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Die Meerfrau

*******day Frau
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Die Meerfrau
An einem grauen Freitag Abend, eingelullt von dem sanften Grollen des Donners, umschmeichelt von den dicken, warmen und sämigen Tropfen eines Gewitters, das es nur zum Intermezzo brachte, saß er auf der Schwelle seines Hauses und versuchte, die Mücken zu vertreiben, die, umhüllt von der feuchten, schwülen Luft, auf ihn zu torkelten als hätten sie von den gegorenen Kirschen genascht, die den Boden bedeckten und einen kaum merklichen, aber penetrant süßen Duft verbreiteten. Der Asphalt dampfte, Teergeruch hing in der Luft und verband sich mit der Pisse im Rinnstein zu einer symbiotischen Orgie des Gestanks. Ihm war es recht, es hätte ihn Kraft gekostet, außer den Mücken auch die Passanten zu vertreiben.

Das Kindergeschrei, das den ganzen Tag die Trommelfelle malträtiert hatte, war verstummt. Sie lagen mit ihren Plüschhasen, Teddybären, Schmusepuppen und Lieblingskaninchen im Bett und träumten vom nächsten Tag. Er träumte auch, aber er wollte nicht schlafen gehen. Die Abendträume auf der Schwelle waren süß. Er träumte davon, jung und schön und begehrenswert zu sein. Er träumte von den Mädchen, die ihn liebten und von ihren Müttern, die ihn vergötterten. Er träumte von den Jungen, die so sein wollten wie er und von den Vätern, die ihn zu sich einluden und mit ihm tranken.

Vom Strand schwoll jetzt Musik zu ihm herauf. Das waren die Fremden aus dem grauen Haus. Es roch brenzlig, sie hatten wohl ein Feuer angemacht. Die Musik war fremdartig, er verstand die Worte des Gesangs nicht. Aber sie mussten glücklich sein, weil sie doch zusammen sangen. Er ging ins Haus und holte sich eine Flasche Wein. Das letzte Glas war zerbrochen, in der Tasse schimmelte ein Rest Tee. Er entkorkte die Flasche und setzte sie an. Die Fremden sangen weiter, ein paar Blitze bäumten sich am Himmel auf.

Er träumte von ihr, wie sie ihn besuchte, heimlich und nur für ein paar Minuten. Er lächelte. Aber die Erinnerung schob sich wie ein Vorhang vor seinen Traum. Unwirsch scheuchte er mit der Hand alles fort - die Mücken waren ein Plage, die von Jahr zu Jahr schlimmer wurde. Die Musik verstummte. Es war jetzt stockfinster. Er hörte Stimmen, Schritte kamen von Strand herauf. Die Fremden kamen zu ihm, sie machten Witze über ihn, er wusste es genau, obwohl er die Worte nicht verstand. Da sah er sie. Die Prinzessin. Linkisch und storchenbeinig stand sie etwas abseits von der Gruppe. Ihr linker großer Zeh malte Kringel in den Sand, der über den Asphalt geweht war. Die Gruppe polterte weiter, dem Dorf zu. Die Prinzessin setzte einen Fuß vor den andern, langsam und sorgfältig folgte sie den Fremden. Ihr Gesicht wandte sich dem Mond zu, wurde von ihm gefangen, festgehalten, gebannt. Er studierte ihr Profil, die schlanke Nase, das Kinn, die hohe Stirn.

Die Katze brach den Bann, das dreibeinige Mistvieh sprang ihr über die Füße, sie stolperte, stieß einen leichten Schrei aus und lief auf das Dorf zu. Aber die Fremden waren verschwunden. Sie spähte in eine Gasse, schüttelte den Kopf, erschrak vor einer anderen Katze und kehrte um. Vor seinem Haus, auf der anderen Straßenseite, setzte sie sich auf einen Stein. Sie streckte ihr Gesicht dem Mond entgegen, aber der Mond schmollte und verbarg sein fahles Antlitz hinter einer triefenden Wolke. Ihr Blick schweifte umher und blieb an ihm hängen, ließ sich fangen und sprang zu ihm hinüber. Er ging zu ihr und nahm sie auf der Wiese neben der Straße. Sie ließ es geschehen, keinen Laut gab sie von sich, aber die Malvenaugen verrieten ihre Lust. Danach lief sie fort. Er setzte sich auf den Stein, der ihr vorher zur Rast gedient hatte, und trank seinen Wein.

Die Fremden kehrten zurück. Ein junger Mann, hochgewachsen und selbstbewusst, löste sich aus der Gruppe und lief ihr nach. Als sie ihn sah, floh sie ins Meer. Er folgte ihr, schwamm ihr nach, haschte nach ihrem Arm, umschlang ihre Hüften. Sie schrie um Hilfe, trat um sich, biß nach ihm. Die Fremden schauten zu, kommentierten das Geschehen.

Er saß auf dem Stein, trank seinen Wein und überlegte, ob er ihr helfen solle. Ein zweiter Mann lief ins Wasser, das schändliche Werk zu vollenden. Die Frauen liefen zum grauen Haus zurück. Er trank seinen Wein aus, holte das Gewehr aus dem Haus und ging zum Strand, nicht über den langen Weg, sondern über den Klippenpfad. Er vertrieb sie, es war leicht, er brauchte nicht einmal schießen. Weinend stand sie vor ihm, seine Prinzessin. Er nahm sie mit in sein Haus. Der Wein war alle, aber eine halbe Flasche Brandy stand noch in der Küche, davon flößte er ihr ein. Sie wurde langsam ruhiger. Er trug sie ins Bett, deckte sie zu, strich ihr das Haar aus dem Gesicht und löschte das Licht.

Er nahm den Brandy und setzte sich auf die Schwelle. Er starrte verwundert in den Mond, er verstand die Fremden nicht. Er starrte noch verwundert, als ihre Kugeln ihm schon längst das Herz zerrissen hatten. Die Fremden plädierten auf Notwehr, er habe ihr Gewalt angetan. Die Prinzessin schwieg. In der nächsten Nacht ­ sein zerfetzter Körper lag schon unter der Erde - schwamm sie ins Meer hinaus.

An grauen schwülen Abenden, wenn das Gewitter nicht kommt, sondern nur droht und wenn dicke, warme und sämige Tropfen auf den Asphalt sinken, kann man das Klagen der Meerfrau hören.
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