Wie ich zum Kopfkino kam oder wie das Kopfkino zu mir kam?
Eine philosophische Frage oder eher eine nüchterne und mehr psychoanalytische Betrachtung?Kopfkino zu schildern, das wird mir gerade noch einmal klar, ist ja im Grunde die totale Entblößung. Ich mache mich nackt vor der Community wenn ich von meinen Vorlieben erzähle, die mir schon in der Vorstellung fast einen Kick bereiten, mich erregen und meinen Kreislauf auf Touren bringen können. Aber nicht nur das, sondern die Tatsache, dass ich es hier jetzt tue, ist vielleicht ein noch ein weiterer Kick, weil der in der Realität stattfindet. Ich spreche von meiner Entblößung hier und jetzt, vor euch allen. Und eben hatte ich den Gedanken, dass das vielleicht gar nicht erlaubt ist, zu schreiben, dass mich das hier konkret anmacht und dann hatte ich die Fantasie, dass ich es doch tun will, eben weil es verboten sein könnte. So wird klar, dass u. A. der Tabubruch und die Grenzüberschreitung in der Sexualität, das ist, was mir den Kick bereitet.
Ich finde es wichtig, zu erwähnen, wie ich zum Kopfkino gekommen bin, denn erst dann versteht man meine Fantasien, wenn man sie in den Kontext eines Menschen und seines Charakters stellen kann.
Und ja, Kopfkino und Realität sind bei mir nicht hermetisch voneinander getrennt, die Grenzen sind fließend.
Ich greife mal vor: Mich treibt seit Jahren die Fantasie um, dass ich in meinem Trans-Fetish-Outfit einen Job in einem Schloss oder Landhaus habe und dort als Serviermädchen arbeite.
Wieso diese Umgebung? Es ist ein geschützter Rahmen. Es sind große weite Räume, viele Fliesenböden, die meine vermessingten Stahl-Stilettos von 22 cm bei jedem Schritt laut durch die hallenden Räume knallen lassen und weit zu hören sind, auch wenn ich einige Zimmer weit weg bin. Ich möchte Aufmerksamkeit und will deshalb gehört und gesehen werden. Mir sind viele gesellschaftlich geächtete Mittel recht, genau diese Aufmerksamkeit immer wieder einzufordern.
Da ich mit Anpassung und Freundlichsein nicht wirklich das erreicht hatte, was ich mir wünschte, ganz einfach, weil ich oft zu nett war; und am Ende statt Versprechungen doch zu oft leer ausgegangen bin, blieb da ein Defizit, eine Trauer zurück. Meine Erzieher waren mit sich selbst und dem Leben zu sehr beschäftigt.
Dann irgendwann im zarten Alter von vielleicht 12 Jahren als ich als Kind die Rückmeldung bekam, dass meine nassen Taschetücher unter meinem Bett, die ich vor dem Gang zur Schule vergaß, gefunden und für ekelhaft befunden worden waren. Ich stellte mich zwar dumm, aber es half nichts. Es war und blieb eine der schwersten Demütigungen, die ich jemals erlitt und die ich zu verarbeiten hatte und wofür ich eine Lösung brauchte. Was war es, was mir da mitgeteilt wurde? Mir wurde also gesagt, dass meine Sexualität, das, was für mich etwas Schönes und Erfüllendes war, von anderen als etwas Schlechtes und Unappetitliches empfunden wurde. Es war nicht leicht für mich, das zu verarbeiten, aber ich habe es doch noch ein Stück weit hinbekommen.
Und in der Tat arbeite ich heute immer noch daran, praktisch Scheibchenweise.
Die Scheiben werden immer dünner.
Gleichzeitig ging ich damals aber in den Gegenangriff, um meine innere persönliche Integrität zu stabilisieren und dann zu erhalten. Ich überlegte und überlegte, das was mir gefiel waren Frauen mit schönen Körpern, Proportionen, die ich mir in meinen Gedanken so zurechtrücken konnte, wie es für mich passte. Dennoch mit 13 Jahren fehlte mir etwas und das war der konkrete sexuelle Kontakt zu Frauen. Noch klein, schüchtern und unerfahren war kein Denken daran.
Doch was tun? Ich grübelte und grübelte. Dann traf mich der Schlag!! Es war eine Art starker Schreck, der mir in die Lungen- und Herzgegend fuhr. Was war passiert? In meiner Vorstellung erwog ich doch tatsächlich die Möglichkeit mich selbst in eine schöne Frau zu verwandeln und all die äußerlichen Details, die mich erregten, in mein eigenes Repertoire aufzunehmen.
Aber das durfte nicht sein, denn das wäre ein absoluter Tabubruch gewesen, denn es war zudem mit einer sehr negativen Bewertung belegt. Was ging also in dem Kopf dieses 12 Jährigen Jungen vor sich? Als Kind denkt man oft, die Erwachsenen könnten die eigenen Gedanken lesen, oder es einem vom Gesicht ablesen. Und bei mir war das Gewissen ein Problem. Als Kind hat man noch nicht gelernt, sich emotional abzugrenzen und Dinge für sich zu behalten, zumindest nicht so gravierende Dinge, wie das jetzt. Dann versucht man sie auszublenden, zu vergessen, weil der Umgang damit noch so schwierig scheint und auch ist.
Schließlich habe ich mir die Quizfrage gestellt. Ja, ich musste sie mir stellen, drücken wollte ich mich nicht.
Was für eine Wahl habe ich? Ich kann es lassen und unglücklich werden oder ich kann es tun und mich gut fühlen, muss dann aber mit diesem Geheimnis leben.
Wie es ausging wisst Ihr ja, ein Blick in mein Profil lässt keine Fragen mehr offen. Und ja, es war ein sehr, sehr langer und weiter Weg dahin. Vielleicht kann das der ein oder andere nachfühlen.
Ich habe mich also dafür entschieden ein böser Junge zu werden. So und damit habe ich mir auch die Möglichkeit eröffnet, wechselseitig auch mal ein böses Mädchen zu sein. Eine tolle Erfahrung, kann ich jedem Mann nur empfehlen auch mal das böse Mädel zu sein.
Die harte Schule in Sachen Männlichkeit, habe ich mit allem was dazugehört durchgemacht. Mit dem Ziel, mich in fast allen Lebensbereichen vom Durchschnitt weit abzuheben. Wenn’s z. b. um’s Auto ging, wollte ich nicht nur die Kerzen wechseln können sondern gleich auch die Kopfdichtungen und den Zahnriemen und das Getriebe oder gleich den ganzen Motor oder aus zwei Schrottkisten mach ein brauchbares Auto. Am Ende hatte ich fast alle handwerklichen Gewerke durch und war doch im Büro gelandet, wie gut. Soviel zu einer Facette meines Weges in ultrakurzer Form.
Zurück zum Punkt. „Ich kann es lassen und unglücklich werden oder ich kann es tun und mich gut fühlen, muss dann aber mit diesem Geheimnis leben.“ Das war die Frage.
Sehr schnell merkte ich, wie mich diese Möglichkeiten beflügelten, mich für die positive Seite entschieden zu haben. Ich konnte nun ungebremst kreativ sein. Das konnte ich sonst nur am Klavier, an dem ich oft stundenlang improvisierte. Aber das war etwas, das mich direkt betraf, meinen Körper und meine Identität.
An diesem Punkt entstand mein Kopfkino.
Gerade frage ich mich, was ich ohne es heute wäre? Ich glaube, ein ganz armer Tropf und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich gar nicht mehr unter den Lebenden weilen würde.
Fortsetzung kann folgen.