Oberstabsarzt Dr. Walhorn - die Geschichte ihres Lebens
Tatsächlich, nachdem er mit zwei Pinzetten das Schwämmchen auf der Glasscheibe umgedreht hatte, das von ihm und seiner Studentin Lina gefüllt worden war, ergab sich ein völlig neues Bild vor seinen Augen. Die schönsten Farben erschienen in seinem Kopf, denn das was er sah zeigte ihm in der Spektralanalyse genau das, was er erhofft hatte zu sehen.
Klar und deutlich konnte er die Wollust herausfiltern, die pure Gier, die Leidenschaft, die Hemmungslosigkeit, die Hingabe, das Begehren, das Verlangen, aber auch noch ganz andere Eigenschaften wie Mut, Kampfgeist, Zuverlässigkeit, Vertrauensfähigkeit, Herzlichkeit, Offenheit, Ehrlichkeit, Liebesfähigkeit. Grade das Rosa und das Grün waren sehr stark ausgeprägt bei Lina, das zeigte ihm, zu wie viel Liebe seine Assistentin fähig war. Aber auch bei ihm waren diese Farben vorhanden.
Das Befüllen des Schwämmchens war für sie kein bloßer Akt, sondern ganz augenscheinlich mit sehr viel Liebe verbunden gewesen. Mit Liebe und Lust. Warm wurde ihm ums Herz und er war gespannt, ob diese Gefühlsregungen ebenfalls auf dem Monitor sichtbar wurden. Vermutlich ja.
Die Farben verschmolzen miteinander, einige waren sehr stark ausgeprägt, andere etwas schwächer.
Ja, endlich war ihm DER Beweis gelungen! Endlich konnte er anhand von ganz klaren Erkenntnissen belegen, daß anhand der aufgefangenen Säfte bei der Vereinigung von Mann und Frau, sämtliche Bausteine der Persönlichkeit abgesondert werden, und ähnlich einer DNA Struktur etwas Einzigartiges und höchst persönliches war.
Ja, die Reporterin würde DIE Story ihres Lebens bekommen, fleißig und zuverlässig war sie ja, denn der Doktor würde sie den Fachartikel schreiben lassen, mit dem er sich für den Nobelpreis in Wissenschaft und Forschung bewerben würde. Seine Erkenntnisse würden der Forensik, der Gerichtsmedizin, dem Profiling, den Gutachtern, den Nervenheilanstalten, Kliniken und Instituten völlig neuartige Grundlagen für ihre Arbeiten geben. Eine Weltsensation!
Durch die Aufzeichnungen, die Lina nun vornahm, konnte er endlich beweisen, daß ER recht hatte mit dem, was er nun schon seit so vielen Jahren versuchte zu belegen, woran er im Geheimen gearbeitet hatte. Viele hatten ihn verspottet, als verrückten Erfinder, als Irren, als Wirrkopf abgestempelt und hielten ihn für übergeschnappt, für plemplem und keiner unterstützte ihn, keiner hielt zu ihm, und in Fachkreisen wurde er von neidischen, erfolgssüchtigen Kollegen verhöhnt und ausgelacht. Aber im Grunde bewunderten sie ihn für seine visionären Gedanken, doch zugeben konnten und wollten sie das nicht.
So aber nicht bei der Bundeswehr und dem Geheimdienst. Da hatte man bereits frühzeitig sein außerordentlichres Talent erkannt und ihn in vielen Experimenten zu Rate gezogen. Er war schon eine Koryphäe, allerdings auch mit sehr viel Nebel umhaftet.
Wie lange schon arbeitete er an dieser Idee? Als junger Arzt hatte er sogar eine Organisation gegründet, die sich mit solch magischen Dingen beschäftigte, hatte sich mit Gleichgesinnten ausgetauscht.
Erste Erkenntnisse hatte er in Indien gewonnen, doch letztendlich fehlten ihm die Mittel, um seine Forschungen solide durchzuführen. Er wurde vor einigen Jahren aus einer gut dotierten Stelle im Innenministerium und der Armee hierhin „versetzt“, an den letzten Winkel der Republik, in eine Kaserne, die als Nachbarn nur das Chateau Bergmann hatte und ansonsten recht idyllisch lag.
Doch grade das war sein großes Glück, denn nur ein einziger Mann glaubte an ihn: B.uhse, der mysteriöse Mann im Hintergrund. Erst als B.uhse eine hohe Machtposition inne hatte, flossen auch für Dr. Walhorn plötzlich nicht unerhebliche Gelder, und als er beauftragt wurde, die Spezialuntersuchungen an neuen, ehrgeizigen Rekruten durchzuführen, kam auch der nötige Spaß zurück. Sein Spitzname „Dr. Horni“ kam nicht von ungefähr, aus Horni wurde schnell Horny und ein ums andere mal lachte die ganze Kompanie auf, als er mitten aus einer Wehrübung eine seiner weiblichen Rekruten zu sich in das Behandlungszimmer rufen ließ. „Rekrutin Vanessa, sie sollen unverzüglich zu Dr. Horny in die Untersuchung!“ schrie ein Feldwebel einmal, und der ganze Zug lachte und machte zotige Bemerkungen. „Dr. Horny und seine Privatpatientinnen!“ ein guter Titel für eine Pornoserie, wurde oft gefrotzelt.
Er jedoch nahm seine Arbeit sehr ernst, denn nachdem endlich klar war, wie er die gewonnen Extrakte konservieren würde können und die Produktion der genialen Schwämmchen anlief, suchte er seine Kandidatinnen und Anwärter nach ganz bestimmten Merkmalen aus. Seine Studentin konnte dies bestätigen. Und mit seiner Erfindung des Spektralometers nun konnte er die einzelnen Farben sichtbar machen und auf den PC bringen.
Nein, natürlich würde er der Reporterin nicht erzählen, was genau er mit den gewonnen Extrakten aus den Schwämmchen vorhatte und was das eigentliche Ziel der Operation Bergamnn war, nämlich mit der Quintessenz aus allen Schwämmchen, quasi DAS Extrakt, das EINE Öl zu mischen, mit dem ER die Welt auf dem bevorstehenden G12 Gipfel im "Chateau Bergmann verändern wollte. Hoffentlich bleibt das französische Ehepaar im Amt, dachte er, denn Dr. Walhorn hatte es auf Carla Bruni abgesehen, wollte mit ihr ein Schwämmchen füllen.
Ungewiss war auch ob Angela und Guido bis dahin noch im Amt sein würden, doch das war ihm egal, es würde sowieso Schwierigkeiten geben, Freiwillige zu finden, die es mit den beiden hohen Leuten treiben wollen.
Diese Operation war streng geheim! Nur B.uhse, der General, Kommandeur Trekbiker und er wussten davon. Alle anderen wussten nur, daß es ihre große Pflicht war, Schwämmchen zu füllen. Als Dank dafür würden sie alle zu einer elitären Massenorgie eingeladen werden, wobei das Öl erstmalig unter Kampfbedingungen getestet werden sollte.
Doch plötzlich wurde er schlagartig aus seinen Gedanken gerissen! Er hatte etwas entdeckt, was eigentlich unmöglich war: Die Antifarbe SCHWARZ war auch vertreten. Fasziniert starrte er auf den schwarzen Fleck, der ganz deutlich zu sehen war. Klar und deutlich sogar. Doch nicht nur bei ihm, sondern auch bei Lina!
„Siehst du den schwarzen Fleck, Lina?“ sagte er ins Mikro, „weißt du was das ist, was das bedeutet? Das zeigt die Abgründe! Das Schwarze, das Dunkle, die Lust an verbotenen Dingen! Und du hast es auch, Lina! Sieh nur!“
Augenblicklich wollte er in dieses schwarze Loch eintauchen, es ergründen, doch eine innere Stimme rief: „Walhorn! Vorsicht! Lass das! Das ist gefährlich! Nicht jetzt!“
Und er wusste ganz genau, daß er, um dort hinab in die Abgründe des Unterbewusstseins tauchen zu können, noch die Winzigkeit eines Tropfens aus einem dritten Flakon bei seiner nächsten Löschblattaktion brauchen würde. Und so sagte er:
„Notiere das, Lina, wir werden das ein anderes Mal untersuchen.“
Und zu Oberstleutnant Trekbiker:
„Wen haben wir als nächstes?“
„Proserpina und PK7, Herr Oberstabsarzt“, antwortete er.