Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
Fotomodelle 45+
521 Mitglieder
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Geschichtenspiel Teil 45

Der Zeitgeist will Kultur und Ästhetik besenrein machen, damit ja kein triebhaftes oder juckendes Lockenhaar vom Brustpelz auf den Boden fällt.
*********ynter Frau
9.811 Beiträge
@**********kus69

Sagitta-Länge *wow*, treffend auf den Punkt gebracht. *top*
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
“Die Letzten ihrer Zunft”
Gaspar Negrescu ist einer der letzten seiner Zunft, ein Meister eines aussterbenden Handwerks. Sein Leben lang verdiente und verdient er sein spärliches Einkommen mit der zeitaufwendigen Herstellung von Holzkohle. Gaspar ist einer der immer weniger werdenden Köhler aus der Region Maramures in Rumänien. Sein Heimatdorf ist Lupeni, ein kleiner Ort inmitten der karpatischen Wälder. Auf den Anhöhen rund um das Dorf leben die Köhler Rumäniens. Eine Spezies Waidbevölkerung, fast wie aus einer längst vergangenen Zeit. Gaspars karge Hütte befindet sich inmitten seiner Kohlenmeiler welche seine Heimstatt kreisförmig umgeben. Der üppige Wald bedeckt wie ein grüner, dicker Mantel weite Teile der sagenträchtigen Gebirgskette der Karpaten. Die Dörfer der Region, haben alle ihre eigenen Tischler und Schreiner, mit der Holzverarbeitung kennen die Menschen sich hier bestens aus. Einige Gehilfen aus dem Dorf stehen Gaspar Negrescu zur Seite, aber seine Erfahrung aus fast 42 Jahren Köhlerei Handwerk stempeln ihn zum uneingeschränkten Unikat. Niemand hier weiß besser Bescheid über die niedergehende Kunst. Die in Lupeni mühevoll hergestellte Kohle landet auf den mondänen Grills Westeuropas, verpackt ihn großen Papiersäcken worauf fälschlicherweise "Made in Germany" oder "Made in Italy" zu lesen ist.

Obwohl der Beruf des Köhlers ein Höchstmaß an Können und Meisterhaftigkeit voraussetzt stehen die Ausübenden in der Hierarchie der Landbevölkerung ganz weit unten. In Staub, Hitze und Dreck versieht Gaspar seine tägliche Arbeit. Genau wie seine wenigen Kollegen und oft fragen sich die rußgeschwärzten Männer wie lange dieses entbehrungsreiche Leben wohl noch auszuhalten ist. Umgeben von ständigem Rauch und giftigen Staubteilchen, welche ein permanentes Jucken auf der Haut verursachen und die Poren verstopfen. Schwarzen Schleim husten sie aus und die geröteten Augen tränen vom beißenden Qualm.

Aber auf Holzkohle grillen ist ein fast triebhafter Kult, entspricht dem akuten Zeitgeist westeuropäischer Wohlstandsgesellschaften und eigentlich niemand der Endkonsumenten stellt sich die Frage wie die schwarzen Holzkohlestücke denn entstanden sind. Wie Strom für viele mal einfach so aus der Steckdose kommt, purzeln die begehrten Holzkohlebrocken einfach aus der Tüte oder den mächtigen Papiersäcken.

Von Ästhetik fehlt da jede Spur, es ist eine wahre Drecksarbeit und die Kunst einen fünf Meter hohen Meiler wochenlang am Brennen zuhalten erfordert sehr viel Erfahrung, Mut und physikalisches Wissen. Tag und Nacht muss das qualmende Ungeheuer bewacht, Luft zugeführt oder abgesperrt werden. Gaspar fragt sich oft wie lange er dieses Leben noch führen, dieses Handwerk noch ausüben kann, insbesondere, wenn sich wieder einmal der Rauch schwer auf seine Lunge legt oder seinen wuchernden Brustpelz schwarz einfärbt. Seine einfache Behausung kann er bestenfalls halbwegs besenrein halten. Der schwarze Ruß ist Gaspars ständiger du treuer Begleiter, in jedem Winkel, in fast allen Kleidungstücken anzutreffen. Was also sind die Geheimnisse welche Männer wie Gaspar zu ihrem schweren Beruf locken?

Der gute Verdienst kann es nicht sein, denn die Köhler führen gewiss ein bettelarmes Leben. Gesellschaftliche Anerkennung wohl auch nicht. Sind es die eingeschränkten Möglichkeiten einer eher armen Region? Oder vielleicht das Gefühl der Unabhängigkeit von einem stupiden Fabrikjob, die freie Einteilung der Arbeitszeit oder einfach diese Empfindung das Medium Feuer vollendet zu beherrschen. Fragen die Gaspar sich schon oft gestellt hat und nie zu einer letztendlich schlüssigen, allumfassenden Antwort gefunden hat. Sein Urgroßvater, sein Großvater und sein Vater waren schon Köhler und Gaspar Negrescu ist damit aufgewachsen. Er kennt nichts Anderes und hätte das Schicksal ihm einen Sohn vergönnt würde wohl die nächste Generation ebenso in diesem Handwerk aufgehen. So allerdings wird Gaspar seine Meiler in wenigen Jahren schließen müssen, er ist dann zu alt für die schwere Arbeit und ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Müde und hungrig blinzelt Gaspar in die beginnende Nacht, Körper und Haare bedeckt von schwarzem, klebrigen Staub. Ein Kanten Brot, ein wenig Käse, ein kleines Bündel Trauben und ein Becher billigster Wein bilden sein bescheidenes Abendbrot. Die einsetzenden Nachtgeräusche des Waldes regen die Gedanken des betagten Köhlers an.

Sehr oft in den letzten Wochen muss Gaspar an seinen vor vielen Jahren verstorbenen Großvater denken, die beiden verknüpfte ein ganz besonderes Band. Vieles von seinem Wissen stammt vom Großahn und ein oft durchgeführtes Ritual ist Gaspar besonders in Erinnerung geblieben. Eine alte Geschichte welche sein Großvater ihm immer wieder lebhaft erzählt hat kommt Gaspar in den Sinn, während er mit regem Appetit sein karges Essen verzehrt.

Von Scharka, dem schwarzen Köhler, einem wilden, ungezügelten Gesellen. Jemand dem die Menschen damals sehr viel Böses nachgesagt haben, auch das in seinen Meilern nicht nur Holz gebrannt hat. Scharka, der hinterlistige Skipetar, den es vor über hundert Jahren irgendwie aus Albanien hierher verschlagen hatte. Der letzte Gedanke bevor Gaspar vor Erschöpfung einschläft ist die Erinnerung an seinen Opa und diese Erzählung. Seine Träume führen ihn in das wilde, zerklüftete Land der Skipetaren, in die dunklen Wälder und Schluchten des Balkan und die Geschichte des Großvaters begleitet Gaspar Negrescu durch die Nacht.

Morgen wird er wieder fünfzehn Stunden schweißtreibende und schmutzige Arbeit ableisten müssen um seinen knappen Lebensunterhalt zu fristen. Ein ganz normaler Tag im Köhlerleben!


Kamasutra 22.01.2020
@*********2016
Danke für deinen Einblick in ein aussterbendes Handwerk. ich habe einen der letzten Köhler der Eiffel noch gekannt und war als Kind fasziniert vom schwarzen Mann. Die Hochwälder der Eiffel sind dem zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen. Die herausgebaggerten Wurzeln lagen noch jahrelang entlang der Straßen und sind zu großen Teilen auch verkohlt worden. Danach gab es keine Köhler mehr. Nun grasen Islandpferde auf den windigen Höhen der Eifel .
Die weißen Zahne im schwarzen Gesicht des oft lachenden Willi werden mir aber unvergesslich bleiben.
*********ynter Frau
9.811 Beiträge
@*********2016
Bei deiner eindringlichen Gesellschaftskritik müssen wir uns (fast) alle an die Nase fassen. Danke für diesen Einblick in bislang unbekanntes Land.
*top*
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
Vielen Dank für so viele Likes und Kommentare, ich freue mich sehr darüber. Euch allen ein wunderschönes Wochenende *danke* *diegroessten*
*******blau Mann
3.625 Beiträge
*bravo* @*********2016 ! Schön dicht erzählt und superinteressante Einblicke in eine, mir kaum bekannte, Welt, solange es sie noch gibt. *bravo*
*******blau Mann
3.625 Beiträge
Sagt mir, wo die Lollies sind, wo sind sie geblieben?
.
..
...
Wo, um Himmels willen, ist Theo Kojak geblieben? Wo ist er hin? Wo sind all die Kirschlollis? Weiß das jemand? Überall Lutscher, aber keine Kirschlollis. Wo sind sie geblieben?

Wollte Onkel Theo nicht mal kurz zur Bodega gehen und gleich wiederkommen? Wollte er sich nicht, wie früher alle, freuen und sich Lollis kaufen, so zwei Hände voll? Die Taschen mal nachladen?
Vollmachen mit Vollmachten, Lollis und Kognaks mit sieben Sternen. So bewaffnet im Anschluss ein paar Türen eintreten. Ein paar Typen arschtreten, sie ausquetschen, bis sie wie Nachtigallen anfangen zu singen, welch triebhafter Abschaum sie seien. Und wo wir dabei sind... Komm lass jucken, Kumpel und schnapp dir noch ein paar fiese Gauner, spiel ihnen den Nussknacker vor, die knusprigen Stellen, bis die Kerle ausspucken, für welche anderen Dreckskerle sie arbeiten.
So ficken Männer! So ticken Bullen! Schließlich diese Bösewichte noch aufstöbern und den Hammer auf den Tisch sausen lassen. Ihnen zeigen, wo der Bauer den Moscht holt und der Frosch die Locken hat. Und à propos: Locken und wer es stets die Schurken zu schocken schafft...

Wo legt Shaft seinen Kopf schlafen all die ganze scheiß Zeit? Geistert er in Träumen oder Erinnerungen? Wo hängt sein Hut und wer trägt seinen Mantel jetzt? Wer sorgt jetzt dafür, dass die Stadt sauber wird? Wer kehrt sie besenrein und steckt ihr den Besen rein, wenn Er nicht wieder kehrt? Wer hat schon so'nen Bums und so'ne Wumme?

Und welche Straße nahmen Bandit und sein Brustpelz in ihrer flammenden TransAm? Und führt die beiden diese Straße zu stümperhaften Straßensperren und Hillbillyhinterhalten, oder wieder heim zu uns?

Du bist ein listiges, ausgekochtes Arschloch, Bandit, du wirst immer wissen in die Scheiße Schneisen zu schneiden, motorisierter Odysseus! Ewig wirst du da draußen bleiben, weil dein zuhause kein Ort ist. Es ist der Fahrtwind. Der Fahrtwind, der Geruch von Benzin und das Rütteln der Straße unter deinem Arsch.

Und was ist mit Bullit, Thomas Magnum, den Profis vom CI5? Was mit Chris und seinen Glorreichen? Welchen Convoy führt Rubber Duck an und hat er die anderen Jungs von Peckinpah auch im Schlepptau dabei? Hat er Ali McGraw in seiner Kabine? Was ist mit, wie auch immer der Kerl hieß, den Michael Douglas in den Straßen von San Francisco spielte? Als er noch aussah, wie der junge Michael Douglas und nicht wie sein eigener Vater als alter Mann. Und ja, Spartakus lebt noch.

Wo ist Steve fucking McQueen und was ist mit Schweinebacke Charles Bronson passiert? Was ist mit dem? Wer soll uns jetzt rächen, wenn nicht er oder Yul Brynner? Wer bestraft jetzt die Ungerechten und Fieslinge für all das Leid und die Demütigungen?

Milchbubis, andre Hermaphroditen und wenn's hochkommt Fleischberge. Das ist die Wahrheit. Die alle und Mickey Maus' Klone einstmals halbwegs respektabler, aber nicht besonders origineller, Marvelhelden, versuchen, untauglich, das Erbe anzutreten. Bezeichnenderweise.

Der alte Schlag. Er schlägt nicht mehr. Und der davor? Den Schlag von Robert Mitchum und Clark Gable? Den gibt's schon lange nicht mehr. Ausgeschlagen. Vergessen auch John Wayne und Gary Cooper. James Cagney? Heiliger Gregory Peck, um sich an Cagney zu erinnern, darf noch nie ein Rasierblatt dich südlich des Halses berührt haben.

Diese alten Schläge schlugen laut und sind nun ausgeschlagen. Das Geräusch kaum hörbar. Am Ausklingen, eigentlich schon verklungen. Nur klitzekleine Erinnerungen ihrer Klänge klingen noch nach. Das Gedächtnis der Härchen hält sie am Leben.

Sie schwingen noch ganz leicht, aber schwermütig, geschwungen von einem schwindenden Gefühl. Scheint es. Kultur wurde Kult.  Klasse wurde Ästhetik. Anschnallen wurde Pflicht und James Bond begann zu weinen. Magnum wurde ein Eis und Kirschlollis gibt's nicht mehr. Aber ich will sie gerne essen. Wie Onkel Theo. Also sagt mir bitte, wo die Lollis sind, wo sind sie geblieben?
Yeah!
Die Lollis hat Columbo geklaut. Kuck mal in seine Manteltaschen.*haumichwech*
@*******blau
Glaub mir, die willst du nicht wirklich essen, denn sie schmecken nicht im geringsten nach Kirschen. Hab sie letztes Jahr für die Hippyparty in Stuttgart gekauft. Bei Amazon. Retrosweets. Lass es lieber!
Das Märchenhaus im Walde


Wer wie ich mit Märchenbüchern aufgewachsen ist, vermißt wohl zeit seines Lebens eine gewisse Ästhetik im realen Miteinander. Die Menschen kleiden sich langweilig und angepaßt an widersinnige Regeln, verschwenden kostbare Zeit mit Small Talk über das Fernsehprogramm oder ihr Abendessen, fahren mit stinkenden, knatternden Ungetümen umher statt genüßlich ausschreitend die Bewegung ihrer Muskeln zu genießen - und weit davon entfernt, sich in den wenigen verbliebenen Grünflächen achtsam zu verhalten, werfen sie überall ihr verschmiertes Plastik weg und reißen lachend den armen Bäumen die Äste ab.

Wenn das der Zeitgeist ist, dann will ich ihn lieber nicht kennenlernen, der wäre besser in seiner Flasche geblieben. Aber was will man machen; es wird behauptet, ich hätte mir dieses Leben ausgesucht. Offenbar ist es möglich, auch im Zwischenreich geistig umnachtet zu sein.

So wanderte ich eines Tages, wieder einmal auf der Suche nach Ruhe und Behaglichkeit, forschen Schrittes durch den Lainzer Tiergarten, immer auf der Hut vor Wildschweinen und vor Familien mit schreienden Kindern. Wenn man die Hermesvilla mal hinter sich gelassen hat, verteilen sich die Massen im doch recht weitläufigen Gelände und es spaziert sich durchaus angenehm durch dieses ehemalige kaiserliche Jagdgebiet. Selbst die altmodischen Gesellen, die keinen Google dabei haben, können sich mit Hilfe der großzügig verteilten Taferln wunderbar orientieren, es besteht daher keine Gefahr, sich zu verlaufen, man kann unbesorgt seiner Nase nachmarschieren, irgendwo kommt man schon hin und am Ende auch jedes Mal wieder raus.

Wie immer war ich darauf bedacht, bald die bekannten Pfade zu verlassen und Wege zu gehen, die ich bisher noch nicht beschritten hatte. Fort von den Menschen, vom Lärm, vor allem von den Raststätten, in denen die Besucher sich besonders am Wochenende drängten, als wären in ganz Wien die Lebensmittel rationiert worden und nur noch hier könne man sich sattessen. Du meine Güte. Essen. Als ob es Essen wäre, was man dort bekommt. Jedes Mal wenn ich an der Hubertuswarte vorbeikomme, muß ich daran denken, wie Gusti dort oben nach einem Besuch in der nahegelegenen Wirtschaft Bauchgrummeln bekam, sich bald darauf panisch ins Gebüsch schlug und ich meinen mitgeführten Roman als Häuslpapier zur Verfügung stellen mußte obwohl ich ihn noch nicht einmal zur Hälfte gelesen hatte!

Hernach mußten wir sofort nach Hause und die Waschmaschine anschalten, weil er, aus Furcht vor den Wildschweinen, die Hose nicht rechtzeitig herunterbekommen hatte. Es ist manchmal nicht so einfach mit der Ernährung im Wald, aber eins ist sicher: Alles was einem dort angeboten wird, ist grundsätzlich entweder nicht oder nur mit Vorsicht zu genießen. Egal ob es sich um Tollkirschen, Dachplatten aus Lebkuchen oder hübsch dekorierten Hirschbraten handelt.

Anders als in der Lobau, wo man, zumindest am Anfang, durchaus noch auf menschliche Behausungen stößt, auch auf Äcker die von der MA 49 betrieben werden, wohnt im Lainzer Tiergarten normalerweise kein Mensch, schließlich handelt es sich um ein Naturschutzgebiet, auch die Hermesvilla ist lediglich zur Besichtigung vorgesehen, seit unser aller Sisi dort notgedrungen ausziehen und in die Kaisergruft wechseln mußte.

Umso erstaunter war ich, als ich nach etwa einer guten Stunde des Marschierens auf einer Waldlichtung ein wunderhübsches kleines Häuschen entdeckte. Mit Türmchen und Erkerchen, genau wie ich es mag, aber nicht aus Beton oder so, sondern nach Art der Tiroler Häuser hauptsächlich aus Holz errichtet. Wow. Man soll ja die Wege nicht verlassen steht überall geschrieben, aber geschrieben steht viel und es kümmert sich keiner drum, also wagte ich mich nach kurzem Blick über die Schulter (ob auch wirklich keiner guckt) mit gezücktem Fotoapparat langsam näher ... was für ein Motiv!!!

'Heda', erscholl es plötzlich aus einem geöffneten Fenster im Erdgeschoß, und ich zuckte erschrocken zusammen. Mußten die auch ausgerechnet jetzt zuhause sein? Am Samstagvormittag, wo sich jeder normale Mensch in Vösendorf oder Lugner City herumtreibt?

Rasch drehte ich mich um und wollte mich auf den Weg zurückflüchten, aber zu spät. Schon schlug krachend die Haustüre auf und eine massive Gestalt bewegte sich sagenhaft schnell auf mich zu, packte mich beim Arm und sprach:

'Etzatle, wartet Se doch amol, wo wellet Se denn so hurtig wieder naa? Se send doch grad erscht komma, wellet Se ned gschwind a Täßle Tee mit ons trinka?'

Fasziniert blickte ich auf den rabenschwarzen Brustpelz, der dem Riesen in berückender Lockenfülle aus dem Ausschnitt quoll (das mußte doch tierisch jucken bei der Hitze), und schwäbelte gekonnt zurück:

'Ha noi ... dank recht schön, aber I hans a bissle eilig, die Kährwoch warded ...' und wollte mich verdrücken.

Leider hatte der Riese noch immer seine Pranke um meinen Oberarm geschlossen, so daß ich mein Vorhaben nicht in die Tat umsetzen konnte. Langsam wurde mir mulmig. Wer war dieser Mann, wer war 'uns' und woher sollte ich wissen, womit die da drinnen ihren Tee aufbrühen? Bilsenkraut? Stechapfel? Ich mein, welcher normale Mensch wohnt mitten im Wald? Da liefert kein Billa, da muß man selber schauen was so rundherum wächst.

'Kommet Se, kommet Se, Sie wellet des Häusle doch sicher au von inna ahgucka, han I recht? Sie send ja eune vo uns, I han des glei gsäha!'

Man soll in Krisensituationen ja niemals Angst zeigen, hatte ich mal gelesen, also schluckte ich trocken und folgte, nolens volens, der an sich durchaus attraktiven Gestalt ins Innere des Hauses. Ich gebe zu, ich WAR neugierig. Und in meinem Alter begegnete ich leider nur noch sehr selten attraktiven Männern, die Wert auf meine Gegenwart legten. Doch kaum hatte ich den Fuß über die Schwelle des Vorzimmers gesetzt, prallte ich entsetzt zurück. Offenbar war ich hier direkt in die Vorbereitungen zu einer Orgie geplatzt. Überall im Raum waren massive Kerzenhalter mit schwarzen Kerzen um rote Sofas herum aufgestellt, am Boden lagen blaue und türkisfarbene Teppiche und im Saal dahinter, in den man durch die offene Türe hineinblicken konnte, wieselte ein winziges, dünnes Männchen mit Handfeger und Kehrblech umeinander und sang etwas vor sich hin das klang wie 'Besenrein, besenrein, bis Samstag muß es sauber sein.'

Was war hier los? Ein geheimer Kult, der sich Samstagabend zur triebhaften Geselligkeit zusammenfand und denen jetzt grad noch eine Frau fehlte? Vielleicht sogar eine Snuff-Party? Niemand würde meine letzten Schreie hören! Also SO wollte ich eigentlich auch nicht aus dem Leben scheiden, und vor allem nicht so FRÜH, und nicht ausgerechnet JETZT, wo ich endlich die Frührente durch hatte, meine Großstadtwohnung verkaufen und mir ein Häuschen im Grünen suchen konnte! Außerdem wollte ich noch Schriftstellerin werden, ein paar Bilder malen und Testament hatte ich auch noch keins gemacht!

'Denkat Se si nix', beruhigte mein ominöser Begleiter, 'des isch dr Karle, der isch ned grad a Käpsele abr a liabr Bua. Kommet se weidr, oba send no mähr Zimmr.'

Eine eisige Hand schloß sich um meine Brust. Sollte dies tatsächlich mein letzter Tag auf Erden sein? Hatte ich so sehr gefrevelt, als ich mich über meine einstige Absicht, hier auf Erden länger verweilen zu wollen, lustig gemacht hatte, daß man mich nun zurückrief damit ich mir von höchster Stelle einen Rüffel über Respekt gegenüber der Göttlichkeit und so weiter abholte? Wie würde ich zu Tode kommen? Würde es sehr weh tun und wie lange würde es dauern? Vor lauter Angst bemerkte ich nur noch am Rande, wie geschmackvoll die Zimmer eingerichtet waren, wie herrlich ruhig es überall war (bis auf die hier oben noch dumpf vernehmbaren Gesänge von Karl) und wie angenehm mein Kerkermeister duftete. Eigentlich genau die Art von Haus die ich mir ausgesucht hätte, wenn ich noch hätte weiterleben dürfen, wenn man mich ...

'Ond, was saget Se?', riß mich mein Quälgeist aus meinen sich überschlagenden Gedanken. 'Wia gfallt Ihne des Haus? Dia Leit kriagt ma hald ned so leicht do hanna här, I han mi eh gwundrat daß Sie no auftaucht send. Midda im Wald will keunr wohna, wo mr ned amol midn Auto fahra darf ond si a Pfärdekutsche halda muaß. Mir gangat au no ronder mit'm Preis wenn des a Brobläm wär ... dr Besitzer hod gsait es isch langsam egal, Hauptsach es kauft amol endlich eunr den alda Schuppa ...'
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Voller origineller Einfälle und wunderbar hintergründigem Humor, deine Geschichte, liebe Bertha! Chapeau! *spitze*
Do hädse voll Rächd, de Lutschio!

*spitze* laf
*********ynter Frau
9.811 Beiträge
@*******blau
*bravo* und *genau* Wo sind die Haudegen heutzutage? Keine Typen mehr, früher war einfach mehr Lametta, also "richtige" Kerle. Heute alles weichgespült.
Danke, ich mochte Kojak auch, sehr sogar und Clint Eastwood.

@*********rlan
*top2*
****59 Frau
3.156 Beiträge
@**l

Ich bin mal wieder geflasht von eurer Schreibkunst.
Grandios sag ich nur *bravo*

Devi
*******blau Mann
3.625 Beiträge
Zitat von *********ynter:
@*******blau
*bravo* und *genau* Wo sind die Haudegen heutzutage? Keine Typen mehr, früher war einfach mehr Lametta, also "richtige" Kerle. Heute alles weichgespült.
Danke, ich mochte Kojak auch, sehr sogar und Clint Eastwood.

@*********rlan
*top2*

Es ist wahr. Ich hab Dirty Harry vergessen und sicherlich noch ein paar andere. Schon die ganzen Franzosen wie Jean Gabin, Lino Ventura und JPB...
Sonntag, 20 Uhr
Heute habe ich die Ehre, euch 8 neue Wörter zu präsentieren. Hier sind sie:

Obsoleszenz
Behandlungsfehler
überleben
alternativ
Festlegung
Pharmaindustrie
Medien
Schelm

Viel Spaß beim Schreiben!
Es ist ein Schelmenstreich, und keine Festlegung, wenn die Medien, alternativ die Pharmaindustrie über Leben, Behandlungsfehler oder Obsoleszenz entscheiden.

Ev *wink*
Ev *ggg* , kurz und knapp, ein echter Sagitta!
@****na5 Fitte hilf mir: Was ist denn Obsoleszenz?
Genau genommen bedeutet das die Alterung eines Produkts, das dadurch veraltet oder unbrauchbar wird.
Es gibt auch den Begriff "geplante Obsoleszenz". Das meint, dass Hersteller ihre Produkte so konstruieren, dass sie wesentlich früher als eigentlich notwendig ersetzt werden müssen.
Beispiel: Früher hat eine Waschmaschine 20 und mehr Jahre gehalten. Heutzutage kann man froh sein, wenn sie nicht nach 2 Jahren schon den Geist aufgibt.
Das Wort "Obsoleszenz" lässt sich auch auf Wissen anwenden, das durch neue Erkenntnisse immer schneller veraltet.
@****na5
Danke, ich hatts auch googln können, aber es ist viel netter, wenn man Jemanden fragen kann.
**********henke Mann
9.667 Beiträge
Grange - Die Herausforderung der Untoten
Aller Obsoleszenz zum Trotz hatte der Guglhupf geschmeckt. Wieso Obsoleszenz? Streissler wusste nicht mehr, warum ihm dieses Wort im Kopf herumspukte. Höchstwahrscheinlich hatte er davon geträumt, und jetzt kam das Wort immer wieder hoch, wie ein Ohrwurm, den ein Schelm in böser Absicht vor sich hin summte und sich dann freute, wenn es ihm alle nachtaten.

Grange riss ihn aus seinem Nachsinnen. Er hatte einen Stapel Zeitungen vom Kiosk geholt und blätterte nachlässig darin:

„In den Medien gibt es nichts über unser Schiff. Das wundert mich, hier wird doch immer alles breitgetreten. Selbst Behandlungsfehler und Verbrechen der Pharmaindustrie!“

Streissler bewunderte wieder die weltgewandte Belesenheit seines Chefs, der nicht nur englischen Text, sondern auch matuvalpindische Lettern mühelos analysierte. Der bog den Stapel der hiesigen Standardpresse zu einer Rolle und ließ diese in den leeren Papierkorb ploppen.

„Alternativ sollten wir uns in den Hafenkneipen umhören. Vielleicht ist es ja vollkommen normal, dass eine Knorr hier anlegt?“

Sein Gesicht sagte das Gegenteil und so hartgesotten der Kommissar in allen normalen Gefechtssituationen war, so sehr beunruhigte ihn das Übersinnliche. Das ein Wikingerschiff durch eine Zeitschleife, ein Wurmloch, eine omnisolare Transzendenz in die Jetztzeit hätte transponiert worden sein können, war gruselig. Und diese untoten Nordmänner könnten alles überleben, was Streissler und Grange ihnen antaten. Vielleicht würden sie sogar den Tombak der Geschosse dematerialisieren und in ihre Zombieköper inkorporieren. Dann half keine WHO- Festlegung mehr, dann wäre die Welt verloren. Vielleicht wäre es besser, mit Odins Recken zu verhandeln?
@**********henke

Was ist wohl Streisslersi Verhandlungsbasis mit den untoten Recken Odins? Ist der obsolete Gugelhupf doch schon verzehrt!
******s23 Frau
12.725 Beiträge
Pandemiegefahr ?
Die Festlegung, der Coronavirus wäre eine abgeschwächte Variante des Sarsvirus, ist schlichte Verschleierung durch die Medien. Die Inkubationszeit beträgt 14 Tage mit oder ohne Fieber. Sicher ist nur, ein roter juckender Ausschlag mit einem schwarzen, verhärteten Punkt mittig. Beim Sarsvirus sind es nur sieben Tage - immer mit Fieber.

Es gibt bisher keine wirksamen Medikamente dagegen, nur die Selbstheilungskräfte des Körpers, laut Angaben der Pharmaindustrie. Die Ärzte weltweit sind machtlos. Aber immerhin, dadurch sind Behandlungsfehler nahezu ausgeschlossen.

Mittlerweile sind zig große Städte in China komplett von der Außenwelt abgeschottet, das sind bislang insgesamt ca.23 Millionen Menschen. Zahl steigend.

Großveranstaltungen werden alternativlos gestrichen. Teile der chinesischen Mauer gesperrt. Bahnhöfe und Flughäfen streng überwacht.
Die Aufnahmen, Berichte und Videos aus den betroffenen Regionen werden kurz nach Veröffentlichung in den sozialen Netzwerken entfernt.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

All das gibt natürlich den Verschwörungstheoretikern neue Nahrung. Böse Zungen könnten behaupten es sei Obsoleszenz, um die Weltbevölkerung zu reduzieren - und eine neue „Masche“ der großen Pharmakonzerne, den Sarsvirus entsprechend zu verändern und mutiert in die Welt zu entlassen. Schließlich geht's ja ums Überleben, so oder so...

„Natürlich ist das alles rein fiktiv ...“

@******s23
26.01.20
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.