Mit dem Einstieg in eine Kurzgeschichte, "Der Zaubergarten", die ich 2017 verfasst habe, kann ich vielleicht am besten deutlich machen, was für mich Kopfkino bedeutet, die Kraft der eigenen Fantasie und Bilder, die aus Worten entstehen und sich zu wunderbaren Bildern zusammenfügen, die - in erotischer Hinsicht - anregend und sinnlich stimulierend sind, viel intensiver, als es beispielsweise Erotikfilme vermögen.
Jetzt aber der Einstieg zu meiner Geschichte, garantiert jugendfrei:
Der Zaubergarten
„Na, gefällt dir mein kleines Paradies?“
Wie ein ertappter Voyeur zuckte ich zusammen, als mich die weiche Stimme einer fremden Frau aus meinen Träumen riss.
Schon oft war ich mit dem Auto an diesem etwas abseits hinter den Alleebäumen am Ende eines schmalen Fußpfades liegenden Anwesen vorbeigefahren. Hatte mit den Augenwinkeln den fast toskanisch wirkenden Charme der hinter einer mannshohen, weißgetünchten Mauer nur zu ahnenden Gebäude eingefangen, einen flüchtigen Blick durch das eiserne Tor erhascht, das jetzt, im Sommer, wie ein kleines Fenster am Meer meine Sehnsucht geweckt hatte, die Pracht des satten, alles zu überwuchern scheinenden Grüns und der ungezählten Farbtupfer eines blühenden Ozeans ganz aus der Nähe betrachten zu wollen.
Oder war es dieser kobaltblaue Sonnenschirm, der mich angezogen hatte wie ein Magnet, der im Winter den einzigen, farbigen Akzent setzte und jetzt, im Sommer, so verloren wirkte inmitten dieses verschwenderischen Meeres aus allen Farben der Natur?
Ja, ich war überzeugt, dass hier niemand mehr leben würde, dass dieses Anwesen von Menschen verlassen war, sich selbst überlassen, der ursprünglichen, urgewaltigen Kraft des Dschungels – und das auf einer kleinen, verwunschen wirkenden Insel, umgeben von der Monotonie endlos wirkender Getreidefelder.
Und jetzt, an diesem sonnigen warmen Tag, jetzt hatte ich ein Ziel, als ich den entlang der Alleebäume verlaufenden Radweg befuhr, mein Fahrrad die letzten Meter bis zum Tor über den groben Kiesweg schob, das Rad an die Mauer lehnte, mit den Händen die Streben des eisernen Portals umklammernd erst einmal tief durchatmete, die Augen schloss, um dann all die betörenden, sinnlichen Düfte von Oleander, Jasmin und Rose zu genießen, sie einzusaugen, zu träumen, mit meinen Ohren dieses polyphone Summen und Brummen des Flügelschlags der Bienen und Hummeln, das Werben der Singvögel, als ein Konzert der Sinne zu erfahren, zu träumen …
„Na, gefällt dir mein kleines Paradies?“
Als Voyeur ertappt und verschreckt, blickte ich in das lachende, Sonnen gegerbte Gesicht einer Frau, deren hellrotes, lockiges Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden war, wobei ein paar vereinzelte Strähnen auf ihrer schweißnassen Stirn klebten, fast ihre von lustigen Lachfalten umgebenen, moosgrünen Augen berührten.
Sie schien in etwa mein Alter zu haben, streckte mir, noch ehe ich etwas zu meiner Rechtfertigung erwidern konnte, ihre rechte Hand entgegen. „Hallo, ich bin Angelina … Entschuldigung ...“ Umständlich, aber immer noch fröhlich lächelnd, streifte sie die gelben, fast bis zum Ellenbogen reichenden, erdverkrusteten Haushaltshandschuhe ab. „Entschuldige meinen Aufzug, aber die Gartenarbeit ist auch ein wenig anstrengend.“
Dieser herzliche, unkonventionelle Empfang gab auch mir die Sprache zurück. „Aber dein Garten ist wunderschön … zauberhaft … ach ja, ich bin Michele.“
„Willkommen, Michele, oh, Michelangelo, in meinem kleinen Paradies.“
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