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Hellschwarz (1)

**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Themenersteller 
Hellschwarz (1)
Jorind und ihre Freundin Susann hatten sich zum Nordic Walking verabredet. Hündin Jamie war auch mitgekommen. Sie trafen sich am frühen Abend vor Jorinds Haus in der Hauptstraße. Es war bereits dunkel an diesem Vorfrühlingsabend, und die Straßenlampen verbreiteten ihr warmes goldgelbes Licht.

Sie gingen die Dorfstraße ein Stück entlang und bogen hinter der Bahnschranke, die die stillgelegte Bahnlinie markierte, in die Seitenstraße ein, die zur Birkenalle führte. Es war eine ehemalige Kohlebahntrasse, die teils als Hohlweg, teils als Damm um den gesamten Nordrand des Dorfes verlief.

Auf den ersten Metern war noch das helle Klicken ihrer Stöcke auf dem Pflaster zu hören, dann bogen sie in den Hohlweg ein und das Geräusch verstummte. Der Untergrund bestand hier aus mit Erde und Gras bedecktem Kies, der hie und da von Baumwurzeln durchzogen war.

Erlen und Platanen wuchsen hier, alte Birken in kleinen Gruppen, eine kränkliche Rosskastanie und ein weit über den Weg sich wölbender Walnussbaum. Seine kahlen Zweige, an denen die schwärzlichen Knospen auf den Frühling warteten, berührten auf der gegenüberliegenden Seite die schweren, dicht benadelten Äste einer riesigen Tanne, die vermutlich in ihrer Kindheit als Weihnachtsbäumchen eines der benachbarten Häuser geschmückt hatte.

Das Licht der Straßenlampen drang nicht bis hierher, und es war so dunkel, dass Susann die vor ihr gehende Jorind nicht mehr sehen konnte. Auch der Hund war in die Schwärze eingetaucht. Ein leichtes Rascheln am Wegrand verriet, wo die alte Hündin im Vorjahreslaub nach Duftmarken schnüffelte.

"Wie kannst du hier den Weg erkennen?" fragte Susann und blieb stehen. Sie war mit dem Fuß an einer der zahlreichen Baumwurzeln hängengeblieben und wäre fast gestürzt. Jetzt hörte sie Jorind leise lachen.

"Du musst nach oben sehen, nicht auf den Boden. Unten ist alles schwarz. Aber wenn du in den Himmel schaust, siehst du, wie der Weg verläuft, als helleres Band über dir. Hellschwarz, sozusagen."

Susann blickte nach oben. Sie sah ein paar blinkende Sterne und die schwarzen Silhouetten der Bäume, die sich gegen den Nachthimmel abhoben. Zwischen den Umrissen der Bäume verlief ein keilförmiger Streifen Himmel.

"Du hast recht. Aber gibt es auch Nächte, wo du gar nichts siehst?"

"Ja, aber das kommt selten vor. Eigentlich nur bei geschlossener Wolkendecke, wenn gleichzeitig Neumond ist."

Sie gingen langsam weiter. Nach kurzer Zeit blinkte vor ihnen das erste Licht der Hauptstraße auf. Der Weg verlief durch einen Tunnel unter der Straße durch. Sie waren jetzt an der Stelle angelangt, wo der Hohlweg fast unmerklich in einen Damm überging. Link von ihnen lag die riesige Denkmalwiese, unter der bis heute die sterblichen Überreste der Bergleute liegen, die bei einer Überflutung ihres Stollens vor vielen Jahren ertrunken sind. Es war unmöglich gewesen, sie zu retten oder ihre Leichen zu bergen, und so hatte man ihnen wenigstens ein Denkmal setzen wollen.

Die beiden Freundinnen kamen zu einer Bank und beschlossen, eine Pause einzulegen.

"Gut, dass wir mal alleine sind", fing Jorind an, "ich wollte dich schon lange mal was fragen. Aber vor deiner Tochter konnte ich nicht darüber reden."

"Schieß los", sagte Susann und streckte ihre Beine aus. Fast hätte sie Jamie von den Füßen geholt, die plötzlich aus dem Dunkel aufgetaucht war.
sehr
interessant!
*top*
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Themenersteller 
Hellschwarz (2)
"Also ...", Jorind suchte nach Worten, "es handelt sich um meinen Vater. Vor ein paar Jahren war ich bei dem Familientreffen, das wir früher jedes Jahr zum Geburtstag meiner Mutter abgehalten haben. Mein Vater war damals schon mit seiner zweiten Frau verheiratet, er war also nicht mehr dabei. Ich bin dann abends mit meinem kleinen Bruder noch in die Dorfkneipe gegangen. Wir haben dort Schafskopf gespielt mit ein paar Kumpels, die er von früher kannte."

Jorind machte eine Pause, und Susann hörte an ihrem Räuspern, dass sie bereits mit den Tränen kämpfte. Sie wollte ihr den Arm um die Schulter legen, aber Jorind entzog sich.

"Wenn du mich in den Arm nimmst, muss ich noch mehr heulen." Sie suchte nach einem Taschentuch, schnäuzte sich energisch und atmete tief ein.

"Geht schon wieder. Als wir auf dem Heimweg waren, hat Jonas mit erzählt", sie holte wieder tief Luft, "hat er mir erzählt, dass ihm Josephine erzählt hat - das ist unsere zweitälteste Schwester - dass ... Vati", sie brachte das Wort kaum heraus, "dass unser Vater sie ... missbraucht hat. Ich konnte das nicht glauben, ich hab gedacht, er hat zu viel getrunken und schwadroniert nur. Aber es ließ mir doch keine Ruhe, und ich habe mich unter meinen Geschwistern umgehört. Und da hat sich herausgestellt, dass er nicht nur Josephine, sondern auch Jacqueline ...", sie sprach nicht weiter, sondern beugte sich nach vorn, und Susann hörte, wie sie sich erbrach.

"Verdammt, hoffentlich nicht alles auf die Schuhe", brachte sie schließlich heraus. Susann musste lächeln. Das war wieder typisch Jorind! Noch im größten Jammer dachte sie an ihre Wanderschuhe. Jetzt sprang sie auf und wies scharf den Hund zurecht, der an dem Erbrochenen schnüffeln wollte.

"Komm, wir machen los. Im Laufen redet sich's auch leichter."

Susann folgte ihr, schlug dabei einen Bogen, um ihre Schuhe zu schonen, und hängte sich bei der Freundin ein. Die Walking-Stöcke in die äußere Hand genommen, gingen sie Arm in Arm weiter. Eine ganze Weile hing jede ihren Gedanken nach.

"Und weißt du, was das Schärfste ist? Meine Schwestern wollen mir nicht glauben, dass er mich ... verschont hat. Sie denken, ich habe es nur verdrängt und kann mich deshalb nicht erinnern. Aber ich schwöre dir, als ich meinen ersten Freund hatte, war ich noch ... Jungfrau."

Sie lachte jetzt. Es klang schon wieder nach der guten alten Jorind. Wahrscheinlich kamen ihr die ersten tapsigen Versuche in Sachen Geschlechtswesen in den Sinn.

"Und außerdem", fuhr sie fort, "gab es da einen Knick, bei meinem Vater, meine ich, in seinem Leben. Da war so eine Art Erweckungserlebnis mit einer protestantischen Brüdergemeinde. Er ist plötzlich fromm geworden, hat uns dann jahrelang genervt mit den frommen Geschichten, die er uns vorgelesen hat. Wie Jesus mich rief, Wie Jesus mich suchte, Wie Jesus mich fand, so hießen die. Ach ja, und Gideon hieß der Held in den Geschichten.

Eine Zeitlang hat mein Vater sogar Gottesdienste abgehalten, bei uns zuhause, als Laienprediger. Die Frauen waren ganz hin und weg, wenn er die Hände hob und anfing: Der Herr segne und behüte euch und schenke euch Frieden, da blieb kein Auge trocken. Er hatte eine sehr schöne Stimme, weißt du." Sie brach ab und schniefte, suchte nach einem Taschentuch, wischte die Nase am Ärmel ab.
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Themenersteller 
Hellschwarz (3)
"Und du meinst, diese Bekehrung war der Grund dafür, dass er dich nicht ...?"

"Ich kann natürlich nicht sicher sein, aber jedenfalls habe ich mir das so zusammengereimt. Und weil er tot ist, kann ich ihn auch nicht mehr fragen.." Jorind nahm ihre Walking-Stöcke wieder in beide Hände und ging in zügigem Marschtempo voran.

"Dann macht nämlich Vieles Sinn, was mir erst viel später aufgefallen ist. Mein Vater hat immer den Körperkontakt vermieden. Ein Küsschen auf die Backe beim Gute-Nacht-Sagen war das Äußerste. Aber nie eine Umarmung, wie ich das bei meinen Freundinnen und ihren Eltern oft beobachtet habe.

Und als ich erwachsen war und junge Väter gesehen habe, zum Beispiel bei den Protestmärschen gegen die Startbahn West, wie sie ihre kleinen Kinder in einem Tragesitz vor der Brust oder auf dem Rücken getragen haben, da sind mir immer die Tränen gekommen. Jetzt weiß ich endlich, warum: Ich habe die Kleinen beneidet, wie sie sich so sicher und geborgen am Körper ihrer Eltern gefühlt haben, meistens sogar eingeschlafen waren."

Jorind hatte in ihrer inneren Anspannung unwillkürlich das Tempo verschärft, Susann kam kaum hinterher. Jetzt fiel ihr auf, dass die Freundin zurückgeblieben war, und sie blieb einen Augenblick stehen. Sie waren auf der Ostseite des Dorfes angelangt, und die Straßenlaternen warfen runde Inseln in warmem Gelb auf den Asphalt.

Die Stöcke begannen wieder ihr Klick-klack, und Jamie fühlte sich bemüßigt, vor jedem Hoftor eine Duftmarke zu setzen. Sie passierten nacheinander die Dorfkirche, die Pfarrei, das Feuerwehrhaus und die einzige Kneipe in freundschaftlichem Schweigen. Die Dorflinde bewachte neben dem Löschwasserteich den Schlaf einer Entenfamilie, die sich in sicherem Abstand von einem Paar schwarzer Schwäne zur Ruhe begeben hatte.

An der denkmalgeschützten Eiche, an der sich die Durchfahrtsstraße Richtung Nachbardorf vorbeischwang, machten sie nochmals Halt und setzten sich auf die Rundbank, die den massigen Stamm umschloss.

"Weißt du was?", nahm Jorind den Faden wieder auf. "Ich glaube sogar, dass es damit zusammenhängt, dass ich angefangen habe, Gitarre zu spielen. Als Kind habe ich natürlich Klavierunterricht gehabt, schließlich müssen die Kinder eines Klavierbauers Klavier spielen können. Aber nach diesem Familientag konnte ich keine Klaviermusik mehr hören, allein der Klang war mir unangenehm.

Als ich aber mit dem Lehrerjob anfing, hatte ich das Bedürfnis, zum Abbau von Stress ein Instrument zu spielen. Damals habe ich mir die Gitarre zugelegt und mir alles selbst beigebracht." Jetzt schwang unverkennbar ein wenig Stolz in ihrer Stimme mit.

"Vor allem das Picking, die gezupften Akkorde, die gleichmäßig wie Perlen auf einer Schnur klingen, kamen mir wie Bachmusik vor, im doppelten Sinne. Die Musik eines Baches und die von Johann Sebastian. Meine Musikmeditation habe ich das genannt."

"Und was wolltest du mich fragen?"

"Fragen? Wieso?"

"Du hast am Anfang gesagt, dass du mich etwas fragen wolltest, weißt du nicht mehr?"

"Ach so, ja. Ich weiß nicht, wie ich damit klarkommen soll. Ich habe meinen Vater doch lieb gehabt. Und jetzt ..."

"Jetzt weißt du nicht, was größer ist, deine Liebe oder dein Zorn?"

"Ja, genau."

"Denk doch mal an deine eigenen Worte über den Himmel."

Jorind schwieg und überlegte.

"Du meinst: hellschwarz?"

"Ja, das Wort hast du selbst erfunden, stimmt's? Und jetzt mische mal das helle Gefühl der Liebe mit dem schwarzen Zorn. Was ergibt das?"

"Hellschwarz", rief Jorind und sprang erleichtert auf die Füße. "Komm, wir machen uns auf den Heimweg."

Und nach einer Weile: "Weißt du eigentlich, dass du ein ganz kluges Mädchen bist?"

Susann lachte. "Das Erste, ja. Das Zweite, nein."
Me 2
*********ld63 Frau
8.551 Beiträge
Danke für diese Geschichte, liebe luccioladagosto!

Mir gefällt, wie du dieses schwierige Thema auf so leichtfüßige Art angehst, ohne dass der Text an Intensität verliert. Ganz im Gegenteil!

*blume* Into
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Themenersteller 
Trotz ...
... mehrmaligem sorgfältigem Kurrekturlesen habe ich nachträglich doch noch drei (!) Tippfehler entdeckt.

grummelt

Luccio *traurig*
Dafür war
die Geschichte ok!
**********henke Mann
9.667 Beiträge
Geht mir...
... auch immer so *muede*
****en Frau
18.649 Beiträge
Ich lese dich unglaublich gern.

Warum? Weil ich nicht nur von oben auf deine Protagonisten schaue wie ein Zuschauer, sondern du nimmst mich mit.
Ich laufe mit durch die Nacht, höre den Hund durch die hellschwarze Düsterheit schnüffeln, sitze bei euch und lausche dir und deinem Seelenstriptease. Ich hebe die Füße, um nicht über Wurzeln zu fallen und schaue dabei in den Himmel. Ich ärmel mich mit bei den zwei Frauen mit ein und fühle - Freundschaft.

Schön.
Wieder einmal.
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