Lost Heroes - Everything Ends
Das letzte Kapitel der Lost Hero Chroniken
Idee: Maurice de Winter & Bob Michaels
Die Wunden der Vergangenheit sind nahezu verheilt.
Das Lost Hero erstrahlt in seinem typischen Charme, all die Tränen und das vergossene Blut sind vergessen. Leise spielt die Wurlitzer Elvis Presley's "Are You Lonesome Tonight". Menschen lachen, tanzen. Fröhliche Gesichter an der Bar, den Tischen und auf der kleinen Tanzfläche. Unvermittelt bleibt der Teller des Plattenspielers stehen und nur ein immer langsamer werdendes "toooniiight...." ist zu hören.
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Zwei Blocks entfernt blickt ein Mann, elegant mit Mantel und Hut bekleidet, in die Nacht. Nahezu geräuschlos wirft er eine Zigarette auf die regennasse Straße. Nur das leise Zischen der erlöschenden Glut ist zu hören. Langsam läuft er zu einer Reihe parkender Autos und öffnet die Fahrertür eines gelben Checker Cab, einem typischen Taxi, wie es in New York unzählige gibt. Er grinst. Sein Atem gefriert und fällt in feinem Eisstaub zu Boden.
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Elvis Presley's "toooniiight...." zieht sich quälend, gleich einem den Abgrund herabstürzendem Menschen, in die Länge, bis er letztendlich verstummt und nur noch das sanfte Rauschen der Elektrizität aus den Lautsprechern zu hören ist. Stille. Fabienne schreckt auf, und ihr herzliches Lachen verstummt genauso, wie es Elvis in der Wurlitzer tat. Hucky springt von der Couch auf und nimmt Charlotte in seine kurzen Arme, während er hilfesuchend zu Sid blickt. "Sicher ist nur die Sicherung herausgeflogen" versucht dieser zu beruhigen. Fabienne lächelt und rutscht grazil von der Kante des schweren Sofas, als sie Sids Hand an ihrem Arm spürt. "Schatz, es ist
nur eine Sicherung", Fabienne schüttelt lächelnd den Kopf und dreht den Türknauf. Warme, rauchige Luft strömt ihr entgegen. Sie blickt in den Gastraum. Eine Komposition von verworrenen Stimmen, Gelächter und Ausgelassenheit nimmt ihr für diesen Augenblick dieses bedrohliche Gefühl der Angst. Sollte es noch immer nicht vorbei sein? Fabienne läuft auf die Wurlitzer zu, deren farbenfrohes Spiel aus Lichtern sie benunruhigt. "Keine Sicherung" zischt sie zu Sid, der ihr gefolgt ist. Plötzlich wählt die Musicbox ratternd eine neue Schallplatte aus...
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Zwei Blocks weiter hört man das leise Klacken eines Gaspedals. Der Brennraum eines Motors füllt sich mit Benzin und unter lautem Knattern des Anlassers erwacht dieser stampfend zu leben. Der Mann hinter dem Steuer des gelben Taxis grinst noch immer. Seine Augen starren in kleinen schwarzen Schlitzen auf die, von den schwachen Lichtkegeln der Scheinwerfer ausgeleuchteten Strasse. Er nimmt eine Disc vom Beifahrersitz, sieht sich kurz das Cover an, und schiebt die CD in den Schlitz des Autoradios. 'A Breath In The Eyes Of Eternity" erklingt verzerrt aus den Lautsprechern. Sein Grinsen wandelt sich zu bedrohlich irrem Gelächter. Er biegt ab. Von weitem ist schon die fahle Neonbeleuchtung des Lost Hero zu sehen...
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Gebannt blicken Sid & Fabienne auf die mechanischen Bewegungen des Greifarmes im inneren der Wurlitzer. Hinter ihnen stehen Hucky & Charlotte, die sich beängstigt gegenseitig Halt geben. Zuviel war geschehen, um alles Vergessen machen zu können. Der Greifarm der Musicbox fasst eine Platte, nimmt sie aus der Halterung ...und zerdrückt diese unter leisem Splittern des Vinyls. Mechanisch, gleich einem Roboterarm einer Autofabrik, zerstört der Greifarm Platte um Platte, Single um Single. Fasziniert und doch voller Panik starrt Fabienne auf die Maschine. Sie schüttelt den Kopf, Tränen fliessen ihr aus den Augen. "Ich muss hier raus" flüstert sie, "...ich muss hier raus". Sid versucht sie noch zu halten, doch sie windet sich aus seinem Griff und läuft zum Eingang des Lost Hero. Leise knarrend öffnet sie die Tür, kühle Nachtluft strömt ihr entgegen und füllt ihre Lungen, während sie auf die Strasse läuft. Ihr Herz klopft laut, und fast hätte sie das herannahende Auto nicht gehört. Erschrocken wirbelt sie herum und blickt mit weit geöffneten Pupillen in immer nähere kommende Scheinwerferkegel...
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Der Motor des Yellow Cab heult auf, als der Mann am Lenkrad das Gaspedal bis zum Anschlag in das Bodenblech drückt. Im Licht der Scheinwerfer sind die zarten Umrisse einer Frau zu erkennen. Das Gelächter des Mannes verstummt. Das klebrige Gummi der Räder gräbt sich in den Asphalt. Hungrig wie ein wütendes Tier, welches sich Meter für Meter seiner Beute nähert, schiesst der Wagen auf Fabienne zu. Leise beginnt der Mann in dem Taxi zu flüstern. "Factum illud. Fieri infectum non potest!". Seine Stimme wird lauter. "FACTUM IllUD. FIERI INECTUM NON POTEST!...
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Fabienne bleibt wie angewurzelt auf der Strasse stehen, ihre Glieder sind bewegungsunfähig. Nur wenige Meter trennen sie von dem gelben Taxi, welches bedrohlich auf sie zurast. Aus der Entfernung hört sie Sid's Stimme. "Babe, Schatz, verdammt, mach das Du da wegkommst". Fabienne hört ihn nicht mehr. Sie blickt durch die Windschutzscheibe des Wagens auf den Fahrer. "Claude?...C..laude? CLAUDE!". Fabienne schreit laut auf...
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"Solve et Coagula, mon Cheri, SOLVE ET COAGULA!" flüstert der Mann. Das kalte Metall des Wagens trifft Fabienne's weichen Körper hart. Die Chromstoßstange bohrt sich ohne jeglichen Widerstand in ihr warmes, voller Leben pulsierendes Fleisch. Fabienne's Beine brechen wie morsches Holz, ihre Knochen bersten und bohren sich reissend in ihr Innerstes. Sie stürzt zu Boden und schlägt mit dem Kiefer auf dem harten Asphalt auf. Blut spritzt in Fontänen aus zahlreichen Wunden, ihr Körper kollabiert zuckend. Der Wagen fegt, gleich eines Feuersturms über den leblosen Körper. Ihre schwarzen Haare, einst voller Glanz, wickeln sich matt und blutverklebt um die rotierende Achse des Fahrzeugs. Einige Meter wird sie auf der kalten Strasse entlang geschleift, bis ihre Kopfhaut letztendlich nachgibt und sich unter zähen, schmatzenden Geräuschen von ihrem Schädel löst. Das Yellow Cab rast weiter und verschwindet im Dunkel der Nacht. Der Fahrer im inneren des Wagens lächelt und kleine Bahnen von rotem Blut rinnen aus seinen Mundwinkeln. Fabienne ist tot...