Der Wolkenwunsch
hmm ich hab sehr, sehr lange darüber nachgedacht ob ich euch mal eine meiner Seelengeschichten servieren soll. Meine Geschichten sind anders, ganz anders - aber nun versuch ichs doch mal und vielleicht findet ja der ein oder andere doch gefallen daran Der Wolkenwunsch
Tinchen ist ein kleines Engelmädchen. Sie lebt mit ihren Engelfreunden im Himmel und hat dort jede Menge zu tun. Sie ist den ganzen Tag damit beschäftigt, Wolken weiterzuschieben.
Du musst dir vorstellen, dass es da eine ganze Menge Wolken am Himmel gibt und einige Engel damit beschäftigt sind, sie herüber und hinüber und herauf und hinunter zu schieben.
Sie müssen Platz schaffen für die großen Engelversammlungen. Für die Sterne, damit sie genug Luft bekommen und schön leuchten können. Für die Schutzengel, damit ihnen nicht die Sicht versperrt wird und sie gut aufpassen können.
Ganz nebenbei gesagt, es ist eine sehr wichtige Aufgabe, denn Tinchen schiebt die Wolken an der Sonne vorbei, so kann sie nicht den ganzen Tag auf die Erde scheinen und alles verbrennen. Aber das wusste das kleine Engelmädchen nicht.
Eigentlich hatte Tinchen sehr viel Spaß an ihrer Arbeit, den ganzen Tag und die halbe Nacht schob sie die Wolken herüber und hinüber und herauf und herunter. Große Wolken, kleine Wolken, dicke und weniger dicke, graue und weiße. Manche Wolken erinnerten sie an Hoppelhasen oder an wunderschöne Blumen. Manche waren so weich und elastisch, dass man darin wunderbar herum hopsen konnte. Tinchen machte, das besonders viel Spaß.
An manchen Tagen gab es aber nur graue Wolken, sie waren groß, nass und schwer und es war sehr anstrengend sie herüber und hinüber und herauf und hinunter zu schieben. An diesen Tagen war Tinchen nicht besonders gut gelaunt. Die Wolken waren so dick das sie den ganzen Tag und die halbe Nacht, nicht ein anderes Engelchen traf. Das machte sie besonders traurig. Tinchen war nicht gerne alleine. An solchen Tagen wünschte sich das kleine Engelmädchen nichts sehnlicher, als dass die ganzen Wolken auf einmal verschwinden und nie mehr auftauchen würden. Sie ärgerte sich über jede, noch so kleine Regenwolke, die sie beiseite schieben musste. Oft waren es so viele, dass sie gar nicht mehr nach kam und sobald sie eine weggeschoben hatte, kam schon die nächste.
Tinchen wurde manchmal richtig wütend und schlug ärgerlich mit ihren kleinen Fäustchen so fest in die grauen Wolken, dass das Wasser nur so rechts und links heraus spritzte.
Sie hoffte, das sie es am nächsten Tag und in der nächsten halben Nacht nicht mehr mit so dummen, dicken Regenwolken zu tun hatte. Sie mochte diese Wolken einfach nicht leiden.
Wenn am nächsten Morgen dann wieder nur weiße Wölkchen am Himmel waren, vergaß Tinchen ihren ganzen Ärger sehr schnell. Sie schob die Wölkchen hinauf und hinunter und herüber und hinüber und scherzte und kicherte mit den anderen Engelchen.
Es gab aber auch einige Tage und halbe Nächte in denen es Tinchen nur mit grauen, großen, schweren und nassen Wolken zu tun hatte. Immer, wenn sie zur Arbeit kam, sah sie nichts anderes als große, dunkle, nasse und schwere Wolken. Nach jedem Tag und jeder halben Nacht war sie total müde und frustriert, sie freute sich überhaupt nicht mehr auf das Wolkenschieben und hatte gar keinen Spaß mehr daran. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als das die dummen Wolken endlich verschwinden würden und sie sich einmal so richtig ausruhen konnte.
Nun müsst ihr wissen, wenn ein kleines Engelmädchen sich etwas so sehnlich wünscht, dann landet sein Wunsch direkt auf dem Tisch des großen Engels, der für das Wünsche erfüllen verantwortlich ist.
Der hat ganz schön viel zu tun, weil sehr viele Engelmädchen sehnliche Wünsche haben, aber er schaut sich früher oder später jeden Wunsch an und erfüllt ihn.
Der große Engel der für das Wünsche erfüllen zuständig ist arbeitet einen ganzen Tag und eine halbe Nacht daran, sich die Wünsche anzuschauen und dafür zu sorgen das sie sich erfüllen.
Tinchen machte die Arbeit inzwischen wieder großen Spaß. Die grauen Wolken hatten sich verzogen und sie schob wunderbare weiße, leichte Wolken, herüber und hinüber und herauf und hinunter. Sie lachte und scherzte mit den anderen Engelchen und der ganze Ärger mit den großen, schweren Wolken war längst vergessen.
Das konnte der große Engel, der für das Wünsche erfüllen zuständig ist ja nicht wissen. Er arbeitete einen ganzen Tag und eine halbe Nacht und als Tinchens Wunsch endlich an der Reihe war, erfüllte er ihn, weil er immer alle Wünsche erfüllte.
So geschah es, das Tinchen eines Morgens, als sie zur Arbeit kam, keine einzige Wolke am Himmel fand. Alle Wolken waren einfach so verschwunden. Das kleine Engelmädchen konnte sich nicht vorstellen, was geschehen war. Sie hatte sich heute so auf die Arbeit gefreut und wollte einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang Wolken herüber und hinüber, herauf und hinunter schieben. Tinchen ging ratlos nach Hause. Sie wollte den nächsten Tag abwarten, um zu sehen ob die Wolken dann wieder da waren.
Am nächsten Morgen schaute Tinchen wieder nach den Wolken. Das kleine Engelmädchen suchte den ganzen Himmel ab, aber es konnte nicht das kleinste Wölkchen finden.
Es wäre ja auch mit großen, schweren, nassen, grauen Wolken zufrieden gewesen, aber nicht einmal die, konnte Tinchen finden. Sie war traurig und hätte sich jetzt gerne auf eine Wolke gesetzt und geweint, sie brauchte nur eine klitzekleine, aber es war weit und breit keine noch so kleine Wolke aufzutreiben.
Ganz verzweifelt und traurig setzte sich Tinchen auf das oberste Ende des großen Regenbogens, dessen bunte Farben über den ganzen Himmel strahlten, aber auch das wunderbare Leuchten des Regenbogens heiterte sie heute nicht auf.
Was sollte sie denn jetzt einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang tun?
Wolken wegschieben war doch die tollste Aufgabe, die man im Himmel nur haben konnte und auch ihre einzige Aufgabe.
Tinchen war ratlos, sie weinte und weinte einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang.
Sie hatte ja sonst nichts zu tun.
Als es schon wieder hell wurde, saß sie immer noch auf dem Regenbogen. Tieftraurig saß sie ganz oben, am obersten Ende und schaute schluchzend auf die Erde hinunter.
Da erschrak sie fürchterlich. Auf der Erde waren alle Pflanzen verdorrt und die Tiere und Menschen litten fürchterlich unter der großen Hitze, denn dadurch, dass Tinchen die Wolken nicht mehr einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang herüber und hinüber, hinauf und hinunter schob, konnten sie auch die Sonne nicht mehr verdecken. Die Sonne schien nun den ganzen Tag lang auf die Erde, die schon ganz verbrannt und vertrocknet war.
Das kleine Engelmädchen war entsetzt. Es wusste ja gar nicht welche wichtige Aufgabe sie da jeden Tag und jede halbe Nacht erledigt hatte.
Tinchen hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte, aber sie wusste, sie musste die Wolken wieder an den Himmel holen. Sie konnte ja nicht wissen, dass es ganz einfach war und sie sich nur die Wolken wieder zurück zu wünschen bräuchte. Der große Engel, der für das Wünschen zuständig war würde sich dann schon darum kümmern.
Das kleine Engelmädchen dachte einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang darüber nach, wie es die Wolken wieder zurück an den Himmel bringen konnte, es hatte ja sonst nichts zu tun.
Ab und zu weinte sie und die Pflanzen, die Tiere und die Menschen auf der Erde taten ihr besonders leid. Sie konnten die Hitze und den wolkenlosen Himmel kaum noch aushalten.
Tinchen entschloss sich, nach einem weiteren Tag und einer halben Nacht, den kleinen Engel, der für Engelfragen verantwortlich war, um Rat zu bitten. Sie erzählte ihm von den Pflanzen, den Tieren und den Menschen auf der Erde und davon das sie nun keine Aufgabe mehr hatte, wo sie doch so gerne den ganzen Tag und die halbe Nacht lang Wolken herüber und hinüber, herauf und herunter schob, und davon wie traurig sie nun war. Sie erzählte ihm auch, wie oft sie sich gewünscht hatte, dass die Wolken verschwinden würden, wenn sie den ganzen Tag und die halbe Nacht nur große, graue, schwere und nasse Wolken geschoben hatte und wie froh sie jetzt wäre, wenn sie wenigstens eine, von diesen dummen Wolken, am Himmel zu sehen könnte. Der kleine Engel, der für Engelfragen verantwortlich war, hörte Tinchen geduldig zu, ihr tat es gut einmal ihre ganzen Sorgen loszuwerden, dann dachte er lange nach.
Tinchen war sehr gespannt, welchen Rat der kleine Engel, der für Engelfragen verantwortlich war, für sie hatte. Eine Ewigkeit lang war es ganz still im Raum und sie konnte die Spannung kaum noch aushalten. Würde ihr der kleine Engel, der für Engelfragen zuständig war helfen können? Tinchen schaute ganz verzweifelt drein.
Da sprach der Engel, der für Engelfragen zuständig war: „Tinchen, es ist doch ganz klar was geschehen ist. Das was du dir am Sehnlichsten gewünscht hast, wurde vom großen Engel, der für das Wünscherfüllen zuständig ist, bearbeitet. Er hat dir deinen Wunsch erfüllt. Immer, wenn dir das Wolkenschieben keinen Spaß gemacht hat, hast du dir so fest gewünscht, die Wolken mögen verschwinden, das dein Wunsch beim Engel, der für das Wünsche erfüllen zuständig ist, auf dem Schreibtisch landete. Was geschehen ist, war dein Wunsch.“
Tinchen konnte gar nicht glauben, was sie da hörte. Sie hatte noch nie etwas von dem großen Engel, der für das Wünsche erfüllen zuständig ist, gehört und wusste gar nichts darüber, dass er jeden Tag und jede halbe Nacht damit beschäftigt war, die sehnlichsten Wünsche kleiner Engelmädchen zu erfüllen.
Sie erklärte dem kleinen Engel, der für Engelfragen zuständig war, aufgeregt, das es nie ihre Absicht gewesen sei, die Pflanzen und die Tiere und die Menschen auf der Erde verbrennen zu lassen und das sie nie wirklich wollte, dass die Wolken verschwinden und das sie doch gar nicht wüsste was sie nun einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang tun sollte und das sie überhaupt nichts gewusst hatte von dem großen Engel, der für das Wünsche erfüllen zuständig war und das es ihr unendlich leid täte wenn sie für diesen Schlamassel zuständig war. Dem kleinen Engelmädchen liefen die Tränen nur so rechts und links die Wangen herunter. Weinend fragte sie den kleinen Engel, der für Engelfragen zuständig war, was sie jetzt tun konnte um wieder alles gut zu machen.
Der kleine Engel, der für Engelfragen zuständig war, überlegte wieder kurz und sagte: „Tinchen, was geschehen ist kannst du nicht rückgängig machen und du kannst auch nichts wieder gut machen. Du hast dir etwas gewünscht, so ist es geschehen. Du kannst aber heute etwas für die Zukunft tun. Du musst dir nur sehnlichst Wünschen, dass die Wolken wieder zurückkommen, so wird es dann sein.
Tinchen schaute ungläubig. Das konnte doch nicht so einfach sein. Man brauchte sich nur etwas sehnlichst wünschen, damit es geschah? Tinchen glaubte dem kleinen Engel, der für Engelfragen zuständig war, nicht wirklich, sagte das aber nicht. Sie würde es eben einfach versuchen, denn sie wollte unbedingt wieder eine Aufgabe haben, auch wenn sie mit großen, grauen, schweren, nassen Wolken verbunden war. Sie würde sich über jede Einzelne freuen und sie herüber und hinüber, hinauf und herunter schieben.
Der kleine Engel der für Engelfragen zuständig war, sah den Zweifel in den Augen des kleinen Engelmädchens und sagte: „Bedenke aber eines Tinchen, der große Engel, der für das Wünsche erfüllen zuständig ist, hat unglaublich viel zu tun. Die Engelchen wünschen sich soviel, dass er, obwohl er jeden Tag und jede halbe Nacht daran arbeitet, nicht hinterherkommt und es eine ganze Weile dauert bis dein Wunsch an der Reihe ist. Du darfst nicht aufgeben und musst dir nichts sehnlicher Wünschen als das die Wolken zurück kommen, nur so wird dein Wunsch in Erfüllung gehen. In Zukunft, überlege dir gut, was du dir wünscht und was besser nicht. Du siehst jetzt, wieviel Schaden du damit anrichten kannst.“
Tinchen nickte, bedankte sich bei dem kleinen Engel, der für Engelfragen zuständig war und ging nach Hause. Auf dem ganzen Heimweg wünschte sie sich bereits nichts sehnlicher als, dass die Wolken an den Himmel zurück kommen sollen.
Gleich am nächsten Morgen setzte sie sich hoch oben, auf das oberste Ende des Regenbogens, der so wunderschön in allen Farben leuchtete und konzentrierte sich einen Tag und eine halbe Nacht lang auf ihren größten Wunsch. Es folgten noch viele Tage und viele halbe Nächte, an denen sie nun hoch oben auf dem obersten Ende des Regenbogens saß und sich die Wolken zurück wünschte. Manchmal war sie schon verzweifelt, aber da erinnerte sie sich an die Worte des kleinen Engels, der für Engelfragen zuständig war und gab nicht auf.
In der Zwischenzeit arbeitete der große Engel, der für das Wünsche erfüllen zuständig war jeden Tag und jede halbe Nacht daran alle Wünsche der Engel zu erfüllen. Als er Tinchens Wunsch auf den Schreibtisch bekam wunderte er sich, er konnte sich noch sehr gut an ihren seltsamen Wunsch, die Wolken verschwinden zu lassen, erinnern. Er war sehr traurig über diesen Wunsch gewesen und nun freute er sich um so mehr, dass er die Wolken wieder herbei wünschen durfte. Obwohl der große Engel, der für das Wüsche erfüllen zuständig war, ein meistens sehr ernster Engel war, konnte man ein kleines Lächeln über sein Gesicht huschen sehen, während er den Wunsch des kleinen Engelmädchens erfüllte.
Als Tinchen an diesem Morgen, nach einem weiteren Tag und einer weiteren Nacht des sich sehnlichst Wolken zurück Wünschens, auf dem oberen Ende des Regenbogens aufwachte, traute sie ihren Augen nicht. Der ganze Himmel war über und über voller Wolken. Große und kleine, dicke und weniger dicke, weiße und graue.
Tinchen freute sich über jede einzelne von ihnen. Sie fing sofort an, sie herüber und hinüber, herauf und hinunter zu schieben. In die besonders weichen lies sie sich jauchzend hinein plumsen und sie erkannte wieder Hoppelhasen und wunderschöne Blumen und viele andere erfreuliche Dinge darin.
Von da an, schob das kleine Engelmädchen jeden Tag und jede halbe Nacht, Wolken herüber und hinüber, hinauf und hinunter und es wusste sehr wohl wie wichtig es auch war große, graue, schwere und nasse Wolken zu schieben. Tinchen würde sich nie wieder etwas wünschen, ohne sehr genau darüber nachzudenken.
Wenn du einmal ganz genau hinschaust, dann kannst du Tinchen sogar beim Wolkenschieben am Himmel beobachten.