Mütter
und ihr seltsames Verhältnis zu Technik und ruhigen Händen.
Die Mutter ist zu Besuch. Ach, das schrieb ich schon. Man kann es nicht oft genug... anmerken. Immerhin dient sie als Versuchsträger
Hin und hergerissen zwischen Enchillada, Chicken Burrito, Chorizo-Kartoffeln und wasweissderGeierausSpanien schaute die Mutter mich erwartungsfroh an.
Ich erinnerte mich an so viele Situationen.
"Bist du satt, Junge?"
"Ja, Mama."
"Dann iss noch was"
Hörte sie mir zu?
"Tom... - der Bibberer schlug durch - du musst essen Junge. Bald ist deine Gürtelprüfung, nicht, dass du vom Fleisch fällst....."
Oder noch früher. Als Gelbgurt 1969 beim Judo.
"Junge, hier: Hühnersuppe, ein Schnitzel, Pilze und Kartoffeln. Du musst groß und stark sein, wenn du morgen dein allererstes Turnier gewinnen willst!"
Ich "kämpfte" in der Gewichtsklasse bis 54 Kg. Okay, hätte einer der Popeldreher mir vorher gesagt, was Trumpf wäre, hätte ich es verstanden. Die Turnierkämpfer beginnen ein paar Wochen vor den Ausscheidungskämpfen, sich ein bis zwei Klassen "herunter" zu hungern. Je leichter der Gegner, desto leichter der Sieg, nicht wahr? Das geht bis nach dem Wiegen und der damit verbundenen Einklassifizierung. Danach isses wurscht, wie schwer man ist. Also wiegen und die mitgebrachten Fresspakete komplett bis zur Würgegrenze aufmampfen.
Nu hatte Mutter mich gemästet, weil sie dachte, schwere und fette Judoka gewinnen. Nö. Im Gegenteil. Mein erster Gegner war gefühlt vier Mal so groß und acht Mal so schwer. Nach 34 Sekunden gewann er mit Ippon und ich war raus. Mein erstes Turnier dauerte 34 Sekunden.... irre. Danke, Mutter!
Heute Mittag zahlte ich es ihr heim. Zunächst gab es den Rest der aufgewärmten Tortilla. Dann Bauernomelette, Toast, Käse und massenweise Kaffee. Als sie zum rauchen auf den Balkon verschwinden wollte, sagte ich:
"Mama schau, du musst helfen!"
Ein Brathahn von 3 Kg ausnehmen, filettieren, in Würzsauce einlegen. In den Kühlschrank. Mutter schnappte sich die Zigaretten und wollte los.
"Hilfe!"
"Wassn?", frage Mutter.
"Zwei Dinge." begann ich, "erstens muss einer Dani anrufen, falls die kommt und zweitens muss jemand die Kräuter mischen!"
Mutter ließ die Fluppen fallen, rief zunächst de Danni an und fragte dann, was sie machen soll.
"Hier unter mir, Schublade auf, den Häcksler raus. Gut. Aufmachen. 3 Teelöffel Rosmarin rein."
"Was?"
"Rosmarin. Das grüne Zeug draussen auf dem Balkon."
"Oh, gut!"
"Nee, nix gut, das muss zackig passieren. Rauchen kannste später."
"Mist!"
"Genau. Also: Schere schnappen, zwei Zweige schnippeln. Vier des Thymians, vier des Oregano. Und dann das Wichtigste: Der Knoblauch-Schnittlauch links unten: Da schneidest du supersauber ein Bündel ab. Den muss ich mit Tzaziki füllen."
Die Mutter, bewaffnet mit Schere und Schale, blieb im Türrahmen wie angewurzelt stehen.
"Echt jetzt?"
"Wie, echt?"
"Wie willst du Schnittlauch füllen? Biste meschugge? Wenn ich das erzähle denken die Leute, du spinnst!"
"Egal, das denken die sowieso" lamentiere ich und konztentriere mich. Ein paar Minuten später kommt die Mutter zurück.
"Mama", beginne ich tadelnd.
"Was?"
"Was ist das da?"
"Oregano?"
"Nein Mama, du hast die Ranunkeln von Cherie niedergemäht. Oregano sind die kleinen grünen Blättchen zwischen den beiden Weinreben."
Ich versuchte, ruhig zu bleiben. Zugegeben: Eine Herausforderung.
Irgendwann war es dann soweit. Thymian, Knoblauch, Ingwer, Chili, Parika scharf und mild, Salz, Pfeffer, Honig, Mehl, Cornflakes, Zwiebeln, Cayennepfeffer und Zwiebeln aus dem Häcksler in die Schale, mit Olivenöl mischen. 7 Eier in einer Form aufschlagen. In der Zwischenzeit die Hähnchenteile gar brutzeln, dass die Haut rundum knusprig und das Fleisch noch saftig ist. Nichts ist schlimmer, als eine labbrige Hühnchenhaut!
Öl in die Kasserolle (2 Flaschen!), die Teile zunächst durch die Eier ziehen, die Panierung andrücken und ausbacken. Leute.... Kentucky fried Chicken ist gefeuert!
NEBENBEI habe ich in den Pausen Sahne und Milch, Stevia und eine Vanilleschote mit Stärke verarbeitet. Ach ja, 6 Eigelb waren auch dabei. Aufkochen, mit der Stärke abbinden, in Förmchen und abkühlen lassen. Dann braunen Zucker drauf und mit dem Brenner eine glasierte Karamel-Schicht machen. Obendrauf gibt es Orangenfilets, die mit Cointreau, Sternanis, Zimt und Peperoni aufgekocht undmit Jahanniskernbrotmehl geliert wurden. Crema Catalana con Arancia. Voila!
Tom, Olé
PS: Wie bitte? Schnittlauch füllen? Ach das.... okay. Das ist leicht. Also wie ihr wisst, ist Cherie Krankenschwester. Und hier liegen im Medizinschrank viele Spritzen rum. Im Kühlschrank ist Quark, Sahne, Knofi und das eine oder andere Kräuter. Alles mischen (im Gegensatz zur ländgängigen Variante, dass Knoblauch nie nie nie durch die Presse gehen darf, ist es hier wirklich anders gelaufen), in die Spritze ziehen und dann ist Feingefühl gefragt. Fragen?