Regen prasselt auf mein Autodach.
Das monotone, trommelnde Geräusch der dicken Tropfen übertönt mein leises Schluchzen.
Es ist dunkel und die Umgebung wird lediglich durch das wiederkehrende Aufleuchten der Warnblinkanlage erhellt.
Ich sitze allein in meinem am Straßenrand stehenden Wagen irgendwo im nirgendwo.
"Nicht auch das noch" , denke ich, als ich den erneuten, sinnlosen Versuch starte, mein Auto endlich zum Laufen zu kriegen. Ich drehe den Schlüssel im Schloss herum und hoffe. Zur Antwort erhalte ich lediglich ein lautes, kratziges Geräusch, dann ein Gluckern, dann Stille.
Es klingt als wollte mein Wagen mich auslachen, verhöhnen. Frustriert haue ich mit voller Wucht auf das Lenkrad.
Verzweifelt lasse ich den Kopf nach hinten fallen, schließe die Augen und atme tief durch. Im Kopf gehe ich meine Optionen durch. Da der Akku meines Handys leer ist, kann ich keine Hilfe rufen.
Zu Fuß zurück zu meinem Freund, nein Moment - meinen Ex-Freund, laufen? Auf gar keinen Fall!
Außerdem regnet es in Strömen.
Noch während ich so dasitze und nachdenke, blendet mich Scheinwerferlicht im Rückspiegel.
Der herannahende Pick-Up wird langsamer und kommt hinter mir zum stehen.
Gott sei Dank, denke ich und steige ungeachtet des Regens aus meinem Wagen.
Der Fahrer des Pick-Ups steigt ebenfalls aus und kommt mir entgegen. Er hat die Scheinwerfer angelassen und so kann ich nur seine Silhouette erkennen: ein groß gewachsener, stämmiger Typ kommt breitbeinig auf mich zu.
"Brauchen Sie Hilfe?", fragt er mich. Seine raue, tiefe Stimme lässt unwillkürlich einen Schauer über meinen Rücken laufen oder lag das nur am Regen?
Je näher er kommt, desto besser kann ich ihn erkennen. Er trägt eine Jeans und eine Lederjacke über einem schlichten weißen Shirt, welches sich über seine Brustmuskulatur spannt.
Wie gebannt beobachte ich wie die Regentropfen den weißen Stoff mit dunkleren Kreisen verziert, die seinen braungebrannten Hautton durchscheinen lassen. Es hat etwas sehr beruhigendes, meditatives. Etwa einen halben Meter vor mir bleibt er stehen.
Ich muss ein komisches Bild abgeben, wie ich so mit tränenverschmiertem Gesicht vor ihm stehe und auf seine Brust starre, während der Regen uns beide durchnässt.
"Geht es Ihnen gut?" Ohne eine Antwort abzuwarten, zieht er seine Lederjacke aus und hängt sie mir über die Schultern. Der herbe Duft von Leder gemischt mit Aftershave steigt in meine Nase.
Mein Blick fällt auf seine nun freien Oberarme, die über und über mit Tattoos versehen sind.
Ich weiß nicht, was mit mir los ist, aber ich kann nur da stehen und starren. "Am besten ich nehme Sie erst Mal mit." Er runzelt die Stirn ehe er mich behutsam, aber bestimmt an den Schultern zu seinem Wagen schiebt und hinein befördert.
Nun sitze ich hier neben diesem Unbekannten auf dem Beifahrersitz und fahre mit ihm weiß Gott wohin.