Hallihallohallöle....
oder wie auch gesagt wird: Hallo, liebe Liebenden.... wer erinnert sich nicht gern an Brisko Schneider...
Well, die Mutter war da.... ach, das schrieb ich schon. Okay. Die Mutter ist wieder weg, die Bude gehört uns. Wir haben viel gelernt diese Tage, ganz bestimmt. Zum Beispiel, dass Mütter, egal welcher Herkunft, seltsam sind. Sie benehmen sich seltsam, sie sind seltsam und ... sie riechen seltsam. Auf mehreren Ebenen.
Well... als ehemaliger Hochleistungsraucher sollte ich ja den Schnabel halten. Und ich habe gelernt, dass ich mich aus tiefstem Herzen weiltweit entschuldigen möchte. Und zwar bei all denen, die ich mit meiner Nikotinfahne belästigt habe, die ich beim küssen geschmacklich auf die Palme gebracht habe, bei den Nachbarn, die den Qualm aus Fenster und Balkontür brav ertragen haben und auch einfach nur bei all denen, die zufällig in Bus, auf dem Gehsteig oder in irgendwelchen Betten zufällig neben, hinter oder unter mir gingen, standen oder sich wanden. Es tut mir wirklich leid. Raucher, neben Swingern und Hundebesitzern die intoleranteste Spezies dieses Planeten, sehen das natürlich anders. Die Diskussion darüber ist ohnehin müßig.
Nun... vor ein paar Wochen fing die Mutter sich eine schwere Erkältung ein. Rauchen war nicht drin. Gut, dachte ich. Wenn die blöde Erkältung nur lange genug dauert, kommt sie vielleicht davon ab. Nö. Wer 55 Jahre lang Nikotinsüchtig ist, den interessiert auch die Lunge nicht. Und das kam so.
Dienstag Morgen kam ich in die Küche. 5:45 Uhr, Zeit für Alberts Frühstück. Alle Schränke waren bereits offen und Muttern suchte munter darin herum.
"Mutter, was?"
Okay, ich war wortkarg. Aber noch müde in MEINE Küche zu kommen und das Chaos hat ohne mich angefangen, das geht schonmal garnicht!
"Ich suche einen Aschenbecher."
"Kannste vergessen, sowas gibts hier nicht."
"Heisst das, du lässt hier keine Raucher rein?"
"Falsch, Mutter" - jetzt klang ich absichtlich genervt - "ich werfe sie raus. Rauchen geht auch unten vor der Tür und dann können die den großen Aschenbecher nehmen."
Wortlos nahm sie ihre Handtasche und ging. Runter vor die Tür. Brave Mama. Aber sie ging noch weiter. Nämlich bis zur Tanke. Kam zurück mit einem Marlboro-Aschenbecher und zwei Packungen Eve. Ich fiel aus allen Wolken.
"Du - begann sie wieder mit dem altbekannten Bibberer in der Stimme - s is so kalt draußen."
"Und?" Mein Tonfall ging von genervt auf harsch. Also DefCon 3: Erhöhte Alarmbereitschaft. Ich wusste ja, was kommt.
"Ich kann doch auf den Balkon, rauchen, oder? Oder willst du deine arme, alte Mutter in die Kälte...."
Und das gleich Morgens.
"Mama. Pass auf. Hier im Haus gelten Regeln. MEINE Regeln. Wenn du rauchen willst, geh auf den Balkon. Aber mach die Tür zu. Musst aber aufpassen, die Heizung ist kaputt."
"Was für eine Heizung?"
"Nennt man Wetter. Auf dem Balkon ist es nämlich genauso kalt wie vor der Tür, klar soweit?"
Sie sagte nichts mehr, dampfte ab und man muss wissen, dass, wenn man nicht durchs Küchenfenster jumpen will, muss man zunächst durch zwei heilige Hallen. Erstens durch unser Dojo und zweitens durch meinen heiligen Raum.
"HALT!" gellte es durch ganze Haus, als meine Mutter sich anschickte, in ihren dreckeligen Straßenschuhen meine Tatami zu betreten.
"Mama. Diese Matten werden nicht mit Schuhen betreten. Ist übrigens eine weitere Regel hier. Schuhe: Draussen ausziehen. Hausschuhe sind maximal erlaubt. Und wenn wir schon dabei sind, wenn ich in meinem Raum bin und/oder schlafe, rauchst du bitte unten."
"Ist gut"
Soviel dazu. Ach, sollte ich vielleicht erwähnen, dass Mutter weder die Tür zugezogen, noch runter gegangen ist, um zu rauchen? Cherie und ich in der Falle. Darf man seine Mutter ankacken? Klar, machte ich die ganze Zeit schon. Dann, nach ihrer Morgentoilette (Cherie und ich duschen immer und irgendwie gehen wir Doofies davon aus, dass alle das so machen) kam sie in die Küche, schmierte sich ein Brot mit Butter und schenkte sich einen Kaffee ein. Cherie und ich verstehen uns blind. Wir sahen uns an und dachten: Wer sagt es ihr?
Als Mutter die Küche betrat, eilte ihr eine dicke, fette Wolke Tosca voraus. "Nee, oder?", dache ich. Das kann doch nicht.... aber okay. Wir warteten, bis sich der erste Koffeinschub wohlig breitmachte.
"Mutter", begann ich unaufgeregt das Gespräch, "haben wir dir eigentlich schon einmal erzählt, warum wir uns immer dagegen wehrten, dass du uns Parfüms und Stinkewässerchens zu Geburtstag, Namenstag, Hochzeitstag, Weihnachten, Pfingsten oder sonst so schenkst?"
"War euch bestimmt zu billig!"
"Mutter", und ich beherrschte mich wirklich, "im Grunde weißt du garnichts über mich. Über uns. Cherie und ich machen uns einen Scheiß aus Gold, Edelstein, Pretiosen, Ketten, Diamanten oder son Zeug. Auch Klamotten von Armani, Gucci, Buitoni oder Sassagarecchimecchi interessieren uns nicht die Bohne. Und Wässerchen von Chanel, Joop oder Bloob auch nicht. Wir beide denken, dass alle Parfüms den Charakter eines Menschen kaschieren. Der Geruch, die Pheromone, die körpereigenen Gerüche werden unterdrückt und macht es einem anderen Menschen sehr schwer, ihn korrekt einzuschätzen. Verstehst du, was ich sagen möchte?"
"Dass ich was zu verstecken habe?"
"Nein, ich möchte dich riechen und nicht die geschmacksenervierende, nasale Interpretation eines Nuttendiesel-Herstellers." Boing.
"Ach" war die Antwort.
"Mutter, was heisst: Ach!"
"DU magst keine Marken? Haha", dabei wackelte sie mit dem Kopf wie einst Barbara Eden in: "Bezaubernde Jeannie", "Und war ist mit deiner Breitling?"
"Mutter, die liegt seit einem Jahr kaputt in der Schublade."
"Und warum fährt der feine Herr BMW?"
"Mutter, das ist ein 99er. So lange hält eben kein Daewoo. Und ich brauche eine zuverlässige Kiste."
Nun fiel ihr nichts mehr ein, denn es sollte ja eigentlich ablenken. Aber, liebe Leser, warum fühlt man sich bei Gesprächen mit der Mutter immer wie auf der Anklagebank? Und hatte sie verstanden, was ich sagen wollte? Sollte ich ihr noch erklären, dass ihr Stinkewasser mir die Zungenspitze betäubt hatte? Lieber nicht. Die Konsequenzen wäre gruselig. Schließlich legt man mit dem Flacon ja einen "Duft" "auf"... statt duschen
Well, ich beschloss, sie ein wenig zu quälen. Immerhin war Paella-Tag und ich hatte reichlich Muscheln und Garnelen da, harharhar. Aber nein, sie hat brav alles probiert.
Nun, seit gestern Mittag ist sie wieder zuhause. In ihrem Noch-Zuhause. Wir haben eine schnuckelige Wohnung gefunden. 240 € Kalt für 67qm Dreizimmer-Wohnung. Der Vermieter legt noch neues Laminat in zwei Räumen, saniert das Bad und wir tapezieren und streichen ab nächstes Wochenende. Super Typ, der Vermieter. Die Wohnung liegt nämlich von den ehemaligen Kasernen in Lingen und wir kannten uns zwar nicht, haben aber zur selben Zeit den gleichen Dreck gefressen. Ich bei den Panzern und er beim Nachschub. Wir bekommen Freitag die Schlüssel und können loslegen, der Mietvertrag beginnt am 1. August. Cool, wenn man Beziehungen hat. Wir werden es der Mutter hübsch einrichten und gut.
Das Abschlussessen gestern war: Iberico-Schweinchen in Bärlauch-Marinade und los Pilzos gefülltos.
Das war echt lecker. Guckt ihr:
Heute wird es irgend etwas mit Chorizo....
ABER. Mir ist aufgefallen, dass sich unsere Kühlschränke und unsere Gefriertruhe auf wundersame Weise unnötig gefüllt haben. Also ändere ich die Marschroute und lehne mich eng an Schwesterchen. Nächste Woche ist das Thema:
Was weg muss, wird gekocht.
Und damit wir das nachhaltig machen, die Woche darauf:
Shakespeare: Wie es euch gefällt. Und jetzt ans Werk
Tom