Ells - Von Halunken, Kellern und Fässern
Draußen war es dunkel geworden. Befreit nahm Ells einen tiefen Atemzug. Noch ließ sie die muffige Kopfbedeckung des Umhangs von ihren frischgewaschenen Haaren, die sie gerade mühsam an einem der Feuerstellen, über denen das Wasser für die Zuber erhitzt wurde, getrocknet hatte. Paulus war wenig begeistert von ihrer offenen Haarpracht, die ihn zu kitzeln schien. Er schnaubte mehrfach empört. Half nichts, Ells hatte auch zuhause oft die Nebelnässe dazu benutzt, ihre Locken so mehr Form zu verleihen. Von weitem sah man trotz der Dunkelheit anhand ihrer Haarfarbe genau wo sie entlang lief, etwas orientierungslos, denn immer noch fehlte ihr die Unterkunft. Die Fischerin schien ein gutes Auskommen zu haben, wenn sie zum Baden den Bader aufsuchte. An der Fischerkate brauchte sie nicht anzuklopfen. Sie müsste einfach einen Gasthof finden, der allein reisenden Weibsleuten Kost und Logis bot.
In Gedanken versunken nahm sie die rasch näher kommenden Schritte in der Gasse hinter sich nicht wahr. Bis es zu spät war, die Schritte richtig einzuordnen. Eine eiserne Hand kam aus dem Nichts und schleuderte sie an die nächste Wand. Diese Hand hielt sie an ihrem Hals fest. Die Fingerspitzen drückten dabei ihren Kehlkopf leicht nach innen, dass ihr das Atmen nicht nur schwer fiel, sondern unmöglich wurde. Gleichzeitig lehnte sich die ganze Gestalt des Angreifers gegen sie. An Gegenwehr war nicht zu denken.
"Glaube nicht, dass Du an uns vorbei kommst!", sagte eine tiefe Stimme, die eher mit Reißnägeln, als mit Samt beschlagen schien, direkt neben ihrem Ohr. Das Frettchen hatte sich heillos unter der Kapuze verheddert und konnte diesmal nicht zur Hilfe beißen.
"Ede Wymken schickt mich. Du wirst morgen bei ihm erscheinen. Denk nicht einmal daran, nicht zu kommen. "
Seine freie Hand wanderte über ihren Körper und der Druck um den Hals löste sich unmerklich. „Im ‚Goldenen Einhorn‘ wirst Du ihn finden, nicht in dieser Gosse hier. Vielleicht findest Du dort noch mehr. Als Frau… die Betten scheinen mir genau für Dich gemacht dort.“
Als Antwort machte sie sich stocksteif, presste ihre Beine fest zusammen. Ließ ihren Geist wandern. Zurück, ganz weit, an den Anfang ihrer Ehe.
Mit Achtzehn wurde sie mit Joseph Strubhaver vermählt. Er zeigte unendlich viel Geduld mit seiner jungen Frau - aber sie nicht immer mit ihm. Als er sie eines Abends wieder nach dem Tagwerk warten ließ, hüllte sie sich über ihrem Nachtgewand in ein Tuch, nahm einen Leuchter in die Hand und machte sich auf die Suche im Weinkeller, wo sie ihn vermutete.
Der Winzerhof lag direkt neben Weinbergen und ein Ahne von Strubhaver hatte den Weinkeller wie einen Stollen in den Berg getrieben, ausgekleidet mit dem roten Sandstein der Pfälzer Berge. Sie musste nicht weit hineingehen, um anzufangen zu frösteln. Draußen noch ein milder Sommerabend, drinnen schon kalt genug, sie mit einer dünnen Gänsehaut zu überziehen. Weit hinten sah sie flackernden Lichterschein, dort musste Joseph sein. Und wirklich hatte sie ihn hochkonzentriert in seine Arbeit zwischen Fässern und Apparaturen stehend gefunden.
"Joseph!"
Ihr Ausruf machte ihn auf sie aufmerksam. Unwirsch hatte er die Augenbrauen zusammengezogen.
"Was machst Du hier?", hatte er zwischen den Zähnen durchgepresst. "Ich hatte ausdrücklich gesagt, Du sollst im Schlafgemach auf mich warten."
Darauf wies er auf ein liegendes Weinfass, über dem ein Ziegenfell lag. Erstaunt, ihn so zornig zu erleben, machte sie unverzüglich, was er verlangte. Noch hatte sie geglaubt, sie solle sich darauf setzen, um zu zusehen, wie er seine Arbeit fertig machen würde. Weit gefehlt. Er wies sie an, sich bäuchlings auf das Fass zu legen und kam zu ihr. Als er ihr Hemd anhob, schwante ihr bereits, was er beabsichtigte, war aber zu stolz, sich der Bestrafung zu entziehen. Joseph betrachtete das entblößte helle Hinterteil seiner jungen Frau. Sollte er wirklich? Innerlich seufzte er und beschloss es zu tun. Es war viel zu gefährlich, seiner Gattin das durchgehen zu lassen. Keiner durfte wissen, womit er experimentierte, warum sein Wein so viel besser schmeckte, als die Weine der Konkurrenz. Sich gegen das Verbot des Kaisers der Schwefelung zu stellen, würde sonst für ihn den Tod bedeuten, ebenso für seine neugierige Frau. Er war im Augenblick auch etwas neugierig. Wie würde sie gleich reagieren? Er holte weit aus mit seiner Hand und konnte alsbald die Abdrücke seiner Finger von ihrer geröteten Hinterbacke ablesen.
"Hast Du verstanden?"
Ells murmelte etwas Unverständliches.
Ein zweiter – in seinen Augen zärtlicher - Schlag traf ihre andere Backe.
"Und jetzt?"
"Ja...."
"Wie bitte?"
Klar und deutlich hatte Ells endlich ein "Ja, mein Herr!" vernehmen lassen. Sie imitierte instinktiv, was auch eine der Mägde besonders gerne betont gegenüber Joseph antwortete. Joseph zauberte diese Entgegnung unerklärlicherweise immer ein zufriedenes Lächeln aufs Gesicht.
Ells rappelte sich auf. Fehler.
"Habe ich Dir erlaubt aufzustehen?" herrschte er sie an.
Das Muster seiner Finger legte sich sogleich 90 Grad über den ersten Abdruck. Ells hatte ein Schniefen von sich gegeben, traute sich aber nicht mehr, aufzustehen. Er ließ sie wirklich auf diesem Fass liegen, mit der Anweisung, die Beine dabei zu öffnen, damit er während seiner Arbeit immer wieder einen Blick auf ihre wirklich überraschend glitzernde Mitte werfen konnte. Sie war endgültig verwirrt über das Verhalten und Verlangen ihres Gatten und die Reaktion ihres Körpers, der eine unerklärliche Lust verspürte. Ihr kam es endlos vor, auf dem Fass zu liegen, dabei hatte ihr Aufenthalt im Keller bisher vielleicht solange gedauert, wie Mägde die Butter schlugen.
"Steh auf!" Joseph Stimme hatte so seltsam geklungen, aber das war ihr egal gewesen. Sie richtete sich rasch auf. Die Kühle im Keller hatte ihre Rückseite rasch wieder heller werden lassen. Der ständige Luftzug im Weinkeller war zwischen ihre Beine gefahren und hatte ihre überraschend pochende Mitte umschmeichelt, wie es Tage zuvor Josephs Lippen schon vorsichtig getan hatten.
Er hatte sie selbst wieder auf das Fass gelüpft, nahm die Fesseln seiner jungen Frau in die Hand, strich von ihren Knöcheln langsam nach oben und drückte dabei ihre Schenkel weit auseinander, bis seine Zunge ihren Honig erreichte, das süße Labsal ihrer sündigen Nächte. Sie hatte gejuchzt. Diesen Joseph hatte sie vermisst, den anderen gefunden. Er richtete sich rasch auf, nestelte an seiner Bruche, bis das Kleidungsstück in seinen Kniekehlen hing und sein mächtiges männlichstes aller Körperteile sich selbst den Weg wies. Er hatte sich an ihr gerieben, bevor er ihre auslaufende Tiefe erkundete, sich selbst in sie ergossen, bis beide erschöpft fast vom Fass rollten. Zum Glück konnte keiner in der Nacht ihre Lustschreie hören. Joseph hatte penibel darauf geachtet, dass der Weinkeller von innen verriegelt war. Genauso wie in den vielen kommenden Nächten, in denen Joseph seine Frau weiter lehrte, auch die Strenge seiner Hand zu lieben.
"Wie wird es Dir gefallen, am Pranger zu stehen?“ Die Stimme holte sie ins Jetzt zurück, „Glaubst Du, irgendwer wird Dich nachts schützen, wenn Du dort bist? Mach besser, was Wymken will und wenn Du zu mir oder ihm oder uns beiden ein bisschen nett bist, wird es Dein Schaden nicht sein…“
Die Hand um ihren Hals lockerte sich weiter. Auch die Hand an ihrem Leib zog sich zurück. Dafür näherte sich ein Messer bedrohlich ihrem Hals. Ells spürte die Spitze etwas ihre Haut anritzen. Sie spürte, wie ihr die Kette mit der Münze von dem Halunken mit einem Ruck entrissen wurde.
"Das ist mein Pfand, dass Du morgen auftauchst. Vergiss den Pranger nicht. Uns wird schon eine schöne Begründung für den Henker einfallen, dass er sich gründlich um Dich kümmert. Außer Du führst uns nach Vineta…"
Damit ließ er von ihr ab und verschwand wieder in der dunklen Nacht. Ells blieb alleine zurück und holte tief Luft. Was nun? Hatte sie ihr Spiel zu weit getrieben? Drei Gestalten kamen an ihr vorbei. Sie hätte jauchzen können - der Lütte Hannes und Brubär - dazu einer der Mägde vom Eysernen Nagel. Vielleicht wäre bei deren Ziel auch ein trockenes Lager für sie drin? Kurz folgte sie ihnen, ohne sich weiter bemerkbar zu machen.
© mariediv 1/2018