..... Er wies mit dem Lauf seines Revolvers auf den Ausgang und damit schräg über die Straße, hin zu seinem Office mit dem Gefängnis.
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Bevor sich jedoch die Unbekannte seinem Befehl beugte, sprach sie ihn in ruhigem Ton an.
"Ich glaube das wird nicht nötig sein, Sheriff, denn ich denke wir können das Problem hier, an Ort und Stelle klären. Gestatten sie mir, dass ich ihnen dazu einige amtliche Dokumente übergebe?"
Der Sheriff stutzte einen Moment, "Meinetwegen!" knurrte er dann misstrauisch und seine Schnurrbartspitzen begannen sich wieder etwas entspannter nach unten zu neigen.
"Geben sie her!", er streckte ihr seine breite Hand entgegen und wartete.
Die Lady griff indessen in das weit offen stehende Dekolletee ihrer Bluse und zauberte provokant langsam mit zwei Fingern einige gefaltete Zettel zutage.
Die Augen der umstehenden Männer wären nur zu gern ihren Fingerspitzen bis tief hinab in die weiche Niederung gefolgt, allein der Sheriff trat vor ihr ungeduldig in seinen Stiefeln auf der Stelle und ließ ein nervöses Brummen hören.
Schließlich reichte ihm die Fremde die Papiere mit einem koketten Augenaufschlag und konstatierte belustigt seine sichtliche Verwirrung.
Nach außen hin verzog sie jedoch keine Miene und ließ ihre ansonsten so sanfte Stimme jetzt kräftig im Saloon ertönen.
"Dieser unglücksselige Gentlemen hier, welcher seinen Kopfschmerzen zum Opfer fiel, ist …" sie unterbrach ihre Rede und verbessert sich "… war Samuel Spade, auch genannt Sam Shadow, der Schatten.
Jene traurige Gestalt dort drüben, welche bedauerlicherweise an Atemnot scheiterte, nannte sich Nathaniel Phelps und dürfte ihnen besser als Nat the Gun bekannt sein!"
Sie schwieg bedeutungsvoll und ließ ihren blauen Blick in die Runde und über die regungslos lauschenden Männer schweifen.
"Diese Subjekte wurden schon seit längerer Zeit wegen mehrfachen Mordes gesucht, bestätigt vom United States Marshal Mister Samuel Hilbert und dem zuständigen Richter in Austin / Texas, seine Ehren Mister Bernard Snyder."
Es war totenstill im Saloon als die unheimliche Unbekannte etwas leiser und in einem versöhnlicherem Tonfall weitersprach.
"Wenn ich ihre Aufmerksamkeit auf den Zusatz 'Dead or Alive', Tot oder Lebendig, richten dürfte, so werden sie mir sicher verzeihen wenn ich aus ersichtlichen Gründen derart rigoros gehandelt und ihnen damit eventuelle Unannehmlichkeiten bereitet haben sollte."
Sie verschränkte ihre Arme unter ihren Brüsten und hob ihm somit die deutlich ersichtlichen und äußerst weiblichen Gründe ein Stück weit entgegen.
Dem Sheriff schien dieses Argument ebenfalls einzuleuchten, denn als zarte junge Lady gegen zwei solcherart verschlagenen Banditen anzutreten und dennoch siegreich zu bleiben nötigte ihm Respekt ab.
Er besah sich die Steckbriefe und akzeptierte mit einem brummigen Geräusch die Richtigkeit ihrer Angaben und dachte nach.
Einerseits fand er die Anwesenheit einer Kopfgeldjägerin in seiner Stadt als einigermaßen beunruhigend, andererseits jedoch, enthob ihn diese Tatsache von den Ärgernissen, die ihm ihr Aufenthalt in seinem Gefängnis bereitet hätte.
"Nun gut Ma'am …" bemerkte er trocken nachdem er die Dokumente eingehend studiert hatte "… das hier scheint ja soweit alles in Ordnung zu sein.", er deutete auf die Blätter in seiner Hand.
"Wie lange gedenken sie in unserer Stadt zu bleiben?"
Die Lady schürzte ihre Lippen und überlegte nur kurz.
"Nicht länger als ich zum ausruhen brauche.", antwortete sie ihm knapp, "Und dann reite ich ohnehin weiter, denn einen Steckbrief habe ich noch."
Sie streckte ihren Arm in seine Richtung aus.
"Wenn ich um mein Gewehr bitten dürfte!", sie wies mit ihrer offenen Hand auf die abgesägte Flinte zu Füßen des Sheriffs und wartete geduldig bis dieser die Waffe aufgehoben hatte und ihr zu reichte. "Verbindlichsten Dank, Mister."
Sie bedachte den mürrisch dreinblickenden Sheriff mit einem entwaffnenden Lächeln und schob die Flinte zurück in ihr Rückenholster.
Dabei hob sie ihre Arme derart ungeschickt, so dass der Stoff ihrer Bluse sehr weit auseinander klaffte und die trübe glänzenden Augen des Sheriffs ihre paradiesischen Äpfelchen in ihren seidigen Fruchtkörbchen unmöglich ignorieren konnten.
Dessen Schnurrbartspitzen begannen sich indessen erneut unternehmungslustig nach oben zu ringeln und er raunte ihr mit zusammengebissenen Zähnen zu, "Lady, ziehen sie um Himmels Willen ihren Mantel wieder über und bringen sie mir hier nicht die ganze Stadt durcheinander."
Die Lady schmunzelte süffisant und raunte ebenso leise zurück, "Aber die Gentleman dort sind doch ganz friedlich?" und nickte dezent in Richtung Tresen.
"Ja die schon, aber da kennen sie deren Weiber noch nicht!" flüsterte der Sheriff mit einem Gesicht, welches einem Darmverschluss im Endstadium ähnelte.
Dann brachte er etwas lauter ein letztes Bedenken zur Sprache.
© by John de Beers