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Auf gute Nachbarschaft

Auf gute Nachbarschaft
Vor einigen Tagen wollte ich mich nach einer anstrengenden Schicht noch ein wenig in meinen Garten setzen, den Sonnenschein genießen und mich entspannen. Leider dauerte die Entspannung keine Minute, denn kaum hatte ich mich in meinem Gartensessel zurückgelehnt, schmiss mein Nachbar seine Kettensäge an. Das hat mich auf die nachfolgende Geschichte gebracht.

Ich freue mich auf eure Rückmeldungen.

Geschafft! Endlich hatte Sofie die letzte Kiste leer geräumt und alles verstaut. Erschöpft ließ sie sich auf ihr Sofa sinken. Ereignisreiche Wochen lagen hinter ihr.

Vor drei Monaten hatte sie sich von ihrem Freund getrennt. Zwei Jahre waren sie zusammen gewesen, Jan und sie. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen. Sie lernten sich bei der Geburtstagsfeier eines gemeinsamen Bekannten kennen. Jan war so aufmerksam und hilfsbereit gewesen. Immer konnte er sie zum Lachen bringen. Sie liebte seinen Sinn für Humor, seine unbekümmerte Art.

Schon nach einem halben Jahr zogen sie zusammen. Anfangs fühlte es sich an wie der Himmel auf Erden. Aber schon bald bekam sie Zweifel, ob es so klug gewesen war, mit ihm in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Jan schien nach kurzer Zeit wie ausgewechselt. Immer öfter wollte er wissen, mit wem sie telefonierte. Wenn Sofie beteuerte, dass es nur eine ihrer Freundinnen war, glaubte er ihr nicht. Er beschimpfte sie als Lügnerin und brach jedes mal einen Streit vom Zaun.

Mehr und mehr kontrollierte er ihre Schritte, machte ihr Vorschriften, was sie zu tun und zu sagen habe. Bis Sofie es nicht mehr aushielt. Klipp und klar erklärte sie ihm, dass sie sein Verhalten nicht länger dulden würde. Als er sich trotz allem nicht änderte, drohte sie ihm mit Trennung. Jan gab sich erschrocken, entschuldigte sich wortreich bei ihr. Ihm war unerklärlich, was in ihn gefahren war. Sie verzieh ihm und anfangs klappte es besser.

Doch nach wenigen Wochen nahm seine Eifersucht wieder überhand. Vergessen schienen seine Versprechungen. Erneut drohte Sofie mit Trennung und wieder gelobte er Besserung. So ging es etwa anderthalb Jahre, auf und ab. Schließlich musste sie einsehen, dass ihr Freund sich niemals bessern würde. Also zog sie schweren Herzens einen Schlussstrich unter dieses Kapitel ihres Lebens.

Mit ihren 27 Jahren war sie noch jung genug für einen Neuanfang. Genau diesen wollte sie nun wagen. Ihr stand der Sinn nach Veränderung. Als sie erfuhr, dass in dem kleinen Ort 50 km von ihrem Heimatdorf eine Lehrerin für die Grundschule gesucht wurde, bewarb sie sich spontan. Sofie rechnete sich zwar keine großen Chancen aus, da sie noch unerfahren war, aber einen Versuch war es wert. Tatsächlich bekam sie die Stelle.

Nun musste nur noch eine geeignete Bleibe her. Die Anzeige in der Zeitung las sich gut: ländlich gelegene Einliegerwohnung, 40 qm, zu sofort zu vermieten. Umgehend griff sie zum Telefonhörer und erkundigte sich. Die Wohnung war noch zu haben. Schon zwei Tage später konnte sie sie besichtigen. Das Apartment gefiel ihr auf Anhieb. Mit seinen großen Fenstern wirkte es hell und freundlich. Die Lage war nahezu perfekt. Das Haus, in dem sich die Wohnung befand, lag abseits des Ortes, ein Wald nur wenige Schritte entfernt. Hier hoffte sie, Ruhe zu finden nach der kräftezehrenden Trennung. Danach sehnte Sofie sich nun am meisten: Ruhe und Frieden.

Die Vermieter erweckten einen netten Eindruck. Sie waren ein Ehepaar um die Mitte 60, deren Söhne bereits aus dem Haus waren. Die Frau, Ursula, war eine typische Hausfrau. Sie hatte sich immer nur um das Haus und die Kinder gekümmert, erzählte die kleine, untersetzte Frau. Ihr Mann Günter, ein gelernter Gärtner, war seit drei Jahren in Rente.

Das sah man dem Garten auch an, der hundertprozentig in Schuss war. Nirgends sprießte Unkraut und eine Fülle an bunten Blumen zierte das Grundstück. Hortensien, Rhododendron und Flieder blühten um die Wette. Hohe Eichen spendeten Schatten. Es schien ein wahres Paradies. Schnell einigten sie sich und unterzeichneten den Mietvertrag. Sofie fühlte sich seit langem wieder glücklich. Endlich schien sich das Blatt für sie zu wenden.

Nun saß sie hier auf ihrem Sofa, erschöpft und dennoch guter Dinge. Der Umzug war geschafft, all ihre Sachen in den Schränken verstaut. Langsam ließ sie den Blick über ihr neues Reich schweifen. Genau das war es für Sofie, ihr Raum. Hier würde sie es sich gemütlich machen, die Stille genießen und neue Kraft schöpfen. Noch waren Ferien. Sie musste erst in drei Wochen ihre Stelle antreten. Das gab ihr ausreichend Zeit sich einzugewöhnen. Sie nahm sich vor, gleich morgen damit zu beginnen. Doch jetzt wollte sie nur noch ins Bett und schlafen.

Am nächsten Morgen erwachte sie erfrischt und voller Vorfreude auf ihr neues Leben. Die Sonne schien zu ihrem Schlafzimmerfenster herein. Sofie hörte die Vögel singen. Das zauberte ein Lächeln in ihr Gesicht. Wohl zum hundertsten mal dankte sie dem lieben Gott für diese Chance.

Es war Sonntag. Sie beschloss, sich einen entspannten Tag zu gönnen. Schnell sprang sie unter die Dusche und setzte sich danach auf ihren Balkon. Der reichte zwar gerade für einen kleinen Tisch und zwei Stühle, aber das tat ihrer Begeisterung keinen Abbruch. Mit Heißhunger verschlang sie ihr Frühstück. Lange hatte sie nicht mehr mit solchem Appetit gegessen. Heute Morgen im Spiegel hatte sie blass und abgemagert ausgesehen. Fast 10 Kilo hatte sie durch den Stress verloren. Sie war immer schlank gewesen, aber jetzt war sie schon beinahe knochig. Aber das besserte sich hoffentlich bald.

Frisch gestärkt machte sie sich zu einem langen Spaziergang durch den nahegelegenen Wald auf. Nur das Gezwitscher der Vögel drang bis hierher. Die junge Frau hing ihren Gedanken nach, merkte kaum, wie die Zeit verging. Als sie zurückkehrte, war es früher Nachmittag.

Ursula, die sie sofort bemerkte, winke ihr zu und begrüßte sie freundlich. So kamen sie ins Plaudern. Schließlich lud ihre Vermieterin sie zu Kaffee und Kuchen auf die Terrasse ein. Eigentlich verspürte Sofie keine große Lust dazu. Da sie sich aber mit ihren neuen Vermietern gutstellen wollte, nahm sie die Einladung an.

Während Günter seinen Kaffee eher schweigend einnahm, unterhielten die beiden Frauen sich angeregt. Sofie erzählte, wie wohl sie sich hier fühlte und wie sehr sie die Ruhe genoss. Ursula berichtete von ihrer Leidenschaft fürs Backen. Nur leider hatte ihr Mann eine ausgeprägte Allergie gegen Erdnüsse. Jeder Kontakt konnte für ihn tödlich enden. Darum befand sich immer ein Notfallset im Haus. Ursula achtete peinlich genau auf die Zutaten, die sie verwendete. Durch ihre angeregte Unterhaltung verging der Nachmittag wie im Flug.

Am nächsten Morgen lag Sofie noch gemütlich im Bett und schlief, als das Dröhnen einer Kettensäge sie unsanft aus dem Schlaf riss. Beunruhigt schreckte sie hoch. Noch schlaftrunken horchte sie auf das Geräusch. Sie irrte sich nicht. Das war tatsächlich eine Motorsäge. Gereizt sprang sie aus dem Bett. Die junge Frau stampfte zum Fenster und hielt Ausschau nach dem Störenfried. Da stand Günter im Garten und fällte eine der Eichen. Das hätte sie sich ja denken können, dass er es war. Sofie unterdrückte ihre aufsteigende Verärgerung über die Störung. Das war es wohl für heute mit der ersehnten Ruhe.

Da sie keinen Unfrieden wollte, entschloss sie sich, etwas zu unternehmen und so dem Krach zu entgehen. Zum Glück blieben ihr noch drei Wochen Zeit, bis die Schule losging. Da boten sich noch genug Gelegenheiten zum Ausspannen. Als Sofie abends zurückkehrte, war ihr Unmut verflogen.

Am nächsten Tag begann die Sache jedoch von neuem. Wieder holte sie morgens um 8:00 Uhr das Dröhnen der Kettensäge rücksichtslos aus dem Bett. Das passte ihr gar nicht. Da Günter und Ursula ihre Vermieter waren, konnte sie allerdings schlecht etwas dagegen sagen. Bestimmt würde er mit den Gartenarbeiten bald fertig sein. So schluckte sie ihren Verdruss hinunter und versuchte, das Beste daraus zu machen. Sofie rief eine Freundin an und verabredete sich mit dieser. Als sie gegen Abend nach Haus kam, war alles ruhig und friedlich. Sie hoffte, dass die Angelegenheit damit ausgestanden war.

Doch da irrte sie sich. Tag für Tag weckte sie morgens um 8:00 Uhr das Geräusch der Kettensäge. Das durfte doch nicht wahr sein. Da hatten die zwei ihr erzählt, wie ruhig es hier wäre und dann sowas. Von Ruhe und Frieden keine Spur. Aber genau danach sehnte sie sich so sehr. Immer mehr steigerte sie sich in ihre Wut hinein. Wie lange musste sie das noch erdulden? Dieses ständige Gesäge ertrug sie kaum noch. Es raubte ihr den letzten Nerv.

Als sie gerade in ihr Auto steigen wollte, um wieder mal einen Tag fernab ihrer Wohnung zu verbringen, begegnete sie Ursula. Diese begrüßte sie wie immer mit einem Lächeln im Gesicht. Sofie entschloss sich, die Frau ein wenig auszuhorchen. Was sie dabei erfuhr, gefiel ihr ganz und gar nicht. Ursula erzählte bereitwillig, dass ihr Mann vorhabe, den Garten komplett neu zu gestalten. Seit er in Rente war, fand er endlich die Gelegenheit dazu. Die Eichen sollten gefällt werden. Sie ragten viel zu hoch hinauf. Die Arbeiten dauerten noch mehrere Wochen. Sofie konnte ihre Wut kaum in Zaum halten. Das war doch nicht sein Ernst. Sie wollte sich von all den Problemen der letzten Monate erholen und hier traf sie auf erneuten Stress. Sagen konnte sie schwerlich etwas, da es schließlich sein Grundstück war und sie hier nur zur Miete wohnte.

So ging es Tag um Tag. Sofie kam sich langsam vor wie in einem schlechten Film. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Ihre Wut stieg von Stunde zu Stunde. Hilflos musste sie den Krach über sich ergehen lassen. Mittlerweile trieb ihr schon der Gedanke allein die Zornesfalten auf die Stirn. Immer öfter floh sie tagsüber aus ihrer Wohnung. Aber das konnte unmöglich die Lösung sein.

Eines Nachmittags kehrte sie früher als sonst von einem Besuch bei ihrer Freundin heim. Sie wunderte sich, dass Günter nicht wie üblich im Garten werkelte. Er war zum Arzt gefahren, erzählte Ursula ihr auf ihre Nachfrage hin. Ihr Mann habe seit Tagen mit einem Ekzem zu kämpfen, das nicht wegging. Darum wollte er sich nun etwas verschreiben lassen. Ursula hoffte, dass das Medikament bald anschlug, da sie am nächsten Tag zu einem ihrer Söhne zu Besuch fahren wollte und Günter sich so schlecht allein behelfen könne. Sofie versicherte ihr, dass sie sich kein Kopfzerbrechen bereiten brauche. Wenn etwas sein sollte, könne Günter gerne zu ihr kommen.

Am nächsten Morgen erwachte die junge Frau schon um kurz vor 8:00 Uhr, das nervtötende Gedröhne der verhassten Maschine erwartend. Bisher waren erst vier Bäume gefällt und kein Ende vorauszusehen. Da sie ahnte, was sie erwartete, stand sie auf und ging ins Bad. Hoffentlich besänftigte eine Dusche ihre angespannten Nerven.

Aus den Augenwinkeln heraus nahm sie das Taxi wahr, das Ursula zum Bahnhof brachte. Warum fuhr Günter nicht einfach mit, statt sie hier permanent mit diesem unsäglichen Lärm zu malträtieren? Wie schön wäre das. Doch der Rentner dachte offenbar gar nicht daran, denn da nahm sie auch schon den mittlerweile vertrauten Krach aus dem Garten wahr.

Bald ging die Schule los. Sie musste noch Einiges vorbereiten. Also blieb sie wohl oder übel Zuhause, konnte dem Lärm nicht entfliehen. Trotz des strahlenden Sonnenscheins und der Hitze schloss sie ihre Fenster. Wie gerne hätte sie sich auf ihren kleinen Balkon gesetzt, aber dann würde sie vermutlich ausflippen. Sie konnte sich so schon kaum auf ihre Arbeit konzentrieren. Gab es eigentlich ein grässlicheres Geräusch als das einer Kettensäge?

Abends saß sie genervt auf dem Sofa. Endlich war Günter für heute fertig. Zum Glück, denn sie hatte rasende Kopfschmerzen. Ihr Kopf schien kurz davor zu zerspringen. Sie wollte nichts, außer ihre Ruhe haben. In dem Moment klingelte es an ihrer Wohnungstür. Wer konnte das sein? Sie erwartete keinen Besuch und wollte eigentlich nur alleine sein. Widerstrebend ging sie zur Tür. Dort stand Günter mit bedrücktem Gesicht. Er entschuldigte sich für die Störung und berichtete ihr von seinem Anliegen. Sein Ekzem hatte sich verschlechtert. Er wusste keinen Rat mehr. Seine Frau war nicht da und daher bat er Sofie um Hilfe. Er fragte, ob sie noch eine Idee habe, was er machen könne. Die junge Frau versprach ihm, Abhilfe zu schaffen. Sie käme gleich zu ihm.

Wenige Minuten später stand sie mit einem winzigen Töpfchen in seiner Wohnung. Sie erklärte ihm, dass sie eine wunderbare Salbe habe, die er großzügig auf die Wunde auftragen solle. Günter dankte ihr und versprach Ihre Anweisungen gewissenhaft zu befolgen. Damit verabschiedete sie sich und ging zurück in ihr Apartment.

Am nächsten Morgen lag Sofie gemütlich eingekuschelt im Bett. Wohlig streckte sie sich. Ihr Blick fiel auf die Uhr, die auf Ihrem Nachttisch lag. 10:00 Uhr morgens. Wie herrlich ruhig es war. Man hörte nur das leise Zwitschern der Vögel. Ein Lächeln breitete sich auf Ihrem Gesicht aus, als sie Günters Notfallset sah. Ob sie ihm hätte sagen sollen, dass die Creme Erdnussöl enthielt?

P.S.: keine Sorge, mein Nachbar erfreut sich bester Gesundheit *zwinker*

LG Christel
eyes002
******ace Mann
15.981 Beiträge
Gruppen-Mod 
Nun,
liebe Christel.

Es gibt immer zwei Möglichkeiten. Ducken oder bluten. Den schönen Schein wahren oder ehrlich sein. Zur Information: Ich schreibe hier nur meine persönliche Meinung und das hat absolut keine Relevanz zur Allgemeingültigkeit.
Ich fand die Geschichte langweilig. In einem Ton durcherzählt von vorn bis hinten, keine Wendepunkte, keine Höhepunkte. Das Thema ansich, also Trennung und all die damit verbundenen Punkte der Seele, die von Hoch bis Tief eine Persönlichkeit verändern können, hätte ich gewünscht, herausgearbeitet zu werden. Das hätte die "neue Nachbarschaft" erklärlicher, logischer und verständlicher gemacht. Die tiefe Sehnsucht nach Harmonie und Zusammengehörigkeit hätte es ebenfalls erklärt. Ich las es eher wie einen Tagebuchbericht mit Schwerpunkt auf "Bericht". Ich denke jedoch, dass man mit ein wenig Überarbeitung eine richtig spannende Geschichte aus dem Thema machen kann, was ich mir sehr wünsche *g*

Tom
Warum sollte ich sie lesen?
Guten Abend Christel.

Ich knüpfe den Faden von Tom weiter. Doch zuerst ein Kompliment für die Mühe, die du dir gegeben hast. Ich vermute, du hast die Geschichte mehrmals überarbeitet und gründlich auf Rechtschreibfehler und Absätze geprüft? Zumindest wirkt sie so auf mich und das ist auch der Grund, warum ich sie gelesen habe.

Ich habe mir in den letzten Monaten hier angewöhnt, nach den ersten beiden Absätzen aus einer Geschichte auszusteigen, wenn in diesen Absätzen nicht drin steht: "Lies weiter!" Verstehst du, was ich meine? Gib mir (dem Leser) einen guten Grund, weiter zu lesen. Es gibt nur einen solchen, und der gehört an den Anfang: Ein Konflikt. Er erzeugt die Spannung, die du brauchst, um den Leser zu fesseln.

Wie Tom schon sagte - für Dokumentationen interessieren sich die meisten eher weniger.

Mindestens zwei Konflikte sehe ich:

1. Die Trennung von ihrem Freund. Warum erzählst du das in einer Rückblende? Bereits im zweiten Absatz einer Kurzgeschichte ins Plusquamperfekt zu wechseln, ist tödlich. Du erklärst die Vergangenheit. Zeige die Vergangenheit!

Sie hatte die Nase voll. Zwei Jahre Eifersucht waren genau zwei Jahre zuviel. Sie schmiss ihre Klamotten in einen Koffer, das gerahmte Foto seiner geliebten Eltern mit Sohnemann auf den Boden und machte sich vom Acker.

Als Beispiel einmal, wie du Fahrt in die Geschichte bringen könntest. Deshalb so kurz, weil dieser Teil doch eigentlich überhaupt keine Beziehung zu dem hat, was du wirklich erzählen willst. Das ist doch das:

2. Der eigentlich Konflikt - der Kettensägenmörder
Endlich eine Wohnung. Sonntagmorgen, die Sonne schien ins Schlafzimmerfenster, Vögel sangen und niemand fragte sie vor dem Zähneputzen, wo sie gestern abend gewesen war. Das Leben konnte so herrlich sein. Da schmiss ihr Nachbar die Kettensäge an ...
Vielleicht einen kleinen Link zu einem Interview mit Andreas Eschbach. Ich glaube, es vergeht kein Monat, an dem ich es mir nicht durchlese, um meine Fabulierungswut wieder auf den Boden des Notwendigen zurückzuholen.

http://www.hanspeterroentgen.de/AndreasEschbach/


Fehlt nur noch die Begründung, warum ich deine Geschichte gelesen habe, obwohl sie mich nicht angeschrien hat, sie sei spannend. Nun, ich habe die Mühe gesehen, die du dir gegeben hast. Für mich, als Leser. Danke dir dafür!

Rainer
Zweite Fassung
Sorry, dass es so lange gedauert hat. Aber in letzter Zeit hatte ich leider nicht soviel Zeit zum Schreiben, wie ich es mir gewünscht habe.

Ich habe versucht, die Ratschläge umzusetzen und bin gespannt auf eure Meinungen.

Auf gute Nachbarschaft

Schluss. Aus. Vorbei. Keine Minute länger macht sie dieses Theater mit. Jetzt hat sie endgültig genug.

Jan benimmt sich kindischer als ihre Erstklässler. Diese ständige Eifersucht kann kein Mensch ertragen. Jedes Mal wenn sie mit einer Freundin telefoniert, will er jedes Wort erfahren. Über jede Minute, die sie mal später nach Hause kommt, verlangt er Rechenschaft. Das ist nicht mehr der Mann, in den sie sich vor zwei Jahren Hals über Kopf verliebt hat. Das ist nicht länger ihr Jan, sondern ein von seinem Kontrollzwang getriebener Tyrann.

Aber jetzt ist Schluss damit. Sofie lässt ihren Blick über die Koffer und Kisten schweifen. Sämtliche Habseligkeiten befinden sich darin. Alles nimmt sie mit, lässt nichts zurück in der Wohnung, die sie fast anderthalb Jahre mit Jan zusammen bewohnt hat. Bei dem Gedanken daran, wie glücklich sie hier anfangs war, steigen ihr Tränen in die Augen. Der Schmerz ist so groß, dass er sie fast zu zerreißen scheint. Sie muss stark bleiben, darf sich nicht wieder einwickeln lassen wie all die male zuvor. Es gibt kein Zurück mehr, der Mietvertrag für die neue Wohnung ist bereits unterschrieben.

Sofie bringt all ihre Sachen in ihren Wagen, der unten vor dem Haus steht – treppauf, treppab. Bei jedem Gang wird ihr das Herz ein wenig schwerer. So sehr sie sich diesen Moment auch herbeigesehnt hat, so sehr macht er sie dennoch traurig. Immer wieder hat sie versucht, Jan zur Vernunft zu bringen. Hat ihm erklärt, dass seine Eifersucht völlig unbegründet ist. Nichts half, weder Worte noch Taten. Sie hat keine Kraft mehr für die ständigen Auseinandersetzungen, kann und will so nicht länger weitermachen.

Ein letztes Mal kehrt sie in die Wohnung zurück, schreitet stumm durch die leeren Räume. Jan hat seine Sachen bereits vor zwei Wochen abgeholt. Viel war es eh nicht, denn das Meiste gehört ihr. Die Möbel sind schon in ihrem neuen Apartment. Es fehlen nur noch ihre persönlichen Dinge. Die hat sie eben im Kofferraum ihres VW verstaut. Sie ist bereit für den Neuanfang.

Nicht ganz, eine Sache fehlt noch. Langsam nimmt sie das Foto aus ihrer Jackentasche. Das hat sie beim Packen der Kisten zufällig gefunden. Wie glücklich sie auf dem Bild lächelt, während Jan sie im Arm hält. Wieder schießen ihr Tränen in die Augen, verschleiern ihre Sicht. Wütend auf sich selbst wischt sie sie fort. Sie geht ins Bad, nimmt das Feuerzeug vom Waschbecken und zündet das Foto an. Die Flammen züngeln um die Ränder, fressen sich unaufhaltsam voran. Schließlich ist nur noch Jans Gesicht zu sehen. Da wirft sie das Bild in die Toilette, spült entschlossen alles hinunter. Jetzt ist sie endgültig bereit für ihren Neustart.

Eine Stunde später kommt sie in ihrem neuen Zuhause an. Das Apartment hat ihr bei der Besichtigung auf Anhieb gefallen. Mit seinen großen Fenstern wirkt es hell und freundlich. Die Lage ist nahezu perfekt. Das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, liegt abseits des Ortes, ein Wald nur wenige Schritte entfernt. Hier hofft sie, Ruhe zu finden nach der kräftezehrenden Trennung. Danach sehnt Sofie sich jetzt am meisten: Ruhe und Frieden.

Die Vermieter sind ein sympathisches Ehepaar um die Mitte 60, beide Rentner. Die Söhne haben das Haus bereits verlassen. Daher freuen sie sich, dass „jemand Junges“ einzieht. Der Mann, Günter, ist ehemaliger Gärtner. Das sieht man dem Garten auch an, der hundertprozentig in Schuss ist. Nirgends sprießt Unkraut. Eine Fülle an bunten Blumen ziert das Grundstück. Hortensien, Rhododendron und Flieder blühen um die Wette. Hohe Eichen spenden Schatten. Es scheint ein wahres Paradies.

Sofie parkt vor dem Haus. Mittlerweile ist es Mittagszeit. Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel. Es ist herrlichstes Sommerwetter. Ihr läuft der Schweiß in Strömen herunter, während sie die schweren Kisten herumschleppt, eine nach der anderen. Es ist eine anstrengende Arbeit für die zierliche, junge Frau. Doch das stört sie nicht, zu glücklich ist sie über ihr neues Leben, das sie hier erwartet.

Erst Stunden später sinkt Sofie erschöpft auf ihr Sofa, endlich fertig. Langsam lässt sie den Blick über ihr neues Reich schweifen. Hier wird sie es sich gemütlich machen, die Stille genießen, Kraft schöpfen. Im Geiste sieht sie sich schon, wie sie im Winter mit einem spannenden Buch in ihre blaue Lieblingsdecke eingekuschelt auf dem Sofa sitzt und liest. Doch jetzt will sie nur noch ins Bett und schlafen.

Am nächsten Morgen erwacht sie voller Vorfreude auf ihre Zukunft. Die Sonne scheint durch einen Spalt in der Gardine zu ihrem Schlafzimmerfenster herein. Die Strahlen zaubern ein Muster auf ihrer Bettdecke. Leises Vogelzwitschern dringt an ihr Ohr. Sofie streckt sich wohlig, genießt das Gefühl von Ruhe und Frieden. Was für ein herrlicher Start in den Tag das ist.

Sie beschließt, sich einige entspannte Stunden zu gönnen. Rasch springt sie unter die Dusche, setzt sich danach auf ihren Balkon. Der reicht zwar gerade für einen kleinen Tisch und zwei Stühle, aber das tut ihrer Begeisterung keinen Abbruch. Mit Heißhunger verschlingt sie ihr Frühstück. Lange hat sie nicht mehr mit solchem Appetit gegessen. Heute Morgen im Spiegel sah sie blass und abgemagert aus. Fast 10 Kilo hat sie in den letzten Monaten verloren. Kein Wunder bei all dem Stress. Es wird Zeit, dass sie daran endlich etwas ändert, ihr Leben wieder in den Griff bekommt.

Frisch gestärkt macht sie sich zu einem langen Spaziergang durch den nahegelegenen Wald auf. Nur das Gezwitscher der Vögel dringt bis hierher. Die junge Frau hängt ihren Gedanken nach, merkt kaum, wie die Zeit vergeht. Als sie zurückkehrt, ist es früher Nachmittag.

Ihre Vermieterin bemerkt sie sofort, begrüßt sie freundlich. Sie kommen ins Plaudern. Ursula lädt sie zu Kaffee und Kuchen auf die Terrasse ein. Eigentlich verspürt Sofie keine große Lust dazu. Da sie sich aber mit ihren neuen Vermietern gutstellen will, nimmt sie die Einladung an.

Während Günter seinen Kaffee eher schweigend einnimmt, unterhalten die beiden Frauen sich angeregt. Eifrig lobt Sofie den selbstgemachten Erdbeerkuchen. Ursula berichtet von ihrer Leidenschaft fürs Backen. Das Einzige, das ihre Begeisterung daran trübt, ist die Tatsache, dass ihr Mann eine ausgeprägte Allergie gegen Erdnüsse hat. Jeder Kontakt kann für ihn tödlich enden. Darum befindet sich immer ein Notfallset im Haus, erklärt sie Sofie. Durch ihre angeregte Unterhaltung vergeht der Nachmittag wie im Flug.

Am nächsten Morgen liegt Sofie noch gemütlich im Bett, als das Dröhnen einer Kettensäge sie unsanft aus dem Schlaf reißt. Verwirrt schreckt sie hoch. Ist das Geräusch echt oder träumt sie? Noch nicht ganz bei sich, horcht sie erneut. Das ist tatsächlich eine Motorsäge. Gereizt springt sie aus dem Bett. Dabei rutscht ihr Patchworkteppich weg. Sie gerät ins Straucheln. Krachend landet sie auf dem harten Boden. Einen Moment lang bleibt ihr die Luft weg. Wutschnaubend rappelt sie sich wieder auf, stampft zum Fenster um nach dem Störenfried Ausschau zu halten. Da steht Günter mit Blaumann und Arbeitsschuhen im Garten. In der Hand hält er die Kettensäge, fällt eine der Eichen. Das hätte sie sich ja denken können, dass er es ist. Am liebsten würde sie jetzt nach draußen stürmen, ihm gehörig die Meinung geigen. Da er ihr Vermieter ist, kann sie das allerdings schwerlich. Darum beschließt sie das Beste daraus zu machen. Sie verabredet sich mit einer Freundin. Als sie abends zurückkehrt, ist ihr Unmut vorerst verflogen.

Am nächsten Morgen holt sie erneut das Dröhnen der Kettensäge rücksichtslos aus dem Bett. Das ist doch nicht wahr. Da will man gemütlich ausschlafen, sich einen entspannten Tag machen und dann sowas. Vorbei ist es mit der Ruhe. Sie kann sich noch nicht einmal beschweren, da es auch noch ihr Vermieter ist, der diesen Höllenlärm veranstaltet. Also schluckt Sofie ihr Missfallen hinunter. Sie verabredet sich erneut mit einer Freundin. So lange kann das mit dem Sägen hoffentlich nicht mehr dauern. In der Tat, als sie gegen Abend nach Haus kommt, ist alles friedlich. Sie hofft inständig, dass die Angelegenheit damit ausgestanden ist.

Doch da irrt sie sich gewaltig. Tag für Tag weckt sie morgens um 8:00 Uhr das Geräusch der Kettensäge. Das darf doch nicht wahr sein. Da hatten die zwei ihr erzählt, wie ruhig es hier ist und dann sowas. Von Ruhe und Frieden keine Spur. Aber genau danach sehnt sie sich so sehr. Immer mehr steigert sie sich in ihre Wut hinein. Wie lange muss sie das noch erdulden? Dieses ständige Gesäge ist kaum noch zu ertragen. Es raubt ihr den letzten Nerv. Langsam muss sie etwas dagegen unternehmen.

Als sie am nächsten Tag in ihr Auto steigen will, um wieder mal einen Tag fernab ihrer Wohnung zu verbringen, begegnet sie Ursula. Sofie beschließt, die Gelegenheit zu nutzen, um die Frau ein wenig auszuhorchen. Doch was sie dabei erfährt, bringt das Fass beinahe zum Überlaufen. Günter will den gesamten Garten umgestalten, alle Eichen abholzen. Das kann ja Wochen dauern, denkt sie wütend. Nein, auf keinen Fall wird sie das ertragen. Es muss etwas passieren. Nur was, das weiss sie selber noch nicht genau.

Wenige Tage später kehrt sie früher als sonst von einem Besuch bei ihrer Freundin heim, bei der sie wieder einmal Obdach gesucht hat. Sie wundert sich, dass Günter nicht wie üblich im Garten werkelt. Auf ihre Nachfrage hin erklärt Ursula, dass er zum Arzt gefahren ist. Die Vermieterin hofft, dass es ihm bald besser geht, da sie am nächsten Tag zu einem ihrer Söhne zu Besuch fahren will und Günter sich schlecht allein behelfen kann.

Am nächsten Morgen erwacht die junge Frau um kurz vor 8:00 Uhr, das nervtötende Gedröhne der verhassten Maschine erwartend. Bisher ist kein Ende der Gartenarbeiten in Sicht. Da ihr schwant, was sie erwartet, steht sie auf, trottet ins Bad. Hoffentlich besänftigt eine Dusche ihre angespannten Nerven.

Aus den Augenwinkeln heraus nimmt sie das Taxi wahr, das Ursula zum Bahnhof bringt. Warum kann Günter nicht einfach mitfahren, statt sie hier permanent mit seinem unsäglichen Lärm zu malträtieren? Doch der Rentner denkt offenbar gar nicht daran, denn da hört sie auch schon den mittlerweile vertrauten Krach aus dem Garten. Diesen Mann kann nicht einmal ein Ekzem aufhalten. Was soll sie nur machen? Leider hat sie immer noch keinen Plan.

Bald fängt die Schule an. Sie hat noch Einiges vorzubereiten. Also muss sie wohl oder übel Zuhause bleiben. Langsam kann sie es kaum noch als solches ansehen, so unwohl fühlt sie sich hier. Trotz des strahlenden Sonnenscheins und der Hitze schließt sie ihre Fenster. Wie gerne würde sie sich auf ihren kleinen Balkon setzen, statt in diesem Brutkasten zu schwitzen. Ihr läuft der Schweiß herunter. Ihr braunes Haar klebt ihr am Kopf. Sie kann sich kaum auf ihre Arbeit konzentrieren. Gibt es ein grässlicheres Geräusch als das einer Kettensäge? Lange hält sie das nicht mehr aus.

Abends sitzt sie genervt auf ihrem Sofa. Endlich ist Günter für heute fertig. Zum Glück, denn sie hat rasende Kopfschmerzen. Ihr Kopf scheint kurz davor zu zerspringen. Sie will nur noch unter die Dusche, dann ins Bett. In dem Moment klingelt es an ihrer Wohnungstür. Kann man sie nicht einmal abends in Ruhe lassen? Widerwillig geht sie zur Tür. Dort steht Günter mit bedrücktem Gesicht. Sein Ekzem hat sich verschlechtert, druckst er herum. Er weiß sich keinen Rat mehr und seine Frau ist doch nicht da, ob sie nicht eine Idee hat, was er noch machen kann. Erst will sie ihn wütend wegschicken, doch in dem Moment kommt Sofie ein Gedanke.

Wenige Minuten später steht sie mit einem winzigen Töpfchen in seiner Wohnung. Sie erklärt ihm, dass sie eine wunderbare Salbe hat, die er großzügig auf die Wunde auftragen soll. Erleichtert dankt Günter ihr, verspricht Ihre Anweisungen gewissenhaft zu befolgen.

Am nächsten Tag liegt Sofie gemütlich eingekuschelt im Bett. Wohlig streckt sie sich. Ihr Blick fällt auf die Uhr, die auf Ihrem Nachttisch steht. 10:00 Uhr morgens. Wie herrlich ruhig es ist. Man hört nur das leise Zwitschern der Vögel. Ein Lächeln breitet sich auf Ihrem Gesicht aus, als sie Günters Notfallset sieht. Ob sie ihm hätte sagen sollen, dass die Creme Erdnussöl enthielt?
Holla ...
Bin eben von der Arbeit gekommen, deshlab nur schnell eine Rückmeldung.

Bis hierhin: "... Jetzt ist sie endgültig bereit für ihren Neustart ... " hast du mich mitgerissen. Mit deinen Emotionen. Das bist du. Da ist Power drin, da springen mich Emotionen an. Auch, wenn ich schreibtechnisch einiges zu meckern hätte und noch einiges kürzen würde - gut gemacht!

Danach ist irgendwie zuviel "Kopf" drin, zuviel Erklärung. Es wirkt bemüht auf mich. Aber lass dich davon nicht abschrecken, der erste Teil zeigt, was in dir steckt. Laß es raus, trau dich.

Einen schönen Sonntag noch.
Auf gute Nachbarschaft, die Dritte
Ich habe die Geschichte nochmals überarbeitet und dabei deutlich verkürzt. Natürlich habe ich auch versucht, den Text lebendiger zu schreiben und den "Schwung" aus dem ersten Teil mitzunehmen. Ich freue mich auf eure Meinungen.

LG Christel

Auf gute Nachbarschaft

Schluss. Aus. Vorbei. Keine Minute länger macht sie dieses Theater mit. Jetzt hat sie endgültig genug.

Jan benimmt sich kindischer als ihre Erstklässler. Diese ständige Eifersucht kann kein Mensch ertragen. Über jede Minute ihres Lebens verlangt er Rechenschaft. Das ist nicht mehr der Mann, in den sie sich vor zwei Jahren Hals über Kopf verliebt hat. Das ist nicht länger ihr Jan, sondern ein von seinem Kontrollzwang getriebener Tyrann.

Aber jetzt ist Schluss damit. Sofie´s Blick gleitet über die Koffer und Kisten.. Alles nimmt sie mit, lässt nichts zurück in der Wohnung, die sie fast anderthalb Jahre mit ihrer großen Liebe zusammen bewohnt hat. Bei dem Gedanken daran, wie glücklich sie hier anfangs war, steigen ihr Tränen in die Augen. Der Schmerz ist so immens, dass er sie fast zu zerreißen scheint. Sie muss stark bleiben, darf sich nicht wieder einwickeln lassen wie all die male zuvor. Es gibt kein Zurück mehr.

Sofie bringt all ihre Sachen in ihren Wagen, der unten vor dem Haus steht – treppauf, treppab. Bei jedem Gang wird ihr das Herz ein wenig schwerer. So sehr sie sich diesen Moment auch herbeigesehnt hat, so sehr macht er sie dennoch traurig. Immer wieder hat sie versucht, Jan zur Vernunft zu bringen. Nichts half, weder Worte noch Taten. Sie hat keine Kraft mehr für die ständigen Auseinandersetzungen, kann und will so nicht länger weiterleben.

Jan hat seine Habseligkeiten schon vor zwei Wochen abgeholt. Viel war es eh nicht, denn das Meiste gehört ihr. Ein letztes Mal kehrt sie in die Wohnung zurück, schreitet schweigend durch die nun leeren Räume. Sie ist bereit für den Neuanfang. Doch eine Sache fehlt noch. Langsam nimmt sie das Foto aus ihrer Jackentasche. Wie glücklich sie auf dem Bild lächelt, während Jan sie im Arm hält. Wieder schießen ihr Tränen in die Augen, verschleiern ihre Sicht. Wütend auf sich selbst wischt sie sie fort. Sie geht ins Bad, nimmt das Feuerzeug vom Waschbecken und zündet das Foto an. Die Flammen züngeln um die Ränder, fressen sich unaufhaltsam voran. Schließlich ist nur noch Jans Gesicht zu sehen. Da wirft sie das Bild in die Toilette, spült entschlossen alles hinunter. Jetzt ist sie endgültig bereit für ihren Neustart.

Eine Stunde später erreicht sie ihr neues Zuhause. Auf Anhieb hatte sie sich in das kleine Apartment verliebt. Wie ein Hort der Ruhe und des Friedens kommt es ihr vor. Schwitzend schleppt sie eine Kiste nach der anderen hinauf. Ihre Arme sind schwer, die Beine wollen sie kaum noch tragen. Doch Sofie ist entschlossen, es alleine zu schaffen. Als ob sie auf diesen Typen angewiesen wäre. Immer wenn sie seine Hilfe nötig hatte, war er sowieso nie für sie da. Jetzt braucht sie ihn auch nicht mehr.

Stunden später sinkt Sofie erschöpft auf ihr Sofa, lässt den Blick über ihr kleines Reich schweifen. Eine Sekunde lang überkommt sie Furcht vor der Zukunft und was diese für sie bereit hält. Entschlossen schiebt sie die aufkeimende Unsicherheit beiseite. Jetzt ist sie schon soweit gekommen. Den Rest des Weges in ihr neuen Leben schafft sie nun auch noch. Doch im Moment will sie nur noch ins Bett und schlafen.

Am nächsten Morgen wacht sie erst spät auf. Die Sonne scheint bereits durch die Vorhänge in ihr Schlafzimmer. Blinzelnd öffnet Sofie die Augen, schaut sich verwirrt um. Wo ist sie? Wieso tun ihr alle Knochen weh? Da fällt ihr alles wieder ein und sie muss lächeln. Ihre Glieder sind schwer wie Blei von der ungewohnten Anstrengung. Aber das bereitet ihrer Stimmung keinen Abbruch. Sie wird diesen Tag genießen und jeden weiteren auch. Nie wieder wird sie sich von jemandem herum schubsen lassen. Weder von ihm noch von sonst irgendeinem Mann.

Rasch springt sie unter die Dusche, isst danach eine Kleinigkeit. Dann macht sie sich mit Feuereifer daran, ihre Habseligkeiten auszupacken. Sofie ist so vertieft darin, dass sie kaum bemerkt wie die Zeit vergeht. Erst als ihre Vermieterin Ursula vor ihrer Wohnungstür steht, um sie zu Kaffee und selbstgebackenem Kuchen einzuladen, merkt sie, wie spät es ist. Eigentlich hat sie keine Lust dazu und will schon ablehnen, als ihr Magen protestierend knurrt. Also nimmt sie die Einladung an.

Die beiden Frauen unterhalten sich angeregt. So erfährt Sofie unter anderem von Ursula´s Leidenschaft fürs Backen und Günter´s ausgeprägter Allergie gegen Erdnüsse, wegen der sie immer ein Notfallset im Haus haben. Die Zeit vergeht wie im Flug. Sofie ist froh darüber, sich mit ihren Vermietern so gut zu verstehen, fühlt sich immer wohler in ihrer neuen Heimat.

Bereits am nächsten Tag soll sich dies jedoch ändern. Sofie liegt noch gemütlich im Bett, als das Dröhnen einer Kettensäge sie unsanft aus dem Schlaf reißt. Gereizt springt sie auf, um nach dem Störenfried Ausschau zu halten. Da steht Günter mit Blaumann und Arbeitsschuhen im Garten, fällt eine der Eichen. So ein Mist, muss unbedingt ihr Vermieter der Krachmacher sein? So kann sie sich nicht einmal beschweren.

Tag für Tag geht es so. Pünktlich um 8:00 Uhr morgens schmeißt Günter die Motorsäge an und beginnt einen Baum nach dem anderen zu fällen. Sofie wird immer gereizter. Mittlerweile bringt sie allein der Gedanke an den ständigen Krach zur Weißglut. Da ist sie extra hierher gezogen, um nach ihrer anstrengenden Trennung Ruhe und Frieden zu finden und dann sowas. Nichts als Ärger hat man mit den Männern. Da ist sie den einen gerade los, da hat sie den anderen am Hals. Das kann doch alles nicht wahr sein. So kann es auf keinen Fall weitergehen. Sie hat sich geschworen, sich nie wieder von irgendjemandem herumschubsen zu lassen. Aber genau das passiert. Warum nur lässt sie sich das alles gefallen? Hat sie das wirklich nötig, sich derart behandeln zu lassen? Ganz bestimmt nicht. Ein Plan muss her, nur welcher?

Günter wird nicht eher aufhören, bis er alle Bäume gefällt hat. Von Ursula ist auch keine Hilfe zu erwarten, im Gegenteil. Ihre Vermieterin sucht mittlerweile selber das Weite, fährt einige Tage zu ihrem Sohn zu Besuch. Wahrscheinlich geht selbst ihr das ewige Gedröhne auf die Nerven. Fieberhaft überlegt Sofie was sie unternehmen kann. Da spielt ihr der Zufall in die Hände.

Zwei Tage, nachdem Ursula abgereist ist, steht Günter abends mit bedrücktem Gesicht vor ihrer Wohnungstür. Er hat sich bei der Gartenarbeit verletzt, bittet Sofie um Rat, was er nun machen kann. Erst will sie ihn unwirsch fortschicken, doch da kommt ihr ein Gedanke. Wenige Minuten später steht sie mit einem winzigen Töpfchen in seiner Wohnung. Sie erklärt ihm, dass sie eine wunderbare Salbe hat, die er großzügig auf die Wunde auftragen soll. Erleichtert dankt Günter ihr, verspricht Ihre Anweisungen gewissenhaft zu befolgen.

Am nächsten Tag liegt Sofie gemütlich eingekuschelt im Bett. Wohlig streckt sie sich. Ihr Blick fällt auf die Uhr, die auf Ihrem Nachttisch steht. 10:00 Uhr morgens. Wie herrlich ruhig es ist. Ein Lächeln breitet sich auf Ihrem Gesicht aus, als sie Günters Notfallset sieht. Ob sie ihm hätte sagen sollen, dass die Creme Erdnussöl enthielt?
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