Die Hochzeitsreise
Nach dem erotischen Märchen "The sweetest Toprow" möchte ich euch ab heute den Quasi-Fortsetzungsroman "Die Hochzeitsreise" in appetitlichen Häppchen vorstellen. Im Mittelpunkt stehen die Protagonistinnen Andrea (aus meiner Perspektive geschrieben) und ihre Ehefrau Anna, die ihre Hochzeitsreise in die Toskana planen ... natürlich nicht ohne erotische Abenteuer und mit gewisse Hindernissen garniert. Viel Vergnügen.Mit dem ersten Teil des ersten Kapitels (Missverständnisse) starte ich heute. Viel Freude beim Lesen!
1. Missverständnisse
I.
So allmählich verlor selbst ich die Geduld.
„Dann rufen Sie doch endlich an!“, herrschte ich die Anne und mir gegenüber thronende Reiseverkehrs-Kauffrau an.
Anne legte ihre Hand auf meinen Oberschenkel. Beruhigende Impulse, die ihre Wirkung nicht verfehlten.
„Bitte“, erneuerte ich meinen Appell, indem ich den Groll aus meiner Stimme nahm, „wir haben doch nicht ewig Zeit.“
„Ja“, pflichtete mir Anne bei, „wir möchten doch nur wissen, ob wir das Häuschen buchen können oder nicht.“
„Einen Moment, bitte ...“ Frau Dissmann, so hieß die Reiseverkehrs-Kauffrau ausweislich der silbern glänzenden Plakette, die am Revers ihres eng geschnittenen, grauen Business-Jacketts haftete, erhob sich gemächlich aus ihrem Drehstuhl und stelzte mit diesem so typischen Bald-ist-Feierabend-Schritt in Richtung Wendeltreppe, die das Foyer des Reisebüros mit der oberen Etage verband.
„Die hat nicht mal 'nen Arsch in der Hose“, zwitscherte ich Anne hinter vorgehaltener Hand zu, empfing aber als Antwort einen etwas kräftigeren Knuff in meine Rippen: „Benimm' dich, sonst lass' ich mich scheiden.“
„He“, erwiderte ich lachend, „wir sind gerade dabei unsere Hochzeitsreise zu buchen, und da kommst du mit Scheidung ...“
„Wenn dich nicht vorhandene Attribute anderer Frauen schon mehr interessieren, als die real existierenden deiner eigenen ...“
„Dann lass' dich doch scheiden!“
„Werde ich auch, gleich nach unserer Hochzeitsreise.“
„Und wenn ich dich dann immer noch liebe?“
„Interessiert mich nicht.“
„Zicke!“
„Selber Zicke!“
Anne und ich liebten dieses Spiel. Kleine, bissige Spitzen, die uns am Ende nur noch mehr zusammenschweißten. Verbale Neckereien, bevorzugt in aller Öffentlichkeit ausgetragen, meist laut, sehr laut. Das gehörte zur Dramaturgie, war unsere kleine Rache für all diese gierigen, uns fast entkleidenden Blicke, wenn wir Arm in Arm oder Händchen haltend durch die Straßen schlenderten. Eine allseits akzeptierte Selbstverständlichkeit für junge Mädchen – aber zwei erwachsene Frauen?
Oft hatten Anne und ich darüber diskutiert, ob unsere inszenierte Provokation nicht auch eine Spur pubertär sei. Ich hatte damit keine Probleme, Anne schon. Sie hatte viel von ihrer einst unbefangenen Zeigefreudigkeit verloren, verstecken müssen, aber das durfte ich ihr nicht übelnehmen. Seit drei Jahren, seit unserer Hochzeit, der Besiegelung unserer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft, arbeitete sie als Netzwerkerin bei einem Versicherungskonzern, war die einzige Frau in einem Team mit sieben Männern, seit einem Jahr sogar als Abteilungsleiterin mit uneingeschränkten Administratoren-Rechten. Sie hatte sich den Respekt hart erkämpft, mit Ehrgeiz und doppeltem Einsatz, sie durfte sich nicht den kleinsten Fehler erlauben. „Als dummes Blondchen“, meinte sie manches Mal, wenn ich ihr wieder einmal all die Anspannung von der Seele nehmen musste, „hätte ich es sicherlich einfacher gehabt.“ Jetzt, da sie die Chefin war, traute sich niemand mehr zu tuscheln, selbst nicht hinter vorgehaltener Hand, dass diese „geile Lesbe nur mal richtig durchgenommen und damit kuriert“ werden müsse.
Es gab nichts zu kurieren. Anne liebte mich, und ich liebte sie. Unsere Hochzeit vor drei Jahren, die aus einer Art unsterblicher Verliebtheit und auch einer gewissen Euphorie erwachsen war, hatten wir in keiner Sekunde unseres Zusammenseins in Frage gestellt, im Gegenteil: All die mehr oder weniger versteckt vorgetragenen Ressentiments hatten die Tiefe unserer Liebe nur noch gestärkt. Auch all die Berufs bedingten Entbehrungen, das Loslassenkönnen. Ihre Wochenendseminare, mindestens einmal pro Monat, meine Lesereisen durch die halbe Republik: Unsere Terminkalender waren oft unvereinbar in diesen drei Jahren, doch unsere Liebe, basierend auf blindem Vertrauen und der aus Entbehrung erwachsenden Sehnsucht, ließ sich durch nichts erschüttern. Wir konnten uns solche Spielchen leisten, dieses Kokettieren mit Eifersucht und Scheidung. Bei uns gab es keine Zwischentöne, kein: „Hinter jedem scherzhaft vorgetragenen Einwand steckt auch ein Fünkchen Wahrheit.“ Die Zeit, die wir in diesen drei Jahren unserer noch jungen Frauen-Ehe teilen durften, zelebrierten wir als Fest unserer Leidenschaft, unserer tiefen Liebe. Meine Trieb gesteuerte Impulsivität und ihre Ratio ergänzten sich auf eine sehr schöne, ja wunderbare Weise.
(to be continued)