auf dem Bild vielleicht benutzt aussehen. Doch in Isabellas Augen war sie die Königin der ganzen Szene. Bei ihr liefen schließlich alle Fäden zusammen, sie stand im Zentrum der Gier. Und der Künstler hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie diese Rolle und ihre eigene Verdorbenheit in vollen Zügen genoss.

Sanft fuhr Isabella mit dem Zeigefinger über die Kontur des weiblichen Körpers. Oh ja, sie konnte den Reiz der Szene durchaus nachempfinden. Auch wenn sie selbst sich wohl eher für eine andere entschieden hätte. Sie griff nach der Platte, die sie spontan am meisten angesprochen hatte. Die Menschen darauf schienen ein Fest zu feiern. Oder eher ein Bacchanal voll ausschweifender Lust.

Man sah eine Handvoll Männer, die sich um einen runden Tisch versammelt hatten. Ihr Festtagsstaat wirkte archaisch und elegant zugleich. Wallende Mäntel waren zu erkennen, edle Pelzkragen, hohe Stiefel. Die Feiernden wirkten gelöst, lachten, hoben gefüllte Trinkhörner… und konnten ihre Hände nicht von den anwesenden Frauen lassen: Finger zwischen Schenkeln, wilde Küsse, der eine oder andere Schwanz schon befreit…

Das Reizvolle war, dass sich die weiblichen Gäste keineswegs sittsamer verhielten. Eine der Frauen kniete unter dem Tisch und leckte einem der Tafelherren seine intimsten Stellen. Eine weitere hatte sich zwischen die Teller und Schüsseln drapiert, um unter den Berührungen zahlreicher Hände ihre eigenen Tafelfreuden zu genießen. Eine dritte sah man nur von hinten, wie sie sich einladend über die Tischplatte beugte... Und keine von ihnen trug auch nur einen Faden Stoff am Leib…

Isabella schluckte. Ob die Besitzer der geheimnisvollen Kiste tatsächlich solche Orgien gefeiert hatten? Was für eine erregende Vorstellung! Irgendwie schien die Szene eine verborgene Saite in ihr zum Schwingen zu bringen... Vielleicht war ja genau das der Zweck der kunstvollen Darstellungen gewesen? Isabella hielt das durchaus für möglich. In ihrer Fantasie verlangte der Kult von seinen Anhängern, ihre verdorbene Lüsternheit immer weiter zu entwickeln und zu verfeinern. Sie mussten dabei über sich hinauswachsen, ihre Schamlosigkeit kultivieren. Wieder und wieder. Und die Tafeln gaben dazu goldene Anregungen: Situationen, die es im Laufe des Jahres zu erleben galt. Für jeden Monat eine…

Isabella grinste: Ein wahrhaft anspruchsvolles Vorhaben! Ob es sich damals wohl tatsächlich hatte realisieren lassen? Und… wie sah das heute aus? Ihre Gedanken gerieten schon wieder auf Abwege, als sie die Platten eine nach der anderen wieder in die Truhe packte. Und sie wollte lieber nicht so genau darüber nachdenken, warum ihre lüsternen Visionen piratische Züge trugen…

In einem hatte Gödeke Michels jedenfalls Recht gehabt: Sie musste zusehen, dass sie die Kiste in Sicherheit brachte. Und zwar, bevor irgendwelches Gesindel darauf aufmerksam wurde. Entschlossen stand Isabella auf und sammelte ihre von ordentlichen Freibeuter-Händen zusammengelegten Kleidungsstücke ein. Nach kurzem Suchen hatte sie auch die verräterische Kopie von Gödekes Ring wieder aus dem Sand geklaubt und hinter einem überaus praktischen Einsatz in ihrer rechten Stiefelspitze verborgen. Vollständig angezogen machte sie sich mitsamt der Truhe auf den Weg zum Turm.

Die Schlafkammer, die man ihr dort zugewiesen hatte, besaß zwar ein Schloss. Doch ob das genügen würde, um mögliche Langfinger zu entmutigen? Eine zusätzliche Sicherung konnte bestimmt nicht schaden! Also machte Isabella noch einen kurzen Ausflug zur Scheune und zum Lager und kehrte mit einem Arm voll Stroh, einem Pinsel und etwas schwarzer Farbe zurück.

Sorgfältig breitete sie das Stroh über die Tafeln am Boden der Kiste. Denn wenn das Gesindel an etwas Interesse hatte, dann nur am Gold. Die lüsternen Steinfiguren, die Isabella nun auf der knisternden Unterlage drapierte, würde kein gewöhnlicher Dieb als wertvoll betrachten. Eher als ein wenig unheimlich – etwas, von dem man besser die Finger ließ. Und diesen Eindruck wollte Isabella nun noch verstärken.

Sie klappte den Holzdeckel zu und begann, mit der schwarzen Farbe allerlei seltsame Zeichen darauf zu malen. Hexensymbole, die man nur als Drohungen auffassen konnte: Wehe dem Frevler, der sich an dieser Kiste vergriff! Not und Elend würden ihn heimsuchen, Hunger und Pestilenz… Prüfend hielt Isabella den Kopf schief und betrachtete ihr Werk. Ja, es sah angemessen bedrohlich aus. Und wie sie den Aberglauben vieler Zeitgenossen kannte, würden die Verwünschungen auch ihren Zweck erfüllen.

Wobei… Mit einem diabolischen Grinsen malte sie noch ein letztes Detail dazu. Speziell für die männliche Verbrecher-Fraktion. Es sah verdächtig aus wie ein Kerl, dem die Männlichkeit durch Hexenkunst abhandengekommen war. Zusammengeschrumpelt auf die Dimensionen einer Rosine…

Ein Klopfen an der Tür riss die Malerin aus ihren Gedanken. Verdammt! Rasch schob sie die Kiste samt Pinsel und Farbtopf unters Bett. Hatte sie jemand beobachtet? „Herein!“, rief sie mit möglichst entspannter Stimme. Knarrend öffnete sich die Tür… und Isabella atmete auf. Über die Schwelle trat eine zierliche Frau mit hellblonden Haaren und einem ehemals weißen Kleid mit zerzausten Federn am Ausschnitt. Die Schwanen-Darstellerin aus ihrer Klasse.

„Svea“, sagte Isabella. „Was gibt’s? Ist etwas passiert?“ Doch die Schülerin schüttelte den Kopf. „Stellt Euch vor, wir feiern ein Fest!“, sprudelte sie hervor. „Heute Abend! Es wird Musik geben und exotische Getränke, von denen noch nie jemand gehört hat! Und weil wir mit dem Bestiarium so viel Erfolg hatten, dürfen wir heute den ganzen Abend mal nur das tun, was uns gefällt!“

„So so“, lächelte Isabella und strich der Schwänin eine Haarsträhne aus der Stirn. „Lass mich raten: Wenn Du tust, was Dir gefällt, wird wohl ein gewisser rothaariger Hüne seine Steuermanns-Pranken dabei im Spiel haben, oder?“ Svea wurde tatsächlich ein bisschen rot. „Ähm, ja vermutlich“, gab sie zu. „Aber wir alle hätten Euch auch gern bei dem Fest dabei. Kommt doch mit Isabella, bitte!“

Isabella war fast ein bisschen gerührt. „Ja, warum nicht! Aber macht euch erstmal frisch und frisiert Euch. Und zieht Euch um: Wir hatten ja noch eine zweite Garnitur außer den Tierkostümen vorbereitet. Wir treffen uns in zwei Stunden!“ Svea strahlte und tänzelte davon.

So kam es, dass bei Einbruch der Dämmerung ein äußerst gut gelaunter Haufen Frauen den Turm verließ. Isabellas Schülerinnen hatten sich in blaugrüne Gewänder gehüllt, die ihre Körper umflossen wie Meereswellen – und genauso transparent waren. Ein kleiner, durchsichtiger Schleier aus dem gleichen Stoff bedeckte ihre aufgesteckten Haare und reichte über die Augen bis zur Nase. „Wollen wir doch mal sehen, wer seine tierische Gefährtin von vorhin wiedererkennt“, dachte Isabella lächelnd.

Sie selbst hatte sich zur Feier des Tages für ein festliches, dunkelrotes Samtkleid entschieden. Es besaß jene modischen „Teufelsfenster“, die von so manchem Kirchenvertreter noch immer als Inbegriff des sündigen Skandals betrachtet wurden. Schließlich erlaubten diese extrem weiten Ärmel-Ausschnitte einen ungehinderten Blick auf das Unterkleid der Trägerin. Isabella nickte zufrieden. Genauso sollte es sein…

In ihrem Fall ging die modische Provokation nämlich noch ein gutes Stück weiter. Denn unter der vornehmen Robe trug sie das zerrissene Hemdchen von vorhin. Und zwar mit voller Absicht. Die Teufelsfenster zeigten sehr deutlich den zerfetzten Stoff. An einigen Stellen blitzte sogar nackte Haut hervor. Die Botschaft war klar: Unter der samtig-eleganten Hülle verbarg sich das schamlose Luder. Und sie war sicher, dass aufmerksame Piraten-Augen nicht darüber hinwegsehen würden…

© Kea2012, April 2018
****orn Mann
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Gödeke Michels Teil 31 – Im Watt
Käpt`Walhorn trat aus dem großen und mächtigen Neuwerker Turm ins warme Sonnenlicht des Spätnachmittags, an die frische Luft. Eine leichte Brise umschmeichelte ihn und er breitete die Arme aus und blickte hinaus auf die See. Nahm den Geruch von Seetang, Muscheln und Algen auf und ging mit leichtem und beschwingtem Schritt frohgemut hinunter zum Strand. Er war bester Stimmung.

Und hättest du einen Tag erfunden, wie hättest du ihn gemacht?

Diese Frage, die er irgendwo schon einmal gehört hatte, ging ihm durch den Kopf. Friesisch herb! Oh ja, das hatte was, das war sein Ding. Allmählich sehnte er sich wieder nach rauem Wind um die Ohren, das milde Klima war wirklich nicht normal. Ihm fehlte die tosende See, das Rauschen der Wellen, die den Bug seines Schiffes anhoben und wieder sinken ließ in ein schäumendes Wellental. Unendliches Meer, salzige Luft, Gischt und Schaumkronen, die über die Reling donnern und ihn sich lebendig fühlen lassen. Ein kraftvoller Mann, voller Tatendrang und Elan.

„Lars!“, rief er dem hünenhaften Steuermann zu, „hilf mir mal! Wir müssen die Talisker wattauglich machen, dauert nich mehr lang, und wir setzen auf. Die Sanduhr muss pünktlich gedreht werden.“
„Ay Ay, Käpt`n!“ rief der Rotschopf und strich eine Locke aus der Stirn. „Und bestimmt könnt Ihr auch Hilfe gebrauchen, um die schwere Kiste mit den Silberbechern an Land zu bringen. Wie es sich rumspricht, gibt’s heute noch ordentlich was zu picheln. Selbst Black Ale soll im Angebot stehen, wie man hört. Stimmt das?“
„Jau!“, grinste Walhorn und winkte den Steuermann heran. „Ein ganzes Fass soll die Friesin mitgebracht haben, Maj ten Brok und ihr erster Mann, Thure von Ottensen, der Bibermann. Zeit, mal was anderes zu sübbeln als Wein aus der Toskana oder helles Bier aus Bremen.“
„Einen großen Silberbecher auf Ex!“, lachte Lars, „da wird sich Gödeke bestimmt schnell neue Freunde machen. Ein Achtel Gallönchen, knapp 'one Pint', wie die Engländer sagen, das schafft man doch locker.“
„Gunnar, Lars! Nicht vergessen! Gunnar Michelson aus Bergen in Norwegen.“
„Stimmt, pardon. Wird Zeit, dass wir weiterkommen, Käpt`n, ich brauche das Meer und den Sturm. Hier überkommen mich noch die seltsamsten Gefühle.“
„Habt ihr eigentlich Jana gesehen? Was treibt unsere schicke Litauerin?“
„Die hat einen Schuhladen entdeckt und kann sich nicht entscheiden, was sie nehmen soll.“
„Ach! … Weiber!“, lachte Walhorn und gemeinsam enterten sie die Talisker. Es waren tatsächlich ein paar Vorbereitungen zu treffen, das Schiff auf Grund zu legen, die Außenhaut zu schützen, und so setzten sie an der Steuerbordseite Fender. Lars ließ es sich nicht nehmen, die schwere Kiste alleine an Land zu schleppen. Hin zu den anderen Kisten, die Wylandt bereits aus der Brennerei geholt hatte.

Der mit dem Zipfe war dabei, Tische und Bänke zu richten. Wieder fiel Walhorn dessen eigenartiges Gehabe auf. Jetzt zum Beispiel warf er nacheinander drei von diesen seltsamen grünen Früchten in die Höhe und halbierte sie mit einem extrem scharfen Messer noch in der Luft und zerhackte sie dann auf einem Brett in mehrere kleine Stücke. Dabei stampfte er immer wieder in genau festgelegter Reihenfolge mit dem Fuß auf.
„Kumbaya … Schabalaya … Ding Däng Dong!“, sang er mystisch vor sich hin und drehte sich schon wieder dreimal (links herum) im Kreis. Dabei sah er die Männer näher kommen.

„Käpt`n Walhorn!“, rief er ihnen freudig zu. „Wie schön, Euch zu sehen. Der Rum steht bereit, und auch genügend Quellwasser. Bedient Euch und seid mir behilflich bei den Vorbereitungen für unser ausschweifendes Fest. Ich habe den Hurenschülerinnen heute Abend frei gegeben, auf dass sie sich hübsch einkleiden mögen, um uns zu erfreuen. Neuwerk soll heute Nacht krachen, dass der Turm bebt. Aber sagt, by the way, was macht Euer roter Leuchtturm?“


„Seht, Isabella“, sprach Gödeke Michels einige Stunden später. „Ist das nicht romantisch?“
Skeptisch besah ihn die hübsche Lehrerin und Goldschmiedin von der Seite, glaubte nicht Recht zu hören. Würde so ein gefürchteter Pirat sprechen? War es nur ein Gefasel, um sie weiter zu täuschen, oder entsprang es tatsächlich seiner Seele. Gödeke wusste es selbst nicht genau. Er war sich noch immer nicht wirklich sicher mit der jungen Dame, was genau ihre Rolle bei dem Spiel ist. Er hatte schon das Gefühl, dass sie ihm auf die Schliche gekommen war, dass sie wusste, zumindest ahnte, wer er wirklich ist, und es dünkte ihn traurig, dass er das natürlich nicht zulassen konnte, und doch … hatte er nicht minder intensiv dieses unbestimmte Pochen in seiner Bauchgegend gespürt. Was er auch schon bei Jana Kalaschnikova und besonders auch bei jenen Damen in Hamburg, die seinen Ring trugen, vernommen hatte. Diese gierige Sehnsucht der Damen nach dem Unbekannten, dem Gefährlichen, dem Reizvollen, das unweigerlich mit dem Piratentum einher ging. Isabella hatte sich auf dem Inselfest eher ein wenig züchtig gezeigt, ihr weinrotes Kleid erinnerte ihn mehr an ein Kirchenschiff. Allerdings an eines, dass der Sünde nicht nur aus Gründen der Absolution zugetan war. Denn sehr deutlich hatte er den einen und anderen verlockenden Blick auf ihre Reize erhaschen können und im Schein der vielen Fackeln, die anlässlich des Festes aufgestellt waren, auch das von ihm zerrissene Hemdchen, das sie unter dem Kleide trug. Das Luderhemdchen! Das Büßerhemdchen.

Die Nordseetaufe hatte sie nicht nur problemlos überstanden, sondern es war ihr sogar noch gelungen, einen mehr als geheimnisvollen Schatz zu bergen. Einen Schatz, der eindeutig der Wollust verschrieben war und von ebensolchen Händen gefertigt worden sein musste. Bizarre Szenen grandioser Gelage mit willigen Frauen und kraftstrotzenden Männern. Wie geschaffen, um die Fantasien weiter anzustacheln. Das war nicht ohne Folgen auf Gödekes Libido geblieben. Den ganzen Abend überlegte er schon, wie er sie wohl ummünzen könnte, um der Lehrerin beizuwohnen. Oder besser gesagt: Sich ihrer zu bemächtigen!

„Wie meint Ihr das?“, fragte sie nach. „Seid Ihr ein Romantiker, Herr Michelson? Ich hatte eher vermutet, dass wüste Gelüste Euch umtreiben.“
„Ihr habt wohl zu lange auf die Goldplatten geschaut, kann das wohl sein, Verehrteste? Sagt, gefällt euch der Mond und das unendliche Firmament nicht auch? All die unzähligen Sterne, wie sie blitzen und uns zuwinken? Ist das nicht eine wundervolle Nacht? Und dann noch so herrlich warm und mild? Steht Euch nicht auch der Sinn nach einem kleinen Spaziergang?“

Isabella zog die Augenbrauen zusammen, noch eine Spur skeptischer wurde ihr Blick. Erst Romantik und nun Poesie? Goedeke konnte sich nur schwer ein Grinsen verkneifen und war froh ob der Dunkelheit, die seine Gesichtszüge verbargen. Würde sein Gesäusel sie täuschen oder es ins Reich der Minnesänger verbannen? Längst war auch für ihn die Konversation mit der Dame zu einem reizvollen Katz- und Mausspiel geworden.

„Der letzte Spaziergang mit Euch endete für mich in den Fluten der Nordsee, wenn ich Euch erinnern darf!“, entgegnete sie schlagfertig aber auch ein wenig ängstlich. „So mitten in der Nacht allein mit Euch? Womöglich noch hinaus ins Wattenmeer?“

„Genau dahin zieht es mich, ganz Recht. Alle Achtung! Wart Ihr schon einmal nachts im Dunklen auf dem Wattenmeer? Die völlige Einsamkeit und Ruhe auf dem Meeresgrund? Ein absolut faszinierendes Erlebnis. Bitte, erweist mir die Ehre, Euch dies zuteilwerden zu lassen. Ich verspreche, es wird Euch nichts Schlimmes passieren. Bei allem was mir heilig ist.“
„Bei Eurem Ring und eurem Geheimnis?“, fragte sie lauernd. Gödeke zuckte zusammen, blickte in ihre vom Fackelschein erhellten Augen, sah ihre Neugierde und auch ihr Verlangen.

„Bei meinem Geheimnis und dem Einen Ring!“, nickte er schließlich grimmig und strich ihr mit einer Hand übers Kinn. „Allerdings … ich rate Euch dringendst, Euer schönes Kleid auszuziehen und hier am Strand zu belassen. Es wäre doch wirklich zu schade, wenn Ihr es Euch auch noch ruinieren würdet. Ein Kleidungsstück pro Tag sollte reichen, meint Ihr nicht auch?“
„Huch! Aber Herr Michelson!“, keuchte sie auf und riss die Augen weit auf. „Meint Ihr wirklich, das sei nötig?“
„Ich fürchte ja, meine Teuerste, das Watt ist nicht gleichbedeutend mit dem Strand. Es ist ein einziger weicher Schlick und man macht sich sehr schnell schmutzig, da draußen. Besonders jetzt … im Dunkeln.“
„Mich schmutzig machen … Wollt Ihr das, Herr Michelson? Wie aufregend. Besonders deshalb, weil ich doch ein solch sauberes und anständiges Mädchen bin.“

Mit unergründlichem Lächeln hielt sie den Kopf gesenkt und war schon dabei, sich das Kleid aufzuknöpfen. Langsam tat sie dies und sah ihm auch immer wieder in die Augen.
Gödekes Schwanz begann sich mehr als heftig zu regen. Doch beließ er es dabei, sie nicht zu berühren und ihr weiter genüsslich zuzusehen. Schließlich, nach einer Weile und einem weiteren Schluck von dem seltsamen Getränk, das Käpt`n Walhorn ihnen zubereitet hatte, ging er Hand in Hand mit der schönen Frau hinaus in die Dunkelheit, ins Wattenmeer. Sie in dem zerrissenen Hemdchen und er mit hochgekrempelten Hosen und freiem Oberkörper. Es war wirklich eine sehr warme Nacht.

Sie waren vielleicht ein paar hundert Schritte gegangen und tiefste pechschwarze Nacht umfing sie, da zog der Anführer der Piraten die Frau an sich, drückte den Mund auf ihre Lippen und küsste sie. Tat dies sofort mit aller Leidenschaft und dem größten Verlangen. Sie erwiderte den stürmischen Kuss nicht minder verlangend und schon glitten seine Hände an ihren Seiten entlang, langten in den Schlick und strichen sodann an ihren Beinen empor.
„Jaaaaaa!“, stöhnte er, „dich schmutzig machen, das will ich!“
Zwei Hände voll Schlick drückte er ihr im nächsten Moment auf die Brüste, als Isabella das Band seiner Hose öffnete und sie hinab auf seine Füße rutschen ließ. Mit beiden Händen ertastete sie das, was sie verlangte und begehrte, und entschlossen fasste sie ihn an, nahm ihn in die Hand, seinen Harten, und drückte neugierig zu.

Als in dem Moment der Mond hinter einer Wolke hervorkam konnten sie nun endlich auch besser sehen, was für Auswirkungen ihre kleine Wattwanderung bereits jetzt schon hervorbrachten.


© Walhorn, April 2018
Der Drang nach Freiheit – (26)
Engelin registrierte den Blick und schaute Jan Michel Hinnerk abweisend an, drückte ihr kleines Bündel an sich.

„Hallo, schöne Maid. Ich bin Jan Michel Hinnerk, Freunde nennen mich Jan Michel. Darf ich fragen, wie Du heißt?“ Engelins Gesicht verdüsterte sich. „Ich bin Engelin.“ Kurz, knapp, sachlich, herzerweichend. Jan Michel seufzte. „Bist Du alleine unterwegs?“ „Nein, ich habe den kleinen Piet dabei!“

Jan Michel sah das Baby an, dann Piet, runzelte die Stirne und grinste anzüglich zugleich. Piet lachte. „Ich schwöre, das ist nicht von mir, auch wenn es gut geraten ist.“

Stunden später saß Marlis mit Piet in der Kammer. „Ich habe das Gefühl, unser Steuermann hat einen Narren an Engelin gefressen. Und er ist noch jung und sieht nicht schlecht aus...“

Piet lachte. „Hast Du nicht gemerkt, dass die Kleine ihn nicht mag? Viel abweisender konnte sie nicht werden. Was hast Du vor? Meinst Du, Du kannst die beiden verkuppeln?“

„Ach weißt Du, vielleicht wäre das keine schlechte Idee. Schau mal, alleine wird Engelin es schwer haben. Entweder sie bleibt hier und zieht das Kind auf, bekommt noch ein paar weitere Kinder im Laufe der Jahre, wenn es blöd läuft bleibt sie alleine und muss ihr Leben lang hart für ihren Unterhalt arbeiten.
Wenn sie einen stattlichen Mann wie Jan Michel für sich gewinnen kann, hat sie es viel besser. Er könnte sie heiraten, Piet als sein eigenes Kind aufziehen und ihm eine Perspektive bieten. Wenn Engelin sich ein wenig zugänglicher zeigt, wird sie ihn um den kleinen Finger wickeln können.“

„Marlis, ich fürchte hier misst Du mit zweierlei Maß. Speziell Du hattest ein nicht unerhebliches Problem damit, verheiratet zu werden und würdest Dir das für Engelin wünschen?!"

„Die Grundvoraussetzungen sind nicht miteinander zu vergleichen. Sie hat nichts, außer Feld- und Hausarbeit hat sie nichts gelernt, sie besitzt nichts, sie hat ein Kind. Der kleine Piet hat bessere Chancen, wenn er einen Vater hat. Jan Michel scheint ein guter Mann zu sein, und er hat sich wohl in sie verliebt. Sie muss sich sowieso nicht sofort entscheiden, zunächst muss sich sich von der Entbindung erholen. Ich versuche mal, mit ihr zu reden. Sie muss gar nichts, aber sie sollte wissen, welche Optionen sie hat. Und ihn sich mal in Ruhe anschauen.“

Sie ging rüber zu Engelin und sprach lange mit ihr. Dann kehrte sie zurück, küsste Piet und sagte: „Sie hat einfach Angst vor Männern. Daheim gab es nur Prügel und Arbeit und ansonsten hat sie bisher noch keine guten Erfahrungen sammeln können. Engelin hat nichts gegen Jan Michel, kann sich aber nicht vorstellen, mit einem Mann zärtlich zu werden. Eigentlich müsste sie mal umgepolt werden, dazu brauche ich aber Deine Hilfe.“

Piet starrte sie an. „Wie bitte?“ Marlis erklärte ihm die Vorgehensweise, ging wieder rüber, bat Engelin in ihre Kammer. „Du siehst völlig übernächtigt aus. Die Wirtin hat sich bereiterklärt, eine Zeitlang auf den kleinen Piet aufzupassen. Ist es in Ordnung, wenn ich ihn mal eben wegbringe? Engelin war wirklich völlig übernächtigt und willigte nickend ein. Marlin brachte den Kleinen zur Wirtin und bat sie, für ein, zwei Stunden auf ihn aufzupassen.

Kam mit einem Krug Wein zurück in die Kammer, wo Engelin leicht verkrampft saß und Piet nicht aus den Augen ließ. Als Engelin sie sah, entspannte sie sich sichtlich. Marlis setzte sich neben sie und legte sanft ihren Arm um die etwas Jüngere, die sich spontan an sie schmiegte.

Sanft redete Marlis mit ihr, ihre Hand wanderte in ihren Nacken und sie strich leicht mit der Hand darüber, spürte, wie sich bei Engelin die feinen Nackenhaare aufstellten. Erstaunt sah Engelin sie an, Marlis hörte nicht auf und ließ die Fingerspitzen kreisen. „Gefällt Dir das?“ fragte sie mit einem leisen Lächeln. Engelin nickte, wusste nicht so recht, was sie antworten sollte.

„Ich war ja jahrelang im Kloster. Wie die meisten der Mädchen wurde mir befohlen, dort einzutreten. Natürlich sollten wir alle unkeuschen Gedanken vertreiben, aber aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, das funktioniert nicht. Und wir fühlten uns oft alleine und verlassen. Natürlich haben wir uns dann oft gegenseitig getröstet."

Die Kreise auf Engelins Nacken wurden größer. Engelin saß stocksteif da, wusste nicht so recht was sich machen oder sagen wurde. Auf ihren nackten Unterarmen erschien eine gut sichtbare Gänsehaut, ihre Brustwarzen drückten sich durch die Bluse, das Gesicht rötete sich.

Piet schenkte allen Wein ein und sie tranken einen Schluck. Das war mal ein feiner Tropfen, besser als alles, was er jemals kosten durfte. Der Wein kitzelte seinen Gaumen und stieg ihm ziemlich schnell zu Kopf.

Marlis schob ihre Hand zwischen Engelins Beine, streichelte vorerst nur ihre Waden. Engelin wehrte sich nicht, zog sich nicht zurück, spreizte die Beine unwillkürlich noch etwas. Marlis zog die Hand weg, Piet saß ganz ruhig da und nur die Beule in seiner Hose verriet seine Erregung.

„Nicht aufhören“ raunte Engelin. Marlis öffnete langsam die Bluse, achtete genau darauf, welche Regungen in Engelins Gesicht zu sehen waren. Griff ihr an die Brüste, zwirbelte sehr sanft die Brustwarzen. Engelin war nicht mehr in der Lage, stillzusitzen.

„So fühlt es sich an, wenn man ein schönes Erlebnis mit einem Mann oder einer Frau hat. Alles was Du bisher erlebt hast solltest Du vergessen. Das ist Vergangenheit. Rede darüber, wenn es sein muss weine, aber sei Dir gewiss, es ist vorbei. Darf Piet Dich anfassen?“ Sie nickte zaghaft, Piet gesellte sich zu ihnen und ließ seine Hand erst mal über ihre Arme wandern. Marlis hatte immer noch die Brustwarzen im Griff und Engelin wand sich lustvoll, begann zu stöhnen. Gemeinsam zogen sie sie aus, Engelin half, stand irgendwann völlig nackt im Raum. Feine Figur, aber echt zu dünn.

Sie stand, Piet stand hinter ihr, Marlis vor ihr und sie streichelten sie gemeinsam zu ihrem allerersten Orgasmus. Unter Engelin erschien eine kleine Pfütze, sie flehte um mehr. Und sie bekam mehr, allerdings ausschließlich Streicheleinheiten. Engelin kam wieder und wieder, bis sie fast zusammenbrach. Piet bettete sie auf den Strohsack, gab ihr noch etwas Wein zu trinken und deckte sie zu.

Engelins Augen fielen zu und sie fiel in einen tiefen Schlaf.
****rio Mann
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Die Insel "O" – Alkohol zur Zeugnisverteilung
Das Schuljahr ging dem Ende zu. Die turbulenten Ereignisse hielten Kurs dem Finale zu auf der geilen Insel der See-liegen, dem Neuwerker Eiland der Lüste, der Île de l'O, der Barre der Starre, der Oase der Säfte, dem Atoll des Apoll!

Wylandt mit dem Zipfe dirigierte ein paar befriedigt grinsende Schiffsleute über die Wiese hin zum sturmgestapelten Bretterhaufen. Ein Eimer kaltes Wasser weckte den friedlich zwischen den Beinen der ausbefriedigten Weinhändlerin Ells schlummernden Zimmermann Jan Johansson. "Eine Bühne muss gebaut werden, und ein Tanzboden!", rief Wylandt schon im Weggehen.

"Was ist? Schwanz? Hoden?", fragte der nass geweckte Handwerker aufgeschreckt. Sofort sprang er jedoch in die Höhe, als er die neu auf der Insel angelandeten Gestalten sah. Das waren Piraten, keine Frage! Er mochte ein einfacher Handwerker sein, doch blöd war er nicht. Auf Jan Johansson hatten die Seeräuber des Nordens schon immer eine verzaubernde Faszination ausgeübt. Nicht selten hatte er mit dem kühnen Gedanken gespielt, selber Pirat zu werden. Das war die Gelegenheit, hinter die Kulissen zu blicken!
"Was muss gebaut werden? Ein Kranzloden? Und eine Düne?", fragte er murmelnd und kratzte sich den Spitzbart.
"Nein, ein Tanzboden und eine Bühne!", erklärte ihm Ells, die sich den Sand aus dem Kleidchen schüttelte und auch dem Zimmermann ein paar Male kräftig auf den Hintern klopfte, dass es staubte.

Wenn schon eine Sause steigen sollte, wie es der Walfänger-Kapitän gesagt hatte, dann wollte Wylandt eine richtig geile Fete haben. Schließlich war nun schon der Frühling eingezogen, dem triebhaften Völkchen auf dem Eiland stach der Hafer. Er merkte es an sich selbst. Verräterisch zuckte der Zypf!

Wie gut traf es sich, dass über vorausschauende Vermittlung der Schneidermeisterin Ottilie eine Brieftaube die baldige Ankunft der berühmt-berüchtigten Dusseldorper Gesangsgruppe "Die Zoten Piraten" auf der "O" angekündigt hatte! Die Gruppe war berühmt für ihre Bänkellieder wie "Alles nur aus Triebe", "Hier kommt Analsex" und "In Magen wie diesem". Damit wäre also für geile Mucke gesorgt und die Meute konnte schneidig das Tanzbein schwingen und die Zöpfe bängen.

Wylandt überlegte. Wenn ohnehin das Schuljahr bald vorbei war, konnte doch diese Sause auch als offizieller Abschlussball gelten. Er würde in einem Festakt die Zeugnisse verteilen. Dies war eine Formalität, da ohnehin alle Schülerinnen positive Zensuren bekommen würden. Obwohl ihm danach war, die eine oder andere Metze noch ein bisschen zu züchtigen, konnte der Schulleiter ja schlecht eine Schwalbe nachsitzen lassen.

Eher noch nach-liegen. Aber das hätte bedeutet, dass diese Mädchen beim bevorstehenden Großtreffen der Hanse in Hamburg fehlen würden. Und dass somit der Informationsfluss an geheimstem Geheimwissen in Richtung der Seeräuber lückenhaft zu werden drohte. Machten die Mädchen einen Fehler, könnte das zur Folge haben, dass in kurzer Zeit ehrbare Piraten wie Störtebeker, Michels, Wigbold und Wichmann am Galgen baumeln würden. Das wollte Wylandt vermeiden, denn in gewisser Weise profitierte der edle Hurentreiber ja von der Piraterie.

Beim Abschlussfest wollte Wylandt auch verdiente Lehrpersonen wie etwa die Dozentin Isabella mit dem Goldenen Ansteck-Zipfe auszeichnen. Einen geeigneten Laudator hatte der Herzog schon im Sinn, mais où était le gars?
Le Brubäer était-il toujours sur l'île?
Wylandt wusste es nicht.

Da kam Walhorn vom Schiff zurück und schleppte vergnügt eine Kiste mit scheppernden Silberbechern. Die drei haarigen Hamburger hatten inzwischen eine Standbude am Nacktbadestrand der "O" aufgestellt und mit Schilfrohr eingedeckt. Die Fässer und Kisten mit den Limetten und den Pfefferminzblättern lagerten daneben. Ebenso hatten sie kistenweise die festgefrorenen Hagelkörner vom letzten Sturm aus dem Kühlhaus geholt.

Die beiden schwarz gekleideten Haudienerinnen Bakkara und Safira hatten zwei dänische Hünen "überzeugt", die schweren Rumflaschen und die braunen Zuckerkristalle aus der Brennkammer heraufzutragen. Alle beobachteten sie nun in gespannter Erwartung den in ruhigen und geübten Handgriffen agierenden Kapitän Walhorn, wie er auf dem sauberen Pult seine Becher polierte, einige davon zum Kühlen in die Bottiche mit den Eiskörnern steckte, andere ineinanderstapelte und mit den dicken Trinkgläsern abmaß. Er schien Besonderes vorzubereiten. Aber was genau? Man musste es erfragen:

"Wat mookst du do?"
"Wat eek do mook?"
"Jo."
"Mookeekdo Mookiito!"
"Mookiito mookstdu?"
"Jo."
"Mookstemi do ookso en Mokito?"
"Too?"
"Ji."
"Mojito?"
"Jo."

Auf diese Weise hatte das berühmt-berüchtigte Getränk ursprünglich seinen Namen erhalten. Wenn Jahrhunderte später in diversen Straßengraben-Enzyklopedien etwas anderes behauptet werden würde, musste man von einer eklatanten Geschichtsfälschung ausgehen. Skandal!

Wylandt hechtete im Schritt eines alpenländischen Zwiefachen die neunhundertneunundsechzig Stufen zu seinem Turmbüro hinauf und wies Cladonie an, ihm die Zeugnisformulare zur Unterschrift vorzulegen. Während die Finnin die Auszeichnungen vorbereitete (jede Schülerin erhielt ein Halsband der "O") füllte er die Zensuren aus. Er gab jeder Schwalbe eine glatte Sex!
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****012 Frau
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Isabella (19)
Es war, als greife das Watt mit warmen, feuchten Fingern nach Isabellas Körper. Ungewohnt fühlte sich das an, wie eine fremde Liebkosung. Doch sie konnte nicht behaupten, dass es ihr unangenehm gewesen wäre. Ganz im Gegenteil… Ihre Haut prickelte. Ihre Sinne schlugen Rad wie übermütige Gaukler, und ihre Gedanken jonglierten mit Provokationen. Schmutzige Ausschweifungen auf dem Meeresgrund… Würde sie diese Einladung annehmen? Was für eine Frage! Ein Lächeln kräuselte ihre Mundwinkel. War der Papst katholisch? Und Gödeke Michels Pirat?

Zwei große Hände voll Schlick hatte ihr der Likedeeler quer über die nackten Brüste geschmiert. Und dabei natürlich darauf geachtet, auch das ohnehin schon ziemlich mitgenommene Hemdchen nicht zu verschonen. Für das hatte er offenbar eine besondere Vorliebe entwickelt. Amüsiert strich Isabella mit den Fingerspitzen über die Ärmel des ramponierten Kleidungsstücks. Nass klebte der Stoff auf ihrer Haut. Dunkle Striemen und Abdrücke zeigten, wo die Piraten-Hände ihn berührt hatten. Und es war fast, als würde Gödeke allein mit den Augen weitere Spuren hinzufügen. Als sichtbaren Ausdruck seiner zweifellos schmutzigen Gedanken…

Doch nicht seine Zunge war es, die ihr nun so reizvoll über die Knospen fuhr. Nur der Schlick, der ins Rutschen kam und über ihre Brüste abwärts glitt. Fast schien er ein Eigenleben zu entwickeln. Ein paar Wassertropfen lösten sich daraus und rannen über Isabellas flachen Bauch. Kitzelten ihre Nerven-Enden. Mit einem weichen Lecken folgte der Schlamm. Und tief in ihrem Inneren begann ein Raubtier zu schnurren. Gödeke schien es auch zu hören. Lauernd sah er sie an. Doch sie wandte den Blick nicht ab. Dreckig wollte er es? Nun, das konnte er haben!

Von Mondlicht umspült stand sie vor ihm. Aus ihrer Haltung sprach eine Mischung aus Sinnlichkeit und Stolz – unterlegt mit einer feinen Prise Nervosität. Ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, sich nur in Begleitung eines berüchtigten Piraten-Anführers ins nächtliche Watt zu wagen? Er hatte zwar geschworen, dass ihr nichts Schlimmes widerfahren würde. Bei seinem Ring und seinem Geheimnis sogar! Doch was war dieser Schwur wert? Eine leise Gänsehaut rieselte ihr über den Rücken.

Nur war es für derlei Überlegungen jetzt ein bisschen zu spät… Entschlossen versuchte Isabella, die Anflüge ihrer Zweifel unter den erotischen Teppich zu kehren. Herausfordernd hob sie das Kinn und streckte Gödeke die Brüste entgegen. Licht und Schatten tanzten auf ihrem Körper. Sie hob die Hände. Langsam kratzten ihre Fingernägel hell schimmernde Linien und Wellenmuster in den glänzenden Schlamm auf ihrer Haut. Freibeuter-Blicke folgten jeder ihrer Bewegungen. Und die Realität bekam einen Sprung.

Die beiden Watt-Abenteurer hatten sich gar nicht weit vom Ufer entfernt. Doch es war, als hätten sie eine andere Welt betreten. Ein Reich auf dem Meeresgrund, das den Menschen normalerweise verwehrt war. Und in dem eigene Gesetze galten...

Der Mond irrlichterte durch die Pfützen. Die Konturen der Insel schienen sich in Trugbilder zu verwandeln. Herüberwehende Geräuschfetzen, Stimmen und Musik verzerrten sich zu einem geheimnisvollen Raunen, das aus anderen Sphären zu kommen schien. Und um sie herum…

„Hört Ihr das?“, murmelte Isabella andächtig. Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie sich das feine Knacken und Prasseln nicht nur einbildete, das überall aus dem Watt aufzusteigen schien. Vielleicht kam es nur daher, dass ihre Ohren die erotische Spannung aus der Luft fingen und in hörbare Geräusche verwandelten? Doch Gödeke wusste genau, was sie meinte. „Das geheimnisvolle Wattknistern“, nickte er. „Niemand weiß genau, woher es kommt.“ Er lächelte. „Aber ich stelle mir gerne vor, dass da unten im Schlick unsichtbare Wesen ihren Geschäften nachgehen.“

Er zögerte einen Moment, als überlege er, ob das nicht allzu albern klang. Doch dann fiel ihm offensichtlich wieder ein, dass ihn das keinen Deut zu kümmern brauchte. Musste sich ein ehrbarer Kaufmann aus Bergen für seine maritimen Theorien rechtfertigen? Ganz sicher nicht! Auch wenn sie ein bisschen verrückt klingen mochten. Warum also nicht noch einen draufsetzen? „Vielleicht ist es ja das Geräusch von winzigen Schlick-Kaufleuten, die da unten ihr genauso kleines Geld zählen“, fuhr er grinsend fort. „Oder es sind Krebs-Piraten, die mit ihren Säbeln rasseln…“

Isabella musste einfach lachen. Ehrlich und für einen Moment unbeschwert. „Krebs-Piraten?! Ihr habt vielleicht Ideen“, sagte sie und spürte ihre Nervosität schwinden. Eine böse, kleine Stimme in ihrem Hinterkopf versuchte ihr einzureden, dass das bestimmt seine Masche war. Er wollte sie in Sicherheit wiegen, ihr Misstrauen einschläfern… Sie sollte ihm vertrauen, dem ehrbaren Kaufmann aus Bergen, der von den Sternen und vom Firmament sprach, von Meeres-Poesie und Knistern im Watt.

Vielleicht hatte diese warnende Stimme ja Recht. Und doch… Irgendwie schien es Isabella, als ob mehr dahinter steckte. Sicher hatte er nicht jeden Satz über die Romantik der Nacht buchstäblich ernst gemeint. Aber ihr Spioninnen-Instinkt sagte ihr, dass wahrscheinlich doch das eine oder andere Körnchen vom echten Gödeke darin steckte. Von einem Mann, der durchaus empfänglich schien für Stimmungen und Phänomene, die seine Fantasie anregten. Und der sich dazu Gedanken machte, die sie im Kopf eines Freibeuters nicht unbedingt erwartet hätte. Umso mehr genoss sie diese unvermutete Entdeckung.

„Ich mag solche Geschichten“, sagte sie leise. „Mir kommen auch oft die absurdesten Gedanken. Über ungewöhnliche Orte und Situationen, seltsame Landschaften und Tiere. Oder alles, was sich nicht so recht erklären lässt.“ Und davon gab es ihrer Erfahrung nach eine ganze Menge. Einschließlich ihrer eigenen Reaktionen...

Langsam ging Isabella in die Knie und ließ sich auf den von den Fluten verwaisten Meeresboden sinken. Sie hatte festgestellt, dass der Untergrund hier keineswegs überall gleich beschaffen war. An manchen Stellen bestand er aus festerem Sand, den die Strömung zu Rippeln und Wellenmustern geformt hatte. Hier dagegen lag den Watt-Spaziergängern feinerer Schlick zu Füßen. Nachgiebig und weich. Er schmatzte beinahe lüstern, wenn man darüber lief. Und als sie nun ihre Finger hineintauchte, fühlte er sich fast an wie Pudding.

Isabella streifte ihr Hemd ab. Nackt kniete sie vor ihrem nächtlichen Begleiter, der breitbeinig da stand und erwartungsvoll die Hände in die Hüften gestemmt hatte. Sie ließ ihren Blick von Gödekes Gesicht zu seinem aufgerichteten Schwanz wandern. Und wieder zurück. Ihre Haare wehten in der Brise, ihre Haut schimmerte hell im Mondschein… bis sie mit beiden Händen in den Schlamm fuhr und sich eine ordentliche Ladung auf den Oberkörper klatschte.

„Sagte ich schon, dass ich eigentlich ein sauberes und ordentliches Mädchen bin?“, fragte sie und zog ironisch eine Augenbraue hoch. „Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist!“ Wie um ihre Worte Lügen zu strafen, strichen ihre besudelten Hände über ihre Brüste, ihre Flanken und Schenkel. Vergaßen auch den Hintern nicht. Gödeke ließ sie nicht aus den Augen. Ob er es beabsichtigte oder nicht: Sein Grinsen trug eindeutig piratische Züge.

„Ich habe nur eine Erklärung dafür“, fuhr Isabella fort. „Bestimmt bin ich unter den Einfluss lüsterner Wattwesen geraten. Wir beide wahrscheinlich!“ Ihr Körper wand sich lasziv und sie lehnte sich ein wenig nach hinten. Fast sah es aus, als würde sie sich gleich regelrecht im Schlamm suhlen. Auch in ihre Stimme schien sich ein zunehmend schmutziger Klang zu schleichen.

„Bei Flut müssen sie im Untergrund bleiben und sich zusammenreißen“, raunte sie. „Die Herrscher des Wassers halten sie dann im Zaum. Aber jetzt…“. Langsam kam sie wieder auf die Füße und ging mit glitzernden Augen auf den noch einigermaßen sauberen Piraten zu. „Jetzt?“ fragte der mit einem Unterton, als würde er sie in der nächsten Sekunde in den Schlick zurück stoßen und über sie herfallen. Auf eine ausgesprochen versaute Weise…

Noch aber tat er nichts dergleichen. In seinem Inneren tobte offensichtlich ein Kampf zwischen Amüsement und Gier. Letztere führte klar nach Punkten. „Jetzt…“, spann Isabella den Faden weiter, „…ist das Meeresvolk mit der Nordsee gegangen und hat das Terrain den verderbten Sandgeistern und Schlickjungfern überlassen…“

Passend zu ihren Wortbildern tauchte der Mond das einsame Watt in ein unwirklich fahles Licht. Die Entfernungen verschwammen. Tatsächlich schienen plötzlich geisterhafte Gestalten auf dem Meeresgrund zu tanzen. Vielleicht waren es auch nur Nebelfetzen. Wer wusste das schon…

Keine Handbreit Abstand lag mehr zwischen den Körpern der beiden Wattbesucher aus warmem Fleisch und Blut. Und auch die schmolz mit Isabellas nächsten Worten dahin. „Bis das Meer zurückkommt, haben sie ein paar Stunden Zeit, um ihre schamlosen Orgien zu genießen“, flüsterte sie und presste sich an ihn. „Und wer sich dann in ihr Reich wagt, muss ihre schmutzigen Riten mitfeiern!“

Lasziv begann sie, ihren schlammglitschigen Körper an ihm zu reiben. Wiegte sich in den Hüften und schlang die Arme um seinen Hals. „Sonst wird er zur Strafe in einer Muschel eingeschlossen und in eine Perle verwandelt – rein aber leblos. Und wer will das schon?“

Sehr deutlich sah sie das Zucken in Gödeckes Mundwinkeln, als er sie packte. Seine Augen funkelten. „Niemand will das, Du kleine Sau“, raunte er und zog sie auf den matschigen Boden hinab. Sie antwortete mit einem erregten Knurren. „Ich wollte mich schon immer mal mit einem ehrbaren Kaufmann im Schlamm wälzen“, flüsterte sie heiser. „Treiben wir es auf dem Meeresgrund, Herr Michelson! Hart und dreckig…“

© Kea2012, April 2018
****orn Mann
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Gödeke Michels Teil 32 – Strandparty
Bleiches Mondlicht erhellte den Meeresgrund der Nordsee in jener Nacht, als der Anführer der gefürchteten Vitalienbrüder – Abteilung Gotland – und die Meisterspionin, getarnt als Hurenlehrerin, gemeinsam ins Watt sanken. Gödeke Michels hielt die Dame eng umschlungen und ließ sich fallen. Starr wie eine Schiffsplanke kippte er nach hinten um und wurde weich gebettet, im Schlick des Meeres aufgefangen. Isabella auf ihm drauf. Surreal nicht nur der Ort, wo dies geschah, einzig der Geruch hatte etwas reales, es roch nach Torf. Ein wenig streng. Rungholt zum Gedenken! Schoss es Gödeke durch den Kopf, die versunkene Nordseeinsel, 1362, nicht weit von hier. Doch so tief wie die Insel versanken Gödeke und Isabella nicht im Schlick. Er komplett nackt, sie in diesem atemberaubenden, vorne zerrissenen Hemdchen. Ihre kecken Brüste über und über mit Schlamm verschmiert. Nach einer kurzen Weile begann sie sich auf ihm zu bewegen. Zu zappeln und hin und her zu rutschen. Langsam aber sicher mit dem Becken nach achtern zu rücken, dem entgegen, was dort für sie bereit stand. Sie stieß gegen den Pfahl, den sie begehrte, und der Freibeuter war ihr behilflich, in dem er das harte, fleischige Teil in Position brachte, sodass das Mädchen vorsichtig Platz nehmen konnte.

Ein Heben und Senken wie die Wellen der See, dem Watt wohl nicht fremd, die Geräusche aber schon. Stöhnen und keuchen, fauchen und knurren, statt plätschern und rauschen, tosen und heulen. Mit beiden Armen eng umschlungen hielt Michels die Frau, rollende Lust statt stürmische See. Er wälzte sich herum, brachte die Hurenlehrerin nun ins Liegen. Mit seinem stattlichen Gewicht auf ihrem schlanken Körper sank sie ein wenig ein und er griff in den Matsch und dann in ihr Haar.

„Gemeiner Wüstling!“, stieß sie hervor und klatsche ihm zwei Hände voll Schlamm auf den Arsch. Auch er stieß nun zu, kam auf Kurs mit seinem Ruderblatt in ihr, massierte ihr Brüste und Bauch mit Schlick. Ein paar Muscheln rutschten ihr vom flachen Leib, ein Taschenkrebs huschte davon.
Ja, das Watt lebt, man konnte es hören. Das ihm so bekannte seltsame Knarren, schreckte ihn nicht. Das fahle Licht war nach seinem Geschmack. Er blickte hinauf in den Himmel, sah sie funkeln, die Plejaden, das Sternbild des Stiers. Taurus! Ja, ihr Götter, schenkt mir Kraft. Hamburg ist das Ziel, wohin ich muss, bei nächster steigender Flut.

War er zu sehr versunken in den Geschichten der Welten? Oder wie konnte es geschehen, dass Isabella ihn hatte wenden können? Sie plötzlich auf ihm thronte wie Diana, die Göttin der Jagd. Hoch zu Ross, fest im Sattel, ihn ritt wie getrieben, furiengleich. Das vollgeschlammte Haar hing ihr im Gesicht, über Schultern, Rücken und Arme, schmutzig wie das letzte Gossenkind, schmutziger noch, und Gödeke beschmierte sie weiter, die junge Frau, jetzt auch die Schenkel.

Sie suhlten sich wie die Schweine und wollten nicht aufhören damit. Bekamen nicht genug. Denn Platz hatten sie, Platz ohne Ende. Und dazu war es warm. Wildes, hemmungsloses Geküsse. Auch Isabellas Schlammfinger in seinem Haar.

Einmal lief sie davon und er hinterher, holte sie ein und schmiss sich mit ihr in den Schlamm. Sie kreischte auf und doch kugelten sie sich, drehten sich im Matsch und sauten sich weiter ein. Küssten sich mit Gier und Hingabe, befummelten sich überall.



Ein paar hundert Meter entfernt quetschten Käpt`n Walhorn und der mit dem Zipfe wie besessen den zerschnittenen grünen, sauren Früchten in schweren Silberbechern die Säfte aus. Dazu gaben sie vom Rohrzucker und dann auch noch ein paar Blätter der wohlriechenden Minze hinzu. Sie rührten es um und füllten reichlich von dem Selbstgebrannten mit in die Becher. Rum, wie Wylandt es stolz nannte. Walhorn musste an seinen eigenen roten Turm denken, kannte die Wirkung und Nebenwirkungen des scharfen Alkohols und fügte noch Quellwasser zur Verdünnung mit bei. Und dann auch noch etwas von dem geschabten Eis, woher auch immer der mit dem Zipfe es her haben mochte. Sodann wurde das hochprozentige Süppchen noch einmal kräftig gerührt und Wylandt rief:
„Mojito! Mojito!“
Irgendwer antwortete: „Gesundheit!“
„Zum Wohlsein!“, ein dritter.
„Hau wech die Kacke!“ Das musste einer der dürren, haarigen Hamburger sein. Und ein weiterer, mit schütterem Haar, rief: „Mors Mors!“ Hatte da allerdings wohl etwas verwechselt.
Die Schweden fielen natürlich auch sofort mit ein, die waren immer dabei, wenns etwas günstig zum Saufen gab, wie Ole der Smut verkündet hatte. „Skol!“, riefen sie aus rauen Kehlen und schlugen zweimal mit den Bechern auf die Tische.

Und auch das Black Ale floss in Strömen, die Jungs von der Baleine hatten sich großzügig gezeigt und nach Anordnung der Chefin ein Fass davon an Land geschleppt. Die Achtelgallonen-Becher kamen sehr zupass.
„Ein Pint für jeden zur Einstimmung!“, hatte Maj ten Brok in die Runde gerufen und war mit einem Satz auf den Tisch gesprungen. Mit auseinandergestellten Stiefeln und durchgedrückten Beinen stand sie da, der eingerissene, ehemals weiße Rock und die dunkle Haarmähne flatterten im Wind. Sie hielt den Becher hoch erhoben und rief mit Inbrunst:

„Den Friesen zur Ehr
Vom Black Ale mehr
Wie Irrlicht im Moor
Flackerts empor
Genießet ja nicht leise
Sondern auf Friesenweise
Hoch die Becher
Seid die Rächer!“

Ihre Seeleute, die Mannschaft der Baleine, allesamt, so wie sie, Freibeuter der Meere, aus allen Landen der friesischen Küste und den Inseln, Brokmerländer, Emsländer, Wursten, Wangerländer …, sprangen auf und schrien wie aus einem Mund den letzten Satz des Trinkspruches:
„Seid die Rächer!“
Sodann rissen sie die schweren Becher in die Höhe und grölten: „Auf die Hovetlinge!“

Die schöne Frau stampfte mit dem gewichsten schwarzen Stiefel auf den Holztisch, stemmte eine Hand in die Hüfte, mit der anderen hob sie den Silberbecher an den Mund und trank. Sie trank und trank, setzte nicht mehr ab, trank den kompletten Becher in einem Zug leer. Dann riss sie ihn in die Höhe, wandte sich kurz zur Seite, und doch konnte manch einer hören, dass sie rülpste wie ein Bierkutscher. Wieder grölten die Männer auf und auch Thure von Ottensen konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Auf Maj ten Brok!“, rief er und sofort stimmten die Männer mit ein: „Auf Maj!“

Neuwerk war über Nacht zu einem Piratennest geworden. Zwei Schiffe hatten genügt, um aus einer beschaulichen Insel einen Sumpf der Sünde und Ausschweifungen zu machen. Isabellas Huren gaben ihr Bestes, sie tanzten auf Bänken und Tischen, nackte Schenkel blitzten auf, Brüste wurden von Seeleuten entblößt, kräftige Handflächen klatschten auf willige Weiberärsche, Mädels kreischten, Männer johlten und das Fest geriet außer Rand und Band. Manch eine hatte sich ans Blasewerk begeben, andere gaben sich gierigen Händen und Fingern hin. Die fast transparenten smaragdgrünen Tücher zeigten mehr, als dass sie verhüllten. Lautes Geschrei, Gekicher und bald auch Gestöhne, helles wie dunkles, füllte die Luft der Insel der O.
„Musik!“, rief Wylandt berauscht, hob die Arme und fuchtelte in der Luft herum. „Und mehr Mojitos! Für alle!“
Black Ale für alle!“, ließ der Bibermann sich nicht lumpen. Seine Augen strahlten wie das Eis des Nordmeeres und er schlang einen Arm um Majs Stiefel.

Da wollte Jana Kalaschnikova nicht nachstehen. Ebenfalls mit nur einem einzigen Satz sprang sie über eine Bank auf den Nachbartisch. Im schneeweißen Kleid stand sie da, riss den Kopf zurück, ihr blondes Haar flatterte nicht minder aufregend im Wind und sie riss einem der Piraten den Becher aus der Hand. Herausfordernd blickte sie Maj in die grünblauen Augen, stemmte ebenfalls eine Hand in die Hüfte, führte den Becher an die Lippen und trank. Leerte ihn gleichfalls in einem Zug. Zwar nicht so schnell wie die Freibeuterin und auch ihr anschließendes Aufstoßen war mehr ein lautes Bäuerchen, aber immerhin: Die Männer grölten! Am lautesten Lars Reesenspund, der sich vor dem Tisch aufgebaut hatte. Tatsächlich waren er und Thure nahezu gleichgroß. Zwei Bäume von Männern. Maj und Jana funkelten sich an. Einen Silberbecher auf Ex. Wieso kann die Blondine das so gut? Ist sie die Geliebte Gödekes?

Walhorn sah diese Frage in den Augen der Friesin. Sie und die Litauerin, zwei Frauen aus Herrscherfamilien, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Er hielt den Atem an, spürte die Spannung. Es lag etwas in der Luft, und das nicht zu knapp.

Und da: Maj sprang vom Tisch, über die Bänke auf Janas Tisch! Dass sie dabei einen ihrer Männer und einen Silberbecher umstieß, störte sie nicht. Nah standen sie sich gegenüber, die Alphaweibchen, Feuer loderte in ihren Blicken, Busen hoben und senkten sich. Maj glitt nach einer Weile mit einer Hand an Janas Rücken, zog die Frau sachte zu sich heran. Geöffnete Lippen, Janas Hand an ihrer Schulter, weiche Lippen berührten weiche Lippen. Ein zarter Kuss mit geöffneten Augen, Zungen, die sich hervortrauten, sich näherten, begrüßten und neugierig umspielten. Doch dann die Hand der Piratin an Janas Kopf, ein kurzer Ruck, leidenschaftlicher wurde der Kuss und ebenso von Jana erwidert. Brüste an Brüste, Hände glitten über Frauenkörper, erkundeten Hügellandschaften und Schenkel, wiegende Hüften, einem Tanz gleich aneinandergeschmiegt und lustvoll –gerieben.

„Und jetzt …“ Majs Stimme war gefährlich leise, „lade ich Euch auf ein weiteres Black Ale ein, meine Süße!“
Sie schnippte mit den Fingern und augenblicklich reichte ihr jemand zwei frisch gefüllte Silberbecher an.



Das Gejohle vom Strand erreichte natürlich auch Gödeke und Isabella im Wattenmeer. Sie hatten sich in einem lauwarmen, sich mittlerweile wieder füllenden Priel, gewaschen. Knietief standen sie im schnell auflaufenden Wasser.
„Ganz schöne Strömung!“, hatte Isabella erschrocken bemerkt, als es ihr fast die Füße wegzog und Gödeke zur Eile mahnte. Sie hatte lange gebraucht mit ihren Haaren und mangels Kamm oder Bürste die blonde Lockenmähne kurzerhand hochgesteckt. Schnellen Schrittes war sie sodann mit ihrem Verführer aus dem Watt zurückgekehrt. Das Hemdchen in der Hand. Sie wollte es waschen und als Erinnerung verwahren, hatte sie dem staunenden Gödeke erklärt. Sie fanden ihre Sachen, Isabella schlüpfte, nackt wie sie war, in das weinrote Kleid, Michels in Hemd, Hose und Stiefel und kehrten zur Party zurück, in dem Moment, als Maj ten Brok Jana Kalaschnikova das Black Ale anreichte.

„Was geht da vor sich auf dem Tisch?“, wunderte Gödeke sich und ließ sich ebenfalls zwei bis zum Rand gefüllte Becher Black Ale von Thure anreichen. Isabella zuckte zusammen und räusperte sich leise.
Käpt`n Walhorn und Lars hingegen waren erleichtert, ihren Anführer bei bester Gesundheit und Laune wieder zu sehen, wenn auch seine Hose reichlich verschmutzt war.


© Walhorn, April 2018
****rio Mann
444 Beiträge
Die Insel "O" – Unter den Holken
Neunundsechzig zarte Halsriemen aus feingeflochtenem, geruchsechtem Heringsleder, die mit einem Kupferring verbunden und flexibel verschließbar waren, lagen für die Hurenschülerinnen zum Schulabschlussfest anlässlich der Zeugnisverteilung bereit. Tatsächlich verliehen wurde das wertvolle "O" am Bande (die Mädchen nannten es im Scherz "das fischelnde Loch") an dem Festabend nur siebenundsechzig Mal. Denn die beiden Waliserinnen Erica und Heather verrichteten ja auf Ritzebüttel ihren Sonderauftrag, indem sie den Amtmann Ungustus Bruns auf höchst sexuelle Weise von seiner Hauptaufgabe ablenkten, nämlich die Einfahrt von Schiffen in die Elbe zu überwachen.

In analphallubetyscher Reihenfolge wurden nun die Mädchen beim Festakt im Freien auf die Bühne gerufen, und je länger die Zeremonie dauerte, desto anzüglicher und verführerischer wurden die Auftritte. Erst verdrehten die Huren den erwartungsvoll starrenden Seemännern lediglich mit einer lasziven Hüftbewegung den Kopf, wenn sie aufgerufen wurden. Dann strichen sie ihnen im Vorbeigehen über das bärtige Kinn oder über die stolze Mannesbrust und hauchten etwas von Liebe.

Der eine oder andere Zimmermann, der sich eben noch an Walhorns Stand einen der neuartigen Mokitos hatte mixen lassen, konnte sich nicht beherrschen und stand nun mit breitem Grinsen und entblößtem Gemächt in der ersten Reihe, wenn seine Lieblingsblume Aurelie oder Pelargonie an ihm vorüberstakste. Natürlich wurde seine Hoffnung belohnt, und das Mädchen strich ihm geil über die heiße Eichel. War doch nun auch schon egal. Kostete ja nichts extra.

Mittlerweile hatten die Seemänner und Arbeiter ihre gesamte Heuer und den Lohn, den sie sich vorab großzügig hatten auszahlen lassen, mit den Huren auf der Insel wieder durchgebracht. Einige hatten sogar noch ihre ohnehin kärglichen persönlichen Besitztümer beleihen lassen, die sie auf den Schiffen oder in einem vermeintlich sicheren Lager in der Hansestadt liegen hatten. So mancher Pelz, geschliffener Stein oder gar ein Dekret über ein Schürf- und Sudrecht für Torf oder Salz würde heute Nacht noch den Besitzer wechseln müssen, wenn es nach dem Ficken erst zur Kasse ging.

Da würden bei gestandenen Männern dann Tränen fließen und herzzerreißende Hilfe-Schwüre geleistet werden. Doch es würde alles nichts nützen, die Huren kassierten jeden ab. Immer! Ohne Ausnahme! Die meisten Männer wussten um die Gefahr, die ihnen drohte, wenn sie nicht zahlten. Die Grab-Inschrift eines Unbekannten mahnte jeden übermütigen Freier zur Vorsicht:

___________________________Zuerst hat er geprallt.
________________________Doch dann hat er nycht gezallt.

________________________Darumb wurd er auch nycht allt.

Als die offizielle Zeugnisverteilung vorüber war, gab es erst einen kurzen Klang-Jakob (später würde man dazu "Sound-Jack" sagen), währenddessen sich das Publikum Black Ale oder Mokitos in Silberbechern holte. Oder einen sandigen Quickie am Nacktbadestrand vollzog. Oder beides. Dann stürmten wild und plötzlich "Die Zoten Piraten" auf die Bühne!

Wem bis dahin noch nicht warm geworden war, dem heizte die Truppe nun mit ihren geschärft-geilen Liedtexten und Melodeien dermaßen ein, dass stellenweise sogar der Teufel noch einen roten Kopf bekommen hätte, wenn er nicht schon seit seiner Geburt über einen solchen verfügt hätte.

In einem unsagbaren Höllentempo blies einer aus dem Trio vor aller Augen die geile Sackpfeife, während der andere mit dem mächtigen Trumscheit dazuschnarrte und der dritte die schwedische Nyckelharpa schlug. Vor der Pause setzte es den weithin bekannten Gassenhauer "EYSgeküllter Bullermannder", und die Menge toste wie die See, und sang und pfiff mit wie der Wind. Draußen im Wattenmeer stieg der Pegel des Meerwassers langsam, aber stetig. Hier auf der Insel sank der Pegel in den Rum- und Bierfässern – keineswegs langsam, aber ebenso stetig.

Nach dem ersten Akt des Konzerts kehrte nun etwas Ruhe ein. Die Rentierflechte Cladonie – Wylandts persönliche Assistentin – wurde vom Direktor hochselbst auf der Bühne vor aller Augen zu einem immer lauter schreienden Orgasmus geleckt – und zwar pikanterweise just in dem Moment, als sie mit wackeligen Knien und zitternder Stimme in astreinem Finnisch die letzte Ehrung des Abends anzukündigen hatte. Diese sollte durch keinen Geringeren eingeleitet werden, als durch den vielseitig begabten und international gefeierten Laudator Emíle Brubäer!

Der trat nun flink zum Rednerpult und hub schon zu seiner ausgefeilten Rede an. Da geriet er plötzlich mit seinen glatten Halbschuhen auf dem glitschigen Untergrund, den die leck-geleckte Rentierflechte hinterlassen hatte, ins Taumeln. Geh leck!

Er schlitterte am Pult vorbei – man hörte noch ein kurzes "Merde!" – dann plumpste er am anderen Ende von der Bühne, direkt mit der Zunge in die feuchte Spalte einer aus Paris stammenden Mild-Fluse namens "Bourbonne Vanílle". Der Laudator, der zufällig auch ein Feinschmecker war, nahm Witterung auf. Das Mädchen sagte mit ungespieltem Akzent "Asch, leck' misch dosch!", und der Brubäer gehorchte. Deshalb konnte er seine Rede nicht halten!

Das Publikum applaudierte trotzdem, und Wylandt mit dem Zipfe rief nun seinerseits anstelle des verhinderten Laudators einige lobende Worte über die piratenbehuteten Häupter hinweg in die Zuschauermasse. Dann bat er laut "Dozentin Isabella zu mir auf die Bühne!". Die Männer applaudierten höflich, die Mädchen brachen hingegen in hellen Jubel aus, als sie den Namen ihrer beliebten Lehrerin hörten. Doch die war nirgends zu sehen.

Wylandt ließ seinen Blick über die Menge schweifen, und als sich nichts regte, rief er nochmals: "Dozentin Isabella von Einho...!" Auch die Mädchen riefen nun im Chor nach ihrer Professorin: "Bella! Bella! Bella!"

Da endlich bahnte sich die Lehrerin a tergo ihren Weg durch die gröhlende und applaudierende Menge nach vorne zur Bühne. Ziemlich zerzaust sah sie aus. Ihr Kleid war stellenweise ganz feucht geworden und hing reichlich lotterhaft an ihrem benutzten Körper. Die linke Brust hatte sie unbedeckt, ein Streifen glitzernden Wattensandes klebte an dem zum Angreifen einladenden, wippenden Busen. Sie war schmutzig. In Gedanken, Worten und Werken war sie durch und durch sündhaft. Und genau deshalb hatte sie die besondere Auszeichnung verdient!

Als sie Wylandt auf der Bühne gegenübertrat, blies sie sich keck eine lange, verklebte Haarsträhne aus dem Gesicht und winkte ihren Schülerinnen von der Sex-A-Klasse. "Setz dich!", sprach Wylandt und bot ihr den einzigen Stuhl auf der Bühne dar, sodass sie mit dem Gesicht und dem freigelegten Busen dem Publikum zugewandt war.

"Dies ist der Moment", rief Wylandt sodass es alle hören konnten, "Dich, verehrte Dozentin Isabella, vor allen Anwesenden..." – Jubel! – Wylandt hielt kurz inne – "...dich vor allen Anwesenden, und besonders vor den Augen deiner formidablen Schülerinnen der 'O'" – Grenzenloser Jubel! Die Mädchen kreischten! – "...dich, Isabella, also hier vor allen, mit der höchsten Auszeichnung zu ehren, welche die 'Schule der O' zu vergeben hat!"

Nun wurde es still. Isabella wollte aufstehen, doch Wylandt bedeutete ihr mit einer Handbewegung, sitzen zu bleiben. Breitbeinig stellte er sich vor sie.
"Was passiert?", hörte man ein Flüstern aus dem Publikum. Wylandt öffnete seinen Mantel und hielt die breiten zopf-besaumten Flügel weit ausladend auf.
"Keine Ahnung! Ich kann nichts sehen! Was gibt er ihr?", raunte es aus der Menge.

Plötzlich erhellte ein sonderbar blauroter Schein das Schwarz der Bühne, und Isabellas entblößte Brust schimmerte in einem durchdringenden violettgelben Nachtglanz. Die Dozentin begann über das ganze Gesicht zu lachen und hielt sich von bunten, sich drehenden Strahlen angeleuchtet, entzückt die Hände vor den Mund.
"Was ist das für ein Leuchten?" rief jemand.
"Genau, wir wollen das auch sehen! Was ist das für eine Auszeichnung?", war es ungeduldig zu hören.

Isabella lächelte beglückt. Mit so einem edlen Geschenk hatte sie nicht im Traum gerechnet. Bereitwillig entblößte sie nun auch ihre zweite Brust und nahm die Auszeichnung in Empfang. Dann verschwand der Schimmer und Wylandt mit dem Zipfe schloss seinen Mantel wieder. Die Leute blickten ihn enttäuscht, beinahe erbost an, als er sich umdrehte. Dann setzte er an: "Die Auszeichnung ist..."
Spannung im Publikum.
"Die Auszeichnung ist übergeben!", rief er. "Mokito für alle!!!"

Unmittelbar setzte wieder die Band ein mit einem rattigen Solo der Fiedel, gefolgt von der Schalmey und dem Bass-Ud. Der erste Sang nach der Pause hieß "Unter den Holken, da liegt die Freiheit und das Meer".

Wylandt sprang von der Bühne herunter, hakte sich bei Gödeke Michels unter, der die gesamte Ehrung mit gespanntem Erstaunen verfolgt hatte, und zog ihn zu Walhorns Mokito-Stand hinüber. "Unglaublich, diese Auszeichnung", raunte der Pirat incocknito, "ich hatte nicht gedacht dass Ihr auf der 'O' hier gerade diese ..."
"Pscht!", machte Wylandt und legte den Zeigefinger an die Lippen. "Ihr kennt doch die alte Wysmarer Weysheit: Wenn Wattwyrmer wyssten, wo Wylandt weyland wandelte, wären wahrlich wynterlyche Weyher wyderum wie wunderlyches Weiydelgras worden."
"Verstehe", sagte Gödeke und kratzte sich am Bart. "Doch vergesst mir nicht die alte Gotlander Groteske: Ginge Gunnar geradewegs gegen Großborstel, gondelten Gödekes gefüllte Genitalien gen Italien!"

Die Männer sahen sich wissend und stumm in die Augen.

"So, und ihr beiden haltet jetzt mal die Klappe!", unterbrach der getränkemischende Kapitän Walhorn und stellte eine Flasche Rum auf die Bude.
"Was ist das?", fragte Gödeke, schnappte sich die Buddel und setzte sie an.
"Um Himmels Willen, nein!", riefen Walhorn und Wylandt gleichzeitig. Doch der Vitalienbruder hatte schon ein paar kräftige Schlucke genommen.

Der Walfänger verscheuchte schnell die Leute, die hinter Gödeke standen. Wylandt räumte alles Brennbare zur Seite. Der Likedeeler machte noch ein paar Schluck und blickte – die Flasche im Anschlag – völlig regungslos, nur mit prüfenden Augen rechts-links-rechts-links, was da um ihn herum geschah. Dann donnerte er die halbleere Flasche auf die Schankbretter und brüllte: "Was habt ihr denn gesoffen, ihr Memmen?"

"Wie geht es Euch, Gunnar Michelsson?", fragte Walhorn vorsichtig.
"Fühlt ihr Euch wohl? Kribbelt es nicht in der Leiste? Oder hintenrum?", setzte Wylandt aus der Deckung nach.
"Mimosen, allesamt", lachte Gödeke laut. Dann räusperte er sich, ging mit einem Bein in die Knie und formte mit beiden ausgestreckten Armen eine Gerade, die mit dem rechten Zeigefinger in den Himmel zeigte, und zwar genau auf den Nordstern zu. Dann wippte er vier Mal – nicht dreimal! – stand wieder auf, nahm sich die Flasche und ging zu dem Tisch, auf dem die Wylandt mit dem Zipfe bislang persönlich unbekannte Maj ten Brok die ihm hingegen bereits bekannte Jana Poponova alias Kalashnikowa züngelte. Was für ein Fest!

Es wurde noch einige Stunden ausgelassen gefeiert. Walhorn mixte – das musste an diesem Abend wirklich jeder neidlos anerkennen – die besten Mokitos der Welt. Dass das Gesöff, genauso wie das dicke Schwarzbier, bärenstark war, merkten alle spätestens am nächsten Tag, als sie sich erstmal nicht erklären konnten, wie sie eigentlich zurück auf ihre Schiffe gekommen waren. Und wer die ganzen anderen Leute an Bord waren.

Jedenfalls war man sich noch um Mitternacht lachend und tanzend in den Armen gelegen, als die Musikgruppe langsam ihr Equipment einpackte und mit den Bühnenarbeitern zum Schiff ging. Auch die Zimmerleute und ihre Begleiterinnen machten sich auf den Weg und suchten Anschluss bei einem der in die Flut stechenden Schiffe. Mit Tränen verabschiedete sich Wylandt von seiner Dozentin Isabella, sie wollte mit Gunnar Michelson auf der Talisker nach Hamburg zurücksegeln.

Wylandt erinnerte sich noch, wie die Rentierflechte Cladonie mit ihm gemeinsam die litauische Kalaschnikowa zu einem Höhepunkt leckte. Dann war er wohl eingeschlafen. Und alles Leben und Beben auf der Insel der "O" versank in einen wundervoll stillen, betrunkenen und tiefen Schlummer, tiefer als die Nordsee, deren Wasser stetig und ruhig immer noch im Steigen begriffen war.


Keine halbe Segelstunde entfernt blickte der Amtmann Ungustus Bruns durch ein Fernglas aus dem Ritzebütteler Turmfenster in Richtung Neuwerk und schalt sich selbst einen "dämlichen Idioten". Auf der breiten Liege in der Ecke hinter ihm lagen, wie betäubt schlafend die beiden Walisischen Absolventinnen der Hurenschule der "O", Erica und Heather.

"Ich dämlicher Idiot!", schimpfte Ungustus, "Jetzt ist keine Zeit mehr zu verlieren!"
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****012 Frau
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Isabella (20)
„Ich brauche dringend etwas zu trinken, Käpt’n Walhorn“, sagte Isabella und lehnte sich an die improvisierte Bar am Strand der Insel O. „Lasst mich doch mal einen Becher von Eurem neuen Getränk probieren, ja? Aber schenkt ihn nicht zu voll!“ Für diese Bitte gab es durchaus Gründe. Denn schon nahte Gödeke mit breitem Grinsen und zwei randvollen Humpen Black Ale.

Beim Anblick dieses abgrundfinsteren Gebräus zog sich ihr die Kehle zusammen. Isabella hasste Bier! Bei ihrer Rückkehr aus dem Watt hatte sie sehr genau beobachtet, wie Maj ten Brok und Jana Kalaschnikova auf den Tisch gesprungen waren und ihre Pints in einem Zug geleert hatten. Was für ein Anblick! Es war ein regelrechtes Duell gewesen, bei dem beide etwas klargestellt hatten… Und nun schien Gödeke von seiner Watt-Begleiterin Ähnliches zu erwarten. War das ein Piraten-Ritual? Ein Test, ob man in diesem wilden Haufen bestehen konnte? So nach dem Motto: „Pint auf Ex – Seegewächs“?

Allein aus beruflichen Gründen hätte sich Isabella der Aufgabe eigentlich stellen müssen. Als vertrauensbildende Maßnahme sozusagen. Ganz abgesehen davon, dass sie nur ungern einer Herausforderung aus dem Wege ging. Doch Black Ale kam nicht infrage! Kneifen allerdings auch nicht… Also her mit dem Moskito oder wie das Zeug hieß!

Isabella nahm den Becher in Empfang und stellte ihn sorgfältig an den Rand eines Tisches. Die richtige Position war wichtig, wenn es klappen sollte. Das hatte ihr der Gaukler eingeschärft, von dem sie diesen Trick einst gelernt hatte. „Sieh nur her, Pirat“, dachte sie grinsend. Und das tat er. Genau wie Käpt’n Walhorn und alle Umstehenden.

Denn Isabella stellte sich mit dem Rücken zum Tisch auf, einen guten Schritt von der Kante entfernt. Dann beugte sie sich langsam nach hinten. Ihr schlanker Körper ging immer weiter ins Hohlkreuz, biegsam wie der einer Schlange. Der rote Samt ihres Kleides enthüllte dabei mehr, als er verbarg. Zentimeterweise näherten sich ihre Lippen dem Becher…

Als ihr Mund dessen Rand erreichte, packte sie ihn mit den Zähnen. Vorsichtig hob sie das Gefäß an und nippte an der Flüssigkeit. Schluck für Schluck sammelte sie das Getränk im Mund, während sich ihr Körper mitsamt dem Becher geschmeidig wieder aufrichtete. Erst als sie wieder gerade stand, ließ sie sich die Mixtur genussvoll durch die Kehle rinnen, sah Gödeke herausfordernd an und prostete ihm zu. „Noch Fragen?“, sang es aus ihren Augen. Laut sagte sie: „Großartiges Getränk, Käpt’n Walhorn! Sehr zum Wohlsein!“ Damit zwinkerte sie den beiden zu und schlenderte hoch erhobenen Hauptes davon.

Das Fest war in vollem Gange, Piraten, Huren und der Rest des schamlosen Völkchens ließen es krachen. Isabella ließ sich treiben, plauderte vergnügt mit der einen oder anderen Schülerin, die gerade nichts Besseres zu tun hatte. Doch in ihrem Hinterkopf begann ein Gedanke zu nagen, der ihr keine Ruhe ließ.

Morgen würde die Talisker die Segel setzen – und jede Menge ungelöste Rätsel mit sich nehmen. Zwar hätte Isabella zum Thema „Lust und Laster der Likedeeler“ mittlerweile ein umfangreiches Dossier verfassen können. Über die konkreten Pläne der Piraten aber hatte sie bisher wenig erfahren. Sie brauchte einfach mehr Zeit! Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Spionin, als in ihrem Hirn ein kühner Plan zu reifen begann. Am besten stellte sie Gödeke gleich die entscheidende Frage…

Der Gesuchte sah sie nicht kommen. Zu sehr war er in den Versuch vertieft, mit einem Stock etwas in den Sand zu kritzeln. „Nein, nein!“ kommentierte Walhorn, der neben ihm saß und sich entnervt die Haare raufte. „Zwischen S und H gehört noch ein C! Ich verstehe das nicht: Ihr könnt doch mühelos mit Schiffsglocken morsen! Wie kann es Euch da so schwer fallen, ein paar einfache Worte zu schreiben?“

„Schnauze!“, knurrte Gödeke ungehalten. „Ich warne Euch, Walhorn! Vergesst nicht, wer Ihr seid und wer ich bin!“ „Ja, schon gut!“, beschwichtigte der Käpitän. „Versucht es nochmal, Ihr habt es ja fast! Nur noch ein bisschen eleganter die Buchstaben, mehr Schwung. Es soll ja auch nach etwas aussehen, nicht wahr?“

Leise trat Isabella aus dem Schatten und ging auf die beiden Männer zu, als sei sie gerade erst gekommen. „Was macht Ihr?“, fragte sie neugierig. Doch Gödeke verwischte die Spuren rasch mit dem Fuß. „Nichts!“, gab er zurück und wirkte fast ein wenig verlegen. Rätselhaft…

Da Isabella dieses Geheimnis vorerst nicht lüften konnte, kam sie gleich zu ihrem Anliegen. „Ich wollte Euch etwas fragen, Herr Michelson“, sagte sie vorsichtig. „Ich weiß ja, dass Ihr nach Hamburg segelt…“ Man konnte förmlich sehen, wie er innerlich die Fallgitter herunterließ. Witterte er Ungemach? Gar einen Hinterhalt? „Ich muss auch zurück und mich mal wieder um meine eigentlichen Geschäfte kümmern“, fuhr Isabella unbeirrt fort. „Könnt ihr mich vielleicht mitnehmen?“

Es war nur die harmlose Bitte von Händlerin zu Kaufmann, mit einem süßen Lächeln vorgetragen. Doch Gödeke schwieg eisern. Mit undurchschaubarer Miene musterte er sie. Isabella spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Sollte sie ein bisschen Druck aufbauen, um ihn zu überzeugen?

„Außerdem habe ich gehört, dass der Amtmann von Ritzebüttel hier demnächst eine Befragung durchführen will“, fabulierte sie drauflos. „Ungustus Bruns will wissen, ob jemand Piraten gesehen hat. Und ich kann doch so schlecht lügen!“ Vielsagend ließ sie ihren Blick über die feiernde Meute schweifen.

Es war ein Schuss ins Blaue. In Wirklichkeit wusste Isabella über Ungustus Bruns genau zwei Dinge: Ihre Schülerinnen hatten ihr berichtet, dass man zwei Huren in geheimer Mission zu seinem Dienstsitz geschickt hatte. Und ansonsten erzählte man sich, er habe „eigentlich immer die Hand an der Stange“. Nichts davon ließ irgendeinen Schluss auf die Pläne des Amtmannes zu. Doch gut geblufft war halb gewonnen…

Einen Moment lang schien es allerdings, als habe Isabella ihr Blatt überreizt. Sie schauderte, als sie ein nadelspitzer Blick voll Gletscherkälte traf. Schatten von Krummdolchen und Entermessern geisterten durch ihre wirbelnden Gedanken. Warum sagte er nichts? Die Sekunden verrannen in stummem Duell.

Doch schließlich schien sich der Likedeeler zu entspannen. „Nun gut!“, nickte er. „Aber ich habe eine Bedingung.“ „Ja?“ Er lächelte unergründlich und fuhr ihr langsam mit dem Zeigefinger über das rechte Schlüsselbein. „Ich möchte Euch auch eine Auszeichnung verleihen“, sagte er. „So wie der mit dem Zipfe vorhin.“

Isabella lachte verblüfft. „Ihr wisst also, was dahinter steckt?“ Sie selbst konnte sich immer noch keinen Reim darauf machen, was bei der Preisverleihung hinter dem Mantel des Schuldirektors mit ihr geschehen war. Auf sein Geheiß hin hatte sie die Augen schließen müssen – angeblich, um sie vor den grellen Lichteffekten zu schützen…

So hatte sie nur eine feine, angenehm warme Spitze gespürt, die sich wie ein Metallstift anfühlte. Schwungvoll war sie unterhalb des Schlüsselbeins über Isabellas Haut gewandert. Weh getan hatte das nicht, nur seltsam geprickelt. Doch als sie die Augen wieder geöffnet hatte, war an der Stelle absolut nichts zu sehen gewesen. Sie hatte nicht gewusst, ob sie enttäuscht oder erleichtert sein sollte.

„Nun klärt mich schon auf!“ drängte sie nun und boxte Gödeke leicht auf den Arm. „Ich will wenigstens wissen, worauf ich mich einlasse!“ Das schien ihm einzuleuchten. „Es ist eine Art Tätowierung“, erklärte er. „Mit einer Tinte, von der manche sagen, sie sei vom Leibhaftigen selbst erfunden worden. Vielleicht war es aber auch nur ein begabter Alchemist. Jedenfalls ist sie unter normalen Umständen unsichtbar. Aber…“

„Aber?“ „Nun ja: Wenn die Lust durch der Körper rauscht und die Geilheit das Ruder übernimmt…“ Isabella hing an seinen Lippen, während er ihr sanft über die Brüste fuhr. Walhorn erlitt einen unerklärlichen Hustenanfall. „Wenn das Tier in Dir erwacht und Du nur noch die Wahl hast zwischen Schreien und Schnurren, Fauchen und Winseln…“ Der Pirat zog zur Untermalung einmal hart an ihrer rechten Brustwarze. „Dann verändert sich die Beschaffenheit Deiner Haut“, schloss er. „Und die Schrift wird sichtbar.“

Hagel und Granaten! Isabella war fassungslos. Was für eine Botschaft hatte Wylandt ihr hinterlassen? Und welche würde nun der Hauptmann der Likedeeler hinzufügen? Das war also der Grund für das geheimnisvolle Schreibtraining mit Käpt’n Walhorn! Sie schluckte. Tatsächlich schien Gödeke wild entschlossen, sein neues Talent gleich zum Einsatz zu bringen. „Mach die Augen zu!“, sagte er bestimmt. „Der mit dem Zipfe hat mir das Tätowier-Besteck geliehen.“

Was blieb ihr übrig? Mit geschlossenen Augen versuchte Isabella, die Buchstaben zu erspüren, die ihr der Freibeuter auf die Haut malte. Doch es war aussichtslos. Sie würde sich gedulden müssen, bis sie wieder einmal in die richtige Stimmung geriet…

Doch dazu sollte es in dieser Nacht nicht mehr kommen. Etwas essen und trinken, am Strand sitzen und die Stimmung genießen – zu mehr fühlte sich Isabella nach einem in jeder Hinsicht atemberaubenden Tag nicht mehr in der Lage. Und als sie schließlich allein in ihr Bett in der Turmkammer fiel, sank sie augenblicklich in tiefen Schlaf.

Sehr früh am Morgen des nächsten Tages brachte sie zunächst ihr Gepäck einschließlich der Schatzkiste an Bord. Dann verabschiedete sie sich von ihren Schülerinnen und stattete auch Wylandt mit dem Zipfe einen letzten Besuch ab. „Passt auf Euch auf!“, sagte sie lächelnd und überreichte ihm den Rest ihres Einhorn-Pulvers. Und damit er sie nicht vergaß, garnierte sie dieses Abschiedsgeschenk noch mit ein paar kryptischen Zeilen Bockmist. Nur um klarzustellen, dass absurde Wortkaskaden nicht nur den Herren der Schöpfung vorbehalten waren.

Interpretiert die innovative Ilias!“, mahnte sie mit ernstem Gesicht. „Irrlichtert Isabella in Itzehoes Innenstadt, investieren internationale Ikonoklasten in Ingwerwurzeln. Inhaliert Indigo! Irritiert Euch der Igel?“

Damit drehte sie sich um, winkte Wylandt noch einmal zu und ging an Bord.

„Leinen los“, brüllte Käpt’n Walhorn wenig später. Doch vom Ablege-Manöver bekam Isabella nichts mit. Denn ein ehrbarer Kaufmann aus Bergen hatte sie eingeladen, die Kajüte zu besichtigen. Und kurz darauf… veränderte sich tatsächlich die Beschaffenheit ihrer Haut.

Unter ihrem rechten Schlüsselbein erschien wie von Zauberhand die ehrenvolle Auszeichnung des Schulleiters. In einem geheimnisvollen Perlmuttglanz schimmerten dort die Worte „Königin der Verdorbenheit“ sowie ein verschnörkeltes O. An der entsprechenden Stelle auf der linken Seite aber tauchte eine Botschaft auf, die erregend wild klang. Nach Watt und Mondlicht. Denn dort stand in einem silberfeinen, überraschend eleganten Schriftzug: „Wie die Schweine…


© Kea2012, April 2018
****orn Mann
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Gödeke Michels Teil 33 – Geständnis
Dreimal schlug die Schiffsglocke der Talisker, und mit einem Satz war Gödeke Michels aus der Koje. Das Signal für: Klar Schiff zum Auslaufen. Die Flut stieg. Noch 30 Minuten und es würde: Leinen los! heißen. Er warf einen Blick auf Jana Kalaschnikova, die wie komatös auf dem Bauch liegend vor sich hin schnarchte. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er zurückdachte an das Trinkduell mit der Friesin Maj ten Brok, und wie sein erster Steuermann, und derzeitiger Personenschützer Lars Reesenspund, die Litauerin, nackt wie sie war nach der Orgie, letztendlich über die Schulter geworfen, zurück zur Talisker gebracht und die Dame aufs Bett gelegt hatte. Den Kopf in der Armbeuge, das blonde Haar wirr auf dem Kissen, lag sie fast unbedeckt da, nur ein Bein unter das Laken geschoben und sah zum Anbeißen lecker aus. Sollte er sie wecken mit einem festen Schlag auf den Schinken, oder durch ein Streicheln die süße Poritze hindurch?
Gepolter an Oberdeck ließ ihn handeln, er zog Jana die Decke bis zu den Schultern hoch, denn es stand zu befürchten, dass die seltsame und unnatürlich Wärme, die Neuwerk umgab, auch sehr schnell weichen würde, sobald sie in See stachen.

Gödeke wusch sich rasch mit frischem Wasser in der Kapitänskajüte, suchte sich saubere Sachen aus der Seekiste, auch wetterwettes Zeug, und trat aus dem Achterkastell.
„Moin moin, Herr Michelson!“, wurde er von Käpt`n Walhorn begrüßt, der eigenhändig am Lot stand und den Faden prüfte. „Alles gut überstanden? Kein Moskitosummen im Kopf?“
„Alles im Lot!“, lachte Gödeke. „Und bei Euch?“
„Etwas wundgevögelt, aber sonst … volle Lotte zufrieden und fit wie Mungo! Die dunkelhaarige Säxin und auch die Frau aus Coellen hatten mich dermaßen leergemolken, dass ich nur mit Mühe zurück in meine Koje fand und fest wie ein Stein geschlafen habe. Wie geht es Madame Kalaschnikova?“
„Die wird noch ne Weile brauchen“, grinste Gödeke und blickte hinüber zum Turm. Plötzlich stutzte er, denn jemand kam den Weg zum Anleger hinunter gelaufen. Beladen mit ein paar Gepäckstücken. Isabella!
„Da, seht!“, rief Walhorn, „ist das nicht die Hurenlehrerin? Will die etwa mit?“
„Ja! Wir nehmen sie mit nach Hamburg.“
„Wieso das?“
„Weil … tja, wat soll ik seggen, ich vermute sehr stark, dass sie Bescheid weiß, wer ich bin, und weil bei einsetzender Flut wir und auch die Baleine fort sein müssen. Der Amtmann von Ritzebüttel, Ungustus Bruns, oder wie der Fuzzi heißt, eine Inspektion auf Neuwerk vornehmen wird. Und zwar heute! Der mit dem Zipfe steckte es mir. Höchst verklausuliert zwar, aber seine kryptischen Worte ließen keine andere Deutung zu. Isabella ist eine gefährliche Zeugin. Wir können sie nicht hierlassen. Ich denke nicht, dass sie mich verpetzen wird, aber die Aussicht auf Folter wird auch sie sehr schnell zum Reden bringen, und dann hätten wir ein Problem. Denn dann erwartet uns in Hamburg nicht ein gepflegtes Bier in der Taverne Eures Großvaters, sondern des Henkers Beil, und dies mit großem Hallo.“

„Verstehe!“, nickte der Walfischjäger und kratzte sich am Hinterkopf. „Dann nyx wie an Bord mit der Dame, sicher ist sicher.“ Er schielte zu Gödeke hin. „Und so wie Eure Augen leuchten, verehrter Gunnar, freut ihr Euch auch noch aus einem anderen Grund, hm?“
Michels nickte missmutig, ihm gefiel es nicht, wie der Käpt`n sein Gefühlsleben herausschälte. Das Erlebnis mit Isabella im Wattenmeer klang noch mächtig nach und … irgendwie … mochte er die junge Frau. Bewunderte ihren Mut, wie gut es ihr gelang, in diesen schwierigen Zeiten, sich durchs Leben zu schlagen.
Unwirsch verscheuchte er die romantischen Gedanken und grummelte: „Richtet ihr ein Lager in meiner Kajüte, Käpt`n, geräumig genug für drei ist sie ja.“

Winkend kam die junge Frau rasch näher, betrat den Anleger, und Gödeke sah sofort, dass sie sich tatsächlich hatte sputen müssen. Etwas abgehetzt sah sie aus. Trug die geheimnisvolle Schatzkiste bei sich und einen großen Beutel um die Schulter. Gekleidet war sie mit einer weißen Bluse und einem derben, braunen Rock, vermutlich Jute, dazu schwere Stiefel. Das Haar hochgesteckt. Wieder fiel ihm ihre sportliche Figur auf und ein Prickeln lief ihm über den Rücken, denn augenblicklich kamen ihm all die Erlebnisse der vergangenen 30 Stunden mit ihr in den Sinn.
Er schüttelte sich kurz, wischte die Bilder hinfort und rief ihr zu: „Eilt Euch, wir legen gleich ab!“
Doch da erhob sich ein Rauschen und sie blickten hoch in die Luft. Erst konnten sie nichts erkennen, dann aber … es kam vom Neuwerker Turm her, sahen sie den mit dem Zipfe – und sie trauten ihren Augen nicht – durch die Lüfte fliegen. Weit flatterten die Schöße des Umhangs und der Herrscher der Insel salutierte, kam vom Turm herab gesegelt, und erst jetzt erkannte Gödeke, dass er an einem Seil hing, das an der Turmbalustrade und am Anleger befestigt und straff gespannt war, und so den schnellen Abstieg erklärte.

Weich landete Wylandt auf den Füßen, stampfte einmal links, einmal rechts auf und wünschte seinen Gästen eine gute Reise, drückte Isabella herzlich und raunte Gödeke zu, er möge unbedingt an die Mappe denken und auch an das Codewort.
„PENITRA!“, wisperte Michels verschwörerisch hinter vorgehaltener Hand.
„So ist es, so ist es!“, freute sich der mit dem Zipfe und rieb sich die Hände, nickte 24 Mal mit dem Kopfe, so als sei er ein Specht, der etwas in die frische Morgenluft hackt.
„Und nun … Pfiad di!“ Rasch sah er sich nach allen Seiten um, so als fürchtete er, belauscht zu werden und der Gottesgruß Blasphemie sei. „Gehabt euch wohl, behaltet den Kopf auf den Schultern, und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel! Es war mir nicht nur ein außerordentliches Vergnügen, Eure Bekanntschaft zu machen, sondern auch eine Ehre.“
„Die Freude ist ganz meinerseits!“, antwortete Michels schmunzelnd. Der Mann war schon außergewöhnlich.
„Und nun ab mit Euch, denn ich will nicht unerwähnt lassen, dass ich soeben per Leuchtfeuer Kunde erhalten habe, dass sich gleich der Amtmann von Ritzebüttel zu uns auf den Weg macht. Maj ten Brok ist bereits schon davon gerauscht, so zieht nun auch Ihr Leine. Wir werden hier noch ordentlich was aufzuräumen haben.“

In dem Moment läutete die Schiffsglocke der Talisker ein weiteres Mal, und Käpt`n Walhorn rief: „Leinen los!“ Rasch sprang Isabella an Bord, sie stießen ab, setzten Segel, nahmen Kurs auf Hamburg und nur kurze Zeit später zog sich Gödeke den dicken Seemannspulli über. Nebel hüllte die Elbmündung ein, Käpt`n Walhorn stand am Bug neben der großen Harpune und starrte voraus.

Gödeke fand Isabella im Achterkastell in seiner Kajüte. Niedergeschlagen saß sie an der Back vor einem Becher Pfefferminztee, ein Abschiedsgeschenk der übrig gebliebenen, verzipfelten Momokito-Zutat. Nachdenklich spielte sie mit ihrem Ring, den sie Gödeke schon gestern gezeigt hatte. Das Sägewerk Kalaschnikova untermalte in gleichmäßigen Zügen die Stimmung im Raum. Er zog die Stiefel aus und auch den dicken Pullover, setzte sich zu ihr.
„Was geht Euch durch den Kopf, Isabella? Sprecht! Heraus damit!“

„Sieht man mir mein Dilemma so sehr an?“, sprach sie leise und mit belegter Stimme. „Seht, dieser Ring hier, er kommt nicht von ungefähr, und ich habe lange nachgedacht und mein Entschluss ist gereift.“ Hastig trank sie einen Schluck Tee, sah keinen anderen Ausweg, als mit der Wahrheit heraus zu rücken. Offen und ehrlich, und zu hoffen, dass sie Gödeke richtig einschätzte. „Im weichen Schlick des Wattenmeeres, gesuhlt habe ich mich mit Euch wie die letzte Wildsau, mich im Schlamm gewälzt und von Euch dreckig machen lassen. Habe mich meinen Piratengelüsten hingegeben. Seit ich zum ersten Mal davon erfuhr, noch in Hamburg, von der Frau des Hansekaufmanns Thorsteyn, ließ es mich nicht mehr los, und, um es kurz zu machen, ich willigte in ein Geschäft ein.“

„Ein Geschäft?“, fragte Michels misstrauisch, und seine Miene verfinsterte sich. Isabella traute sich nicht, ihn anzuschauen, nickte nur stumm, nippte an ihrem Tee.
„Ja“, fuhr sie nach einer Weile fort, wagte kaum zu atmen. „Thorsteyn heuerte mich an, für ihn etwas herauszufinden. Er wusste von meiner Tätigkeit als Meisterspionin in gewissen heiklen und pikanten Dingen. Versteht … ich war jung und brauchte das Geld. Er wollte, dass ich etwas für ihn über die Vitalienbrüder heraus fand. Ob es einen Weg für die Hanse geben würde, den Likedeelern zu entkommen. Doch da es keine sichere Handelsroute mehr gab auf der Ostsee, sollte ich im Geheimen Kontakt aufnehmen und versuchen, an den Anführer heranzukommen. An Gödeke Michels. Und nun …“
„Ja?“ Gödeke fragte gefährlich leise nach.
„Nun glaube ich, ihn gefunden zu haben. Er sitzt in diesem Augenblick neben mir.“

Totenstille herrschte plötzlich im Raum. Auch Jana hatte ihr Schnarchen unterbrochen. Es schien, als bliebe die Zeit stehen, als befänden sie sich in einem Kontinuum, in dem es nichts mehr gab, als nur diesen einen Augenblick. Es ging um Leben und Tod. Um nichts anderes mehr. Ein Gefühl, das neu war für Isabella, für Gödeke aber nicht. Seine Hand glitt hin an die Hüfte, ertastete den mörderischen Dolch. Isabella nahm es im Augenwinkel wahr. Die Kalaschnikova gab die Antwort, sie schnarchte weiter.

„Und … was gedenkt Ihr mit diesem gefährlichen Wissen nun anzufangen?“ Gödekes Stimme tropfte kalt wie Eis.
„Was denkt Ihr? Hätte ich Euch verraten wollen, wäre ich auf Neuwerk geblieben, hätte den Amtmann getroffen und fortan auf der Insel ein gesichertes Einkommen gehabt.“
Gödeke nickte und blickte ihr weiterhin in die Augen, war gespannt.

„Nun aber …", sie holte tief Luft, „... möchte ich auch so einen Ring von Euch haben. So einen wie all die Mätressen, die Ihr im Geheimen unterhaltet, lustvoll unterhaltet, meine ich, und den Damen die Piraterie erklärt und sie zum Jauchzen bringt. So wie Alys Thorstein, die genau solch einen Ring … von Euch … besitzt! Ich hatte ihn bei ihr zu Hause zufällig entdeckt.“

Isabella vermied es, Gödeke in die Augen zu blicken, denn sie verschwieg ihm sicherheitshalber, auf welche Weise sie den Ring letztendlich gefunden hatte. Räusperte sich, nahm all ihren Mut zusammen. „Ich will in euren Verbund aufgenommen werden und mich Euch hingeben. Denn es war genau dieser Ring, der mich auf eure Spur führte. Ich erkannte ihn sofort an Eurer linken Hand. Von dem Moment an war ich mir sicher: Ihr seid Gödeke Michels!“

„Ein solch unglaublicher Zufall war es? Die Wollust der Frauen, die diesen Ring tragen, führte Euch zu mir? Welch seltenes Geschick von Euch, Frau del Bosque!“
Mit einer einzigen Bewegung nur ruckte seine Hand vor, schloss sich um Isabellas Hals, drückte zu. Erschrocken versuchte sie zurückzuweichen, suchte Halt an dem schweren Teebecher aus Porzellan, bereit, ihn im nächsten Moment auf Gödekes Schädel zu zertrümmern, die andere Hand tastete hin zu ihrem Stiefel, die Geheimlasche mit dem langen, spitzen und sehr scharfen Dolch. Doch da sagte er etwas, dass ihr das Blut vor Überraschung gefrieren ließ.
„Knöpft Eure Bluse auf!“

Und noch etwas Absurdes und Überrachendes geschah. Jana richtete sich in der Koje auf und sprach leise und überaus klar: „Genauso begann es auch bei mir, Isabella.“ Hatte sie alles mit angehört? „Er befahl mir in einer ähnlichen Situation, mir das Kleid aufzuknöpfen. Noch heute trage ich die blauen Flecken an meinem Oberarm. Tut was er sagt!“

Gödekes Blick veränderte sich nicht, eiskalt sah er Isabella in die weit aufgerissenen Augen. Ohne weiter nachzudenken glitten ihre schmalen Hände über die Bluse, hoch an den Kragen, öffneten fahrig den obersten Knopf. Sie spürte, wie Gödekes Griff sich lockerte, wie sie Luft schöpfen konnte. Öffnete schnell auch den zweiten, dritten und vierten, und als Gödekes andere Hand hineinglitt und ihre Brust umspannte, keuchte Jana in ihrer Koje auf. „Ich glaube es wird Zeit, zwei Silberbecher mit Rotwein zu füllen.“

Sie stieg aus dem Bett und Gödeke sah, wie sich ihre Nippel aufgerichtet hatten, als sie sich reckte und streckte und ihre vollen Brüste die pure Versuchung verhießen. Gödeke nahm die Hand von Isabellas Hals, laut sog sie die Luft ein, hörte wie er sprach: „Zieht Euch was über, Jana, und holt den Käpt`n herbei!“
Sie nickte, füllte zwei Becher mit Rotwein aus der Toskana, stellte sie vor Gödeke und Isabella auf die Back.
„Wir benötigen ihn als Zeugen, er muss die Neuigkeit wissen, sollte die Jungstute hier die Prüfung bestehen.“ So wies der Anführer der Freibeuter an.
Feste drückte er Isabellas Brust und sein Blick … der hatte sich nun verändert.



© Walhorn, April 2018
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Mong diö
J'encore existe. Ich existiere noch.

Pah, Rentierflechte, Rutschen, Fallen, Merde.

C'est vrai. (Das ist richtig).

Aber nicht komplett. Ihr (h)abt nur nicht gehört richtig, mein Laudatio, habe improvisiert. (H)ättet sehen sollen, wie Mademoiselle hat beste Lauditio auf Bella gemacht (wie icks abgesprochen hab mit ihr), als sie gespielt Orgasme mit mir zwischen Beine.

War so brilliant, dass Wylandt nicht wusste, was machen, hat verkannt Brubäer und selber gesprochen.

Erzähle mehr später, war spannend zu hören ihn mit Schenkeln von Dirn an meine Ohren.

Und wie hab ich gefeiert danach, als Bella kam und mir zeigte, dass sie vastanden hat, als meene schmatzenden Worte an Lippen sich schmatzend artikulierten und Geräusche formten, die ausdrucksstärker nicht sein konnten.

Nur soviel: Ich hab es gewusst, von Anfang an, als ich die Kleene wiedererkannte im Eysernen Nagel mit Ihrem Pulver für Manneskraft. Und genagelt habe ich belle Bella draufhin, glaubt's mir, Mong diö!

Vadient hatte s'es ja!
Der Drang nach Freiheit – Marlis (27)
Marlis und Piet gingen auf den Markt, ließen Engelin ihren Schlaf. Zwei Stunden später kamen sie zurück, holten den kleinen Piet, der glücklich gluckste als er Piet sah und auf seinen Arm durfte. In der Wirtsstube saß Engelin, stand auf. Irgendetwas hatte sich an ihrer Haltung verändert. Sie schien gewachsen zu sein, hielt den Kopf oben, ihre kornblumenblauen Augen leuchteten, sie strahlte Selbstbewusstsein aus. Die Veränderungen waren subtil und enorm zugleich. Sie streckte die Arme aus, nahm ihr Kind und küsste es.

„Ich hätte nicht gedacht, dass ich das kann, aber ich liebe ihn abgöttisch. MEIN Sohn.“ Jan Michel Hinnerk Kotzebue kam herein, sah Engelin, ging aber nicht direkt auf sie zu. Sie sah ihn an, inzwischen deutlich freundlicher. „Jan Michel, bitte komm doch her...“, sagte sie. Er konnte sein Glück gar nicht fassen. „Holde Engelin, darf ich Dir einen Wein ausgeben?“

Er durfte, Marlis grinste verständnisvoll und zog Piet an seinem Wams mit Richtung Treppe. Oben im Zimmer angekommen fielen die beiden übereinander her, verkeilten sich ineinander, Piet spürte Marlis' Nässe als er in sie eindrang. Und er spürte, wie sich ihre Möse rhythmisch zusammenzog, ihn massierte. Vor Überraschung keuchte er auf, es fühlte sich an, als würde sein Schwanz von einer kräftigen Hand gepackt werden. Als er kam, ließ sie ihn nicht gehen, massierte ihn weiter, bis seine Erektion wieder gewachsen war. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen, genoss seine entgleisten Gesichtszüge, sagte ihm 'schön leise', erzählte ihm während er sie fickte genüsslich, wie sie sich vorstellen konnte, ihn von einer geilen Frau benutzen zu lassen. Piet musste sich beherrschen, nicht vor Lust loszuschreien, ergoss sich wieder zuckend in ihr.

Zog seinen Schwanz vorsichtig aus ihr heraus, registrierte einen riesigen Schwall, der hinterherkam. „Du geile Sau hast meine Beinkleider ruiniert.“ Sie grinste keineswegs schuldbewusst und er musste lachen. „Na warte, Du kleines Luder. Ich besorge Dir noch einen starken Mann, zu zweit müssten wir eigentlich mit Dir fertig werden. Soll ich mal unseren verunfallten Steuermann fragen? Die nächsten Wochen darf Engelin sowieso nicht viel machen...“

Marlis' Augen glänzten verräterisch. Piet knurrte, drehte sie um und begann, ihren Arsch zu küssen, seine Finger wanderten zu ihrer Rosette, streichelten sie, fuhren nach vorne. Sie keuchte vor Lust auf. „Schön leise!“ befahl er ihr grinsend, schob ihr einen von ihr befeuchteten Finger vorsichtig ins kleine Löchlein, drehte ihn, befand, es passe mehr hinein, schob einen zweiten Finger hinterher, massierte sie von innen. Sie wand sich vor Lust, biss ins Kissen, versuchte sich spielerisch zu wehren, das ließ er nicht zu. Setzte seinen Schwanz an, schob ihn ihr vorsichtig, sanft, langsam hinein. Griff in ihre Haare, genoss ihre Windungen, ihr leises Stöhnen.

Stieß zu, biss ihr dabei in die Schulter, bewunderte wieder ihr herzförmiges Muttermal. Sie ließ sich völlig gehen und streckte ihm fordernd ihren Hintern entgegen, wollte mehr. Er raunte in ihr Ohr: „Nun stell' Dir mal vor, ich ficke Dich und ein Anderer leckt derweil Deine geile kleine Möse. Oder steckt Dir ein paar Finger rein.“ Hilflos vor Lust zuckte sie und der nächste Schwall schoss aus ihr heraus. Er fand es so heiß dass er sich zuckend in ihr ergoss.

Nach Stunden erst verließen sie die Kammer, gingen Hand in Hand ins Dorf, gaben ihre nassen Sachen der Wäscherin (die ausgesprochen dreckig grinste) und besuchten den Bader für eine ausführliche Pflegeeinheit.

Es dämmerte bereits, als sie wieder in die Wirtsstube zurückkehrten. Engelin und Jan Michel saßen zusammen, sie hielt den kleinen Piet und er dafür ihre Hand, schaute ihr verliebt in die Augen. „Dürfen wir uns zu Euch setzen?“ fragte Piet lächelnd und erschöpft. Jan Michel nickte sofort, machte ihnen Platz.
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Isabella (21)
Der Silberbecher fühlte sich kühl an in Isabellas Hand. Das Metall schien unter ihren Fingerspitzen leicht zu vibrieren. Dunkelrot glühte die Flüssigkeit darin, als habe man dort in der Toskana Rubine und Granate geschmolzen und in ein Fass gefüllt. Und der Duft, mit dem der Wein ihre Nase kitzelte, erzählte von Pinien und Zypressen, von heißen Sommern und Maronen-röstendem Herbst.

Nun galt es! Gödeke war bereits mit gutem Beispiel vorangegangen und hatte seinen Becher in einem Zug geleert. Jana sah sie erwartungsvoll an. „Nich‘ lang schnacken, Kopp in‘ Nacken!“, ließ sich Käpt’n Walhorn ermutigend vernehmen. Doch Isabella war entschlossen, diesen besonderen Moment auszukosten.

Sie hatte sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht. Spioninnen, die kurzerhand die Seiten wechselten, lebten schließlich gefährlich. Doch wenn sie ehrlich war, hatte sich der Entschluss schon länger angedeutet. In ihrem Beruf kam man nicht umhin, auch die dunklen Seiten der Hanse und ihrer Vertreter kennenzulernen. Oft lag da moralisch gesehen nur ein sehr schmaler Grat zwischen Geschäft und Piraterie. Bisher hatte sie sich damit arrangieren können. Man musste ja zusehen, wo man blieb! Geschäftsgeheimnisse ausspionieren oder pikante Details, die einen unliebsamen Konkurrenten erpressbar machten – gut und schön…

Aber konnte sie einen Mann dem Henker ausliefern, mit dem sie die Magie des Wattenmeeres erlebt hatte und noch einiges mehr? Dessen schweinisches Andenken sie unter dem Schlüsselbein trug, auch wenn es meistens nicht zu sehen war? Instinktiv lag ihr das „Nein!“ auf der Zunge. Vielleicht hatten die arroganten Pfeffersäcke von der Hanse ja Recht, und es fehlte ihr tatsächlich die nötige Skrupellosigkeit. Aber wie auch immer: Die Art von Frau wollte sie nicht sein!

Isabella würde sich bald ein paar ernsthafte Gedanken darüber machen müssen, was dieser Entschluss für ihre Zukunft bedeutete. Jetzt aber erstmal: Runter mit dem Wein! Trotz ihrer Enthüllungen hatte Gödeke wohl nicht unmittelbar vor sie umzubringen. Doch auf dieser vertrauensbildenden Maßnahme bestand er. Und zwar bestimmt nicht nur, weil die Tradition der Likedeeler es so wollte. Aus seinem Grinsen sprach die pure Boshaftigkeit: Er wusste genau, dass sie in Saufspielen keine Übung hatte! Einen Moment lang war sie versucht, den schweren Silberbecher doch lieber über Gödekes Schädel zu schmettern. Doch stattdessen führte sie ihn an die Lippen und trank. Bis zur Neige.

Als sie das Gefäß absetzte, war sie außer Atem und ihr schwindelte leicht. Doch absurderweise hatte sie das Gefühl, etwas Wichtiges geschafft zu haben. Walhorn und Lars grinsten und ließen sie hochleben, Jana wollte die neu gewonnene Schwester schon umarmen. Doch Gödeke hob die Hand. „Stop!“, sagte er entschieden.

Alle sahen ihn fragend an. Isabell spürte einen neuen Anflug von Unsicherheit über ihren Rücken kriechen. Was war jetzt wieder? „In diesem speziellen Fall muss ja sehr viel Vertrauen aufgebaut werden“, verkündete der Hauptmann der Likedeeler streng. „Und deshalb werden wir jetzt noch ein weiteres Ritual vollziehen, das in der Geschichte der Vitalienbrüder bisher nur sehr selten praktiziert wurde.“

Was hatte er vor? Niemand schien es zu wissen. Und als er Isabella aufforderte, als angehende Vitalienschwester gefälligst auf eine anständige Erscheinung zu achten und ihre Bluse zu schließen, wurden die Fragezeichen in den Gesichtern noch größer. Doch Gödeke blieb vorerst alle Erklärungen schuldig. „Kommt alle mit an Deck!“ Damit packte er die Freibeuter-Aspirantin am Arm und zog sie energisch hinter sich her. Ein wahrhaft diabolisches Lächeln tanzte in seinem Gesicht.

In Isabellas Magen schienen Nordseewellen zu rollen. Oder war es der Wein? Schon hatte der Pirat sie über das Deck der Talisker gezerrt und gegen den vorderen Mast gedrängt. „Seid doch so gut und schneidet mir von dem Seil da drüben zwei handliche Stücke ab, Käpt’n“, wandte er sich dann mit ausgesuchter Höflichkeit an Walhorn.

Der ließ sich nicht lange bitten. „Was…?!“ Isabella begann dunkel zu ahnen, worauf das hier hinauslaufen würde. Schon wurden ihre Arme geschickt nach hinten gezogen. Grobes Tau schlang sich erst um ihre Handgelenke, dann um ihre Stiefel in Höhe der Knöchel. Und eine Welle der Lust schwappte durch ihren Körper.

Gödeke ließ sie einen Moment an den Mast gefesselt stehen, damit sie ihre Lage auskosten konnte. Derweil gab er der Mannschaft ein paar gemurmelte Anweisungen. Die Schweden und Hamburger hatten das Geschehen mit offenem Mund verfolgt. Sie kannten Gödekes Identität zwar nicht, konnten also auch nicht ahnen, dass hier ein Likedeeler-Ritual stattfinden sollte. Doch sie waren es gewöhnt, Befehlen zu gehorchen, ohne Fragen zu stellen. Und wenn Isabella ihre Mienen richtig deutete, würde es ihnen in diesem Fall sogar ein ausgesprochenes Vergnügen sein…

Sie zuckte zusammen, als der erste der Männer mit einem Dolch in der Hand auf sie zu trat. Beinahe sanft setzte er die scharfe Klinge in der Höhe ihres Herzens an… Ihr Puls raste. War das nun doch das Ende? Oder der Anfang? Mit der Dolchspitze hob der Schwede ihre Bluse ein wenig an und führte einen raschen Schnitt. Schon hatte er dem Stoff einen klaffenden Riss zugefügt, der Isabellas linke Brust freilegte. Sie spürte, wie die Brise um die hart geschwollene Knospe spielte. Hart biss sie sich auf die Unterlippe, um das geile Winseln zu unterdrücken, das ihr auf der Zunge lag…

„Jeder hat nur einen Schnitt!“, mahnte Gödeke. „Setzt sie geschickt, damit wir auch etwas zu sehen bekommen!“ Und das taten sie. Unter blitzenden Klingen entstanden immer neue Schlitze in Rock und Bluse, ganze Stoffstücke flogen mit dem Wind davon. Als der letzte der Männer zurücktrat, hatte Isabella nichts mehr zu verbergen. Nur ihre langen Haare und ein paar letzte Fetzen flatterten um ihren Körper. Ansonsten war sie nackt, bis auf die Stiefel. Und erregt bis dorthinaus…

Damit war sie allerdings nicht allein. Jana sprang die Geilheit aus den Augen. Sie konnte den Blick nicht von Isabella wenden und rieb gleichzeitig ihren Hintern lasziv an Käpt’n Walhorns Mitte. Der hatte die Arme um die Litauerin geschlungen, seine Finger betätigten sich zwischen ihren Schenkeln als Perlentaucher. Lars hatte vorhin ein wenig abwesend gewirkt, als flatterten Schwanenflügel durch seine Gedanken. Nun aber hatte sein Schwanz aufmerksam den Kopf gehoben. Und Gödeke Michels stand da wie der Freibeuter-Kapitän in Person und dirigierte das Geschehen mit der Hand am Mast.

„Wir schreiten nun zur offiziellen Taufe, die aus dieser verdorbenen kleinen Landratte ein mit allen Wassern gewaschenes See-Luder machen wird“, rief er. „Das Privileg dieser Zeremonie haben natürlich die führenden Offiziere an Bord. Kapitän Walhorn, Steuermann Reesenspund: Darf ich Euch bitten?“

Gemeinsam mit Gödeke traten die Angesprochenen vor Isabella hin. Ein lustvolles Zittern rann ihr über die Haut, und sie wand sich in ihren Fesseln. Was für eine Szenerie! Drei bärtige Gesichter voll wollüstiger Konzentration. Drei harte, aufrechte Schwänze, die auf sie zielten. Drei Hände am Abzug. Das hier war keine absurde Piraten-Farce. Das hier war echt!

Ein Gewitter schien über das Deck der Talisker zu rollen. Die schwüle Atmosphäre hüllte Isabella in glitzernde Schweißperlen. Ihr Körper bäumte sich auf, zerrte an seinen Fesseln. Und ihre Stimme vermischte sich mit dem uralten Raunen der Elbe. Schneller bewegten sich die Hände der Männer, Gier zuckte um ihre Masten wie Wetterleuchten. Ein raues Donnergrollen aus drei Kehlen…

Und dann, endlich: Erlösende Tropfen, die von drei Seiten auf Isabellas Körper trafen. Die über ihre Brüste, ihren Bauch und ihre Schenkel rannen… Am hellen Tag schrieben ihr drei Männer den Likedeeler-Eid auf die nackte Haut. Doch vollzogen wurde der Schwur, als Gödeke Michels seine Lippen auf ihren Mund presste. Und als sich Jana Kalaschnikova mit blitzenden Augen vor sie kniete, um ihr die glänzenden Spuren vom Körper zu lecken...

Isabella hätte später nicht mehr sagen können, wie sie zurück in die Kajüte gekommen war. Jemand musste sie losgeschnitten und getragen haben. Egal… Genüsslich räkelte sie sich auf ihrem Lager. Die Zeit tropfte langsam und sinnlich dahin wie goldener Honig. Berührungen und Küsse. Provokationen und Eroberungen. Ihr Körper nackt in Janas Armen. Die Talisker knarrte und wiegte sie. Lullte sie ein…

Als sie wieder zu sich kam, hatte sich etwas verändert. Sie sah es an den Blicken der Männer und an dem wissenden Lächeln in Janas Mundwinkeln. Vitalienschwester… Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte. Doch sie fühlte sich voller Tatendrang. Rasch wusch sie sich mit kaltem Wasser aus einem großen Fass und streifte ein frisches und vor allem intaktes blaues Leinenkleid über. Hamburg konnte kommen. Isabella del Bosque y del Mar war bereit. Und gleich ihre erste neue Mission in der Hansestadt versprach mehr als spannend zu werden...

Ihr war die Aufgabe zugefallen, eine sichere Unterkunft für Gödeke, Walhorn und Lars, sowie Jana und sich selbst zu besorgen. Weder ehrbare Gasthäuser noch zwielichtige Spelunken kamen infrage, da waren sie sich rasch einig gewesen. Vor dem Hanse-Congress würde es dort vor Spionen wimmeln, das Risiko war einfach zu groß. Nicht einmal die Kneipe von Walhorns Großvater bot das nötige Maß an Abgeschiedenheit und Privatsphäre. Der Plan, auf den sie sich schließlich grinsend geeinigt hatten, trug eindeutig Isabellas Handschrift. Wenn das klappte, konnten sie sich kein besseres Versteck wünschen! Kaum hatte die Talisker angelegt, machte sie sich also auf den Weg zu einem äußerst diskreten Besuch.

Als sie ein paar Stunden später zum Schiff zurückkam, strahlte sie über das ganze Gesicht. „Natürlich ist er einverstanden!“, berichtete sie. „Ich habe ihm das Blaue vom Himmel herunter gelogen über euren angeblichen Status in der Hansestadt Bergen. Jetzt sieht er in Euch einen politisch und geschäftlich äußerst wertvollen Kontakt. Also brennt er darauf, Euch alle zu beherbergen.“ Kritisch musterte sie ihre Gefährten. „Ich sehe, ihr habt euch schon in seriöse Schale geworfen“, nickte sie zufrieden. „Dann können wir ja gleich los!“

Keine halbe Stunde später erreichte das Grüppchen eine Efeu-umrankte Villa. Der Hausherr erwartete sie bereits. „Es ist mir eine Ehre, so wohl beleumundete Hanse-Kollegen aus dem schönen Bergen kennenzulernen“, sagte Heinrich Thorsteyn und verneigte sich galant. Hinter ihm stand seine Frau Alys und sah aus, als würde sie jeden Moment der Schlag treffen…


© Kea2012, April 2018
*******r678 Mann
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Ick hatte sie längst alle durchschaut. Dafür hab ick einfach jenug jesehen, in meenem noch so kurzen Leben.

Ick hör ja schon uff. Ick bin Emil-e und nich Emil. Ick kann nämlich imma noch hochdeutsch und wie ich das kann, sag ick Euch. Ick kann so jut Hochdeutsch, dass es sich Französich anhört und ich König von diesem Fronkreich werden könnte. Die machen aus allen Die ein Der und umgedreht, diese Halunken. Wann vastehen die Klöpse endlich, dass es der Mond und die Sonne heißt und nicht die Mond und der Sonne. Wo kämen wir denn hin, wenn ich sagen würde DIE Wylandt und DIE Gödeke hat dem Isabella seine Schwanz in sein Möse gesteckt?

Vasteht’a watt ick meene? Die kriejen es einfach nich uff die Reihe! Ejal, ist Nebensache.

Je suis Brubäer- Emile. Et je vais au (oo) (H)ambourg – mit oder ohne Tattoo! Für die, die es nicht verstanden haben: Ich bin Brübäer. Und ich komme nach HHHamburg – mit oder ohne Tattoo.

Warum? Weil ich sie alle durchschaut habe – Piraten oder Nichtpiraten - Spionin oder Nichtspionin – Händler oder nicht ehrbarer Kaufmann. Die sind alle eens. Ils veulent seulement d’argent. Die wollen nur ans Jeld, müsst‘er wissen.

Die anderen haben es einfach nicht mitbekommen. Ich aber schon. Isabella, dieses freche Feuchtstück. Gödeke, dieser Schelmeur. Walhorn, ein Kapitän? Das ist nicht lache!

Das sind schlicht alles lustige Gaukler, die sich auf anderer Leute Kosten, den Bauch voll schlagen und sich dabei gut fühlen.

Wylandt ist ehrbar! Der hat ein Geschäft gewittert und hat was daraus gemacht. Ich habe mich gezeigt, wie ich bin. Habe kurzfristig Probleme gelöst, habe Tuch besorgt und die Schönsten damit umgarnt.

Ottilie, Johann und Ells sind kostbar, ehrlich und gerecht. Sie verstehen ihr Handwerk und wissen, worum es im Leben geht: Für die Liebsten da sein. Liebe schenken und geschenkt bekommen.

Nee, ick werd jetzt nicht flauschig-sentimental. Da könnt ick ja gleich Hannitt und Nannitt schreiben. Wir sind aba imma noch uff der Insel der O! Verjesst ditt niemals!

Qu’est-ce que j’ai dit avant? Mais oui. Was habe ich vorher erzählt? Aber ja. Ich habe sie genagelt –das Feuchtstück! Wann und wie erzähle ick später – war ja auch erst später!

Erzählen möchte ich erst, dass ich den Wylandt eingeweiht habe, wer der feuchte Klecks mit dem Pülverchen für Manneskraft, das eher für den männlichen Muschelpenis gedacht ist, ist. Dem fiel die Kinnlade runter, als er ditt jehört hat, sag ick Euch. Da war sie aber auch schon auf der Barke. Er hat ihr‘s am Ende abgenommen, den Rest Pulver, den sie übrig hatte. Weil er das nächste Geschäft gewittert hat – vielleicht hat sie ihm ja sogar das Rezept gegeben. Verdenken kann man es ihm nicht. Bon homme, juuter Mann!

Mir hat er zugezwinkert, als ich schritt zu meiner Leine. Ich hatte noch zwei Wochen, um in (H)ambourg das Ganze Pack hochgehen zu lassen. Gemach liebe Leute, ick erzähl‘s Euch. Habt Ruhe in Euch. Da kommt dann auch die Sache mit dem Nageln. Ihr könnt Euch drauf freuen. Manche haben es mitbekommen und ich hörte, dass es katatonisch ausgesehen habe, also sie. Und wenn schon. Ich sag nur eins: PutAIn, das war großartig!

Brubäer auf dem Weg nach Hamburg. Wie wollt ihr wissen? Ich bin schon gerutscht, gesprungen und bin geritten. Ich bin gefahren mit Ehrbarem und Unehrbarem.

Vor allem bin ich auch schon gegangen. Was bin ich noch nicht? Raten Sie mal? Richtig!

Schwimmen hatten wir noch noch nicht.

Also bin ich geschwommen! Ja, der Brubäer, der hat Kraft. Ihr glaubt’s mir nicht? Und doch! Nach meiner - und nun zum letzten Mal das „Rutsch“ – Rutsch- und Leckpartie hab ick mir versteckt unter Johanns Steg. Zuvor hatte ich Otillie gebeten mir aus dem verbleibenden Tuch ein starkes Seil zu machen und habe sie fürstlich entlohnt: Ihr sind beinah die Ojen ausjefallen uind gestrahlt hat sie, als ich Sie so formidabel gelobt und geherzt habe. Ihr hättet Ihre geschwollenen Lippen sehen sollen, als ich ihr einen belgischen Kuss gab. Sahnig-weich öffneten sich ihre Lippen.

Kurz zusammengefasst: Das Seil war fest und hart.

Ich schlich als alle schliefen nach durchheißzechter Moskito-gestochener Nacht zu dem Kahn von dem „Kaufmann“ Gödeke – welch ein Unsinn – die Bezeichnung Kaufmann meine ich. Das Schiff hat so gar nichts mit Kaufen oder Mann zu tun. Das ist eine einzige Witz!

Ich habe festgmacht harte Seil an Boot und musste nur warten unter Steg, bis sie – wie sagt man bei Euch - Stachen in Weib? – nong Mong Diö, Brübäer! – Du bist ehrbarer Händler von Tuch – Stachen in See.

Sie kamen hart und härter, trunken und trunkener, an- und geschwollener und fuhren aufs Meer.

Ich hielt mein Seil fest in der Hand und wurde gezogen durch Seil an Kahn ins Meer.

Oh la la - mong grand penis wurde très petit. Merde! Das Wasser war kalt – eis. Aber ich zog mich heran an des Piraten Schiff und habe weiter beobachtet. Gödengel und Walhörnchen haben mich nicht gesehen. Wären ja auch dumm bei soviel Weiber Brüst, Chattes (Muschis) und Bo. Da ist das Meer nicht interessant, vielmehr das Wasser aus Frau, das Aufsehen erregt. Mong petit ami wurde wieder très bandé (erigiert)!

Ich (h)ab alles gesehört und weiß noch viel mehr. Ihr wisst‘s eh schön längst: Ick bin Emil Brubäer.
****rio Mann
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Überfall auf die "O"
Sie kamen, als alle noch schliefen.
Feige! Zur Mittagszeit!
Niemand hörte die Armen, die riefen:
"Lasst ab von uns! Tut uns kein Leid!"

Niemand hörte sie rufen, die Armen,
in Stricken zum Pier geschleift.
Die kannten kein Erbarmen,
die ungestraft keiner angreift.

Die kamen im Auftrag der Macht.
Im Zorn sie die Fäuste ballten,
als sie die Mädchen auf See gebracht,
wo die Schreie der Armen verhallten.


Nichts regte sich an diesem Nachmittag auf der Insel Neuwerk. Die Sonne brannte auf den Sandstrand nieder, sodass es Krebse und Schalenwürmer wie Eingeweide aus dem Wattsand trieb. Der naturgegebene Überlebensinstinkt ließ das hirnlose Getier Kühlung in einem dünnen Priel suchen oder Schatten in den Halmbüscheln des Wattgrases. Schleimiges Seegewürm blieb jedoch sich windend auf dem salzigen Meerboden liegen – als Nahrung für die Möwen und Wattläufer, oder als Dünger für die verwesende Luft. So roch der Tod. Und das Verderben. "Ploff!"

"Wacht auf! Meister! Schnell, wacht auf! Die Huren sind verschwunden!" Der Teufel rüttelte Wylandt an der Schulter. Der tastete mit geschlossenen Augen an seinen Zipfe, fand diesen an gewohnter Stelle präparat vor und führte ihn sogleich der vor ihm liegenden Rentierflechte just an jener Stelle zwischen die Beine, wo (von hinten gesehen) der untere Ansatz der Pobacken mit der Innenseite der parallel ausgestreckten Oberschenkel ein Dreieck bildet.
Cladonie murmelte etwas Geiles auf Finnisch. Das klang ungefähr wie "Llöömnjä änmljün nääj" mit geschlossenen Lippen.

"Was zum Teufel machst du denn für einen Wirbel? Es ist ja noch hell. Die Mädchen werden halt alle noch schlafen", grummelte der Herr des Turms.
"Nein!", fuchtelte der Teufel herum. "Die sind weg! Wacht auf! Die sind wie vom Erdboden verschluckt"
"Jetzt mal doch nicht den Teufel an die Wand", lallte der mit dem Zipfe dem Teufel zu.
"Ich glaube, wir wurden überfallen!", sagte der mit dem Quastenschwantze, dem roten.

Schlagartig zog Wylandt seinen Zypfe aus dem Spalt und sprang in den Stand. "Wer hat uns überfallen?", zischte er und blickte scharfäugig aus dem Fenster über den Gottesacker auf die Insel hinunter. Bis auf die verheerenden Spuren der ausgelassenen Partynacht war dort nichts zu sehen. Zwei Krebse fickten im Sand, sonst nichts.

"Blas zum Appell, sofort!", befahl Wylandt, schlüpfte in Hose und Hemd, warf sich den Mantel über und setzte seine Kappe auf. Dann eilte er hinunter auf den Hof. Zwischen zwei Büschen lagen zottelig und eng ineinander verschlungen Efeu und Liane. Als Wylandt die Spreizklimmerinnen weckte, wussten sie nicht, was passiert war.

Am Strand, unter der nächtlich schiefgelachten Mokito-Theke hatten sich die vier perversen Badehuren Nymphea, Giganta, Pubesca und Lingula versteckt. Sie waren aufgrund ihres extensiven Alkoholkonsums erstmal genausowenig zu sinnvollen Aussagen zu gebrauchen wie die beiden Haudienerinnen Bakkara und Safira in ihren schwarzen Glanzlederkostümen. Die trugen sogar noch ihre Knebel. Allerdings quer über die Ohren. Weitere Fragen waren überflüssig.

Sich gegenseitig stützend folgten noch wenige Diplom-Huren paarweise dem Ruf des Appellhorns. Doch mehr als zwölf tauchten nicht auf, mit der Rentierflechte waren es dreizehn. Was war nach der allgemeinen Abfahrt der Inselgäste am frühen Morgen bloß passiert? Niemand hatte etwas mitgekriegt. Wylandt schäumte vor Wut!


Die Angaben der Mädchen waren mehr als nur lückenhaft. Insbesondere fehlten in den überaus spannenden und detailreich ausgeschmückten Geschichten jene Teile, die halbwegs gesicherte Erkenntnisse hätten zulassen können, auf welche Art und Weise die Mädchen von der Insel geschafft worden waren. Und von wem? Und vor allem: wohin?

Da trug Luzifer vom Anlegesteg noch eine weitere Deern heran! Diese, kaum im Bewusstsein, gehörte nicht zu den ausgebildeten Schwalben der "O". Es war jene Schönheit, die unlängst in der klabautischen Sturmnacht mit den Rumfässern an den Nacktbadestrand gespült worden war. Angelina nannte sie sich selbst – nach des Engels Zunge.

Mit verweinter Stimme konnte sie in knappen Worten schildern, wie brutale Häscher unter dem Kommando eines Einbeinigen die Mädchen aus dem Turm scharenweise gefangen genommen und auf einen Zweimaster verfrachtet hatten. Dann waren die Männer mit den Gefesselten auf die offene See hinausgesegelt, noch ehe sich das Meer zurückgezogen hatte.

"Der Einbeinige!", schnaubte Wylandt. Er blickte auf das sickernde Watt hinaus. Viel zu langsam stieg das Wasser. Dort wo die See Wellen schlagen sollte, dampfte ein wüstenhafter Acker. Als schwarzen Fleck am Horizont sah der Herzog in Küstenrichtung die beiden Waliserinnen Heather und Erica auf dem Wattwagen zur Insel zurückkommen. Der Wagen wurde von dem mächtig starken Riesenfriesen gezogen, der auf der "O" eine Stutenliebschaft gefunden hatte.

"Holt die Wägen aus dem Stall, ich habe eine Idee!", rief Wylandt, und man kann sich vorstellen, welcher Gedanke von dem landeiigen Hirn Besitz ergriffen hatte: Die Ladeflächen der Wattwägen wurden heruntergerissen, sodass nur noch die stabilen Fahrwerke übrigblieben. Mit Teufelskraft wurde die rote HOLKA – das Hurenschiff – auf den Gespannrädern aufgebockt. Es kostete den Riesenfriesen vor den bewundernden Augen seiner angebeteten Stute Wiebke nur ein kleines Schweißtröpfchen, um den dreimastigen Kahn aus der bewässerten Hafenkuhle ins Trockene zu ziehen.

Hätte ein gestandener Seemann gesehen, was da nun auf breiten Rädern mit straff geblähten Segeln kraftknarrend im Watt darauf wartete, dass das Tau gekappt wurde, er hätte auf der Stelle dem Rum abgeschworen. Und auch die seekundige Walisische Hafendirne Heather attestierte: "Auf such eyne Gefaehrt haetten wyr zu House nyckt aynmal unsere Erbtante Gwendolyn over den Jordan befoerdert!"
Und ihre Zwillingsschwester Erica ergänzte: "Geshvayge then, dass ick selfst myne ungewashene Fut auf theese wackelyngish Mushelshale setzen wyrde!"

"Ich nehme die Verfolgung auf!", schwor Wylandt Rache. Die Segel waren gesetzt. Auf dem Hauptmast der HOLKA hisste er die flugs zusammengeschneiderte Piratenflagge der O:
The skull of "O" – © anima_nyx
****orn Mann
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Gödeke Michels Teil 34 – Thorsteyn
Lars Reesenspund konnte sich ein: „Barbaren!“, nicht verkneifen, als die Talisker am Elbstrand entlang segelte und er an Backbordseite auf eine Vielzahl von schmalen Pfählen, die in den Sand gerammt waren, starrte. Schnell aber war der grausame Spuk auch vorbei gewesen und man näherte sich mit halb gerefftem Rahsegel dem ‚Baumwall‘. So genannt, weil lange Balken, die auf der Elbe lagen, im Grund des Flusses verankert, einlaufenden Schiffen den Weg wiesen Richtung Hafenmeisterei und Zoll.

„Überlasst mir den Papierkram und verhaltet Euch ruhig“, hatte Walhorn ihnen nahegelegt. Jetzt aber senkte er die Stimme zu einem Raunen: „Es geht los, wir sind in der Höhle des Löwen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr! Ihr werdet Euch alle zusammenreißen! Habt Ihr mich verstanden? Nur ein falsches Wort, ein Funken eines Verdachts, und den Elbstrand zieren ein paar Pfähle mehr. Fünf, um genauer zu sein. Und ich denke, es sollte uns sehr daran gelegen sein, dass unsere Köpfe da verbleiben, wo sie sich im Moment noch befinden. Nämlich auf unseren Schultern.“

„Einverstanden!“, murmelte Gödeke und zog Isabella dicht an sich heran. Er vernahm, dass sie zitterte, und vermutlich jetzt erstmalig die brutale Wahrheit erkannte, wie weit es mit der Piratenromantik bestellt war und worauf sie sich da eingelassen hatte. Nach einer Weile beruhigte sie sich aber wieder, sie kannte das Leben und auch wie schnell es beendet sein konnte. So oder so. Sie war weder naiv, noch verblendet oder gar ein Kind von Traurigkeit. Ebenso wenig wie Jana, Lars und Käpt`n Walhorn es waren. Am wenigsten aber Gödeke Michels.
„Lassen wir es krachen!“, stieß er hervor und schickte einen entschlossenen Blick hoch hinauf in den Himmel.

Passend zu ihrem tolldreisten Vorhaben, riss in dem Moment die Wolkendecke auf und die Sonne trat wärmend hervor. Ein gutes Omen! Dachte er bei sich und seine Miene klarte sich auf. Übermütig klatschte er sowohl Isabella als auch Jana auf die Arschbacken. Gemeinsam ballte man die Fäuste und sah dem neuen Abenteuer entgegen.

Sie hatten sich für die Ankunft in Hamburg dem Anlass entsprechend gekleidet. Jana Kalaschnikova war mehr als ein Blickfang und schmückendes Beiwerk. Sie verlieh – so wie Walhorn es in Visby auf Gotland vorausgesagt hatte – der Reisegesellschaft einen gewissen Glanz, ein internationales Flair. Attraktive Kaufleute waren in der Handelsmetropole gern gesehene Gäste, ein wenig Glamour und Gesprächsstoff lenkte vom Elend und den Sorgen ab. Dass ausgerechnet der Auslöser für die Nöte der Pfeffersäcke jetzt unerkannt Einzug in ihrer Mitte hielt, derjenige, der für ihre Umsatzeinbußen verantwortlich war, blieb auch die einzige, reelle Chance, die das Himmelfahrtskommando besaß. Sie zu nutzen, trieb die fünf Spießgesellen, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten, an. Gödeke Michels, Isabella del Bosque, Käpt`n Walhorn, Jana Kalaschnikova und Lars Reesenspund.
In ihrem azurblauen Kleid, den hohen schwarzen Stiefeln und dem weißen Zobeljäckchen zog die blonde Litauerin die Blicke aller auf sich und lenkte so, wie es geplant war, von Gunnar Michelson ab.

Isabella war die Aufregung insofern anzusehen, dass plötzlich die neu erworbene Tätowierung unterhalb ihres Schlüsselbeins hervor lugte, die Gödeke veranlasste, ihr etwas Versautes ins Ohr zu flüstern.
„Einen Silbertaler für Eure unzüchtigen Gedanken, mein frisch getauftes Spritzluder!“
„Ja!“, raunte sie ihm zurück und spürte mit Wonne seinen kurzen, festen Griff an ihrem prallen Hintern. „Hamburg – die Stadt des Lasters und der Sünde erregt mich! Euer Tattoo macht es sichtbar. Das ist schamlos aufregend. Jeder kann es sehen und doch weiß es keiner. Meine Brustspitzen ziehen vor Gier. Ich schmiede gerade einen wahrlich teuflisch heißen und abartig geilen Plan. Wartet es ab.“

Schnell machte es im Hamburger Hafen die Runde, dass eine Holk es geschafft hatte, hoch von Bergen aus kommend, die Nordsee zu durchfahren, zumal noch mit wertvoller Fracht. Walfischtran und – öl. Ein seltenes Handelsgut, das sehr schnell schon ein zänkisches Geschachere bei den Kaufleuten auslösen würde. Zunächst aber verschafften die Talisker-Fahrer sich Anerkennung und Respekt, dass sie überhaupt den Weg nach Hamburg heil und unversehrt geschafft hatten, als die Behördenmänner an Bord kamen. Dazu noch in voller Beflaggung. Die Hanseflagge wehte mutig und fast auch schon ein wenig frech im Wind, ganz oben im Mast und für jeden sichtbar, am Heck die schon lange nicht mehr gesehene, mächtige Stadtflagge Bergens.

Vorne am Kai, an den üblichen Schiffsanlegern, herrschte Flaute. Nur zwei, drei Koggen warteten auf Abfertigung. Schlicht und ergreifend deshalb, weil seit knapp einem Jahr schon kaum noch ein Schiff die Blockaden der Vitalienbrüder ungeschoren passieren konnte. Entsprechend groß war das Hallo, was Gödeke zu einem grimmigen Lächeln veranlasste.
Die Augen des Hafenmeisters indes leuchten nicht schlecht, als er die Laderäume inspizierte.

„Sieben Tonnen Walfischtran, sauber in Fässern und eben so viel Öl. Dazu Salze und Heringe, das wird Euch nach Ausrechnung des Zolls und der Steuern, die dem Stadtkämmerer zufließen, noch immer ein beträchtliches Sümmchen einbringen, Käpt`n Walhorn. Dessen könnt ihr Euch Gewiss sein. Habt ihr schon einen Käufer?“
„Ja, den haben wir!“, brachte sich Isabella zur Verblüffung aller ins Spiel. „Meinen Auftraggeber Heinrich Thorsteyn. Ich zeichne für ihn als erster Hansekaufmann. Ich möchte Euch ersuchen, mich jetzt auf den Weg zu ihm machen zu können, denn ich bin seine Handelsagentin.“

Der Hafenmeister war begeistert, wie glatt alles lief und wandte sich an Gödeke: „Was Euch betrifft, Herr Michelson, wir schätzen ehrbare Kaufleute, die bestimmt auch Kunde bringen, wie es vor Helgoland aussieht und in der Elbmündung bei Ritzebüttel und Neuwerk.“
Er verbeugte sich vor Michels und seine Bewunderung war aufrichtig. „Kunde, die auch die Kriegsräte gerne und sehr interessiert entgegen nehmen werden. Unter Vorsitz von Simon von Utrecht. Er wird fortan unser oberster Piratenjäger sein, um der Brut habhaft und dingfest zu werden und sie auszulöschen. Ihr, Frau Del Bosque erhaltet ein Wassertaxi gestellt, um den ehrbaren Thorsteyn mit ins Boot zu holen. Kauft er die gesamte Schiffsladung zu einem guten Preis, sind wir doch alle hervorragend im Geschäft.“
Er rieb sich die Hände, kicherte vergnügt und entblößte gelbgefleckte Zähne.

Isabellas Ansinnen war weit weniger kaufmännischer Natur, sie wollte aus einem anderen Grund Kontakt mit ihrem Arbeitgeber aufnehmen. Zum einen benötigten sie dringend eine geeignete und sichere Unterkunft. Und wer war da besser geeignet, als einer der Löwen selbst? Zum anderen aber trieb sie die Wollust voran! Denn Alys Thorsteyn war eine Ringträgerin und heimliche Geliebte von Gödeke Michels. Und so machte Isabella sich nur kurz darauf auf den Weg, ihrem geheimen Auftraggeber einen Besuch abzustatten. Das Schmunzeln, das ihre Lippen umspielte, und die Gedanken, die damit verbunden waren, hätte ein geschulter Beobachter als unzüchtig und durchtrieben bezeichnen können.

Die Zeit ihrer Abwesenheit nutzten die Reisgefährten, nachdem die protokollarischen Dinge abgewickelt waren, um sich auf den Landgang vorzubereiten. Ihnen war ein sicherer Liegeplatz zugewiesen worden und Käpt’n Walhorn hatte vom Geld des Likedeelers Gödeke Michels im Voraus bezahlt. Gleichwohl die Steuern und den Zoll. Ein Umstand, den der Hafenmeister sehr zu schätzen wusste, in Zeiten wie diesen, und er versprach, ihnen einen Platz in der ersten Reihe bei dem Hansetreffen zuzusichern und auch schon jetzt ein günstiges Wort, was Michelsons Anliegen betraf, Bergen wieder im Kreise der Hanse aufzunehmen, einzulegen. Magister Sigbolds Fälschungen waren perfekt gelungen. Nur einmal kam kurz Spannung auf, als der Hafenmeister einen Experten zu Rate zog, der das Siegel zu prüfen hatte. Es wurde aber als echt angesehen und abgenickt. Reine Formsache, hatte der Hafenmeister sogar entschuldigend angemerkt.

Gödeke Michels Atem beschleunigte sich, als sie knapp eine Stunde später vor der Villa des Hansekaufmannes Heinrich Thorsteyn standen. Er blickte an den Efeuranken entlang und erinnerte sich gut, wie er mit dem Grünzeug die nackten Schenkel der Hausherrin gezeichnet und sie anschließend in den Keller gezerrt hatte. Dass er jetzt hierhin zurück kehrte – ausgerechnet hierhin – das hatte einen unerhörten Reiz auf ihn und ein ganz feines Gschmäckle. Auch Jana spürte es genau, dass etwas Besonders in Gödekes Kopf vor sich ging, und sie brachte ihr Dekolleté zur Geltung, indem sie das Pelzjäckchen öffnete. Natürlich waren sie inzwischen alle über Isabellas Pläne eingeweiht worden, und auch was Janas spezielle, delikate Aufgabe sein würde.

„Heinrich freut sich sehr auf uns“, flötete Isabella, „die Aussicht, ein gutes Geschäft abzuschließen, ließ seine Augen strahlen. Und meine leisen Andeutungen, dass ich auch Kunde über das Leben der Piraten im Gepäck habe, ließ ihn schwitzen. Alys war leider nicht im Haus, wird aber inzwischen Bescheid wissen, dass ihr Mann Gäste geladen hat.“
Michels Grinsen war mehr als Vorfreude, die Lust stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.

Noch mehr erschrak sich aber lustvoll Heinrich Thorsteyn, als er Jana Kalaschnikova erstmals in die stahlblauen Augen blickte. Und dann an ihr herunter. Die hohen Stiefel, die unter ihrem Kleid für ungeahnte Aufregung sorgten und gefährlich dumpf auf den Holzdielen polterten. Geräusche, die auch Alys wahrnahm und sich aus ihrem Sessel erhob, als die Gäste nacheinander den Salon betraten.

Als erstes nahm sie den rothaarigen, vollbärtigen Hünen wahr, der die Gepäckstücke auf der Schulter trug. Eine Kiste, die er geräuschvoll in einer Ecke abstellte, sich aufrichtete und die hübsche Gastgeberin betrachtete. Und zwar mit einem Blick, einer unbekümmerten Frechheit, der schon mehr als Neugierde ausdrückte. Wäre es nicht so absurd gewesen, hätte Alys seine Blicke als … begehrend bezeichnet. Doch das konnte ja wohl nicht sein.

Sodann sah sie einen schlanken, kräftigen Mann den Raum betreten, der sich charmant als Käpt`n Walhorn vorstellte, sich dezent vor ihr verneigte und ihr einen Handkuss zur Begrüßung gab. Sein dunkles, volles Haar und die markanten Gesichtszüge verliehen ihm etwas gleichsam Furchteinflößendes wie auch Verlockendes. Sein Blick aber traf sie unvorbereitet und zwar mitten hinein in ihr darbendes Lustzentrum. Ihr Atem beschleunigte sich wie sie es schon lange nicht mehr erlebt hatte.

Der Überraschung nicht genug erkannte sie nun die junge Frau, und ihr Herz tat einen Luftsprung. Isabella! Ja, wo kommt das fesche Ding denn plötzlich her? Doch dann stellte sie mit Verwunderung fest, dass das Mädchen sich auf eine Weise verändert hatte, wie sie es nicht für möglich gehalten hatte. Auch in ihren Augen loderte ein begehrliches Feuer, das Frauen untereinander sehr gut kennen, die je an der Frucht der Sünde genascht hatten. Zumal eine eigenartige Schrift auf ihrer Haut hervor stach. Silberfein geschrieben konnte sie die Worte: Wie die Schw … lesen. Weitere Buchstaben blieben vom Stoff bedeckt, und Alys fand keine Zeit, sich nähere Gedanken zu machen. An Isabellas Seite betrat nämlich eine weitere, eine elegante, sehr auffällige, blonde Dame, den Raum. Eindeutig ostländischer Herkunft. Die Ausstrahlung, die die Frau besaß, ließ das Zimmer urplötzlich Feuer fangen. Denn auch diese Person bedachte Alys mit sehr ähnlichen Blicken wie der Hüne und auch der Kapitän. Es war etwas Gefährliches! Etwas, das sie unvorbereitet traf. Etwas, das sie kannte und woran sie sich nur zu gut in einsamen Momenten erinnerte. An die Hitze der Nacht!

Die drei Fremden verteilten sich im Raum zusammen mit Isabella, und Alys ließ den Blick von einem zum anderen fliegen. Die Art, wie sie sie ansahen, war es, die sie auf der Stelle mehr als unruhig werden ließ.

Dagegen wirkte ihr Mann Heinrich ganz anders, irgendwie … langweilig. Und doch fieberten auch seine Augen, und es war unschwer zu erkennen, wer dies ausgelöst hatte. Die Venus um Pelz!
Es war aber nichts zu dem Moment, der als nächstes erfolgte, und wäre der fremde Kapitän nicht mit zwei energischen Schritten bei ihr gewesen und hätte sie aufgefangen, sie wäre gestürzt. Denn Heinrich stellte ihr seinen Hauptgast vor, den Hansekaufmann Gunnar Michelson aus Bergen in Norwegen!

Alys Hände krampften sich um die gedrechselten Armlehnen des Sessels, in den sie zurückgesunken war, und sie starrte ihn mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen an. Ein Geist! Der Leibhaftige persönlich! Seine Augen, sein Blick, sein Lächeln, sein … Ring, den er ihr entgegen hielt, seine Worte: „Ich bin sehr erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Verehrteste“, ließen sie fast ohnmächtig werden und sie rang laut keuchend nach Luft.

Erst drei Gläser Portwein später fand Alys Thorsteyn ihre Selbstsicherheit zurück. Und ihre erste Beklemmung war einer ausufernden, kaum noch länger zu bändigenden Wollust gewichen. Denn die Gäste – allen voran Jana Kalaschnikova – trieben das Gespräch sehr schnell in eine eindeutige Richtung. Sie war es, die als erste davon erzählte, wie sie auf Gotland von Piraten gefangen gehalten wurde, und was alles dort mit ihr geschehen war, wie die Freibeuter sich über sie hergemacht und ganz fürchterlich schlimme Dinge mit ihr getan hatten. Doch so wie Jana davon erzählte, klang es ganz anders, nur nicht schlimm. Schlimm ausschweifend, das ja, aber keinesfalls schlimm im Sinne von grausam.

Heinrich Thorsteyns Atem ging schneller und schneller, Alys erkannte Gier und Verlangen, die er kaum noch zu bremsen oder zu zügeln im Stande war. Als sich Gunnar und Jana, wie auch Isabella und Walhorn irgendwann ein, zweimal küssten, war es um Alys geschehen, und sie schmachtete den Hünen an. Lars war wohl sein Name, und Heinrich lechzte natürlich nach der heißen Jana. Längst hatte Alys erkannt, dass die ihrem Gatten den Kopf mit Absicht verdrehte und ihn in eine bestimmte Richtung hin verlockte. Schließlich, als die Glut sich in Flammen wandelte und nicht mehr zu löschen war, fragte Alys, ob Heinrich seinen Gästen nicht einmal ihren schönen Keller vorführen wolle. Lächelnd hatte sie sich aus ihrem Sessel erhoben und befüllte die Becher mit weiterem Portwein. Dass sie dabei direkt neben Gödeke stand, entging Isabella natürlich nicht, ebenso wenig, wie er ihr - von Heinrich unbemerkt - mit einer Hand von hinten unters Kleid fuhr. Frau Thorsteyn ließ sich ungewöhnlich viel Zeit mit dem Einschenken der Gläser, während Isabella den guten Heinrich mit ein paar weiteren, sehr aufregenden Sätzen über das Leben der Piraten ablenkte.

Gödekes Hand aber fuhr ungehindert unter das Höschen der Gattin, seine lüsternen Finger teilten die weiche Spalte, drangen ein, und Alys hatte Mühe, die Karaffe zu halten, denn sie spürte auch seinen Ring, der gegen die Schamlippen drückte und ihr eines versprach: Hemmungslose Unzucht!
Ihre Nässe war Antwort genug, wie willig und einverstanden seine geheime Ringträgerin war.
Und als eine zweite Hand, nämlich die des Kapitäns, auch noch mit dazu kam, und ihr über die Innenseite ihrer Schenkel strich, war es aus mit ihrer Beherrschung und sie keuchte ihren Gatten an, dass sie jetzt und auf der Stelle mit alle Mann in den Keller will!

Schon zupfte Jana dem sabbernden Thorsteyn am Hemdkragen und eilig erhob er sich aus dem Sessel, schritt zügig voran und aus dem Zimmer in den Flur. Lars, Jana, Isabella und Walhorn folgten. Gödeke aber riss im Salon Alys an sich, presste ihr den Mund auf die Lippen, stieß die Zunge hinein. Eng drückte er die Lustgespielin an sich und eine Hand fasste die Brust, drückte sie augenblicklich mit festem Griff.

Kurz darauf folgten sie den anderen in den Keller, wo Jana den guten Heinrich weiter nach allen Regeln der Kunst becircte. Gödeke hörte sie sagen: „Und wisst Ihr, sehr geehrter Heinrich, was ein beliebtes Spiel bei den Piraten war?“
„Nein, was denn?“
„Der Ehemann eines der armen Mädchen wurde gefesselt und musste alles mit ansehen, was die Freibeuter mit ihr taten, und feststellen, dass das Luder nichts anderes wollte, als vom Anführer rangenommen zu werden. Gödeke Michels hieß der schlimme Pirat. Habt Ihr schon von ihm gehört?“
„Ja … ähem, das hab ich. Schrecklich!“
„Der bedauernswerte Ehemann hieß Haberkuck. Aber alle nannten ihn fortan nur Kucky.“
„Und sein Eheluder nur noch ‚heißes Weib‘!“, nickte Isabella und reichte Jana bereits ein langes Seil an. „Dort vorne, Madame Kalaschnikova, der Haken im Balken, sucht Ihr den?“

Nah trat Jana an den fettleibigen Mann heran. „Nicht wahr, Heinrich? Sicherlich könnt Ihr Euch sehr gut die Lustqualen ausmalen, die jener Kucky nicht nur erlitt, sondern regelrecht danach gierte, es ihn unsagbar ergeilte, wie die Piraten sein Weib rannahmen. Und wie sehr es die kleine Schlampe erregte, vor seinen Augen ihre Wollust zu zeigen. All die Schwänze, die nur eines wollten: Mit ihr ficken!“


© Walhorn, April 2018
****rio Mann
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Die Huren der "O" – Der fliegende Holländrio
Wylandt duldete keine Widerrede. Alle mussten mit, um die entführten Huren der "O" aus den Fängen des Einbeinigen zu retten. Auch der Teufel, der noch flink zwei Fässer Rum auf den Kahn geladen hatte. Doch nun war er auf den Landungssteg gehüpft und regte sich nicht mehr. Er blickte zu Boden und kratzte lustlos mit dem Pferdehuf ein Pentagramm in den Steg.

"Was ist los? Zum Teufel, an Bord mit dir!", schimpfte Wylandt.
"Ich kann nicht! Das Meer ist nicht mein Revier", erwiderte Beelzebub und blickte entnervt gen Himmel: "Dafür ist leider ein anderer zuständig!"
"Du scheust wohl die See wie der Teufel das Weihwasser, hm?", spottete der mit dem Zipfe. Doch es half nichts, die Zeit lief ab. Er musste Luzifer zurücklassen, wenn er nicht den Zorn des Klabautermanns auf sich ziehen wollte.

Mit einem Axthieb kappte der Deixel das Tau. Sofort setzte sich die dreimastige HOLKA auf ihren Rädern knarrend und krachend am harten Wattsand in Bewegung. "Pass gut auf die 'O' auf, Klumpfuß! Es ist jetzt deine Insel", rief Wylandt zum Anleger zurück.
Traurig winkte dort der Teufel zum Abschied. "Ich werde sie nicht untergehen lassen", rief er zurück. Mit seiner herzförmigen Schwanzquaste wischte er sich eine Träne aus dem Auge. Dann machte er "Ploff!" und war weg.


Die rote HOLKA nahm rumpelnd und ächzend mächtig Fahrt auf, viel schneller als ein Schiff auf Wasser fahren hätte können. Wylandt drehte sich zu seiner "Mannschaft", die sich erwartungsvoll aber bang an die Schanzkleidnetze klammerte. "Haltet euch nur fest, ihr feuchten Bettläuse", schrie er die Mädchen an, "jetzt zeigen wir dem einbeinigen Langhans, wo der Bartel den Rum holt!"

Je weiter sich das Schiff von Neuwerk entfernte, desto mehr frischte der Wind auf. Die Insel und der Turm waren schließlich in einer seltsam gelblichen Dunstwolke verborgen, als der rasende Holk einer kalten schwarzblauen Gewitterfront entgegenzog. An deren unterem Rand zeichnete sich in einigen Meilen Entfernung der glänzende Wasserspiegel der Nordtsee ab.

Schneller und schneller räderte das Schiff. Das Poltern wurde allmählich schwächer, unterbrach mehrmals und verebbte schließlich ganz. Das Fahrwerk schlingerte ohne die schwere Belastung, taumelte, krachte ineinander und blieb zerstört auf dem Watt liegen. Die rote HOLKA hatte lautlos abgehoben und sauste nun mit der frischen Brise hoch durch die Lüfte.
Der gewesene Herzog von Österreich jodelte fröhlich über das Meer: "Hollareidulijööh!"
Und die Nutten antworten: "Gugguuh!"


Es war ein schauriges Bild, das sich der Crew auf dem verfolgten Zweimaster des Einbeinigen, der Walrus, darbot. Die Söldner mühten sich, auf offener See mit prall gesetzten Segeln zu entkommen. Doch hoch über ihren verlausten Häuptern zischte der fliegende HOlladrioLK heran und war zwischen den Wolkenfetzen immer nur einen Augenblick lang zu sehen. Noch dazu jedesmal an einer anderen Stelle. Das jagte den Männern zusätzlich Angst ein. Man kannte die Geschichten, die über jenes Schiff erzählt wurden.

Unter Deck waren die Huren der "O" in großen Käfigen gefangen. Vierundfünfzig hübsche Dirnen rieben darin ihre harten Knospen aneinander, um die raue Kälte abzuwenden. Denn sie trugen nur ihre süßen dünnen Nachtkleidchen. Manche Mädchen zitterten. Doch ein beherzter Griff einer Mitgefangenen in die lustvoll nasse Höhle zwischen den Beinen ließ in den Bibbernden von innen eine wohlige Wärme aufsteigen.

Freilich, die Seeleute unter dem Kommando des berüchtigten Langhans Silber waren zwischen ihren begangenen Sünden und ihrer keimenden Wolllust hin- und hergerissen. Sie mussten weg! Weg von diesem Ort, runter von diesem Schiff. Sie wollten fliehen vor diesem fliegenden Ungetüm, das sie aus der Luft verfolgte. Das Schiff tauchte mal hier, mal dort am Himmel auf. Es segelte über dem Wasser, gegen den Wind, und sogar rückwärts! Offenbar wurde es von einem Irren gesteuert, der immer wieder "Holladrijööh" rief. Sicher war er Holländer.

Doch so fest sie die Furcht gepackt hatte, die Männer wollten auch auf dem Schiff bleiben und ihre Gier befriedigen, die durch das genitale Stöhnen und Schmatzen beflügelt wurde, das aus dem Herzen der Walrus zu ihren ungewaschenen Ohren empordrang. Sie wollten wieder einmal ihre steifen Schwänze in eine junge nasse Möse versenken. Wollten wieder einmal den Schaft in weiches Fotzenfleisch stoßen und ihre Milch in eine saftige Grotte pumpen.

Der Befehl ihres Kapitäns zerriss den schützenden Mantel ihrer Gedanken: "Ruder hart Steuerbord! Und haltet den Kurs, ihr verdorbenen Hunde, oder wir sind alle verloren!", schrie der Einbeinige.
"Aber dann segeln wir ja geradewegs auf den Pellworm zu!", rief einer der Männer entsetzt.
"Dreht bei! Wir laufen auf Grund!", rief ein anderer.
"Kehrt um, der Felsen naht!", widersprach ein weiterer dem Käpt'n.
Doch der grausame Langhans Silber kannte keine Widerrede: "Ihr haltet den Kurs, sonst gibt es für uns alle kein Morgen mehr!"


Oben im Wind zog Kapitän Wylandt mit dem Zipfe und seine Huren in der fliegenden Holladriolka kreuz und quer seine Bahnen. Jetzt galt es! Wylandt musste den Dreimaster landen.

Das Schiff zog eine weite Schleife und durchstieß nun die unteren Wolkenfetzen. Schon funkelte die silberne See den Blicken der Mädchen wie Diamantenglut entgegen. Die Spreizklimmerinnen Efeu und Liane rankten sich flink die Takelung empor und begaben sich zum Navigieren in den Ausguck. "Zwei Strich Backbord", rief die eine. "Und jetzt die Nase runter", setzte die andere hinterher.

"Schöner Gleitflug! Verdammt, wir kommen zu hoch rein! Dyrckstarten, dyrckstarten!", wuselten die kichernden Kommentare der Mädchen durcheinander. "Bitte legen Sie ihre Keuschheitsgürtel an und stellen sie das Blasen ein!", scherzte Wylandt. Mit einem Handstreich raffte er "FFRRRRUUUTSCH!" die Segel und das Schiff kam "SSSSNNNT!" sofort zum Stillstand. Einen Moment lang schwebte es "HUCH?" eine Elle über der Wasseroberfläche. Dann donnerte es "WRROOOMMM!!!" nieder und klatschte "WUUUSCH!!!" auf die Wasseroberfläche. "PUUH!"


Von der verfolgten Walrus, ihrer Mannschaft und den vierundfünfzig gefangenen Huren der "O" fehlte jede Spur. Die See lag tief und nachtschwarz vor der unbeleuchteten roten HOLKA. Da plötzlich erschien vom Land her ein kleines Licht, das rasch näher kam. Ein Mann schwebte über die stille Wasseroberfläche. Es war ein Priester. Er schwenkte eine Laterne und rief: "Ihr habt hier keinen Hafen! Es sei denn, Ihr nennt mir die Losung!"

Da rief ihm Kapitän Wylandt laut entgegen: "TRUTZ, BLANKE HANS!"
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****012 Frau
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Isabella (22)
Was für eine bewundernswerte Frechheit! Isabella hatte im Laufe ihrer Agentinnen-Tätigkeit ja selbst schon die eine oder andere schauspielerische Glanzleistung auf die Bühne bringen müssen. Aber vor dem, was Jana Kalaschnikova hier mit dem bedauernswerten Thorsteyn abzog, konnte sie nur ihren imaginären Hut ziehen! Der Kaufmann fraß ihr buchstäblich aus der Hand. Wenn sie ihn aufgefordert hätte, sich nackt aus dem Fenster zu stürzen und dabei altgriechische Lyrik zu zitieren, hätte er es wahrscheinlich getan.

Aber soweit würde das litauische Luder natürlich nicht gehen. Ein Gewürzhändler, der mit gebrochenem Hals auf dem Pflaster lag, nützte der Talisker-Bande schließlich rein gar nichts. Reden sollte er! Über die Pläne der Hanse und des Deutschen Ordens und all die nützlichen Details, die sich in seinem sturen Kaufmannsschädel verbargen. Und es gab nur eine Möglichkeit, das zu erreichen: Die fünf Verschwörer mussten ihn in einen Abgrund locken, aus dem er nicht mehr herausfand. Und zwar so geschickt, dass er keinen Verdacht schöpfte. Heinrich Thorsteyn musste felsenfest davon überzeugt sein, dass nur er selbst die Ereignisse steuerte. Und natürlich durfte er auf keinen Fall auch nur ahnen, dass sich sein Haus in eine Schlangengrube voll gefährlicher Giftnattern verwandelt hatte!

Das verführerischste dieser Reptilien war längst dabei, seinem Opfer sein süßes Gift in die Adern zu träufeln. Tropfen für Tropfen. Der Kaufmann hing an ihren Lippen, als Jana die skandalösen Umtriebe der gotländischen Piraten schilderte. Und es gelang ihm immer weniger, dazu ein angemessen entsetztes Gesicht zu machen. Isabella beobachtete ihn sehr genau. Jedes Aufleuchten seiner Augen, jedes Stocken in seinem Atem, jede Schweißperle auf seiner Stirn verriet ihr mehr über Heinrich Thorsteyns geheime Begierden und Obsessionen.

Mit einem vielsagenden Lächeln reichte sie Jana ein Seil, das diese an einem Haken an der Decke befestigte und geschickt um die kaufmännischen Handgelenke legte. Die Stimme der Litauerin senkte sich zu einem heiseren Raunen, als sie die Lustqualen des zum Kucky gewandelten Haberkuck schilderte. Wie es besagten Ehemann fast wahnsinnig gemacht hatte, sein angetrautes Weib in den Händen der Piraten zu sehen… Vor allem, weil die sittsame Gattin jeden Anstand über Bord geworfen und sich der Meute hingegeben hatte…

Jana trat einen Schritt auf den Kaufmann zu. So nahe, dass er die Hitze ihres Körpers spüren konnte. „Versteht Ihr, Heinrich“, flüsterte sie und fuhr ihm langsam mit der Hand über den Brustkorb. „Sie war hemmungslos! Hat gebettelt um all die Schwänze. Wollte sie überall spüren…“. Jana machte eine Kunstpause und ließ ihre rechte Hand über die Hose des gefesselten Kaufmanns wandern. „Zwischen ihren Lippen… in der sprudelnden Quelle zwischen ihren Schenkeln… und sogar…“. Jana redete sich langsam selbst in Eifer, warme Röte kroch ihr über die Wangen. „Sogar was?!“, keuchte Thorsteyn. „Sogar in ihrem hübschen, engen Arsch!“

Zur Untermalung fuhr die Litauerin mit der Linken über das besagte Körperteil von Alys Thorsteyn, dessen pralle Rundung sie durch das sittsame Kleid der Kaufmannsfrau problemlos spüren konnte. Genau wie ihr erregtes Zittern. „Könnt Ihr Euch das vorstellen?“, schnurrte Jana scheinheilig. „Ist das nicht entsetzlich? Und das alles vor den Augen ihres Mannes!“

Der souveräne Kaufmann der Hanse schien nahe daran, in seinen Fesseln zu kollabieren. Alys winselte ihm ihre Geilheit ins Ohr. Gödeke, Käpt’n Walhorn und Lars fochten einen harten inneren Kampf, in dem das Lachen gegen die Wollust verlor. Und Isabella wartete auf ihren Einsatz.

Auch auf sie blieb die Situation nicht ohne Wirkung. Allein dieses Kellergewölbe mit seinen dicken Mauern und den flackernden Fackeln an den Wänden! Hier herrschte eine ganz eigene Atmosphäre, die ihr eine Gänsehaut auf den Rücken zauberte. Anders als in vielen anderen Hamburger Kellern war die Luft erstaunlich trocken. Das hatte Heinrich offenbar dazu bewogen, hier einen Teil seiner Gewürzvorräte zu lagern. In Säcken stapelte sich die wertvolle Handelsware und verströmte einen exotischen Duft. Pfeffer und Nelken, Zimt, Muskat und Safran – Kostbarkeiten, die von fernen Ländern erzählten und die Sinne verführten. Dazu Janas erotische Stimme und die verdorbenen Fantasien, die sie damit an die Kellerwände malte…

„Wisst Ihr, was aus der kleinen Schlampe geworden ist?“, fragte die Litauerin und legte ihre Finger leicht auf Heinrichs zuckenden Schritt. Der Kaufmann konnte nur noch schweigend den Kopf schütteln. „Sie haben sie zu einer Hure gemacht“, verriet Jana mit bebender Stimme. „Und sie ist so begehrt, dass sie sich die Kerle aussuchen kann…“. Vielsagend und unübersehbar wanderte ihr Blick zu Alys, schien ihr förmlich das Kleid vom Körper zu zerren.

Die Kaufmannsfrau keuchte. Wie verabredet traten Gödeke, Walhorn und Lars auf sie zu, Nordsee-Sturmwolken im Blick. Der Hauptmann der Likedeeler trommelte mit den Fingern auf seinen Oberschenkel und lenkte ihren Blick damit auf seinen Ring, der im Fackelschein zu glühen schien. Alys‘ Hand lag an ihrem Hals, als müsse sie ihren rasenden Puls beruhigen. Ihr Blick spuckte Feuer. Das flackernde Licht der Fackeln schien mit Zungen aus Flammen und Schatten über ihre Haut zu lecken. Die drei Männer traten einen weiteren Schritt vor. Heinrich hielt den Atem an…

Isabella tat der Kaufmann fast ein bisschen leid. Denn sie würden ihn vorerst nur an den Rand seiner Begierden führen und ihn dann im letzten Moment zurückreißen. Er sollte einen Vorgeschmack darauf bekommen, was alles möglich war. Den nächsten Schritt würde er dann selbst gehen… Und so war es nicht Alys Thorsteyn, die sich vor Heinrichs Augen unter Männerhänden wand. Sondern die Agentin der Hanse.

„Isabella weiß, was damals geschehen ist, Heinrich“, säuselte Jana. „Und sie wird es Euch kurz demonstrieren. Nur, damit Ihr vor Augen habt, wozu dieses Piratenpack fähig ist.“ Sie hob scheinbar hilflos die Hände. „Man kann es sich ja gar nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst gesehen hat! So viel Verderbtheit spottet einfach jeder Beschreibung, die ein anständiger Christenmensch zu liefern vermag!“

Isabella hätte nicht sagen können, welcher ihrer drei männlichen Kumpane Janas Vortrag mit einem belustigten Schnauben quittierte. Gödeke wahrscheinlich. Zum Glück waren die Drei ihr so nahe, dass nur sie es hören konnte. Schon lag ihr Körper mit gerafften Röcken auf einem Stapel Gewürzsäcke. Umdrängt von echten Piraten, die sie nach allen Regeln der Kunst befummelten. Isabellas laszive Bewegungen verstärkten die exotischen Düfte, die aus den Säcken aufstiegen. Ob man hinterher nach Pfeffer und Zimt roch, wenn man es darauf trieb? Isabella hätte das zu gern einmal ausprobiert…

„Reiß Dich zusammen, Du kleines Luder“, raunte ihr Gödeke tonlos ins Ohr. „Ficken steht jetzt nicht auf dem Programm!“ Richtig… der Plan… Ein Appetithäppchen für Thorsteyn, mehr nicht! Zu schade! Doch Dienst war Dienst…

Entschlossen richtete sich Isabella auf, Gödekes lautloses Lachen im Ohr. „So war das also, mein lieber Heinrich“, sagte sie. „Könnt Ihr Euch vorstellen, wie ernst die Lage auf Gotland ist? Die Hanse sollte da dringend etwas unternehmen, meint Ihr nicht?“ „Ja“, sekundierte Jana. „Das finde ich auch! Man kann doch diese armen Frauen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen!“ Damit löste sie Heinrichs Fessel und sah ihn ernst und seelenvoll an.

„Gewiss, gewiss“, nickte der Kaufmann. Doch ganz bei der Sache war er nicht. Er wirkte verblüfft und nicht wenig enttäuscht darüber, wie rasch sich die explosive Lage in seinem Keller wieder beruhigt zu haben schien. Alys ging es offenbar nicht anders.

Zumal sie das silberne Schiffstau mit dem Seepferdchen um Isabellas Finger sehr genau registriert hatte. Sie musste also davon ausgehen, dass zumindest eine ihrer Besucherinnen zu Gödekes Lustzirkel gehörte. Und dass ihr damit gerade ungeahnte Freuden entgingen. Bestimmt würde sie ihrem Mann unter vier Augen die Hölle heiß machen, damit er seine Gäste zu weiteren Ausschweifungen animierte…

Isabella lächelte und betrachtete liebevoll ihren gefälschten Lust-Ring, den sie heute mit voller Absicht trug. Wie Gödeke gelacht hatte, als sie ihm die Bedeutung des Seepferdchens erklärt hatte! Ihre Fantasien darüber, wie ein gewisser Piratenkapitän seine Stuten zähmte, hatten sie zu diesem Design inspiriert. Und dieser Gedanke schien dem keineswegs ehrbaren Herrn Michelson aus Bergen ausnehmend gut zu gefallen… Isabella grinste innerlich. Thorsteyns Pferdestall war ja nur ein paar Schritte entfernt. Vielleicht würden sich im Laufe ihres Aufenthaltes ja noch interessante Möglichkeiten ergeben…

Vorerst aber ließen sich Jana, Lars und Käpt’n Walhorn von einem Bediensteten nicht den Stall, sondern die Gästezimmer zeigen. Gödeke verschwand mit unbekanntem Ziel in der Stadt. Und Isabella wurde von Heinrich Thorsteyn zu einem Vier-Augen-Gespräch in sein Arbeitszimmer gebeten.

„Ich habe ein etwas delikates Anliegen“, begann der Kaufmann und wurde tatsächlich ein bisschen rot. „Sprecht nur ganz offen“, ermutigte sie ihn mit Unschuldsmiene. Er druckste eine Weile herum und rückte dann mit der Wahrheit heraus. Seine Frau habe eine unerklärliche Schwäche für gewisse Fantasien, erklärte er. Sehr verdorbene Gedanken, bei denen Piraten die Hauptrolle spielten. Er habe ja versucht, in entsprechende Rollen zu schlüpfen. Doch er fühle sich damit ein wenig überfordert…

Isabella nickte verständnisvoll. „Aber wie kann ich Euch da helfen?“. Thorsteyn zögerte. „Sag es schon!“, beschwor sie ihn innerlich. Und er tat ihr den Gefallen. „Eure Demonstration eben hat mir überaus gut gefallen“, erklärte er. „Sie hat mich sogar erregt! Und Alys auch!“ Ob die geschätzten Gäste nicht vielleicht bereit wären, ein richtiges Spiel daraus zu machen?

Isabella sah ihn mit großen Augen an. „Was denn für ein Spiel?“ „Einen inszenierten Piratenüberfall auf mein Haus!“, gab Heinrich mit leuchtenden Augen zurück. „Mit Gunnar Michelson, Lars Reesenspund und dem Kapitän als Freibeuter. Jana und Ihr könntet die… Entschuldigung!... Huren spielen, die von den abgefeimten Likedeelern schon für jeden ehrbaren Lebenswandel verdorben wurden.“ Er war kaum noch zu bremsen: „Alys ist die schamlose Ehefrau auf Abwegen. Und mich selbst sehe ich in einer ähnlichen Rolle wie vorhin. Was meint Ihr?“

Isabella spielte die Zweiflerin sehr überzeugend. „Ich weiß nicht!“, sagte sie zögernd. „Ich selbst würde Euch den Gefallen ja gerne tun. Aber Gunnar Michelson hasst Piraten! Er müsste schon einen guten Grund haben, um sich darauf einzulassen.“ „Was könnte das sein?“, fragte Thorsteyn hoffnungsvoll. Isabella dachte sehr offensichtlich nach. „Nun ja: Er kennt hier niemanden, hat keine Kontakte“, sagte sie schließlich. „Bergen war ja ein wenig abgehängt in den letzten Jahren. Ihr könntet ihn vor dem Congress auf den neusten Stand bringen: Über die Hanse und den Deutschen Orden, Rivalitäten und Bündnisse, solche Dinge. Das wüsste er bestimmt zu schätzen.“

„Natürlich!“, sagte Thorsteyn. „Das wäre ja auch in meinem Interesse: Ich wollte meine Beziehungen nach Bergen schon lange verbessern.“ „Man könnte die Sache sogar in das Piratenspiel einbinden“, schlug Isabella vor. „Ihr werdet von den berüchtigten Likedeelern gefangengenommen. Und wenn sie nicht gerade Eure Frau vögeln, stellen sie Euch indiskrete Fragen!“ Thorsteyn strahlte. Dass Isabella seine Fantasien mit so guten Ideen ausschmückte, begeisterte ihn: „Meint Ihr wirklich, Herr Michelson würde sich darauf einlassen?“ „Oh ja“, lächelte Isabella. „Ich denke schon…“

© Kea2012, April 2018
******liK Paar
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Der Reisende 11
Ottilie kommt nach Hause

auf der Insel „O“ fand ein rauschendes Fest statt.Da war Musik und Tanz und der Rum,Grog sowie Wein flossen in Strömen. Überall vögelte, soff, sang und tanzte das Inselvolk und dunkle Gestalten herum. Früh morgens als die Sonne schon aufging, zogen sich die Leute in ihre Schlafkammern und Ecken zurück. Ottilie, Hans und Engelfee hatten auch einige Grogs und Drinks intus und weil es eigentlich nicht kalt war, zogen sie sich auf der Wiese in die Büsche zurück ,wo sie sich noch mit frivolen Spielen beschäftigten. Nach einer Weile schliefen sie selig im Gras ein.
Als sie schon eine Weile geschlafen hatten wachte Hans irgendwann von einem unruhigen Treiben auf und weil es besonders unangenehm roch und ein gelber Dunst über der Insel schwebte, weckte er Ottilie und Engelfee.

Die Drei rieben sich die Nasen und fühlten sich irgendwie nicht mehr so richtig wohl. „Kommt mit“ sagte Hans zu den Deerns. Ich habe neulich am Strand ein altes Boot gesehen , lasst uns versuchen damit ein Stück hinaus aufs Wasser zu fahren. Dort weht leichter Wind und vielleicht ist die Luft dort besser.
Als sie das Boot klargemacht hatten und weil gerade Flut war ruderten sie ein Stück hinaus. Plötzlich kam ein Sturm auf , der Himmel verdunkelte sich und es wurde ein wenig unheimlich mit dem alten Boot. Da rief Ottilie „ Oh, schaut mal da in den Wolken – das sieht aus, als wenn da eine HOLKA fliegt“. „Ach was“ rief Hans, das kann doch garnicht angehen, das muss eine Wolkenbank sein. Lass uns schneller rudern und an einer anderen Seite an Land gehen.
Die Drei ruderten mit allen Kräften aber das Boot trieb weiter in Richtung See.
Als ihre Kräfte nachließen rief Engelfee : „Schaut mal da drüben, da kommt ein Schiff“. „Oh ja „ rief Hans , wir müssen uns bemerkbar machen.“

Ottilie zieh mal dein rotes Kleid aus, wir binden es an ein Ruder und schwenken es so hoch wie möglich. Das taten sie auch und anscheinend wurden sie auch bemerkt, denn das Schiff näherte sich ihrem Boot. Es war ein Fischerboot und war mit seinem Fang auf der Rückreise nach Hamburg . Der Kapitän nahm sie an Bord und wollte natürlich wissen wo die Drei herkamen. Sie berichteten sehr aufgeregt von ihren Erlebnissen auf der Insel und von der Erscheinung der fliegenden HOLKA. Der Kapitän musste dabei grinsen weil alles ziemlich abenteuerlich klang, aber er war ein gemütlicher alter Seebär und bot den Dreien an sie nach Hamburg mitzunehmen. Weil er innerlich immer noch lachen musste fing er an Seemannsgarn zu spinnen. Er sagte, das mit dem fliegenden Schiff kann gut möglich sein, er ist auf einer Fangtour mal einem Fischer begegnet, der auch mal im Mittelmeer gefischt hat. Das war der Angelo aus Italien . Dort backt man gern Pizzolinokuchen – das ist ein Pfannkuchenteig der mit Fisch oder Gemüse belegt wird. Damit der Fisch, den Angelo fängt, mitten in Italien frisch ankommt, hat er sich fliegende Fische dressiert ,die sein Fischerboot direkt nach Bologna tragen. Wenn die Ladung gelöscht ist kommen die fliegenden Fische in ein großes Becken auf einen Wagen und werden von Pferden wieder ans Meer gezogen. Da mussten alle lachen aber Engelfee wurde auf einmal ganz ruhig.

Ottilie fragte sie was denn los sei und da sagte Engelfee ihr: Du , ich glaube mir ist da was eingefallen. Ich wusste doch meinen richtigen Namen nicht aber wo der Kapitän eben von Angelo erzählte , kam mir eine Erinnerung in den Kopf.
Ich war schon mal in Hamburg und da war mein Name „Angelina“. Eines Tages wurde ich von Piraten verschleppt und auf einem Schiff eingesperrt. Irgendwie bin ich da von Bord gefallen und dann habt ihr mich ja am Strand gefunden. Die Fahrt wurde noch ziemlich lustig und wie sie in Hamburg angekommen sind und die Ladung gelöscht war , kehrten alle erstmal im „Eysernen Nagel“ ein , wo sie auch die Freunde von Ottilie wieder trafen und da begann eine fröhliche Wiedersehensfeier.

© 2018 HansgeliK
****orn Mann
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Gödeke Michels Teil 35 – Die Talisker-Bande
Nach dem gelungenen Antriggern des Hansekaufmannes Heinrich Thorsteyn im Keller seines Hauses hatte Gödeke Michels sich aufgemacht, der Freien und Hansestadt Hamburg Hallo zu sagen. Allein! Denn er hatte etwas Wichtiges zu erledigen. Wie immer zog es ihn in die lange, breite Straße, auf der die Reeper ihre Schiffsseile wie auf einer Bahn entlang zogen und schlugen, um sie weiter zu verarbeiten und seetauglich zu machen. Es roch vertraut nach harter Männerarbeit, Schweiß und Bier, doch Michels hielt sich nicht auf, sondern bog schon bald rechts ab in eine enge und schmutzige Seitenstraße des Gängeviertels. Dort fand er die Werkstatt, die er schon so oft aufgesucht hatte. Als Meister Fiete ihn erkannte, ließ er überrascht von seiner Feinarbeit ab und umarmte Gödeke aufs Herzlichste.
„Wie immer, Michels? Wie viele sinds heute?“
„Zwo, Fiete, mien Jung, zwo!“

Als der Anführer der Vitalienbrüder spät in der Nacht in die Villa der Thorsteyns zurückkehrte, war alles dunkel, nur eine Kerze brannte noch oben im Schlafzimmer. Da er nicht wusste, welches Zimmer man für ihn hergerichtet hatte, schlug er sich kurzerhand im Salon auf dem Sofa die Decke über, war im Begriff, einzuschlafen, als er von oben sehr verdächtige Geräusche vernahm. Ein Bett knarrte in rhythmischen Stößen und im nächsten Moment schon hörte er Alys hecktische Stimme: „Ja, mein liebster, versauter Heinrich, besorgs mir, du elender Pirat!“ Gödeke hob den Kopf, lauschte in die Dunkelheit und ein grimmiges Lächeln huschte über seine Lippen. „Du Mistkerl, Schurke und Freibeuter! Fick mich um den Verstand!“, stöhnte die Hausherrin weiter, eine Etage höher.
Sehr gut, dachte Michels, sehr, sehr gut. Heinrich Thorsteyn war bereit und fällig, gepflückt zu werden.

Tatsächlich kam der Hansekaufmann erstaunlich früh am nächsten Tag aus seinem Kontor zurück. Alys Thorsteyn und die Talisker-Bande – eine Bezeichnung, die Isabella für sie erfunden hatte und die Gödeke irgendwie gefiel - hatten einen entspannten Tag im Garten verbracht und mit der Ehegattin mit offenen Karten gespielt. Denn natürlich hatte sie ihnen auf den Kopf zugesagt, dass sie wüsste, wer der Kaufmann aus Bergen sei und wie nahe sie Gödeke Michels stand. Käpt`n Walhorn hatte zwar zunächst den Kopf geschüttelt, ihm war nicht wohl dabei, dass eine weitere Person Kenntnis von ihren Plänen erlangte, doch war dies jetzt eh nicht mehr zu vermeiden, und man zog es vor, Alys ins Vertrauen zu ziehen. Erst Recht, als diese bestätigte, dass sie vor Jahren schon mit Michels einen großen Becher Wein auf Ex gekippt hatte.

„Seht, Alys“, hatte Gödeke mit leiser Stimme erklärt und sie neben sich ins Gras gezogen. Sanft hatte er sie geküsst, ihr die Bluse aufgeknöpft und die nackten Brüste gedrückt. „Alles ist so wie an dem Tag, als wir uns letztmalig sahen. Ich bin da, und Ihr gehört zu mir. Und so wie damals, benötige ich auch heute wieder Informationen. Sehr wichtige Informationen. Das versteht Ihr doch, hm?“
„Die wird Heinrich Euch aber nicht geben. Er ist inzwischen in den Rat einberufen worden und obliegt der Geheimhaltung. Zumal Simon von Utrecht mit aller Härte gegen Verräter vorzugehen gedenkt.“
Gödeke nickte und rieb ihr sanft die harten Nippel, Alys bäumte sich auf, schlang die Arme um seinen Hals, küsste ihn mit größtem Verlangen und hauchte mit brüchiger Stimme: „Ja, Gödeke! Alles so wie immer! Nichts lieber als das. Ihr wisst es! Was also ist Euer Plan? Vögelt Ihr mich? Ihr alle?“
„Ja, das werden wir. Doch nun hört, was die geniale Isabella ausgeheckt hat.“

Heinrich Thorsteyn hatte sich nach einem harten Arbeitstag frisch gemacht und umgezogen und wurde im Flur von Isabella abgefangen.
„Und?“, hatte er sofort neugierig gefragt und Isabella hatte bedauernd den Kopf geschüttelt. „Herr Michelson weigert sich strickt, bei dem von Euch vorgeschlagenen, frivolen Piratenspiel mitzuwirken.“
„Oh nein, wie schade! Ich habe es nämlich letzte Nacht noch meiner Alys mehr oder weniger versprochen. Ihr glaubt nicht, wie weitreichend ihre verdorbenen Fantasien schon ausgeprägt sind. Sie reißt mir den Kopf ab, wenn wir jetzt kneifen, liebe Isabella.“ Unglücklich blickte er sie an und ein stummes Flehen lag in seinen kleinen Schweinsäugelchen. „Was können wir nur tun? Gibt es nicht doch eine Möglichkeit?“

„Tja, ich weiß nicht … doch … vielleicht.“ Isabella spielte ihre Rolle perfekt, alles war ausgetüftelt und vorbereitet. „Ich schlug Herrn Michelson vor, dass Ihr ihm möglicherweise helfen könntet, sich besser auf das Hansetreffen vorzubereiten. Aber eben nur während des Piratenspiels. Das sei Eure Bedingung. Denn Ihr seid ein ehrbarer Kaufmann.“
„Oh ja, das bin ich!“, nickte er eifrig. „ N büschen kann ik wohl beschnacken, dat mokt nix. Nichts Großes, nur ein klein wenig. Aber ich will es so haben wie gestern. Frau Kalaschinkova soll sich meiner annehmen. Mit allem was sie zu bieten hat und mich wieder binden. Ihr und sie seid die Huren und die Herrn Michelson, Walhorn und Lars die gemeinen Piraten, ja? Und meine arme Frau ihre versaute Ehestute. Sie hat es mir gestern noch einmal ausdrücklich gestanden, wie sehr es sie erregen würde, diese Fantasie einmal auszuleben.“
„Wir werden unser Bestes geben, um Eurer bezaubernden Gattin diesen Wunsch zu erfüllen. Und jetzt kommt, das Essen ist fertig und wir wollen uns mit gutem Wein doch noch ein wenig in Stimmung bringen, oder?“
„Unbedingt!“

Alkohol löst bekanntlich die Zunge, so wusste es die Meisterspionin und ihre Augen leuchteten vor Vergnügen, als sie sich zu Tisch begaben.
Gödeke saß zwischen Isabella und Jana, ihnen gegenüber Heinrich, Alys und Lars.
„Was gibt es Neues von Neuwerk, Herr Michelson?“, eröffnete Heinrich freudig erregt das Gespräch. Denn ihm gegenüber hatten sowohl Isabella als auch Jana die Bänder ihrer Kleider vor den Brüsten nur locker gebunden. „Habt Ihr Piraten gesichtet?“
„Nein“, kaute Gödeke zwischen zwei Happen Kalbsbries. „Alles ruhig auf Neuwerk. Das einzig Nennenswerte war die sehr leckere Gänsekeule, die man auf der kleinen Insel serviert.“

Walhorn verschluckte sich an seinem Klumpen Grünkohl und Isabella kniff ihm verstohlen unter der Tischdecke in den Oberschenkel. Doch Michels fuhr fort: „Mitunter kommt ein komischer Vogel vom Turm gesegelt, schnattert laut und hackt mit dem Schnabel Löcher in die Luft. Aber sonst … tote Hose auf Neuwerk. Weit und breit keine Piraten. Auf See hatten wir Glück, denn dichter Nebel herrschte fast die gesamte Fahrt über. Fasst hätten wir Neuwerk verpasst, doch ein Horn blies Signale. Aber sagt, verehrter Heinrich, Isabella vertraute mir an, dass Ihr mir vielleicht helfen könntet, etwas über den Hansetag zu erfahren. Leider bekommen wir in Bergen ja nicht allzu viel mit, suchen aber auch einen zuverlässigen Partner für unsere Geschäfte. Möglicherweise Euch? Ihr versteht?“
Er nahm einen großen Schluck Wein, ließ den Becher auf den Tisch krachen, sodass alle erschrocken zusammenzuckten und Gödeke sich einen tadelnden Blick von Walhorn einhandelte. Hastig warf Isabella ein, dass Herr Michelson nur schon ein wenig das Piratendasein übt, was Thorsteyns Augen noch mehr aufleuchten ließen. Das Gespräch entwickelte sich sehr nach seinem Geschmack, und so überlegte er kurz, wie viel er verraten könnte.

„Tja, was gibt’s zu sagen? Die Hanse leidet schrecklich unter den Vitalienbrüdern. Die Lübecker allerdings am meisten, he he … unter Gödeke Michels, der die Ostsee von Gotland aus beherrscht. Während Klaus Störtebeker mit den Friesen zusammen die Nordsee unsicher macht. Es ist schlimm für uns Hamburger und auch für die Bremer. Erst letztens hatten sie vereinigt mit dem Friesenhäuptling Bengt ten Brok und seiner Halbschwester Maj dem Fürsten Albrecht von Bayern eine deftige Niederlage beschert.“

„Nein, sagt! Eine Frau als Piratin?“, rief Jana entsetzt, „wo gibt’s denn sowas? Wie schrecklich. Maj ten Brok? Hab ich aber dunkel auch schon von gehört.“
„Sie befehligt das größte Schiff der Nordsee, die Baleine und soll eine überaus attraktive Frau sein. Halbneapolitanierin, wie man hört, und die Freuden des Lebens sehr zu genießen wissen. Aber egal!“, er seufzte und fast schwang ein wenig Sehnsucht mit. Sodann räusperte er sich und trank ebenfalls einen großen Schluck Wein, ja leerte den halbvollen Becher in einem Zug und knallte ihn ebenfalls auf den Tisch.
„Heinrich!“, rief Alys, „wie verwegen!“
„Oh ja, das bin ich! Schenk nach, mein Weib, heute wollen wir unsittlich sein.“

Keine Frage, Thorsteyn kam in Stimmung und es würde nicht mehr lang dauern und man würde umziehen in den Keller. Nach einer Weile hakte Gödeke aber nach: „Und dagegen will die Hanse nun etwas unternehmen, und trifft sich genau deswegen.“
„Genau! Und es ist ja kein Geheimnis, und deshalb kann ich es Euch ja auch ruhig erzählen. Wir werden mobil machen, gegen das Piratenpack!“
„Das wird aber eine Menge Geld kosten“, warf Walhorn geschickt ein und traf natürlich sehr genau Thorsteyns wunden Punkt. Der hob prompt beide Arme an, zog eine Grimasse und meinte, dass das nicht sein Problem sei, sondern das der Lübecker, sollen die doch bezahlen, zusammen mit den reichen Städten im Osten der Ostsee. Danzig, Riga, Nowgorod, er selbst hätte schon genug Verluste eingefahren. Und auch genug zu tun in der Nordsee mit Störtebeker, den ten Broks und den Friesen. „Meint Ihr wirklich, Lübeck zahlt auch nur einen Kreuzer, wenn Hamburg den Friesen den Marsch bläst?"

Das Gespräch war an einem gefährlichen Punkt angelangt und Jana entschied, dass es nun an der Zeit sei, die Reißleine zu ziehen. Sie zupfte an den Brustbändern ihres Kleides und meinte mit verführerischer Stimme, dass sie nun Lust hätte, wieder in den Keller zu gehen, da hätte es ihr gestern sehr gefallen, ob sie nicht jemand begleiten wolle? Dabei leckte sie sich langsam über die Lippen und schmachtete Thorsteyn an. Alys keuchte laut auf. „Oh ja, Heinrich, bitte, lasst uns wieder alle zusammen in den Keller gehen, ja? Bitte!“

Der Moment des Handelns war gekommen. Thorsteyn blickte neugierig zu Herrn Michelson hin und es geschah etwas. Aber anders als der Hansemann es sich vorgestellt hatte. Dass Gödekes Augen sich verdunkelten, sah er noch sehr genau, als aber im nächsten Moment die Hölle losbrach, ward er doch sehr erschrocken und riss die Augen auf. Denn Lars war aufgesprungen und packte Thorsteyn am Schlawittchen, zerrte ihn aus dem Stuhl, während der Walfischjäger sich Alys schnappte, sie aus dem Zimmer schleppte und Gödeke Isabella und Jana an den Handgelenken mit sich zog. „Na los, ihr Huren!“, rief er, „mitkommen!“
Das Rollenspiel begann.

„Ich bin Gödeke Michels!“, rief Käpt`n Walhorn als man Heinrich seiner Klamotten beraubt und ihn nackt an den Balken gebunden hatte. „Der gefürchtete Anführer der Piraten! Und ihr mein lieber Heinrich, seid uns nun ausgeliefert. Seit Monaten schon haben wir keinen nackten Weiberarsch mehr gesehen und werden uns jetzt eure Ehehure schnappen. Wie heißt die Schlampe?“
„Alys …“, keuchte Thorsteyn und der Schweiß brach ihm aus. Denn Jana löste die Brustbänder und zog sich vor seinen Augen langsam und hüftschwingend das Kleid herunter. „Ihr werdet Euch doch nicht an meiner Frau vergehen? Sie ist eine ehrbare Dame, werter Herr Pirat.“

Statt einer Antwort hörte er ein Geräusch, das alle im Raum bis ins Mark erregte. Lars hielt der Hausherrin mit festem Griff die Hände hinter dem Rücken gepackt und Gödeke riss ihr mit einem einzigen Ruck vorne das Kleid auf. Das Ratschen erfüllte den Raum und die vielen Knöpfe kullerten über den Steinboden und die schöne Frau stand nackend und entblößt da.

„Was ist denn das für ein Busch!“, schimpfte Walhorn und zeigte auf Alys‘ Schritt. „Seht Euch die Kalaschnikova an, so sieht eine echte Hure aus. Blank rasiert.“
Niemand wusste den Blick recht zu deuten, die Jana dem Walfischfänger zuwarf, doch zweifellos schwang auch Lust darin mit. Walhorn konnte sich nur mit Mühe ein Grinsen verkneifen und fuhr fort: „Und Ihr, Isabella, zeigt dem Kaufmann, dass auch Ihr eine wahre Hure seid. Kleid hoch!“

Nur zu gerne kam die Meisterspionin dieser schamlosen Anweisung nach, sie liebte es, ihre süße Möse herzuzeigen. Langsam hob sie vor den Augen aller ihr Kleid an, entblößte makellose Schenkel, stellte die Füße ein wenig auseinander und höher glitt der Saum. Hoch bis über den Bauch. Sodann wog sie sich in den Hüften, zeigte sich her und bot sich an. Mit einem Schritt war Walhorn bei ihr und fasste ihr mit ganzer Hand roh zwischen die Beine. Energisch drückte er die junge Frau an einen Balken und führte ihr, ohne lange zu fackeln, zwei Finger in das überlaufende Loch. Erregt stieß Isabella einen spitzen Schrei aus. Mit solch einer entschlossenen Attacke hatte sie wahrlich nicht gerechnet. Der Kapitän spielte seine Piratenrolle ausgezeichnet.

Auch Jana blieb nicht untätig. Sie kratzte mit spitzen Fingernägeln an Heinrich entlang, packte sein zuckendes, kleines Gummischwänzle mit ganzer Hand und hauchte ihm versaute Worte ins Ohr. Rieb ihre prallen Brüste an dem Hansekaufmann. Hart standen ihre Nippel hervor. Keine Frage, der hübschen, blonden Litauerin gefiel das ungewöhnliche Machtspiel und sie stellte die schwarzen, kniehohen Stiefel ein wenig weiter auseinander.
Walhorn fand Gefallen an seinem Fingerspiel bei Isabella, wollte mit der Befragung aber noch ein Weilchen abwarten bis auch Lars und Gödeke mit Alys soweit waren. Die nämlich wurde jetzt gezwungen, auf dem Steinboden kniend, die harten Masten der beiden Herren oral zu verwöhnen und weiter in Stimmung zu bringen.

„Nehmt sie!“, keuchte Heinrich, denn auch Jana war nun vor ihm in die Hocke gegangen. „Fickt mein Eheweib! Hier vor meinen Augen. Ich will es sehen. Verdammt, macht mich das an! Das gibt’s doch gar nicht!“
Sein Blick huschte aufgeregt hin und her zwischen Alys und Isabella. Jetzt war der Moment gekommen und Walhorn fragte mit eiseskalter Stimme: „Wann fällt der Deutsche Orden auf Gotland ein?“

Dass er es nun war, der ‚verhört‘ wurde, schien Heinrich Thorsteyn noch mehr zu erregen, als das was er mit eigenen Augen sah. Die Piraten und ihre Huren machten ernst. Sein Glied hatte sich vollends aufgerichtet und siehe da, es war doch recht stattlich.
„Nehmt Euch mein Weib, nehmt sie ran, Ihr alle!“ stöhnte er wie besessen, Schweißtropfen rannen ihm aus den Achselhöhlen die Seiten herunter. „Der Deutsche Orden? Ja … Im Winter 1397/98 wird der Hochmeister des Deutschen Ordens, Konrad von Jungingen, mit einer riesige Flotte, die er an aller Stille zusammenstellen will, angreifen.“

Gödeke Michels hielt den Atem an. Er musste sich abwenden, damit niemand erkennt, wie er eine Gänsehaut bekam. So sorgte er dafür, dass Alys lauter stöhnte. „Mach das vernünftig, Hure!“, rief er, „was bist du denn für eine miserable Flötenspielerin?“
Laut klatschte sein mächtiges, nasses Teil der Dame links und rechts auf die Wangen und Ohren, während Lars sein Rohr tief in ihren Rachen schob. Sätze, die Heinrich noch mehr erregten und Walhorn die nächste, extrem wichtige Frage stellen ließ: „Wie viel Mann?“
„4.000 Mann in voller Rüstung und schwer bewaffnet, dazu 400 Pferde!“
„Wie viel Schiffe?“
„84!“
Gödeke zog Alys hoch, drückte sie an sich, biss ihr, um einen Ausruf zu vermeiden, in die Schulter und krampfte ihr beide Hände um die Arschbacken. Er drückte so dermaßen heftig zu, dass sie aufschrie. Vor Schmerz. Diese Nachrichten war Gold wert, eine Schicksalsnachricht, wie er sie nicht erwartet hatte. Auch Walhorn war erschrocken über die geballte Macht, die der Deutsche Orden aufzufahren gedachte. Er bog Isabella bäuchlings über mehrere Gewürzsäcke, aus denen es nach Nelken, Koriander, Thymian, Pfeffer, Zimt, Muskat und Safran – Kostbarkeiten, die von fernen Ländern erzählten und die Sinne verführten – roch. Er zog ihr das Kleid über den Kopf, warf es auf einen der Säcke und klatschte mit seinem eigenen gegen ihren Hintern, bevor er seinen Rührstab a tergo in sie einführte. Hell leuchteten die Tätowierungen auf, deutlich war das: wie die Schweine zu erkennen und auch die Signatur des mit dem Zipfe, Wylandt aus den Alpen, glänzte in allen Farben. Auch Isabella musste erregt sein wie selten zuvor. Man hätte die Kerzen löschen können und es wäre dennoch hell gewesen, so stark leuchtete es auf ihrer Haut.

Alys Schmerzensschrei und Janas Behandlung raubte Heinrich zusehends die Sinne. „Da Winrich von Kniepode leider tot ist, wird die Armada unter der Führung Johann Pfirts von Danzig aus starten.“
„Danzig?“ fragte Walhorn keuchend. „Nicht Riga?“
„Nein! Das ist ja gerade der Clou. Niemand rechnet damit, am wenigsten natürlich die Likedeeler.“
„Genau, und am wenigsten wohl ich, Gödeke Michels“, rief der Käpt`n. „Gut Männer, fickt die Kaufmannsfrau durch. Ihr zuerst, Lars!“
„Jaaaaaaa!“, schrie Heinrich, "nehmt die Fotze ran! Erfüllt ihr ihre versauten Fantasien." Und es stand zu befürchten, dass er sich bereits schon zu entladen gedachte. Doch soweit durfte es nicht, zumindest im Moment noch nicht, kommen. So ließ Jana von ihm ab, richtete sich auf, packte mit beiden Händen seinen Kopf und küsste ihn gierig ab.
Schließlich fragte sie honigsüß: „Wer aber soll das alles bezahlen?“ Verlockend sah sie ihm in die Augen. „Der Deutsche Orden steht doch für Armut und Keuschheit. Das passt doch irgendwie nicht Recht zusammen, oder? Mag ja sein, dass sie über ein großes Heer verfügen, mit dem sie die Gebiete im Lewland erobern, aber eine Armada? Das kriegen sie nie zusammen.“

„Stimmt!“, grunzte Heinrich, denn Jana hatte ihm energisch an den Eiern gepackt. „Die Kirchenmänner wollen, dass wir ihnen die Invasion finanzieren. Und sie dafür die Piraten abschlachten. Und danach die Insel behalten. Margarete von Dänemark hat da wohl auch schon ein Auge drauf geworfen.“
„Ein gutes Geschäft für alle!“, raunzte Gödeke und trat von hinten an Jana heran, knetete ihr vor Heinrichs Augen die Brüste, sodass der wahre Stilaugen bekam. „Ein Geschäft, wo ich aber nicht weiß, ob ich, Gunnar Michelson aus Bergen in Norwegen, mich anschließen soll. Was interessiert mich die Ostsee? Ich bin Nordseefahrer.“
„Für den Fall, dass der irre Michels entkommt, wird er sich in die Nordsee absetzen, und dann habt ihr ein Problem! Störtebecker soll angeblich schon eine Friesin geehelicht haben, und Maj ten Brok wird sicherlich Gefallen an dem Anführer der Vitalienbrüder finden. Gödeke soll ja ein wahrer Weiberheld sein, der sie alle flachlegt.“

Worte, die Alys den ersten Orgasmus des Abends in den Keller schreien ließ, so hart und gierig wurde sie von Lars und seinem Elefantenrüssel besprungen. Ein Höhepunkt, den Heinrich auch gerne erleben würde, doch leider musste er nun mit ansehen, wie sich der Herr Michelson aus Bergen von Janas Bergen verabschiedet hatte und sie ebenfalls kurzerhand auf einen Stapel Säcke geworfen hatte, ihre hohen, schwarzen Stiefel auf seinen Schultern und er mit seinem harten Pfahl in sie hinein stieß.

Einige Stunden später saßen sie im Mondschein auf der Terrasse beisammen, ein großer Krug Wein aus Mittelfranken auf dem Tisch, die Tonbecher randvoll gefüllt und Alys meinte verträumt und an Heinrich gekuschelt, wie sehr ihr dieses atemberaubende Spiel unten im Keller gefallen hatte und ob man es nicht wiederholen könnte.
„Von mir aus sehr gerne“, hatte Heinrich geantwortet, ob die Gäste wohl Spaß daran hätten, noch ein Weilchen in der Villa ihren Aufenthalt zu genießen?
„Unter einer Bedingung!“, sprach Gödeke und schob die Hand in die Hosentasche, holte etwas hervor. „Unsere drei Damen werden ein Zeichen tragen, ein Symbol. Was meint Ihr Heinrich, wäre das eine feine Idee?“
Thorsteyn nickte begeistert und Gödeke erhob sich, er trat vor Isabella und zog sie aus dem Stuhl. Er nahm ihre rechte Hand, blickte ihr in die Augen und steckte ihr einen Ring auf. Einen Ring, bestehend aus zwei ineinander verwobenen Schiffstauen und einem … Seepferdchen. Der Schwanz des possierlichen Tierchens war aus purem Gold gefasst. Ansonsten bestand der Ring aus schwarzem Metall.
Gerührt strahlten Isabellas Augen auf und Gödeke konnte erkennen, wie das Tattoo unter den Bändern ihres Kleides aufleuchtete. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und der Kuss, den sie ihm schenkte, war an Sinnlichkeit und Hingabe nicht zu überbieten.
„Danke!“, hauchte sie ihm ins Ohr. „Nun bin ich Dein!“
„Und Du mein!“, flüsterte er zurück. Wandte sich dann aber Jana zu, zog sie ebenfalls aus dem Stuhl, nahm ihre rechte Hand und steckte auch ihr einen schwarzen Ring auf. Der aber war mit einem anderen Symbol versehen. Einem aus Gold gefertigtem ‚L‘, das sowohl für ihr geliebtes Lewland stehen konnte als auch für Likedeelerin. Der nach oben ragende Teil des Buchstabens hatte verblüffende Ähnlichkeit mit einem harten Männerschwanz, deutlich war die Spitze geformt und ließ sogar das Bändchen erkennen. Auch Jana bedankte sich mit allen Gefühlen und er flüsterte: „Meine Vitalienschwester!“ Und sie: „Mein Pirat, mein Anführer!“

Kurz darauf war auch die dritte im Bunde an der Reihe. Gödeke steckte Alys ihren eigenen Ring an den Finger. Nur dass die ehemals schwarze Muschel jetzt ebenfalls in Gold gefasst war. Genauer gesagt, die Sandklaffmuschel - weil Gödeke gerne ihre klaffende Spalte betrachtet, wenn sie vor seinen Augen genussvoll die Beine breit macht. Ihren Ring hatte sie ihm bereits gestern schon ausgehändigt.
„Eine für alle!“, rief Alys lüstern und die anderen beiden Mädels fielen mit ein: „Alle für einen!“
Thorsteyn lachte vergnügt auf. „Drei für alle! Fast könnte man meinen, wir sieben seien echte Piraten.“
Wenn du wüsstest, dachte Gödeke, wie recht du doch hast, und seine Augen verdunkelten sich abermals.


© Walhorn, April 2018
Der Drang nach Freiheit – Marlis (28)
Eine Woche später war Engelin stark genug, um zu reisen. Fünf Personen machten sich gemeinsam per pedes auf den Weg nach Hamburg. Jan Michel sorgte immer dafür, dass Engelin ihn im Blick hatte, machte sich groß, zeigte ihr, dass er ein guter Beschützer war. Klein Piet fühlte sich wohl bei ihm und das Verhältnis zwischen Engelin und ihm wurde immer vertrauter. Engelin hatte Schmetterlinge im Bauch.

Die Reise sollte ungefähr eine Woche dauern. Jan Michel gefiel auch Marlis immer besser. Er hatte beteuert, die Seefahrerei aufzugeben (die christlichen Seefahrernationen würden es ihm bestimmt danken) und in Lüneburg in das Salzgeschäft seines Bruders einzusteigen. Er war entschlossen, Engelin zu heiraten und Piet wie sein eigenes Kind aufzuziehen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, sah ihn verliebt an, versuchte sich bereits vorzustellen, wie er sich anfühlte.

Zunächst folgten sie dem Lauf der Elbe, zogen den Treidelpfad elbaufwärts. Weit kamen sie nicht, das Hochwasser hatte den Pfad gefährlich unterspült. Also bogen sie Richtung Süden ab und schlugen einen Bogen um den Fluss. Die Vögel zwitscherten, die Bäume schlugen aus, erstes Grün machte sich breit. Die Stimmung war heiter. Klein Piet gluckste fröhlich.

Am zweiten Tag schlug die Stimmung urplötzlich um. Von einer Minute auf die andere hörte das Vogelgezwitscher auf, es war schlagartig so still, dass Marlis ihren Atem hören konnte. Sie verließen einen Wald und stießen auf ein kleines Dorf. Kein Mensch weit und breit, die kleinen strohgedeckten Hütten machten einen desolaten Eindruck. Das einzige Geräusch das zu hören war, war das Summen von Fliegen.

Marlis wurde blass, hielt Piet an der Schulter zurück. „Geh nicht weiter. Irgendetwas stimmt hier nicht!“ Piet hielt schlagartig an, hielt Jan Michel zurück. Ein süßlicher, ekelerregender Geruch machte sich breit. Links befand sich ein kleiner Gottesacker mit viel frischer, aufgeschütteter Erde. Am Rande einer Hütte lag ein Körper. Marlis ging sehr vorsichtig darauf zu, sah ihn sich an, berührte ihn nicht, kam zurück.

„Hier war die Pest. Die alte Frau ist tot und vermutlich lebt hier niemand mehr. Wir sollten schnell weiterziehen.“ Sie würgte. Um das Szenario noch zu untermalen rannten einige wirklich fette Ratten aus einer Hütte, gejagt von klapperdürren Hunden, denen der Wahnsinn in den Augen stand. Zumindest beachteten die Hunde die Gruppe nicht. Es stank süßlich nach Verwesung. Vorsichtig umrundeten sie das Dorf, versuchten auszuweichen.

Direkt auf dem Weg lag ein riesiger Bulle, sah sie aus trüben Augen an. Sein Fell war völlig verdreckt. Marlis behielt ihn argwöhnisch im Auge und sie versuchten, vorsichtig an dem Tier vorbeizukommen. Der Bulle stand auf, wankte, die Hinterläufe gaben nach. In seinen Augen lag eine dumpfe Wut. Vor seinen Nüstern stand weißlicher Schaum, er schaffte es, zitternd aufzustehen. Er riss sein Maul auf und schrie unterirdisch. Marlis bekam solche Panik, dass sich bei ihr ein paar Tropfen lösten. Der Bulle rannte auf die Gruppe zu, sie stoben auseinander. Engelin war nicht schnell genug, sie hielt den kleinen Piet an sich gepresst. Sah den Bullen auf sich zurennen, schrie „FANG“ und warf den kleinen Piet Jan Michel zu, der ihn tatsächlich sicher auffing.

Der Bulle erwischte sie mit voller Wucht, sie flog durch die Luft, kam auch noch unter seine Hufen. Piet hatte seinen Säbel gezückt und rannte so schnell er konnte auf den Bullen zu, stieß ihm die Klinge in den Hals. Der Bulle riss seinen Kopf rum, erwischte Piet mit dem Horn, verletzte ihn. Ihr Blut vermischte sich. Zuckend verendete das Tier.

Sie rannten zu Engelin, die lag seltsam verdreht auf dem Boden, rang um Luft. Ihre Lippen wurden blau, rosa Blasen erschienen vor ihrem Mund. Sie versuchte zu reden, konnte aber nicht. Es dauerte nicht lange, bis Gott sie zu sich rief.

Marlis weinte, Jan Michel brüllte voller Wut, Piet war leichenblass, der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. Sie versuchten, Engelin zu bestatten, hatten aber keine Schaufel, kein Werkzeug und wollten es nicht riskieren, ins verseuchte Dorf zurückzukehren. Also hoben sie mit Stöcken und bloßen Händen eine schmale Grube aus, wickelten Engelin so gut es ging in eine Decke und ließen sie schweren Herzens zurück.

In der Nacht darauf loderte das Feuer hell, sie saßen stumm und bestürzt herum und weinten. Am nächsten Morgen wurde Piet wach, sah sich um. Marlis lag neben ihm, den kleinen Piet im Arm, um ihn zu wärmen. Jan Michel Hinnerk Kotzebue war weg. Spurlos verschwunden. Piet machte sich auf die Suche nach ihm, traute sich aber nicht vom Lager weg weil er Marlis keinesfalls alleine lassen wollte. Er rief nach Jan Michel, bekam aber keine Antwort.

Marlis lag mit offenen Augen in die Decken gerollt. „Das Rufen kannst Du Dir sparen, er hat sich letzte Nacht weggeschlichen.“

Piet schäumte vor Wut, Marlis beruhigte ihn. „Besser er läuft jetzt weg, als wenn er das Baby irgendwann in Stich lässt. Ich hätte ihn aufhalten können, aber wozu? Wir versuchen einfach, den kleinen Piet am Leben zu halten. Also wir brauchen auf jeden Fall Milch. Vielleicht finden wir im nächsten Dorf eine Amme. Wie geht es Deiner Verletzung?“

Piet schaute auf seinen verletzten Arm. Eigentlich war es ja nur eine Schramme, aber die Wundränder sahen entzündet aus und die Stelle pochte. „Wird schon gehen. Wir müssen weiter. Gib mir den Kleinen, Du sollst ihn nicht die ganze Zeit tragen.“

Der kleine Piet brüllte vor Hunger, Piet versuchte, ihn zu beruhigen. Stunden später kamen sie ins nächste Dorf und fanden wirklich eine Frau, die gerade stillte und bereit war, dem Baby etwas Milch abzugeben.
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