Was sind Sprache und Autoren heute noch wert?
Bedeuten die Sprache ganz allgemein, Grammatik, Stil, Sprachgefühl, ein einigermaßen korrekter Gebrauch von Satzzeichen und letztlich die Rechtschreibung heute gar nichts mehr?Wenn ich in von "Autoren" selbst veröffentlichten eBooks lese oder mal wieder in solchen Internet-Portalen wie bookrix etc. stöbere, bin ich immer wieder entsetzt über die weit verbreitete Unfähigkeit dieser Schreiber (Autoren mag ich sie nicht nennen), mit der Sprache gut oder zumindest weitgehend korrekt bzw. angemessen umzugehen. Es muss ja nicht perfekt sein, aber es ist manchmal kaum auszuhalten. Hier mal ein paar Beispiele, in dieser Woche in eBooks und auf einer der besagten Plattformen für self-publishing-"Autoren" entdeckt (und jeder kann für sich die unsäglichen Fehler finden - und ich meine nicht nur die Rechtschreibfehler):
"Zum Glück hab ich einen Friseur, wo ins Haus kommt und mir meine Frisur richten kann, wärend ich meine Fingernägel lakkiere."
"Meine Verwanden, ja meine ganze Verwandschafft, hat mich seid jeher total abgelehnt. Das wahr noch nie anderst."
"Der Frueling hat angefangen, die Blumen blühen, und wachsen, der Schnee ist geschmolzen, und die ersten Tiere, trauhen sich aus dem Wald. Der einzigste, der noch nicht den mut hat, ist der ..."
Als geneigter und erwartungsvoller Leser ist man da doch begeistert, nicht wahr? So leid es mir auch tut, mir wird da die Lesefreude derartig getrübt, dass ich meistens nicht mehr weiterlesen mag. Bin ich da zu altmodisch und verstaubt?
Die Sprache ist nun mal das Handwerkszeug von Menschen, die gerne schreiben. Dazu gehören auch Stil, Grammatik und Rechtschreibung. Doch mir scheint, dass dies alles heute keine Bedeutung mehr hat, dass die Geilheit vieler Menschen darauf, sich "Autor" nennen zu können, weit größer ist als ihre Fähigkeit, die nun mal dafür nötig wäre, wirklich Autor zu sein.
Ich kann einfach nicht singen. Also gebe ich auch keine Konzerte. Ich mute das den Menschen einfach nicht zu. Ich kann auch keine Haare schneiden oder Brötchen backen, also bin ich kein Friseur und auch kein Bäcker. Gröle allenfalls manchmal unter Dusche, wenn ich weiß, dass keiner mich hören kann. Doch schreiben - das will offenbar jeder. Warum müssen alle diese Menschen unbedingt schreiben, wenn sie es gar nicht können?
Wenn sie ihre Texte wenigstens mal korrigieren oder sogar lektorieren lassen würden, bevor sie damit an die Öffentlichkeit gehen, wäre schon viel gewonnen. Doch das interessiert offenbar kaum noch jemanden. Wenn ich dann fassungslos, aber höflich auf die zahllosen Fehler hinweise, kommen manchmal verdammt schräge Kommentare, z. B.: "Wenn du ein Buch ohne Fehler lesen willst, lies doch den Duden!" oder auch "Schon wieder so ein Rechtschreib-Nazi!" und "Nieder mit den Grammatik-Terroristen!" (alles meistens auch noch falsch geschrieben).
Ich denke dann an die alte Weisheit von Lao Tse:
"Zeig einem klugen Menschen einen Fehler - und er ist dir dankbar! Doch zeig einem dummen Menschen einen Fehler - und er wird dich beleidigen!"
Doch das tröstet mich darüber hinweg, dass unsere schöne und differenzierte Sprache mehr und mehr verhunzt wird. Und dass unglaublich viele miserable eBooks und Texte existieren, dass manchmal sogar bei Facebook in einem Spruch mit drei Zeilen sage und schreibe vier Rechtschreibfehler enthalten sind. Ist unsere Sprache denn wirklich nichts mehr wert?
Und was bedeutet es heute noch, Autor zu sein, wenn jeder glaubt, er könne so großartig schreiben, dass seine Werke unbedingt der Öffentlichkeit präsentiert werden müssen?
Was denkt Ihr: Hab ich da irgendeinen Zug verpasst? Bin ich da zeitlich nicht mehr auf der Höhe? Darf auch ich künftig in meinen Geschichten und Büchern so liederlich mit unserer Sprache umgehen, weil es ja ohnehin nichts mehr bedeutet?
Was meint Ihr?
(Der Antaghar)