Nabend...
Ich melde mich zurück aus dem Offland.
Was das ist? Nun, das ist eine Gegend, in die ich mich gelegentlich begebe, um Family Business zu betreiben. Wo es sich topographisch befindet? Das wird aus Diskretionsgründen verschwiegen. Wer involviert ist, ebenfalls. Kennzeichen ist die Abwesenheit von jedweder Form von modernen Kommunikantionsmitteln, das Telefon steckt noch mit Kabel in der Wand fest. Unter dem grünen Tastentelefon steht "Deutsche Bundespost" und der nächste kostenlose Wlan-Point ist mit 2,5 km gerade genug weit entfernt, um irrelevant zu sein. Und da ich wiederum Wischkästlaverweigerin bin, bin ich eben off in jenem Land, das deshalb einst Offland getauft wurde.
Nun hatte ich am Freitag in Vorwegnahme des aktuellen Wochenmottos alle akut gefährdeten Lebensmitteln verbraucht, am Samstag morgen dann dann restliche Vollkornbrot aufgetoastet und mit den allerletzten Wurstscheiben verputzt, um mich dann erst zur Kundschaft und von dort direkt ins Offland aufzumachen. Das mit den Kunden zog sich, so dass mich die bereits erwähnte Kult-Currywurst mich vom Hungertod retten musste. Dazu reichen sie (aus meiner Sicht ein Manko, aus ihrer Sicht ein Qualitätsmerkmal) ein Weißmehlbrötchen.
Halbwegs gesättigt machte ich mich auf einen knapp zweistündigen Weg und gelangte staufrei, müde und tiefenentspannt am genannten Ort an. Dort wurde ich schon sehnlichst erwartet und mit der Brotsorte meienr Kindheit samt Belag verköstigt. Als besonderes Highlight gab es für jeden einen Becher mit 150 Gramm Kartoffelsalat von einem Produzenten, dessen Namen ich nie gehört und gleich vergessen habe.
An dem Punkt höre ich Bruderherz fragen, warum ich so einen Scheiß esse? Nun, weil im Offland die Regeln des Offlands gelten, bei Bruderherz die des Bruderherz und bei mir die meinen. Und wie meine Oma selig immer zu sagen pflegte, "was auf den Tisch kommt, wird gegessen!" Was immerhin besser klingt als "Vogel friss oder stirb!". Obendrein bin ich durch die dort gebotene Nahrung groß und stark geworden. Die Offländer selbst essen diesen Kram tagtäglich und sind steinalt dabei geworden. Da bescheide ich mich und beiße ins Brot.
Gestern morgen wurde zum ersten Frühstück Kaffee mit gummiartigem kalten Toast mit Belag gereicht. Ich nahm die extra für mich gekaufte H-Milch mit dankbaren Glücksen an und kippte einen reichlichen Schluck davon in den Kaffee, der dadurch zwar kalt, aber auf ex kippbar, wurde. Die anschließende Festivität übergehe ich bezüglich der Tagesordnung mit diskretem Schweigen, kann aber durchaus verraten, dass es eine Frühstücksgasterei war, bei der Weißmehlbrötchen eine nicht unerhebliche Rolle spielten. Nun bin ich genügsam und nach einem Exemplar quasi satt. Inneren Trost gab mir die Hoffnung auf eine "gute Suppe". Man nehme Gemüsebrühe, Lauchstreifen, Eierstrich und Markklößchen aus ihrer jeweiligen Umverpackung, werfe sie zusammen in heißes Wasser und fertig ist die lukullische Spezialität, zu der Weißmehlbaguette gereicht wurde. Den Mandelpuddig genauer zu beschreiben ist mir schlechterdings nicht möglich. Aber es war Sahne oben drauf und unten schmeckte es nach Mandelsirup. Die Offländer waren enthusasmiert, pappsatt und glücklich über so viele Köstlichkeiten.
Die Festivität endete am frühen Nachmittag, da die Offländer dringend zu diversen Mittagsschläfchen aufbrechen mussten. Anschließend entzog ich mich dem Kaffee und kochte mir Ingwertee. Dazu wurde Wußmehlgebäck einer bekannten Tante gereicht, deren Name mit A. beginnt. Abend gab es die Brotsorte meiner Kindheit mit Käse und ohne Kartoffelsalat. Heute früh Kaffee und "ich bin noch so satt von gestern", nur eine Scheibe Gummitoast.
Versteht mich nicht falsch. Es ist das Offland und aus Liebe beuge ich mich seinen Gesetzen und Gepflogenheiten. Offländer über Nahrungsmittel belehren zu wollen ist ungefähr so erfolgsversprechend wie der Versuch Trump Empathie zu lehren. Im übrigen war nach dem opulenten Frühstück mein Aufenthalt beendet, ich schwang mich in mein Gefährt und eilte von dannen.
Daheim angekommen machte ich mir als erstes weißmehlfreien Porridge mit einem Berg Banane untendrunter. Womit wir uns dem Wochenthema beinahe nähern, denn die Banane hätte nicht mehr sehr lange durchgehalten. Von einer gesunden warmen Mahlzeit endlich gesättigt, eilte ich erneut Richtung Kundschaft. Der Plan war, danach heimzueilen und ein Glas Kürbissuppe aufzumachen, aufzuwärmen und entspannt auszulöffeln. Doch auf dem Weg durch den Nieselregen zurück zum Auto überkam mich ein Gelüst, das je mächtiger wurde je näher ich dem heimatlichen Rewe kam.
Was soll ich sagen? Das Kriegergen brach durch, ich ging auf die Jagd, eilte heim, warf alles in die Pfanne, rührte eiligst einen Dip an und schaffte es mit letzter Kraft, noch ein Foto zu machen, bevor ich mich hinsetzte und den Teller Bissen für Bissen gemächlich leerputzte und alles mit einem Pint Guiness (ja ich weiß, die Dose ist verwerflich) runterspülte.
Jetzt gönne ich mir einen doppelten Jack als Nachtisch, und die kulinarische Welt ist wieder in Ordnung.
Sylvie