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Penthisilea (Aprilis)

**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Themenersteller 
Penthisilea (Aprilis)
Aprilis (Kalendarium- secretum nuntius 4. Teil)

„Ich sage vom Gesetz der Fraun mich los“; „Der Tanais Asche, streut sie in die Luft“.
(H.v. Kleist/ Penthisilea)

„So eine Sch… nochmal“ fluche ich und versuche mich irgendwie im Halbdunkel eines schlecht beleuchteten Hinterhofs wieder aufzurichten. Penthisilea lag halb auf mir, leicht aphasisch wälzte sie sich mit einem leichten Stöhnen zur Seite, sodass ich mich so allmählich wieder aus dem Dreck erheben konnte. Mann, war sie wieder voll, kaum Herrin ihrer selbst und doch so selbstversunken. Mich aus dem regendurchnässten Unrat herauswindend, der neben der rutschigen Treppe achtlos im Hof geworfener Müllsäcke und Sperrmüll bereits über Jahre sein Heimatrecht erworben hatte, inspizierte ich meine regendurchnässten und nunmehr mit Dreck durchzogenen Klamotten. Klasse, dachte ich, kannste wegwerfen. Die rechte Seite schmerzte und pochte, auch schon egal. Ich richtete mich gedanklich schon auf den abweisenden Blick des Taxifahrers ein, wenn ich mich dann -immer noch leicht angetrunken- auf dem Heimweg machen würde.
Der April ist so einer dieser unbrauchbaren Monate, regelmäßig gefüllt mit Regen, Gleichförmigkeit, nur durchbrochen von Mist, in dem ich auch gerade jetzt wieder stecke. Penthisilea versuchte auf exakt die Weise wieder die Macht des Gleichgewichts zu gewinnen, die uns beiden schon einen Gratisausflug herab von der viel zu engen Hoftreppe in die Welt des nicht Recycelbaren bescherte. Kaum stehend versuchte ich sie aufzufangen, ein Ehrendienst für die sichtlich aus dem Tritt geratene Schwester.
Was mache ich hier nur, frage ich mich- mal wieder in der Scheiße und das irgendwie von Anfang an gewusst. Penthisilea hat so ein Talent, dem Bruder immer ohne viel Ansprache zu signalisieren, wenn es mal wieder um das solidarische Ausleben des Familiensinns ging.
Hatte mir zunächst auch nichts dabei gedacht, als sie vor zwei Wochen überraschend anrief, wir sollten uns treffen, "ein bisschen Party machen und so". Auf meinen Einwand, ob es denn einen besonderen Anlass gäbe, flötete Sie auf ihre unwiderstehlich junge Art zunächst nur ein „Das Leben!“ in den Hörer. Ein Appetizer wie oft, denn sie legte natürlich nach: „Naja- Marion und ich haben einen Entschluss gefasst und wollten da mal vorher mit jemandem sprechen. Alles noch etwas unausgegoren“. Ich wunderte mich, dass sie anfing, sich Begriffen eher aus meiner Sprachwelt zu bedienen. Also sollte ich der Glückliche sein. Rein rhetorisch also: „Wieso kommt ihr auf mich?“ Penthisilea zögerte kurz mit der Antwort: „Ähem, ja- war Marions Idee und ich denke, sie hat recht“. Etwas verblüfft ließ sie mich mit dieser Aussage zurück, wo doch ihre Mitbewohnerin immer so das Gefühl verbreitete, sich in der Anwesenheit von Männern aus dem Gesichtskreis ihrer Mitbewohnerin unwohl zu fühlen. Sei´s ´drum- sie traf mal wieder meinen Nerv, meine Neugier war geweckt. Tage später eine Mail mit der Frage, wie das denn so mit dem Heiraten so geht. Kurze Antwort: Nein, nicht heiraten heißt das, sondern Lebenspartnerschaft. Ein bisschen Infomaterial zugeschickt mit einem Smiley. Sendepause zunächst, dann überraschend Antwort von Marions account: „Danke. Bist Du nicht überrascht?“ Meine Antwort, dass es ja auch positive Überraschungen geben kann, wird mit einem Kusssmiley beantwortet. Cool, denke ich-endlich mal ´ne gute Nachricht. Tagelanges Schweigen in der Leitung, vor lauter Alltag auch schon fast wieder aus dem Auge verloren. Wohl wieder so eine Schnapsidee wie so oft.
Am späten Nachmittag dann ein etwas merkwürdiger Anruf von Penthisilea, ob ich nicht Zeit hätte auf ´nen Drink, ein bisschen Party, vielleicht tanzen. Etwas in Ihrer Stimme verrät mir, dass es nicht nur ein Vorschlag war, auf keinen Fall etwas, was man telefonisch oder via Mail klären sollte. Mal wieder ´ne Menge Fragezeichen, so wie immer, ich wurde aus Penthisilea seit Kindestagen nie so recht schlau.
War wohl auch der Distanz geschuldet, die sich fast schon selbstverständlich in Kindheit und Jugend verfestigte. Man saß jahrelang am gemeinsamen Esstisch, gemeinsame Familienurlaube, Schulalltag und dies und das, aber immer elterlich umsorgt in strikter Geschlechtertrennung. Zwei Brüder, zwei Schwestern, zwei verschiedene Welten in einem Universum. Selbst das samstägliche Baden in Kindertagen in Etappen, strikt getrennt, alles so selbstverständlich. Hab nie ´drüber nachgedacht.
Penthisilea war die Unstete der Schwestern, umtriebig und auch immer sehr beliebt, ein Kind der Sonne. Aber auch unwirsch, unkontrolliert und irgendwie immer von einer Unruhe erfasst, die es schon unseren Eltern erschwerte zu ergründen. Umso mehr das Befremden der Eltern über die Ausflüge Penthisileas in die Promiskuität, dann die aufkeimende Fassungslosigkeit, als dann auch Marion regelmäßig bei Familienfeiern am Tisch Platz nahm. Penthisilea war nicht der Typ, der das ausgleichend hinnehmen konnte, die Kluft vertiefte sich zunehmend, zugedeckt durch das Alibi einer Karriere und Lebenswirklichkeit fern des elterlichen Wirkungskreises. Nur zaghaft wieder Kontaktaufnahme zur Schwester und zum einen Bruder, mal ein Geburtstag, eine Kindstaufe, anlassbezogene Fraternisierung. Und doch aus den sich bei diesen Gelegenheiten ergebende Gespräche. Eine Ebene mit dem Bruder, der die Extratouren und Kapriolen des Wildfanges meistens mit einem Achselzucken kommentierte…
Hilft mir nun aber auch nicht weiter. Mühsam greife ich unter Penthisileas Arm, schultere sie, um sie irgendwie wieder die Treppe hochzubekommen. Ihr Wimmern ist einem permanenten Schluchzen gewichen, sie drückt sich an mich und versucht irgendwie und unbeholfen, mich im Bemühen um Haltung und Aufstieg aus der Gosse zu unterstützen. Klasse- jetzt noch zwei Etagen als Zugabe, das Pochen auf meiner rechten Seite entwickelt sich zu einem konstanten Brennen. Bis auf ein nicht kommentiertes „Ist alles okay?“, nachfolgenden Richtungsbefehlen meinerseits und Dauerschluchzen meiner Seilschaft keine Kommunikation. Bin auch zu beschäftigt, um darüber hinaus meinen Ärger über das Geschehene Luft zu machen. Noch eine Etage…Mir kommt es so vor, dass Penthisilea gar nicht mehr so betrunken ist, wie ich Sie am Abend erlebt habe.
War zugegeben auch zu spät ´dran, um wirklich den Anfang vom Schlamassel mitzubekommen. Das Taxi verklappte mich ´ne gute Stunde nach dem verabredeten Zeitpunkt vor der Lounge. Nach dem Eingang gleich der Durchgang zum Tresen, Menschengrüppchen, Stimmengewirr und laute Musik aus dem Hintergrund, dröhnend sich ergießend auf eine kleine von johlenden Leuten umrandete Tanzfläche. Tanzfläche hinten rechts, viel zu klein, und Penthisilea natürlich mittendrin. Ein paar Kerle und zwei Frauen flankieren Penthisileas entfesselten Spiegeltanz, nur durchbrochen von ihrem lauten Lachen und dem regelmäßigen Griff zu irgendeinem Longdrinkglas. Antanzen ist angesagt, Penthisilea scheint enthemmt, das regelmäßige Trudeln in ihrer Schrittfolge verrät mir, dass sie schon gewaltig einen im Tee hat.
Nun gut, denke ich, an den Tresen. Entdecke auf der Tresenreihe oben eine Flasche Lagavulin. Was soll´s- es gibt ja scheinbar etwas zu feiern. Nach dem zweiten Glas entdeckt sie mich, winkt mir zunächst fröhlich, dann etwas zögerlich zu, ohne den Tanz zu unterbrechen. Was für eine Energie, denke ich und freunde mich damit an, dem Mann am Tresen ein gutes Geschäft und dem 16-jährigen Destillat aus Islay ein Ende zu bereiten. Nach dem vierten Glas schwebt Penthisilea das erste Mal an mich heran, umarmt mich, um dann mit dem Zuruf „Nicht weglaufen“ in Richtung Toiletten zu verschwinden. Keine Spur von Marion. Nun gut, Marion war auch wirklich nicht so die Partymaus, das war eher der Part der Amazone. Penthisilea steht wieder mit einem Lächeln vor mir, mich zunächst von der Seite musternd, bis ich mich ihr zuwende. Sie fiel mir um den Hals und küsste mir auf den Mund, eine Fahne von Caipirinha und Obsession for women über mich ausbreitend. Mann, ist die voll, denke ich. Sichtlich verunsichert ziehe ich den Kopf zurück, nehme ihr Gesicht in beiden Hände: “Lass dich anschauen-alles okay bei Dir?“ „Ja, alles gut“ lallte sie mir entgegen und wies in Richtung Tanzfläche. „Nur eben meinen Drink holen, bin gleich wieder da.“ Ihr verwaschener Wortfluss nährt in mir Zweifel, ob sie es überhaupt noch bis zur Tanzfläche geschweige denn bis zu ihrem Glas schafft.
Der Barkeeper verwickelt mich in eine Unterhaltung. Companytarif für die ganze Flasche, war doch der Whiskey bis heute eher teure Staffage. Er trinkt ein Glas mit, im Hintergrund höre ich das schallende Lachen Penthisileas. So geht das weiter, nach einer Stunde bin ich so voll, dass ich beschließe, den Abend hier zu schließen. Kämpfe mich zur Tanzfläche durch und entdecke sie fast regungslos an einem Pfeiler gelehnt. Ein Typ labert mich an und fragt mich, woher ich sie kenne und ob ich ihr Lover wäre. Ich schüttele den Kopf. “So nun nicht“ höre ich mich sagen. Er lächelt und sagt, na dann kann er ja mal sein Glück versuchen. „Heut´ wohl nicht mehr! Die hat wohl genug“, brülle ich im enervierenden Technoschwall zurück und weise auf ein Häufchen Elend, welches jeden Moment die Säule ´runterzurutschen droht. Es dauert Minuten, bis sie aus dem Gesicht ihres Gegenübers etwas Vertrautes erkennt, dann vom zärtlich stützenden Griff überredet in meine Arme fällt. „Bring mich bitte nachhause“ lallt sie und lässt alles Weitere über sich ergehen. Schon skurril, erst in ihrer Handtasche wühlen zu müssen, um den Abgabeort des grenzenlos dillierenden Wesens zu ermitteln. Kurze Taxifahrt, nerviges Beschwichtigen eines Taxisfahrers, der sich Sorgen um seine geschmacklosen Schonbezüge macht. Ein Durchgang zu einem Hinterhof, sie nur noch hinter sich her schleifend. Nicht gerade die beste Gegend. Scheiße, denke ich noch, ist das dunkel hier…
Die Wohnung ist dunkel und dieses schluchzende Etwas zielt direkt auf die Schlafzimmertür zu- abgeschlossen! Dem Schluchzen folgt sodann ein leichter Aufschrei, Trommeln und Treten an der Tür, ein Wall des Schweigens, der sich der tobenden Amazone entgegenstellt. Ich kann sie kaum halten. Die ausufernde Verzweiflung wird jäh unterbrochen von unrhythmischen Zuckungen des Oberkörpers. Verdammt denke ich, schnell das Bündel ins Bad gezogen, Klodeckel hoch. Noch bevor Penthisilea über der Kloschüssel hängt, wird ein nicht unerheblicher Teil des Blumenmusters des Duschvorhanges mit pop art dekoriert, es kostet einige Mühe, sie über der Schüssel zu halten und ihre Arme so zu positionieren, dass sie sich mit etwas Kraft selbst abstützen kann.
Leichte Entspannung der Lage, ich lasse die Amazone zurück, um in der Küche irgendetwas Trinkbares gegen das Brennen in meiner Kehle zu finden. Auf dem Rückweg überzeuge ich mich durch die Geräuschentwicklung, dass der Rausch der Amazone abgearbeitet wird. Lösen wir das Schlafproblem, denke ich, und überzeuge mich davon, dass auf der Wohnzimmercouch bereits achtlos Bettwäsche hingeworfen wurde. Okay- weitere Handlungsweise nunmehr klar. Beunruhigende Stille aus dem Bad, Penthisilea scheint vor dem Klo hockend eingeschlafen zu sein. Der Anblick dann eigentlich ein faszinierendes Abbild sophokletischer Größe, für solche Nonsensbetrachtung scheint aber nun wirklich nicht der rechte Anlass. Ich wasche ihr die Kotze aus den langen Haaren und dem Gesicht. Seit wann färbt sie sich die Haare...? Sie reagiert zunächst abwehrend und dann doch sich fügend, die Inklination passt dann auch noch für den Duschvorhang. Sie wird durch den kalten Wasserstrahl klarer, koordinierter und doch nimmt sie es widerspruchslos hin, als ich sie mit einiger Mühe ausziehe und nackt und mit nassen Haaren auf das Sofa lege.
Beim Zudecken wird mir gegenwärtig, dass aus diesem kleinen Wildfang aus Kindertagen eine wirkliche Frau geworden ist, atemberaubend und scheinbar unberührt vom Zugriff des Alterns. Bevor sich dumme Gedanken in meinem Suffkopf ansammeln, atme ich tief durch. Ein gesammeltes Odeur aus Parfum, Schweiß, Alkohol und vergorener Magensäure im Zimmer erinnert mich daran, dass es auch um meinen Magen und der rechten Körperhälfte nicht zum Besten steht. Das Bad kurz durchgewischt und vor dem Spülen mit der Hand die Silberkette aus dem Kloabfluss gefischt, die Penthisilea immer an sich trug. In der Küche aus einem Medikasten eine Schmerztablette zusammen mit Wasser aus der Leitung runtergespült, eine weitere dann auf den Tisch neben der Couch gelegt.
Kurz bevor ich das Licht im Wohnzimmer lösche, fragt sie mich, ob ich in den nächsten Tagen nach unserem Vater schauen könne: „Weißt du, ich schaffe das nicht- es ist im Moment zu viel “. Ich antworte etwas überrascht: “Na klar- kein Problem. Kommst du klar?“. Sie lächelt kurz mit geschlossenen Augen.
Wochen später ein Anruf der anderen Schwester: “Sag mal, seit wann weißt du davon, dass Penthisilea in eine andere Stadt will?“ Ich: “Nein, wieso das denn schon wieder?“ „Naja, wer weiß, was da wieder war. Es gab wohl viel Stress. Hat sie dir davon nicht erzählt?“ „Ach“ sage ich“ Du kennst sie doch“ und zuckte mit den Achseln.
Wieder ein Kampf, der auf der falschen Seite verloren wurde, dachte ich. Nur das bereits vorher klar war, dass es diesmal keine Sieger auf dem Schlachtfeld geben würde.

Ein Morgen im April. Der Taxifahrer nimmt den zerzausten Eindruck des Fahrgastes mit Gleichmut hin, froh einen wenigstens einigermaßen zivilisierten Habitus durch die Gegend zu kutschieren. Meine Wortkargheit ausnutzend, um mich voll zu texten mit Allgemeinplätzen und der Frage, ob ich mir vorstellen kann, wie mistig das ist, zweimal in der Nacht Kotze aus dem Wagen zu wischen. „Kann ich mir vorstellen, muss übel sein“ antworte ich mit vorgespieltem Mitgefühl „Nichts für mich“…

Der ganze April ist nichts für mich. Der April ist nicht Luzifers Monat, will er ihn doch gleich am Monatsanfang aus der Spur werfen.

(c) Anchises65

Der erste Stein, den ich hier in den Teich der Gruppe werfe...in der Hoffnung der Vermittlung von Kurzweil;
So gerade eben die Tür des vierten Mondes dieses Jahres zugeworfen...bin gespannt, ob´s gelesen,mit Anregungen versehen, kritisiert,verworfen wird...

"Ich würde mich freuen, zu hören, dass diese Seiten der letzte Mist sind, der geschrieben wurde. Ich würde mich sehr freuen." ( Walter Serner: "Letzte Lockerung", - No. 58/ Paul Steegemann Verlag//serner/letztloc/letztloc.xml)
eyes002
******ace Mann
15.986 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ein beinahe
schon depressives Lebensstück, in dem sich wohl jeder ein wenig wiedererkennt. Der männliche Protagonist ist vielschichtig und eintönig zugleich, was ich bei der Kürze des Stückes beinahe verwunderlich finde, dass es dermaßen gelungen ist. Es schwankt hin und her zwischen geschwisterlicher Fürsorge, sozialem Anspruch und einer gewissen beobachtenden Gleichgültigkeit. Das ist wirklich gelungen. Was mich stört, sind die " ´ ", die da herumschwirren. ´dran, ´drunter, ´ne, ´nen... bei dem hohen sozialen Anspruch des Protagonisten und der schon fast erzwungenen, förmlichen Hochsprache wirken diese (Verzeihung, die nennt man wirklich so) Deppen-Apostrophe anachronistisch, derb und bringen mich komplett aus dem gelungenen Lesefluss. Mein Tipp, was die Apostrophes angeht: Las Vegas. Ansonsten ein gelungener Einstieg in die Gruppe, Respekt!

Tom
Ein paar Bemerkungen
*******s65:
"Ich würde mich freuen, zu hören, dass diese Seiten der letzte Mist sind, der geschrieben wurde. Ich würde mich sehr freuen."

Nein, eher nicht, aber…

*******s65:
ermutigt durch positive und (auch gerne gesehen) durchaus kritische Reflexionen meiner bisherigen Elaborate, Fragmente

*******s65:
bin gespannt, ob´s gelesen,mit Anregungen versehen, kritisiert,verworfen wird...

Gerne. Ich finde, Dein Text hat ein wenig Zeit verdient, denn er zeichnet Bilder. Oder besser: Er beginnt immer wieder damit.

Leider…

… fehlt mir ein Zusammenhang, ein Gesamtbild. Am Ende, nach dem ersten Lesen, war mir nicht klar, welche Geschichte hier erzählt wird, ob es eine Message gibt und wenn ja, welche. Irgendwie sind ein Bruder, eine Schwester und eine Mitbewohnerin daran beteiligt, aber auch nicht immer.

… springt der Text - für mich nicht nachvollziehbar - in den Zeiten Präsens-Präteritum, hin und her, z.B.:

:
fluche ich und versuche mich irgendwie im Halbdunkel eines schlecht beleuchteten Hinterhofs wieder aufzurichten. Penthisilea lag halb auf mir, leicht aphasisch wälzte sie sich mit einem leichten Stöhnen zur Seite, sodass ich mich so allmählich wieder aus dem Dreck erheben konnte.

oder

:
Penthisilea steht wieder mit einem Lächeln vor mir, mich zunächst von der Seite musternd, bis ich mich ihr zuwende. Sie fiel mir um den Hals und küsste mir auf den Mund, eine Fahne von Caipirinha und Obsession for women über mich ausbreitend.

etc.

… wird der Erzählfluss immer wieder durch die Verwendung von Begriffen durchbrochen, die auf mich einigermaßen „gezwungen“ bis „gestelzt“ wirken:

:
leicht aphasisch… Welt des nicht Recycelbaren… Ein Appetizer wie oft… anlassbezogene Fraternisierung… Dauerschluchzen meiner Seilschaft… Das Taxi verklappte mich… Antanzen ist angesagt… 16-jährigen Destillat aus Islay… enervierenden Technoschwall… Abgabeort des grenzenlos dillierenden Wesens… durch die Geräuschentwicklung, dass der Rausch der Amazone abgearbeitet wird… faszinierendes Abbild sophokletischer Größe… die Inklination passt dann auch noch für den Duschvorhang… Ein gesammeltes Odeur aus… einen wenigstens einigermaßen zivilisierten Habitus

Die passen m.E. einfach nicht zur starken, direkten Sprache, die Du ansonsten einsetzt.

… stören auch die vielen Wortdoppelungen (da wäre ein gutes Lektorat hilfreich gewesen ;- ) ) - z.B.

:
Etwas verblüfft ließ sie mich mit dieser Aussage zurück, wo doch ihre Mitbewohnerin immer so das Gefühl verbreitete, sich in der Anwesenheit von Männern aus dem Gesichtskreis ihrer Mitbewohnerin unwohl zu fühlen.

:
Sendepause zunächst, dann überraschend Antwort von Marions account: „Danke. Bist Du nicht überrascht?“ Meine Antwort, dass es ja auch positive Überraschungen geben kann, wird mit einem Kusssmiley beantwortet.

:
um sie irgendwie wieder die Treppe hochzubekommen. Ihr Wimmern ist einem permanenten Schluchzen gewichen, sie drückt sich an mich und versucht irgendwie und unbeholfen

Im nächsten Absatz achte auf „entdecken“, „Tresen“ und „denken“:

:
Nun gut, denke ich, an den Tresen. Entdecke auf der Tresenreihe oben eine Flasche Lagavulin. Was soll´s- es gibt ja scheinbar etwas zu feiern. Nach dem zweiten Glas entdeckt sie mich, winkt mir zunächst fröhlich, dann etwas zögerlich zu, ohne den Tanz zu unterbrechen. Was für eine Energie, denke ich

So weit, so gut. Mir gefällt das Setting, die Sprache, die Story (wenn sie denn klarer erkennbar wäre) und der Text ist es wert, handwerklich geschliffen zu werden. Auch die Formatierung - Absätze, z.B. - lässt noch zu wünschen übrig. Die vielen ’ erschweren die Lesbarkeit noch einmal, da schließe ich mich Ghostface an.

Bin mal gespannt, ob wir da eine überarbeitete Version zu Lesen bekommen, lohnen würde es sich *zwinker*

Ach und: Willkommen hier in der KG *g*
****en Frau
18.649 Beiträge
Absätze! Bitte mach Absätze.
Stell dir ein köstliches 300g-Steak vor, köstlich zubereitet. Und dann muss sich der Hungrige das leckere Mahl unzerteilt in den Schlund schieben - unmöglich.

Daher bitte: Absätze.

(Willkommen in der KG-Gruppe!)
*******tia Mann
5.162 Beiträge
Coleen hat es schon gesagt.
Die Dichte des Textes ohne Absätze hätte mich fast abgeschreckt, die Geschichte zu lesen.
Da hätte ich aber was verpasst.
Hier und da vielleicht ein Fremdwort zu viel und über grammatische Fehler darf man mit mir nicht diskutieren *zwinker*
**********henke Mann
9.667 Beiträge
Ich komme nicht ran an die Geschichte. Das mag vielleicht an meiner gegenwärtigen Konzentration auf den Job liegen und am Wochenende besser werden.
Moin
Meine Vorredner, die ich sehr schätze, haben bereits eine ganze Menge dazu gesagt. Jetzt kommt mein Senf und ich hoffe, er ist dir nicht zu scharf.

Mir scheint, du quillst über vor Geschichten und vor Ideen. Sie wollen unbedingt heraus aus dir und du öffnest ihnen die Tür. Das finde ich schön. Doch die Frage ist: für wen schreibst du? Tust du es nur für dich, dann ist alles gut. Möchtest du, dass etwas daraus wird und das andere etwas daraus mitnehmen, haben wir ein bisschen Arbeit vor uns.

Ein noch so leckeres Steak, das aussieht wie Hundekotze, wird kein Mensch anrühren. Hundekotze, die aussieht wie ein leckeres Steak, nach dem ersten Bissen wieder ausspucken. Die Kunst besteht also darin, etwas zu erschaffen, bei dem Inhalt und Form übereinstimmt. Gilt wie überall im Leben, auch für Geschichten.

Hier sind viele hartgesottene Leser am Werk, die sich auch durch Geschichten durchbeißen, die auf den ersten Blick nicht lecker aussehen. In der normalen Welt entscheidet der erste Satz, allerspätestens der erste Absatz, ob eine Kurzgeschichte gelesen wird oder nicht.

Aprilis (Kalendarium- secretum nuntius 4. Teil)

„Ich sage vom Gesetz der Fraun mich los“; „Der Tanais Asche, streut sie in die Luft“.
(H.v. Kleist/ Penthisilea)

An dieser Stelle weiß ich bereits, dass ein Stück Arbeit vor mir liegt. Klar, es klingt myteriös, außergewöhnlich. Aber eigentlich wollte ich mich entspannen. Hier muss ich bereits eine Entscheidung treffen (machen Menschen ungern) - Arbeit und Denken oder doch lieber Fernsehen?
Frage: Ginge es nicht einfacher? Außerdem läufst du Gefahr, mit diesem Beginn die Messlatte auf Höhe der Texte klassischer Litaratur zu legen. Ein Anspruch, dem du im Folgenden (noch) nicht gerecht wirst. Damit programmierst du Enttäuschung vor.

Ansonsten hätte ich noch die Anmerkung, dir deine Attribute anzusehen. Ich habe vor kurzem in der Schreibwerkstatt einen Link zu einem Text dazu gepostet. Vielleicht nur ein Beispiel:

im Halbdunkel eines schlecht beleuchteten Hinterhofs

"Hinterhof" ist für mich mich immer schlecht beleuchtet, eng, stickig. Das Substantiv alleine sagt alles aus, was zu sagen ist. Selbst wenn nicht, wäre im "Halbdunkel des Hinterhofs" ausreichend. Halbdunkel ist doch schlecht beleuchtet, oder?

Trotzdem, wie Ghostface schon gesagt hat - es steckt viel drin in der Geschichte. Mach etwas daraus.
Liebe Grüße
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