Der folgende Text hat auch weniger mit dieser Woche zu tun, aber mit einem sentimentalen Moment, den ich gerade hatte:
Das erste Mal …. Milchsuppe gekocht
Wie alt war ich, als ich an den Herd durfte, um eines unserer Lieblingsessen zu kochen? Durfte, aus dem später häufig ein müssen wurde. Sehr stolz war ich darauf, dass ich eines unserer Lieblingsessen kochen lernen sollte.
Meine Geschwister und ich liebten dieses Essen. Heiß, süß, den Körper und die Seele erwärmend.
Wenn es Milchsuppe gab, galt es zuvor den Esszimmertisch zu decken. Neben den Tassen, Tellern und Besteck kam auch die Teekanne aus orangefarbenem Ton mit braunen Deckel ins Spiel. Sie wurde mit 3 Beuteln Pfefferminztee oder Hagebuttentee gefüllt, heißes Wasser wurde eingegossen, 3 Esslöffel Zucker kamen hinzu und es wurde umgerührt.
Wenn sie auf dem Tisch stand, konnten wir uns setzen.
Mit knapp 50 Jahren würde ich die Teepackungen immer noch erkennen.
Die Teekanne sowieso. Was würde ich darum geben, wenn sie heute einen Ehrenplatz in meinem Schrank finden könnte. Heute würde ich sie nur zu besonderen Anlässen herausholen.
An dem Tag hatte ich bereits die frische Milch beim Bauern geholt. Dreieinhalb Liter passten in die weiße Milchkanne aus Kunststoff. Schon damals mochte ich die frische Milch nicht. Sie schmeckte mir pur immer zu fettig. Als Grundlage für einen kalten Kakao, warm mit Haferflocken oder in der Milchsuppe, verschmähte ich sie nie und genoss sie.
Den Topf stellte meine Mutter auf den Herd, füllte ihn nur mit wenig kaltem Wasser und einer ganz kleinen Prise Salz. Ungeduldig wartete ich, dass das Wasser zu kochen begann. Endlich konnten die Nudeln beigegeben werden. Ich glaube, meine Zungenspitze hing aus dem Mund, als ich ganz konzentriert die Nudeln regelmäßig umrührte. Sie durften nicht ansetzen. Wenn das Wasser zu knapp berechnet war, wurde kalte Milch nachgegossen. So erklärte es mir meine Mutter. Ächzend holte ich die volle Milchkanne aus dem Kühlschrank und passte auf, dass durch den Schwung nichts auslief. Irgendwie schaffte ich es, unter Anleitung meiner Mutter, einiges davon in ein Litermaß umzufüllen.
Etwas wurde zu den Nudeln gegeben.
Die Milchkanne wurde wieder in den Kühlschrank gehievt und mit dem Kochlöffel wurden die Nudeln im Topf weiter umgerührt.
Ich durfte ein Päckchen Puddingpulver mit Vanillegeschmack aufreißen und mit einigen Esslöffeln Wasser anrühren. Das war ein komisches Gefühl. Kaum hatte ich umgerührt, wurde das Pulver wieder fest. So stellte ich mir Zement für Kinder vor. Mama gab noch einen kleinen Tropfen Wasser dazu und das Rühren fiel mir leichter. Zum Schluss kamen bestimmt vier große Löffel Zucker hinein. Als sie währenddessen die Nudeln umrührte und mir den Rücken zudrehte, schleckte ich den Löffel mit dem Pulver ab.
Bäh. Das schmeckte mir ja gar nicht. Muss das wirklich in die Milchsuppe hinein, fragte ich mich wundernd.
Mit dem Kochlöffel durfte ich eine Nudel aus dem Milch-Wasser-Gemisch raus holen und probieren. Ja, sie war richtig gar gekocht.
Die Milch aus dem Litermaß kam in den Kochtopf und der Regler am Herd wurde auf die höchste Zahl gedreht. Ich glaube, es war eine 12.
Auf Zehenspitzen schaute ich in den Topf. Nichts durfte überkochen, erklärte mir meine Mutter. Gleich würde es die ersten Blasen geben und dann würden wir den Topf ganz schnell zur Seite stellen müssen.
Ich sah die Blase als erste und hüpfte vor Freude hoch, weil ich sie so schnell gesehen hatte. Meine Mutter nahm den rechten Griff am Kochtopf, ich nahm den linken Griff und gemeinsam schoben wir den Kochtopf vorne auf die linke Herdplatte.
Jetzt musste ich schnell die Schüssel mit dem aufgelösten Puddingpulver in die Milch einrühren. Klumpen sollte ich keine machen und deshalb schnell, schnell rühren.
Schwupps plumpste die Masse in die Milch und ich rührte. Mit zu viel Schwung, so dass einige heiße Spritzer auf meinem Gesicht und auf der rechten Herdplatte landeten, wo sie laut zischten und schrecklich rochen.
Irgendwann hatte ich fertig gerührt und ich durfte probieren. Ich nahm etwas Milchsuppe auf den Kochlöffel, pustete und es war so lecker. Genauso, wie Mama die Milchsuppe immer kochte. Nicht zu dick, und nicht zu dünn, und richtig schön süß.
Ich glaube, ich grinste von einem Ohr zum anderen. Meine erste, selbst gemachte Milchsuppe hatte ich gerade gekocht.
Meine Mutter trug den Topf zum Tisch, ich trug ihr die Schöpfkelle hinterher und durfte jedem meiner Geschwister und ihr die Teller voll machen.
Der Dampf der Milchsuppe schlug mir ins Gesicht und ich fühlte mich so wohl. Geborgen.
Es galt immer irgendwie die Möglichkeit zu finden, seinen Teller mit Milchsuppe um weiteren Zucker zu ergänzen. Einen großen Löffel auf die Suppe zu verteilen und zu schauen, wie er sich in Flüssigkeit verwandelte. Manch vorwitzige Spiralnudel stand senkrecht oder schräg in der Milchsuppe und schaute dabei wie eine kleine schiefe Burg aus. Umgeben von einem kleinen Wassergraben aus flüssigem Zucker.
Auch das gelang mir an dem Tag und stolz wie eine kleine Burgherrin schaute ich mir meine Wassergräben und die kleine Burg an.