Das Baumhaus in der Pappel
Liebe KG-Gruppe, hier mal wieder was für die Werkstatt, mit dieser Skizze will ich "glückliche Kindheit" darstellen. Erste Frage: Kommt das rüber? Zweite Frage: Was kann prägnanter formuliert werden, was ist schwammig, was ist unklar? Anmerkung: "Vater" im zweiten Absatz und anschließend immer "Vadder" ist Absicht, da innerer Monolog.
An der Grenze zwischen Hof und Garten stand eine Pappel. Drei Stämme strebten brüdergleich in die Höhe, blieben lange nahe beieinander und gingen erst in doppelter Übermannshöhe auf Abstand. Wir machten unsere ersten Kletterversuche in der Pappel, aber als sie älter wurde, verlor sie die unteren Äste und noch waren wir zu schwach, um uns mit einem Klimmzug in ihr Laub zu hieven.
Eines Tages – die Pappel hatte uns lange Jahre mit ihrem Schatten erfreut und mit ihren Samen geärgert, hieß mein Vater meinen Bruder und mich, die restlichen Bretter zu holen, die beim dielen des Dachbodens übrig geblieben waren, die große Bügelsäge und den alten Marmeladeneimer mit den 150er-Nägeln. Auf Hammer und Kneifzange kamen wir selbst und auf das kleine Zimmermannsbeil.
Ohne weitere Worte außer: „Halt mal!“ gingen wir ans Werk, oder besser, ging Vadder ans Werk und wir gingen ihm zur Hand. Erst sägte er aus zwei Dachlatten Stücken, die er dann als Leitersprossen quer von einem zum anderen Stamm annagelte, uns Brüdern nur das herausziehen der wenigen krummgeschlagenen Nägel überlassend. Vadder machte für uns die Pappel wieder besteigbar!
Als die Leitersprossen die untersten Äste erreichten, orderte er nicht das Bier, das für uns den Abschluss der Arbeit zeigte, sondern zündete sich eine weitere Juwel 72 an und nagelte, auf der Leiter stehend, Bretter an die Stämme. Er verband sie miteinander, und auf das entstehende Dreieck der verbundenen Stämme kamen Dielen aus anderen Brettern. Vadder baute ein Baumhaus für uns!
„Probier mal!“ Erst musste mein großer Bruder, dann durfte ich nach oben. Wir standen im Ausguck eines Piratenschiffes, wir waren Burgwächter und Indianer, aber jeder leichte Wind hätte uns umblasen können, so ohne Reling und Zinnen. Wir stiegen wieder ab, meine Mutter schaute vorbei und verkündete, die Kartoffeln aufgesetzt zu haben. Heute gab es Kotelett, dass panierte Vadder immer selbst, also war nicht mehr viel Zeit, denn nie hätte er M. und mich gebeten, die Arbeit zuende zu führen, obwohl wir es ohne weiteres gekonnt hätten.
Ohne Hast, aber geschwinder als vorher machten wir weiter. Vadder stand oben, maß aus und reichte uns den Zollstock mit Worten wie „einszwanzig“, „einsfuffzig“, „Brett“, „Dachlatte“ nach unten. Wir waren keine Zimmermannslehrlinge mehr, sondern Gesellen, frech schob ich mir den Bleistift hinter das Ohr, sägte, verkantete, fluchte. Bald dürfte auch ich ein Bier am Ende der Arbeiten trinken. Das Geländer war fertig, Vadder stieg wie ein junger Kerl die Sprossen nach unten und ging in die Küche. Das Baumhaus war nur ein Hochsitz geworden, aber hatte Vadder uns ein Baumhaus versprochen?