Teil sieben des vierten Kapitels (Echternacher Springprozession) meines lesbisch-erotischen Romans
Kopfkino: Die Hochzeitsreise
VII.
„Ist das nicht wunderschön?“
Das war Elsa, die sich unbemerkt genähert hatte und zart ihre Arme um uns schlang. „Worüber grübelt ihr beiden denn so, dass ihr sogar das Essen vergesst?“
„Ja, es ist traumhaft schön hier“, gab ihr Anne Recht, und wir alle drei mussten darüber lachen, dass wir von unserem neuen Zuhause auf Zeit noch gar nicht viel gesehen hatten.
„Ihr seid echt süß, ihr beiden“, sinnierte Elsa, „ich bin richtig glücklich, euch getroffen zu haben und bei euch sein zu dürfen.“
„Oh ja, ich bin auch glücklich, dass du da bist“, erwiderte ich ihr Kompliment, wobei mich Anne verschmitzt anblinzelte. Natürlich verstand ich sofort, worauf sie hinaus wollte, doch mein „Willkommensgruß“ an Elsa kam aus tiefem Herzen. All die Verstimmungen, die mich zuvor noch geplagt hatten, waren wie weggeblasen.
Stattdessen amüsierten wir uns über Elsas unmögliches Outfit. Sie trug nichts als ein fast knielanges, grob kariertes Holzfällerhemd, das lediglich vom Nabel an abwärts geknöpft war, jedoch wegen der Fülle des groben Baumwollstoffes ihre kleinen, festen Brüste vollständig verdeckte.
„He“, frotzelte Anne, „hast du Lucas Kleiderschrank geplündert?“
Elsa lachte. „Um Gottes Willen, wenn ich mich dem so zeigen würde, er würde mich erschießen. Nein, wir müssen morgen früh dringend waschen, Maja hat ebenfalls nichts Gescheites mehr und läuft genauso schlampig 'rum wie ich … aber, sagt mal, ist das denn schlimm? Ich meine, es ist bequem, und wir sind doch unter uns ...“
Als hätte es eines Beweises bedurft, löste sich Elsa aus unserer Dreierumarmung, trat ein paar Schritte zurück, riss die Rechte nach Art einer Flamencotänzerin in die Höhe, während die Linke unter den Stoff ihres Hemdes glitt, die rechte Brust fest umschloss. Zwei, drei, vier Mal schlug sie mit den nackten Fersen rhythmisch auf den Holzboden des Balkons, ehe sie beide Arme sinken ließ, die Finger weit spreizte, um uns, grazil auf den Zehenspitzen stehend, in atemberaubender Geschwindigkeit Pirouetten vorzuführen und dabei ihre Schultern so lange kreisen zu lassen, bis sich das Hemd selbstständig von ihrem Körper löste … noch eine Drehung im Sprung … „Olé!!“ Auf Knien glitt Elsa, das Hemd wie einen Schlitten mit den Händen führend, zu uns herüber, stieß dabei mit ihrem Gesicht unvermittelt gegen meine Scham, die – trotz Hose – ihren heißen, starken, der Anstrengung geschuldeten Atem derart intensiv aufnahm, dass die Funken der Lust wie ein sich entladender Blitz durch meinen Körper zuckten.
„Wow, Elsa! Genial!!“
„Wahnsinn!!“
„Super ...“
„Wo hast du so toll tanzen gelernt?“
Anne und ich kamen gar nicht mit Worten hinterher, um Elsas grandiose, spontane Tanzvorführung angemessen zu würdigen. Mir fiel das besonders schwer, denn ihre Stirn ruhte noch immer auf meinem Schambein, während ihr Keuchen, ihr heftiges, pulsierendes Ausatmen, meine sexuelle Sinnlichkeit zu Pirouetten ganz anderer Art trieb … ein, zwei Sekunden noch … dann …
Oh.
Unvermittelt richtete sich Elsa auf, schnappte ihr Holzfällerhemd und ließ es mit wenigen Handgriffen elegant auf ihren Körper gleiten. „Vom Eiskunstlauf“, beantwortete sie Annes Frage, „diese Art zu Tanzen habe ich beim Eiskunstlauf gelernt ...“
„Einfach großartig, genial“, stellte Anne anerkennend fest, während mir Elsa schelmisch zuzwinkerte: „Freut mich, dass es euch gefallen hat, vielleicht kann ich euch ja auch noch den einen oder anderen Tanzschritt beibringen ...“
Was für ein Luder!
Sie wusste ganz genau, was sie in mir angerichtet hatte, doch nach diesem Tanz galt ihr meine uneingeschränkte Bewunderung, auch wenn ich gerade zerfloss vor Lust.
„Wir sollten Maja nicht zu lange alleine lassen“, wechselte Elsa, als ob nichts gewesen wäre, das Thema, „am Ende trinkt sie den ganzen Wein noch alleine aus.“ „Ich“, fügte sie kichernd hinzu, „hab' ja auch schon ein Glas intus, weil ihr nicht gekommen seid ...“
„Ich wäre fast gekommen“, platzte es aus mir heraus, ohne dass ich in diesem Moment Frau meiner Sinne war, aber nun war es heraus, und dafür schämte ich mich in Grund und Boden. Doch, fast wie abgesprochen, klatschen Anne und Elsa gleichzeitig mit flacher Hand auf meinen Po. „Du wirst schon kommen, keine Frage ...“, prustete Anne, und Elsa ergänzte, nicht minder albern: „... denn noch ist nicht aller Tage ...“
Oh Gott. Hohe Dichtkunst in der Toskana. Das konnte ja heiter werden.
Doch zunächst verschlug es uns allen dreien die Sprache. Als Patriarch im Holzfällerhemd, wie von Elsa bereits angekündigt, thronte Maja am Kopf einer langen Tafel und war damit beschäftigt, kleine blaue Weintrauben akribisch mit Messer und Gabel zu filetieren. Sie nahm uns zunächst überhaupt nicht zur Kenntnis – die vor ihr stehende, leere Weinflasche zeigte, warum.
„Scheiße!“, zischte Elsa, und damit sprach sie auch mir und Anne aus der Seele. „Hej!“
Maja reagierte nicht, also versuchten wir es im Chor: „Hej!!!“
Ganz taub schien sie noch nicht zu sein, denn zumindest schenkte sie uns einen flüchtigen Blick, von dem ich allerdings das Gefühl hatte, dass er uns mit diesen glasigen Augen niemals erreichen würde.
„Maja verträgt überhaupt keinen Alkohol“, meinte Elsa, auf die das sich uns bietende Bild einer vollkommen Geistesabwesenden nicht minder erschütternd wirkte.
Dass gleichzeitig mein Gaumen angesichts der rustikal gedeckten Tafel verrückt spielte, darf niemand verwundern, denn da gab es mehrere Sorten von Hartkäse - appetitlich auf einem Holzbrett drapiert - daneben ein großes Stück Schinken mit schmalem Fettrand, einige Scheiben bereits dünn geschnitten und dekorativ angerichtet, eine Schale mit Oliven unterschiedlicher Farbe und Größe … und dazu der Duft, des dampfenden, offenbar vor wenigen Minuten erst frisch aufgebackenen, italienischen Weißbrots …
(to be continued)