Kuba: von lateinamerikanischen Klängen in der Finsternis
Fortsetzung Kuba
….. schon die Busfahrten erforderten ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit auf Kuba,aber erst recht so mancher Hotelaufenthalt.
So hatten wir am fünften Tag einen Stopp in Bayamo,wo sich unser Hotelkomplex in einem Flußdelta erstreckte. Wir wohnten in kleinen Häuschen, die sich schön in die mit vielen Pflanzen bewachsene Landschaft duckten.
Komfort durfte man nicht erwarten, es war alles einfachst, roch ein wenig nach Schimmel, die Türen schlossen nicht richtig und im Bad tropfte der Wasserhahn mit permanenter Boshaftigkeit. Aber „Hurra“, es gab Wasser; hatten wir auf Kuba nicht immer.
Sorgen bereiteten uns allerdings unsere Freunde aus dem Osten, wir erwarteten schon üble Motztiraden für den nächsten Tag.
Meine bessere Hälfte und ich beschlossen schon etwas früher als die anderen zum Essen aufzubrechen, damit wir uns in einer ruhigen Ecke verstecken konnten, da wir keine Lust auf weitere Monologe über Lebensläufe der Bekanntschaften von Lehrerin Rita hatten. Wir kannten noch nicht den der ersten Frau des Nachbarn. Diese hatte wahrscheinlich auch wieder Kinder, zu pflegende Eltern, alkoholkranken Chef………..und, und, und.
In froher Erwartung und recht hungrig fanden wir einen schönen Zweiertisch auf der ersten Etage des Haupthauses. Der Essraum war nicht gerade „up to date“, aber auch nicht ungemütlich mit den dunklen Holzmöbeln und den bunten Glasfensterchen.
Die Band baute ihre Equipment auf und der Buffettisch erfreute schon mit einer gewissen Opulenz.
Langsam füllte sich der Saal, wir gaben unsere Getränke auf und beobachteten die Musiker beim Aufbau. Ach ja, es würde ein schöner Abend werden, freute ich mich.. Wir bestellten wohlgelaunt ein Bier und einen Mojito. That`s Kuba.
Oh, was war das? Der ganze Saal versank plötzlich in totale Finsternis und auch das schwache
Mondlicht schaffte es nicht durch die bunten Fensterchen. „ Na, das kann ja heiter werden, da hoffen wir mal, dass dieser Stromausfall nicht lange dauert. Ich habe Durst“ jammerte mein Göttergatte. Mit Hilfe des Handys wollte ich uns etwas Licht verschaffen, überlegte dann aber, das zu unterlassen. Wer weiß , wann man wieder aufladen konnte.
Wo war denn die Bedienung? Angestrengt lauschten wir in die Dunkelheit und versuchten irgendwo ihre Schatten zu erspähen, nichts. Sie hatten sich in Luft aufgelöst. Warum brachten sie nicht wenigstens Kerzen, Petroleumlämpchen oder ähnliches? Wir vermuteten, dass sie sich irgendwo versteckt hatten.
An dem großen Nachbartisch wurden Handys gezückt und sich damit beholfen. Es strömten immer mehr Menschen in den stockdunklen Saal.
„ Guantanamera, guajira Guantanamera………“ erscholl es aus der Dunkelheit. Die Band spielte unbeirrt auf , mit viel Leidenschaft und rythmischem Klatschen vorgetragen, begleitet vom Kreischen einer Dame, die in der Dunkelheit quer über den Tisch gestürzt war. Egal, Hauptsache zu lateinamerikanischen Klängen! That`s Kuba.
„Ich habe jetzt Durst“, knotterte mein Göttergatte wie ein sechsjähriger Knabe an der Quengelkasse des Supermarktes . „Ich habe Hunger“ gab ich contra und entdeckte kleine Irrlichter über dem Buffet. Ein Koch hatte tatsächlich eine Taschenlampe aufgetrieben und leuchtete nun von einem Buffetbehälter in den nächsten, um so wenigstens einen kurzen Eindruck zu vermitteln, was an essbarem vorhanden war. Einige machten sich mit ihren Handys auf zur Quelle dieses Lichts. Ich heftet mich an eine sehr resolute Dame und hielt mich an ihrem Handtaschenriemen fest.
Am Buffet nahm ich mir mutig von jedem nur kurz beleuchteten Behälter etwas auf meinen Teller und schlurfte damit zu meinem Platz zurück. Da ich in der Dunkelheit einige Male anstieß, war auf meinem Teller alles durcheinander geflossen.
Am Tisch befanden sich tatsächlich zwei Getränke. Das Personal hatte eine zweite Taschenlampe gefunden und kam mit einem Rollwagen mit Getränken vorbei. Wir bekamen nicht das, was wir bestellt hatten, aber in diesen Situationen darf man auch nicht zu kleinlich sein.
So , nun aber wollte ich endlich essen. Oh nein, das ging ja gar nicht. Was war das nur für ein fürchterlicher Geschmack, wie Hundefutter. Schenkt mir niemals „dinner in the dark“. Ich hatte wohl bei einem aus Innereien zubereiteten Cassoulet zugegriffen, welches nun sämtliche andere Speisen auf meinem Teller kontaminiert hatte.
Was mich wunderte, dass keiner der anwesenden Touris meckerte und alle es als gottgegeben hinnahmen. Ja, hatten sie schon die hiesige, gechillte Lebensart verinnerlicht? Lag es etwa an den kubanischen Klängen, am Mojito oder mischte man uns hier morgens heimlich Coca-Blätter ins Rührei.
Die Musik verstummte und eine junge Dame stand schweigend an unserem Tisch. „ Was will die Frau von uns, wer ist das?“ wollte mein Mann von mir wissen. „Weiss ich doch nicht, frag sie doch“ erwiderte ich übellaunig, da hungrig.
Die junge Frau blieb unbeirrt stehen und uns als dunkler Schatten erhalten. Sie rappelte dann mit einer Holzkiste. Da dämmerte es uns in der Dämmerung. Es war die Musikerin und sie beharrte wohl auf Trinkgeld, gerne etwas mehr, hatte schließlich unter erschwerten Umständen gespielt. That`s Kuba
„Ich kann doch gar nichts sehen, wie soll ich denn jetzt passendes Trinkgeld finden“ murrte nun mein Mann und kramte in seiner Hosentasche.
Und siehe da, plötzlich wurden wir geblendet. Das Licht erstrahlt , die Touris sprangen auf und klatschten begeistert, stehende Ovationen. Demütig wusste man Elektrizität wieder zu schätzen. Welch eine Errungenschaft für die Menschheit. Eine große Dankbarkeit breitete sich im ganzen Saal aus.
In unserem Häuschen, zur Bettruhe gerade angekommen, war es mit der Freude allerdings schon wieder vorbei. Der Strom hatte uns nur ein kurzes Intermezzo gegönnt. Aber immerhin waren wir schon im Haus und mussten nicht durch das feuchte Gras bei völliger Dunkelheit zur Unterkunft robben. Man wird irgendwie demütig und dankbar in diesem Land.
Nun gut, ich habe mich dann auch gar nicht mehr ausgezogen, geschweige denn geduscht . Waschen wird eh überbewertet und ist auch gar nicht so gut für die Haut.
Also warfen wir uns in Klamotten auf das Bett, atmeten noch mal die nach Schimmel duftende Luft tief ein und wünschten auch den vielen Mücken eine angenehme Nachtruhe. Sie waren wohl beleidigt, grüßten jedenfalls nicht zurück, denn sie hätten uns natürlich lieber lecker nackelig gesehen. War mir egal, ich musste auch hungrig ins Bett.
That`s Kuba.
Fortsetzung folgt......