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Holt ihn Kiel, den Burschen!

**********henke Mann
9.666 Beiträge
Themenersteller 
Holt ihn Kiel, den Burschen!
Der marode Kahn schaukelte behäbig in der Dünung. Unser Käpt’n, ein dürres Männchen eigentlich, stemmte die Hände in die Seiten und brüllte mit einer Stimme, die ihm niemand zugetraut hätte: „Dort hinter der Hügelkette wartet der Feind! Sammelt Treibholz, rollt die Pechfässer von Bord und setzt unsere „Mathilde“ bei Ebbe auf den Strand. Wir kalfatern erst die Backbordseite, die hat es schlimmer erwischt und wenn dann immer noch kein Heerzeichen zu sehen ist, die Steuerbordseite bei der nächsten Ebbe!“

Der Mann hatte Nerven, aber die bewies er ja jeden Abend beim Tangram-Spielen. Nur der Steuermann, mit seiner ewigen Renitenz, musste den Spielverderber machen.

„Käpt’n, mit Verlaub, die Hügelkette ist zehn Meilen weg und die Ebbe kommt in zwei Stunden. Selbst wenn sie nur Fußknechte schicken, sind sie da, bevor ein einziger Wergfaden an seiner Stelle ist.“

Der Käpt’n wurde nachdenklich: „So haben wir eine Chance, fahren wir Mathilde hinaus, dann sind wir heute Abend alle Fischfutter.“

Das verstanden die Männer und auch der Steuermann und knurrend machten sie sich an die Arbeit, entfachten Feuer, schmolzen das Pech, legten das Werg ein und drückten es mit dem Kalfaterhaken zwischen die Planken. Die Arbeit ging leicht von der Hand, und die Männer summten leise die Lieder von der See und von der Sehnsucht und von den Mädchen.

Unser Käpt’n schaute zufrieden zu und stieß den Smutje in die Seite: „Siehst Du, wie artig sie ihre Arbeit machen? Nimm den letzten Schinken aus der Pökeltonne und koch ein zünftiges Essen heute Abend, bald ist Schlachtezeit, da werden sie wieder frisch pökeln.“ Das ließ sich unser Koch aber nicht zweimal sagen....

[Hier folgt dann eine Geschichte von Ehre und Verrat und es kommen ein paar zwielichtige Gestalten vor, der Käpt'n ist der Vater des Steuermanns, aber beide wissen nichts davon, das Schwein für die Pökeltonne hat einen Namen und kann deswegen nicht geschlachtet werden und zum Schluß stellt sich raus, dass der Käpt'n sich verrechnet hat und hinter der Hügelkette nicht die Feinde zum Vorschein kommen...]
**********henke Mann
9.666 Beiträge
Themenersteller 
Als die Flut einsetzte und „Mathilde“ Grund verlor und sich aufstellte, eilten die Männer zu schauen, ob sie auch gut vertäut sei. Eine Wache blieb an Bord zurück, aber sie spannten die Festmacherleinen nach Backbord, damit das Schiff beim Einsetzen der nächsten Ebbe auf diese Seite kippte. Hier in der Flussmündung hub die Tide hoch, sie brauchten keine Werft.

Am Strand teilte der Smutje, der zusammen mit dem Benjamin seine halbe Kombüse ans Ufer geschafft hatte, einen Labskaus bester Güte aus. Für den Labskaus hatte er nach Art der Dänen Schweineschinken genommen und sonst alles aus seiner Gemüsekiste darein gekocht. So löffelten die Männer schmatzend schlürfend aus ihren irdenen Schalen die mit Meerwasser weich gesimmerten Bete, Rübchen, Wurzeln und Zwiebeln mit den Stücken des letzten Pökelschinkens aus der Tonne. Der Käpt’n gab das Maß Rum aus und die Männer verschnitten das frische Quellwasser, das zwei von ihnen noch vor einsetzen der Ebbe landeinwärts gefunden hatten, damit.

„Holt das Tangram!“ Aus aufrechtstehenden Fässern und Planken bauten die Männer Tische, sie setzen sich auf Seemannskisten, Zuber und Wergballen und schauten zu, wie der Käpt’n auf Zuruf verschiedene Figuren legte. Die Sturmlaterne blakte und zeichnete gespenstische Schatten auf die Gesichter. Auch andere versuchten ihr Glück, aber immer war der Käpt’n schneller, und war ein anderer schneller, dann war der Käpt’n richtiger. Die Sommernacht ließ sie die Gefahren des Seemannslebens einen Moment vergessen und als der Bootsmann sein Schifferklavier aus dem Kasten zog, trat in manchen Augenwinkel eine Träne.
Ach, mir wird
so poetisch zumute!
Dank für das so schmackhaft gepökelte Seemannsgarn.
Du führst auch mich unweigerlich zum weichen Kern des harten Kerls.

hutzieh *victory* laf
**********henke Mann
9.666 Beiträge
Themenersteller 
Einer nach dem anderen breitete seinen Matrosenmantel auf dem trockenen Sand des Strandes aus und legte sich langgestreckt unterm blanken Sternenhimmel nieder. Endlich einmal nicht in einer Hängematte schlafen und eine Luft atmen, die nach Bilge stank!

Für den Käpt’n hatten die Männer ein kleines Zelt gebaut, mit Bett und Tisch und Stuhl und der Alte nahm die Sturmlaterne mit hinein und sie hörten, dass seine Feder noch lange über das Papier kratzte. Der Morgen graute schon, als die Laterne verlosch und trotzdem war der Kapitän als erster auf den Beinen. Er wusch sich mit freiem Oberkörper in einer Pütz, trat dem Bootsmann an den Fuß und blinzelte in die Sonne hinter der Hügelkette, als der heisere Ton der Bootsmannspfeife die Männer zur Arbeit rief.

Gerade lief das Wasser ab, die Männer warfen sich in die Tampen, um „Mathilde“ auf die fertig kalfaterte Backbordseite zu legen und mit der Steuerbordseite weitermachen zu können. Der Steuermann war mit drei Mann und Äxten und Sägen in den Küstenwald gezogen, gestern hatten sie alles Treibholz von diesem Strand verbrannt. Als „Mathilde“ auf der Seite lag, liefen die restlichen Matrosen mit Kiepen und Säcken dem Steuermanne hinterher und trugen das frische harzige Holz zum Strand. Hoch loderte die Flamme unter dem Pechkessel.

Der Käpt’n hatte die Seekarte ausgebreitet und er maß und rechnete und hielt den Sextanten in den Himmel und wenn die Männer nicht damit beschäftigt gewesen wären, beschleunigt durch die Angst vor den Schergen, das gepechte Werg in die Fugen zwischen den Planken zu drücken und dabei zu schauen, dass Scharfes oder Schweres in Griffweite lag, so hätten sie das verschmitzte Lächeln des Alten gesehen, der sich nun auch noch seine Pfeife stopfte und von Mann zu Mann ging und eines jeden Arbeit lobte.

Als nach sechs Stunden das Wasser wieder stieg, verteilten die Männer das restliche Pech auf dem seepockigen Rumpf der „Mathilde“ und beluden ihre schwimmende Heimat wieder, am Strand nichts zurücklassend als einen Berg Asche.

Jetzt verlor das Schiff Grund, sie nahmen die Trosse in die Beiboote und legten sich in die Riemen, schleppten „Mathilde“ aus dem Windschatten der Mündung in den Wind. Boreas blähte die Segel und schon bald sprühte die Gischt vorm Bug auf ihrer Reise südwärts. Der Käpt’n stand auf der Brücke, schaute durchs Fernrohr zum Ufer und mit dem unbewaffneten Auge auf die See und ließ den Bootsmann pfeifen, damit alle Wachen an Bord kämen.

„Männer, ich danke Euch für Eure schnelle Arbeit, die ihr vielleicht nicht ohne Furcht ausgeführt habt, aber ...“, und hier machte er eine bedeutungsvolle Pause, „hinter den Hügeln lauerten nicht die Königlichen, wir sind zuhause, früher als wir gedacht haben!“
****orn Mann
11.967 Beiträge
Feine Seemannsgeschichte
gefällt mir gut!

*spitze*
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