Die Gretchenfrage!
Welche mag das sein? Oder: Milchmädchenrechnung, was soll das nur sein? Warum trägt man Eulen nach Athen oder hat nach feucht-fröhlicher Nacht die "Fahne auf Halbmast"? Fragen über Fragen, die alle nach Antwort dürsten.
Aber beginnen wir bei der Gretchenfrage. Nun, da ihr wisst, dass ich Goethe und Schickesbier-Fan bin, habe ich eine Antwort im Sinne, aber eine... sagen wir abgewandelte. Gehen wir zunächst bei Dr. Faustus und Maragarete, genannt Gretchen, in Klausur. Bei Faust wird hierderfür die Zugehörigkeit zu einer Religion hinterfragt. Ich glaube 1808 oder SchalkeNullNeun, was weiß denn ich. Übrigens: HOIIIIIIII wie hier gerade der Sturm geht! Die Tochter steckt in der Bahn bei Bünde fest und die beiden Sensei kommen gar nicht erst aus Berlin weg! Zeit, zu kochen
Aber wir waren ja bei der Gretchenfrage. Und die ging so, wenn ich meine Goethe-Kenntnisse bemühe und ich wandle sie ab auf mein Küchen-Niveau:
Margarete, ab jetzt: CHERIE: "Versprich mir, Heinrich, äääh Tom-San!"
Tom, Faust geballt: "Was ich kann! Was nicht, bleibt erahnt und der Phantasie Geburt!"
Cherie: "Nun sag, wie hast du's mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann,
allein ich glaub, du hältst nicht viel davon, weil ein Tor du manches Mal vorgibst, zu seyn!"
Tom: "Laß das, mein Kind! Du fühlst, ich bin dir gut; für meine Lieben ließ' ich Leib und Blut, will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben. Doch hier, mein Gretchen äääääh Cheriechen, geht es um ein Mahl, nicht um einen GE-mahl! Hier wollen wir erfahren, ob das Innere der Roulade, quasi die Essenz der Religion, aus Speck und Gurk´ zu bestehen will, nicht aus Nichts!"
Cherie: "Das ist nicht recht, man muß dran glauben. Die Leere will immer gefüllt sein, das Universum hasst ein Vakum."
Tom: "Muß man glauben? Oder einfach tun?"
Cherie: "Ach! wenn ich etwas auf dich konnte! Du ehrst auch nicht die heil'gen Sakramente."
Tom: "Ich ehre sie. Mostrich, Zwiebel, Salz und Tüfte!"
Cherie: "Doch ohne Verlangen. Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht gegangen.
Glaubst du an Gott oder bist du Sklave und huldigst den Rezepten?"
Tom: "Mein Liebchen, wer darf sagen: Ich glaub an Gott? Magst Priester oder Weise fragen, und ihre Antwort scheint nur Spott über den Frager zu sein. Allein das Rezept spricht wahr und treu zu dir."
Cherie: "So glaubst du nicht?"
Tom: "Mißhör mich nicht, du holdes Angesicht! Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
»Ich glaub ihn!«?
Wer empfinden,
Und sich unterwinden
Zu sagen: »Ich glaub ihn nicht!«?
Der Allumfasser,
Der Allerhalter,
Faßt und erhält er nicht
Dich, mich, sich selbst?
Wölbt sich der Himmel nicht da droben?
Liegt die Erde nicht hier unten fest?
Und steigen freundlich blickend
Ewige Sterne nicht herauf?
Schau ich nicht Aug in Auge dir,
Und drängt nicht alles
Nach Haupt und Herzen dir,
Und webt in ewigem Geheimnis
Unsichtbar sichtbar neben dir?
Erfüll davon dein Herz, so groß es ist,
Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,
Nenn es dann, wie du willst,
Nenn's Glück! Herz! Liebe! Rezept oder Gott
Ich habe keinen Namen
Dafür! Gefühl ist alles;
Name ist Schall und Rauch,
Umnebelnd Himmelsglut."
Cherie: "Das ist alles recht schön und gut;
Ungefähr sagt das der Pfarrer auch,
Nur mit ein bißchen andern Worten."
Tom: "Es sagen's allerorten
Alle Herzen unter dem himmlischen Tage,
Jedes in seiner Sprache;
Warum nicht ich in der meinen?
Oder lasset Rezepte sprechen, sie sind wahrhaftig."
Cherie: "Wenn man's so hört, möcht's leidlich scheinen,
Steht aber doch immer schief darum;
Denn du hast kein Christentum. Und bist kein Koch, warum diese Pein, warum dieses Joch?"
Tom: "Liebs Kind!"
Cherie: "Nenn mich nicht Kind! An Jahren nicht ebenbürtig ich dir bin, doch den Wickeln ich längst entflohen!"
Tom: "Verzeih, holde Frau."
Cherie: "Es tut mir lange schon weh,
Daß ich dich in der Gesellschaft seh."
Tom: "Wieso?"
Cherie: "Der Mensch, den du da bei dir hast,
Ist mir in tiefer innrer Seel´ verhaßt;
Es hat mir in meinem Leben
So nichts einen Stich ins Herz gegeben
Als des Menschen widrig Gesicht."
Tom: "Lieb´ Cherie, fürcht ihn nicht!"
CHerie: "Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.
Ich bin sonst allen Menschen gut;
Aber wie ich mich sehne, dich zu schauen,
Hab ich vor diesem Menschen ein heimlich Grauen,
Und halt ihn für einen Schelm dazu!
Gott verzeih mir's, wenn ich ihm unrecht tu!"
Tom: "Es muß auch solche Käuze geben."
Cherie: "Wollte nicht mit seinesgleichen leben!
Kommt er einmal zur Tür herein,
Sieht er immer so spöttisch drein
Und halb ergrimmt;
Man sieht, daß er an nichts keinen Anteil nimmt;
Es steht ihm an der Stirn geschrieben,
Daß er nicht mag eine Seele lieben.
Mir wird's so wohl in deinem Arm,
So frei, so hingegeben warm,
Und seine Gegenwart schnürt mir das Innre zu. Und bedenket, Tom: Seine Rouladen sind nicht von der Kuh!"
Tom: "Du ahnungsvoller Engel du!"
Cherie: "Das übermannt mich so sehr,
Daß, wo er nur mag zu uns treten,
Mein ich sogar, ich liebte dich nicht mehr.
Auch, wenn er da ist, könnt ich nimmer beten,
Und das frißt mir ins Herz hinein;
Dir, Tom, muß es auch so sein? Der Speck ist der Roulade Seel´und wie nur kannst du ohne leben?"
Tom: "Du hast nun die Antipathie! Des Hungers Last, in Fleisch gefasst, mit Zwiebel und Mostrich gespickt und gefasst!"
Cherie: "Ich muß nun fort."
Tom: "Ach kann ich nie
Ein Stündchen ruhig dir am Busen hängen
Und Brust an Brust und Seel in Seele drängen?
Die Roulade, bar jeglichen Geleites
zerschneiden in schlankes
und in breites? Zu schmausen bis
der Tag anbricht und satt sein bis
zum Gottesgericht!"
Cherie: "Ach wenn ich nur alleine schlief!
Ich ließ dir gern heut nacht den Riegel offen;
Doch meine Mutter schläft nicht tief,
Und würden wir von ihr betroffen,
Ich wär gleich auf der Stelle tot!
Doch, Geliebter, die Küche ist offen!
Drum eile dich und
sei nicht besoffen!"
Tom: "Du Engel, das hat keine Not.
Hier ist ein Fläschchen!
Drei Tropfen nur In ihren Trank umhüllen
Mit tiefem Schlaf gefällig die Natur. Und wirf es nicht weg,
was Mutter bekommt, heisst Jack!"
Cherie: "Was tu ich nicht um deinetwillen?
Es wird ihr hoffentlich nicht schaden! Und was, tränke ich vom heiligen Saft?
Wäre nicht der halb Weg geschafft?"
Tom: "Würd ich sonst, Liebste, dir es raten? Enthemmt du seiest und lustig und leicht in Gedanken!"
Cherie: "Seh ich dich, bester Mann, nur an,
Weiß nicht, was mich nach deinem Willen treibt,
Ich habe schon so viel für dich getan,
Daß mir zu tun fast nichts mehr übrigbleibt. (Abgang)
Mephistopheles tritt auf.
Mephistopheles: "Der Grasaff! ist er weg?"
Tom: "Hast wieder spioniert?"
Mephistopheles: "Ich hab's ausführlich wohl vernommen,
Herr Doktor wurden da katechisiert;
Hoff, es soll Ihnen wohl bekommen.
Die Mädels sind doch sehr interessiert,
Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch.
Sie denken: kocht er da, gibts Rouladen eben auch."
TOm: "Du Ungeheuer siehst nicht ein,
Wie diese treue liebe Seele
Von ihrem Glauben voll,
Der ganz allein
Ihr seligmachend ist, sich heilig quäle,
Daß sie den liebsten Mann verloren halten soll."
Mephistopheles: "Du übersinnlicher sinnlicher Freier,
Ein Mägdelein nasführet dich."
Tom: "Du Spottgeburt von Dreck und Feuer!"
Mephistopheles: "Und die Roulade versteht sie meisterlich:
In meiner Gegenwart wird's ihr, sie weiß nicht wie,
Mein Mäskchen da weissagt verborgnen Sinn;
Sie fühlt, daß ich ganz sicher ein Genie,
Vielleicht wohl gar der Teufel bin.
Nun, heute nacht...?"
Tom: "Was geht dich's an?"
Mephistopheles: "Hab ich doch meine Freude dran! Obs wild wird im Gemach oder der Roulade? Rind oder nicht Rind, das ist hier die Frage. Doch nein, halt ein, des Gretchens Frage wird sein: Wie füllt man die Roulade?"
Früher, wir waren jung und sparten das Geld, füllte meine italienische Frau die Roulade mit Senf, Zwiebel, Oregano und Basilikum. Und natürlemeng mit Knobi. Cherie und ich, noch bevor Mephistopheles sein wirr Gemüt über uns hereinbrechen ließ, füllten die Rouladen mit Zwiebel, Senf, Salz und Pfeffer und ansonsten mit guten Wünschen. Dafür brauchten wir aber beim anbraten zwei Flaschen edlen Rotweines.
Und das ist auch heute noch so.
Ferkel! Was denkste grerade????
Und jetzt sind diese entzückenden mephistophilen Röllchen im Schmortopf mit Rotwein, Fonds, und allerlei Gewürzen. Ich kann es kaum abwarten!
Tom