Bomben - Terror
Schweißperlen standen auf meiner Stirn. Mit äußerster Mühe das Zittern meiner Hände unterdrückend, steuerte ich den schweren Wagen über die Strasse. Immer an der Reibgrenze beim Beschleunigen und an der Haftgrenze in den Kurven. Ich hatte Angst. Namenlose, unbeherrschbare Angst. Wenn der Teufel selbst hinter mit her gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich nicht so viel Angst, denn der ist immerhin nur eine Legende. Oder? 90° Kurve links, fünfter Gang, 196 km/h. Bremsen, einlenken, Gas. Bis 232, mehr gibt die Karre nicht her. Es wurde langsam Zeit, dass ich ankam. Die 57 Minuten waren fast verstrichen und wenn sie erst um waren, gab es keine Rettung mehr. Die Drei Bomben in meinem Kofferraum würden keine Rücksicht auf Ampeln, LKW´s, Kurven oder schweißnasse Händen nehmen. Schaltfehler würden sie mir schon gar nicht verzeihen, Quersteher und Unfälle wären mein Tod.
Die Schweißperlen liefen mir in die Augen, brannten sich auf meiner Iris fest und ich musste zwinkern. Ein lebensgefährlicher Stunt bei 232 km/h. Rückenwind wäre jetzt gut....
„Die Bomben....die Bomben... die Bomben....“ Meine Gedanken kreisten immer nur um die Bomben im Kofferraum. Verdammt noch eins, worauf hatte ich mich wieder einmal eingelassen!
“Kannst du die transportieren?“ Wurde ich gefragt.
„Logisch“ War meine Antwort. Ich Idiot!
Sicher, die Dinger lagen gekühlt in einem Container, aber die Isolation würde die Reaktion nicht aufhalten. Und ob die Kühlung reichen würde, die Reaktion zu verzögern oder auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, mochte nur Gott wissen.
Die Autobahn flog unter mir hindurch. Gott sei Dank war wenig Verkehr. Die nächste Kurve barg eine Überraschung, 2 LKW´s waren bei einem Elefantenrennen, verdammt! Wenn die sich überholen, dauert das ewig. Ich bremste auf 90 hinunter, Scheiß auf die Bremsbeläge. Mit Licht und Ton versuchte ich, den Fahrer von der Wichtigkeit meiner Mission zu überzeugen, aber der sture Hund raffte es nicht, dass es Menschen gab, die es sehr, sehr eilig hatten. Was nun? Die Zeit tickte gnadenlos hinunter und verrann mir zwischen den Fingern. Mein Puls und mein Blutdruck waren seit Beginn der Fahrt ohnehin an der Kapazitätsgrenze, doch jeder Gedanke an die Fracht im Kofferraum trieb mir erneut Adrenalinstöße in die Blutbahnen.
Der Standstreifen wurde etwas breiter und ohne darüber nachzudenken, lenkte ich den Wagen nach rechts, überholte die beiden völlig verduzten Fahrer. Unter einer Lichtkaskade, begleitet von wüstem Gehupe beschleunigte ich den Wagen wieder auf Höchstgeschwindigkeit. Ihr ahnungslosen Engel, ihr! Wenn ihr wüsstet, was ich im Kofferraum transportierte, würdet ihr vor Angst bibbernd anhalten. Eine Bombe war schon kritisch genug, aber Drei? D R E I ??? Ich musste völlig verblödet sein, einen solchen Auftrag anzunehmen! Anyway, die Strasse war nun frei und ich hatte ein wenig Zeit. Vor meinem Inneren Auge sah ich immer wieder die 3 Bomben, die sich ihrer Bestimmung näherten, und die wollte ich nicht miterleben.
Meine Arme waren in Schweiß gebadet, ich wischte meine Hände an der klammen Hose ab. Weiter. Ein Blick auf den Bordcomputer, noch 32 Kilometer, gut so. Hoffentlich war alles vorbereitet, wenn ich heiß reinkam....
Meinen Harndrang mit Gewalt unterdrückend, flog ich über die Autobahn, DAFÜR hatte ich jetzt sowieso keine Zeit. Dann kam die Ausfahrt. Endlich. Verflixt, die Strassen waren nicht abgesperrt! Egal jetzt, ich wusste, wohin ich musste. Bei Hellrot über die Ampel, dann die Zweite Abfahrt rechts, wieder rechts. Wieder niemand da, der die Strassen absicherte und Zweifel machten sich breit. Was, wenn niemand da war? Aus dem Wagen hechten und sich eingraben? Würde das etwas nützen? Nein, sicherlich nicht. Großer Gott, worauf habe ich mich nur wieder eingelassen?
Die letzte Kurve. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich sah, dass das Empfangskommando gerade eben aus dem Wagen stieg und mich mit großen Augen ansah. Sie rannten auf mich zu, stiegen ein und gaben mir den Weg zum letzten Depot an. Noch 3 Strassen weiter. Geradeaus, links, links, anhalten und Motor abstellen. Wir sprangen alle aus dem Wagen, fiebrig und mit fliegenden Händen öffnete ich den Kofferraum und nahm den Bombencontainer heraus. Bildete ich es mir nur ein oder war er viel schwerer als noch vor einer knappen Stunde? Ich ächzte unter der Last, als ich den Container ins Innere des Gebäudes schleppte. Als ich die vielen gespannten Gesichter der Bombenspezialisten sah, fiel ein wenig von meiner Anspannung ab, alles was nun passieren würde, lag nicht mehr in meiner Macht. Als ich den Container öffnete, waren meine Hände wieder ruhig, beinahe zu ruhig. Die Kältewellen, die aus dem Bombencontainer strömten, beruhigten mich abermals.
Der Letzte kritische Punkt. Die Bomben ruhig und ohne Kippen abstellen. Es gelang und ich wurde so ruhig wie nie.
Als die Gesellschaft dann die Eisbomben anschnitt, gab es für mich nichts mehr zu tun und ich verschwand in aller Ruhe mit der beruhigenden Gewissheit, einen guten Job getan zu haben
(c) 2001 by Th. R. B.