Der Wind schläft auf der Sommerwiese
Will mit dir jetzt ganz friedlich in einem schönen warmen und weichen Bett liegen, deinen Kopf auf meiner Schulter und dich träge und sacht streicheln. Will dir leise was erzählen, was Belangloses aus meiner Kindheit oder Jugend. Im ganzen Zimmer wabert Gemütlichkeit und Harmonie und meine Skagen-Uhr hat sich einen Zeiger vor den Mund gehalten, damit sie weniger laut tickt. Irgendwo her kommt ganz leise Helenes Fischers "Atemlos ..." und wir beide schauen uns wie auf Kommando grinsend an. Wenn die liebe Helene nur einen Begriff hätte ..."Hat sie bestimmt", sage ich leise und merke erst dann, dass ich es laut gesagt habe.
"Wer hat was bestimmt?", fragst du mäßig interessiert; die Augen geschlossen und deine Hand locker auf meiner Brust. Du zupfst manchmal spielerisch an der kleinen vorstehenden Perle.
Ich erkläre dir, was es mit dem Satz auf sich hat und du lachst hell auf, küsst mich und strubbelst durch mein Haar, das schon wieder fast trocken ist.
Vom angeklappten Fenster her summen die Geräusche der Stadt herauf gerade wie Insekten auf einer Sommerwiese. Geschäftig geht es zu und scheinbar leicht. Hier schläft der Wind. Dein Lachen rollt noch immer durch mein träge pochendes Empfinden. Fast wie eine Flipperkugel kollidiert es mit Erinnerungen und setzt winzige Impulse frei. Den Impuls, den Kopf zu drehen um dein Profil zu sehen, so nahe bei mir, dass die Konturen verschwimmen und alles so weich und wie Wolken am Himmel scheint. Dein krauses Haar bildet den Rahmen und die Bühne, der schmale kühne Schwung der Brauen schenkt deinem Antlitz Staunen.
Ich erinnere mich: Kaffeemaschinen demontieren; unverstellte Freude und Erregung äußern, Menschen mögen, manchmal wider besseres Wissen. Dieses Staunen - geboren aus dem Schaum der Neugier und den Gezeiten deines Lebens und der Lust - es flüstert lächelnd deine Namen.
Den Impuls, die Augen kurz zu schließen, die Tränen weg zu blinzeln.
Dein Herz in meinen Händen über die feuchte Wiese rennen und lauthals etwas rufen, das nach Glück klingen mag. Dem eigenen Schatten wider alle Physik entkommen, um in deinem einzutauchen, atemlos ...
Den Impuls, Zweifeln zu widerstehen, Gefühlen nicht zu misstrauen, wohl wissend, dass der Grund nicht sicher und das Eis dünn ist. Man legt sich nicht auf diese Sommerwiese, wenn der einzige Gedanke ist, dass die Halme in den Rücken pieken und allerlei Getier sein Unwesen treibt.
Hier schläft der Wind.
Wir dösen auch. Wir ruhen bei einander und erinnern uns an einander auf diese spezielle Weise, die das Zwerchfell zum Beben bringt. Eine angerissene Bass-Saite. Die Schwingungen breiten sich aus wie Wellen auf einem silbergrünen Weiher.
Meine Hand ertastet deine linke Brustwarze, die, sich an meine Finger erinnernd, schmunzelnd aufrichtet. Eine gekräuselte Köstlichkeit in der Farbe reifer Haselnüsse, scheinbar gemacht, von Lippen liebkost zu werden. Erinnern wir uns noch, welche Funktion sie wirklich hatte? Erinnern wir uns, dass wir Säugetiere sind, hin geschmiegt auf saubere Laken, duftend nach dem süßen Schweiß der tabulosen Liebe?
Deine Lippen zucken sich in das versonnene Lächeln einer kleinen, kitzelnden Erwartung. Du bewegst dich nur ein wenig. Signale wie ein Windhauch. Aber meine Sensoren sind schon wach. Deine Haut flüstert unter den schwebenden Fingern von süßem Vergnügen und leisem Schmerz. Das Haar über deinem Venushügel ist noch ein wenig feucht und schmeichelt meiner Handfläche. Wir sind gut zu einander, nicht weil wir es wollen, es ist in unserer Natur. Die Liebe und ihre Schwester machen uns zu freundlichen Menschen.
„Wer ist die Schwester der Liebe?“, fragst du heiser. Mein Finger berührt dein Feuer und du kennst die Antwort im selben Moment und leihst ihr für die nächsten Minuten deine Stimme, deine Verzückung und füllst mit ihr deinen Leib zum Bersten.
Der Wind ist erwacht und schüttelt sein Gefieder hin zum Sturm.