One Dollar
Der alte Johnny schmiss ihm den Schein vor die Füße. Denk dran, deine Seele gehört mir! Mir.
Giovanni wachte schweißgebadet auf. Suchte die letzten Traumfetzen. Johnny sprach zu mir. Geh weg, alter Mann, du bist längst Futter für die Würmer. Geh weg, Johnny. Johnny blieb. Bau das Lost Hero wieder auf. Wieder auf. Auf. Auf ... auf ...
Niemand ausser dem alten Johnny und der Gang wusste, das Giovanni schon immer der Besitzer dieses Ladens war. Aber Johnny hat recht, ich muss die Bar wieder flott machen, dachte er. Nicht nur wegen der Geldwäscherei, nein, von dort aus konnten er und seine Leute das ganze Viertel kontrollieren. Und seit dem Vampirscheiss letzten Monat war das Westend alles andere als ruhig. Verdammt, Johnny, mein Freund. Du hättest ihn ihn getillt, nur du. Dieser Typ ist clever, trickst alle aus und läuft immer noch frei herum. Du hast recht, ich muss nach vorne schauen. Ich will nicht, dass mir alles entgleitet. Ich lasse mich nicht abrippen! Neben ihm räkelte sich Babe im Schlaf.
Alle waren da, versammelt im Hero. Der Boss Giovanni, seine Mannschaft, sein Geliebte Babe und die beiden Barkeeper, Butch und Jeff. Der Boss kam gleich zu Sache. Schaut euch um, schaut euch diese Trümmer einer Traumbar an, schaut sie euch an. Ich gebe euch eine Woche bis zur Wiedereröffnung. Jeff nickte, kein Problem. Und die Bullen, das Ordnungsamt?, fragte Butch. Alles geregelt, Jungs. Die sind auf unserer Seite. Im Viertel muss es wieder so werden wie früher. Dieser Freak muss weg. Ihr wisst schon, wer.
Butch? Ja, Boss? Hast du die Silberkugeln besorgt? Butch hatte. Eine ganze Ladung blankpolierte Silberküglechen, Kaliber 9.
Jeff, hast du dieses bestimmte Wässerchen bekommen? Ja, hat ne Stange Geld gekostet, der Pfaffe ist ein Katholendealer vom Feinsten. Jeff lachte böse. Weihwasser. In was für Zeiten leben wir? Der Rest der Mannschaft nickte, reden war eh nie ihre Stärke gewesen.
Der Boss war noch nicht fertig. Gedankenfalten, ein gewohntes Bild. Wir brauchen einen neuen Jäger. Johnny ist tot, Duffy auch. Was wir brauchen, ist jemand von ausserhalb. Keiner aus unseren Reihen. Einer, der keine Fragen stellt und keine Antworten gibt. Einer, der im Westend klar kommt. Das scheint mir das Dringlichste zu sein im Moment. Babe runzelte ihre Augenbrauen. Muss es ein Kerl sein? Ich kenne da eine, ne Französin, lebt etwa seit einem Jahr hier. Butch, du kennst sie: Fabienne, sie war ein paar Mal hier. Schwarze Haare, jung, cool, abgebrüht und schweigsam. Sie tötete immer lächelnd. Butch nickte.
Auch diese Nacht schlief Giovanni schlecht. Träumte wieder davon, wie Johnny ihm den vergilbten Eindollarschein vor die Füße warf. Nur statt George Washington blickte ihn ein junge Frau an. Ernst, gefährlich, schwarzhaarig. Er wachte auf. Babe? Babe, bist du wach?
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Genau acht Tage später. Kurz vor der Eröffung. Die Wände orange, das Leder der Sitzecken wie vorher blutrot. Die Theke größer, die Auflagefläche in Wurzelholz. Scheiss auf die Kohle. Hinter dem Tresen alles verspiegelt. Eine neue Wurlitzer, komplett neue Platten. Alles neu. Die Barkeeper die alten: Jeff & Butch. Und aus den Erfahrungen der letzten Zeit gelernt - drei Notausgänge. Verdammt, der Boss liess sich nicht lumpen. Alles bestens. Es war klar, dass das Lost Hero nun endlich Einzug in der Toplist der coolen New Yorker Bars Einzug finden würde. Die Zeiten der Looserkneipe war endgültig vorbei. Giovanni grinste in sich hinein.
Draussen drängten die ersten Gäste. Stopp! Stopp! Giovanni liess ein Bild aufhängen. Johnnys Dollarschein. Der aus seinen Träumen. Der, den er in seinem Bett gefunden hatte.
Babe, einen Dime für die Musikbox! Giovanni wählte: "The lonely bull" von Scotch & Soda. Jeff, der genau so gekleidet war, wie man sich den Ansager dieses Songs vorstellen könnte, füllte die Gläser. Auf Kosten des Hauses. Mit Scotch und Soda. Echtem.
Lasst die Gäste rein! Lasst sie alle rein und haltet verdammt nochmal eure Augen auf.
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(Bob wird die Fortsetzung schreiben)