Wenn die Gedanken im Zug kreisen
Es war ein langes Wochenende mit Freunden in Berlin. Nach viel Feierei, Gelächter, Drinks und wenig Schlaf, saß ich im Zug zurück nach Hause. Sonntags aus Berlin wegfahren bedeutet auch immer volle Züge... Also entschloss ich mich in der 1. Klasse zu fahren. Etwas mehr Ruhe, mehr Platz, vielleicht die Chance verlorenen Schlaf aufzuholen.
Warum auch immer, reise ich in der 1. Klasse niemals ungeschminkt oder in Jogginghose. Total bescheuert, aber ich versuche schon etwas vorzeigbar auszusehen, wenn ich mich neben Anzügen, sexy Kleidern an schlanken Körpern oder älteren Menschen mit diesem distinguierten Stil befinde.
Also zog ich mein kurzes Hemdblusenkleid an, schlüpfte in weiße Sneaker für den Coolnessfaktor, legte Schminke auf und sah nicht mehr so durchgerockt aus wie ich mich fühlte.
Im Zug suchte ich mir einen Platz am Fenster, fiel in den Sitz und lehnte den Kopf zurück. Sobald das Ticket kontrolliert war, würde ich die Augen schließen und Schlaf nachholen.
Der Zug fuhr an. Anfangs war der Blick aus dem Fenster noch entspannend, würde aber bald langweilig. Raus aus der Stadt wechselten sich nur noch Wald und Feld ab. Mein Blick schweifte ab vom Fenster, musterte gedankenverloren die anderen Mitreisenden. Und blieb an erstaunlich kräftigen Schultern hängen. Das Jacket neben sich auf dem Sitz, saß dort ein extrem gut gebauter Mann. Gut 10 Jahre jünger als ich entsprach er überhaupt nicht meinem Beuteschema. Wie die hippen Kerle so sind, trug er einen in Form gestutzten Bart und eine extrem gepflegte Frisur. Eine Haut, die so weich aussah, dass ich sie am liebsten einmal kurz berührt hätte. Eigentlich war der Mann gar nicht mein Typ. Aber diese Schultern... In seinem Anzug mit Weste, Hemd und Stoffhose und das an einem Sonntag, wirkte er overdressed, aber auf eine trotzdem lässige Art.
Mein Blick blieb an ihm kleben und meine Gedanken erst recht. Diese muskulösen Schultern und kräftigen Arme... Wie es sich wohl anfühlte, wenn sie einen umschlangen. Schöne gepflegte Hände hatte er. Mmhhm, die auf Wanderschaft über meinen Körper, wenn sie den Saum meines Kleides nach oben schieben. Bei dem Gedanken musste ich lächeln.
Ob seine Haut unter dem Hemd auch so weich war wie die im Gesicht? Kurz mit den Fingerspitzen über seine Brust wandern, langsam weiter hinab zum Hosenbund... Der Gedanke gefiel mir mehr als gut.
Bis jetzt tippte der Mann auf seinem Handy rum. Doch gerade, als sich mein Blick seiner Körpermitte näherte und gedanklich meine Hände dem Weg folgten, legte er die Hände in den Schoß und versperrte mir so die Sicht.
Oh man! Bedauernd schnalzte ich mit der Zunge. Gerade, wenn es interessant wurde!
Mein Blick wanderte also wieder an ihm hoch, bis ich ihm direkt in die Augen sah.
Scheiße! Er schaute mich direkt an. Also hat er mitbekommen, wie ich ihn gemustert habe?! Ich wurde knallrot, doch er grinste mich nur an, nahm die Hände aus dem Schoß und hielt sie demonstrativ etwas hoch, um mir den Blick frei zu geben, den er mir gerade noch versperrte...
TBC
Und wie war Eure letzte Zugfahrt?