Vollmond
Mein Blick geht nach hinten, ich bin außer Atem, langsam bleibe ich stehen. War da was? Ein Geräusch? Nichts, erleichtert lasse ich mich an dem Baumstamm zu Boden gleiten. Ich wurde verfolgt, meine Flucht trieb mich durch den Wald. Doch wer verfolgte mich? Es waren schwere Schritte, Äste knackten, die Verfolger ließen mich nicht im Unklaren, dass sie mich verfolgten.
Doch jetzt? Stille, keine Schritte mehr hinter mir. Alles Ruhig. Langsam beginne ich, ruhiger zu atmen. Ich reibe mir meine Füße. Sie schmerzen, denn ich trage keine Schuhe, ja auch die letzten Stofffetzen von meinem eh schon kurzen Rock und dem engen Shirt, es ist davon nichts mehr übrig. Zu oft bin ich an Ästen hängen geblieben, die wie unsichtbare Hände meine Kleidung Stück für Stück von meinem Körper rissen.
Ich schaue an mir herunter. Langsam beginne ich zu begreifen: Ich bist nackt, allein und lehne hier zusammen gekauert und erschöpft an einem Baumstamm. Nein, es ist nicht kalt, ich bin durch die Flucht so erhitzt! Oder ist es die Furcht vor den Verfolgern? Oder doch vielleicht etwas anderes, was diese wohlige Wärme in mir aufsteigen lässt? Kurz schließe ich die Augen und genieße diese aufsteigende Wärme in meinem Körper.
Plötzlich ein Knacken, ich erschrecke und reiße die Augen auf. Angespannt horche ich in die Dunkelheit, doch es ist nichts zu hören. Ob sie noch hinter mir her sind, schießt mir der Gedanke durch den Kopf. Mein Atem geht wieder schneller. Langsam und vorsichtig drehe ich mich auf die Knie. Ich versuche, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Schatten die sich bewegen. Ich versuche, Geräusche zu vernehmen. Doch alles ist ruhig. Erschöpft lasse ich mich wieder an den Baumstamm zurückfallen.
Wie bin ich eigentlich hierher gekommen, wo bin ich hier, was mache ich hier? Fragen über Fragen gehen mir durch den Kopf. Langsam beginne ich mich zu erinnern.
Ich bin wie jedes Wochenende in meiner Stammdiskothek gewesen. Natürlich habe ich mich wie jedes Wochenende für den Abend vorbereitet. Mein enges Shirt, welches meine Brüste so schön betont, den knappen Minirock und die kniehohen Stiefel. Das war mein Lieblingsoutfit, fast wie jedes Wochenende. Doch irgendwie war es anderes, dieses Wochenende.
Aus irgendeinem Grund habe ich auf den Slip unter dem Mini verzichtet. Der Abend verlief eigentlich fast wie jedes Wochenende. Ich habe meine Freunde begrüßt, habe getanzt, doch irgendwas war anders. Ein Schreck durchzog dich. Den ganzen Abend haben mich drei Männer nicht aus den Augen gelassen. Nun, sie waren nicht unattraktiv, doch sie beobachteten mich den ganzen Abend. Immer wieder hatte ich das Gefühl, wie sie mich musterten. Ich hatte das Gefühl, dass diese Blicke mich fast auszogen. Irgendwann verließ ich die Disco.
Doch da waren diese Typen. Sie standen etwas abseits auf dem kleinen Parkplatz neben dem Eingang. Zum Glück führte mich mein Weg nicht an ihnen vorbei, sondern ich bin einfach abgebogen und habe den Weg durch den angrenzenden Park genommen. Plötzlich, als ich mich noch einmal umgesehen hatte, sah ich sie.
Diese Männer, sie folgten mir.
Aus Angst bin ich los gelaufen, doch sie folgten mir. Ich rannte immer tiefer in den Park hinein. Hierher würden sie mir nicht folgen. Ich hätte mich verstecken können. Doch die Männer sind mir weiter gefolgt.
Nun sitze ich hier. Erschöpft, nackt, und voller Anspannung. Ich male mir in Gedanken aus, was diese Männer mit mir wohl anstellen würden, wenn sie mich hier so finden. Aber ich erschrecke bei diesem Gedanken. Zum einem aus der Angst heraus, zum anderen, da war es, dieses wohlige Gefühl, dieses unerwartete Kribbeln. Langsam schließe ich wieder meine Augen. Ich genieße das Gefühl der Baumrinde auf meinem Rücken und das kühle Moos, auf dem ich sitze. Langsam öffne ich leicht meine Beine und atme tief durch. Die frische Waldluft durchströmt meine Lungen.
Ich spüre, wie die Anspannung von mir weicht. Ein Gefühl von Sicherheit breitet sich aus. Kurz öffne ich leicht die Augen. Der Vollmond, den ich vorher nicht bemerkt hatte, steht voll am Himmel und schimmert leicht durch das Blätterdach der umher stehenden Bäume. Langsam schließe ich meine Augen. In diesem Moment war alles egal. Es war egal, dass ich nackt war und dass die Typen mich verfolgten. Die Zeit, alles war mir egal. Ich spüre dieses wohlige Gefühl in meinem Körper und lasse mich darin versinken …
[Fortsetzung folgt]