Die pupsenden Kühe und der Klimawandel
Die acht Wörter schrien nachgerade nach einem bisschen wissenschaftlicher Bildung ...
Eigentlich sind Kühe ja ganz nette und freundliche Tiere – Okay, wenn man einem Menschen sagt, er habe Kuhaugen, ist das nicht gerade ein Kompliment, und „pralle Euter“ ist im menschlichen Kontext eine Ausdrucksweise vulgärer Sexisten. Kühe furzen auch nicht, sie pupsen, Furzen ist eher etwas für schmerbäuchige Ochsen, und wenn Kühe statt Gras und Heu versehentlich Schafe verspeisen, spricht man gleich vom Rinderwahnsinn.
Von den Stieren ganz zu schweigen, aber das sind im Prinzip auch nur Rindviecher, deren Gehirn – anatomisch gesehen – meist in der hinteren, unteren Körperhälfte angesiedelt ist. Stiere furzen mit dem Kopf, zum Beispiel, wenn sich zwei ihrer Art mit gesenkten Häuptern gegenüberstehen, Biologen nennen das „Schnauben“ oder – in fortgeschrittenem Stadium – auch „Revierkampf“. Das ist bereits in deren Erbanlagen so vorgesehen, Wissenschaftler sprechen dabei von DNA, das ist englisch für DNS und bedeutet Desoxyribonukleinsäure.
Dann gibt es noch Bullen, das sind auch Stiere, die allerdings an der Börse spekulieren, weswegen man ihnen zum Beispiel in Frankfurt sogar ein in Bronze recht knubbelig gegossenes Ebenbild als Denkmal gesetzt hat. Bronzene Bullen können und wollen auch keine Kälber zeugen, sodass zufällig im Frankfurter Bankenviertel flanierende Kühe auch keine Angst vor deren gesenkten Häuptern haben müssen.
Zeit, ein erstes Zwischenfazit zu ziehen: Wir wissen jetzt, dass es Kühe, Ochsen, Stiere, Rinder, Kälber und Bullen gibt – Letztere können wir zunächst vernachlässigen, sie tun ja nichts Böses, Stiere sind meist eher selten, weil sie bei jedem Aufeinandertreffen – einem Elmsfeuer gleich - sofort mit den Köpfen furzen, Kälber kennen wir von Bertold Brecht (oder als zartes Filet). Rind ist aus biologischer Sicht lediglich ein Oberbegriff für die gesamte Gattung (Bos primigenius taurus) – vergleichsweise wie Mensch und Homo sapiens sapiensis – Ochse müsste ich tatsächlich – um nicht aus dem Kaffeesatz lesen zu wollen - im Handbuch nachlesen … bliebe die Kuh (vacca vaccae). Wobei mich Ochs und Kuh schon im Französisch-Unterricht siebter Klasse begleitet haben: Le Boeuf, der Ochs, la Vache, die Kuh, fermez la Porte, die Tür mach zu …
Dass der Bos primigenius eigentlich ein Auerochse war (über den wir noch gar nicht gesprochen haben) tut hier nichts zur Sache, klärt auch nicht darüber auf, dass unsere Kühe gar keine Kuhaugen sondern Schlitzaugen haben müssten, aber diese der asiatischen Herkunft unseres Hausrindes abgeleitete Auskunft könnte ja leicht als rassistisch missverstanden werden. Nein! Die Kuh kam tatsächlich bereits vor 8500 Jahren über die Türkei und Syrien nach Europa. Da können, nein, müssen sich die Augen ja vergrößert haben, und auch die Euter.
Und wenn Sie in der Lage sind, sich vorzustellen, dass in einem durchschnittlichen europäischen Landwirtschaftsbetrieb auf etwa auf 80 Kühe nur ein Stier kommt, können Sie vielleicht ermessen, wie gefährlich Kühe im Grunde sind.
Das können Sie sich immer noch nicht vorstellen?
Anders gesagt: Gehen wir davon aus, dass ein durchschnittlicher deutscher Stier mindestens 80 Kühe hat, um seinen Herrn überhaupt Landwirt nennen zu dürfen. Seine Kühe fressen bis zu 70 Kilogramm Gräser an einem einzigen Tag, nein, nicht 80 Kühe, sondern jede von denen – 70 Kilo! Macht bei 80 Kühen schon 5600 Kilogramm Gras … und die Kuh hat gleich vier Mägen, die es zu polstern gilt – Unvorstellbar. Oder nicht? – Stellen Sie sich vor, dass es tatsächlich 1,5 Milliarden Kühe auf der Erde gibt, die dann 105 Milliarden Kilogramm Gras pro Tag fressen! Wobei ich jetzt nicht weiß, ob das für jeden der vier Mägen gilt, oder drei nur zum Sattsehen da sind. Bei vier Mägen wären das ja dann schon 420 Milliarden Kilogramm, was aber keine Rolle mehr spielt, denn 420 Milliarden Kilogramm Gras sprengen die Vorstellungskraft, dass es überhaupt so viele Grashalme auf der Erde geben kann. Die wiegen doch fast nichts. Kein Wunder, dass hier, im grasarmen Europa, auch schon mal ein Schaf mitgemäht wird … Sie wissen schon, der Rinderwahnsinn.
Fragen Sie doch mal, warum bereits vor 8500 Jahren die Rindviecher aus der heutigen Wüste Gobi vertrieben wurden. Aber wohin? Die Türken wollten sie nicht, die Araber auch nicht, was blieb, waren unsere Auen, unsere blühenden Landschaften … (Letzteres könnte womöglich aus einem nur uns Deutsche betreffenden politischen Kontext als leere Versprechung fehlgedeutet werden, aber es gab sie wirklich, die blühenden Landschaften, sogar mit echten Blümchen.)
Hier muss ich einen Appell an alle Eltern jener unserer Kinder richten, die bereits wissen, dass die Milch nicht vom Müller oder was oder gar aus der Tüte kommt: Sagen sie den Kindern doch bitte, dass die Rindviecher den Bewuchs der Retentionsflächen mit Stumpf und Stiel aus der Erde reißen, auf diese Weise alle paar Jahre Jahrhundertfluten auslösen und eigentlich ausgerottet gehörten. Dass sie, die Kinder, sich eigentlich glücklich schätzen könnten, dass es noch das ehrbare Müller-Handwerk, Tetra-Packs und bronzene Ochsen gibt.
Warum?
Ich bitte Sie!
Alleine in Deutschland haben wir etwa zwölf Millionen Hausrinder, das sind zumeist Kühe … Sie wissen schon …
Und hier kommt der furchtbare Klimawandel ins Spiel: Zwölf Millionen Rinder sind schon mal per se 48 Millionen Mägen … vom Grasverzehr, den wir mit hochgerechnet 80 Millionen Bundesmägen gar nicht ermessen können, mal abgesehen.
Von 80 Millionen Bundesbürgern haben vielleicht 70 Millionen irgendein Geheimrezept gegen Blähungen jedweder Art. Sehen Sie es wie eine – sagen wir: Tuba, die es hin und wieder zu stimmen gilt. Die Kühe haben keine Tuba, nicht einmal ein Klavier, und das macht sie so gefährlich: Sie pupsen uns den Sauerstoff weg und fressen auch noch das, was zum Sauerstoff-Produzieren unerlässlich wäre: das bisschen Grün, das wir gar nicht haben - einfach auf! Die sind so was von schlau, diese Biester, können sich sogar vor unseren Augen in Haie oder gar Heuschrecken verwandeln. Sie ahnen es – Erde, Wasser, Luft … drei von vier Elementen haben sie schon erobert, sie wollen nichts anderes, als die Weltherrschaft an sich zu reißen! Kommen Sie mir nochmal mit sanften, treuen Kuhaugen. Alles nur Tarnung!
Und jetzt an euch, liebe Kinder : Es sind die Rindviecher, deren Schuld an den Überschwemmungskatastrophen ja hinlänglich bewiesen wäre. Boykottiert als erstes die Milch, die euch eure vielleicht noch ungebildeten Eltern vorsetzen. Wenn ihr mehr als drei Gläser Milch pro Tag heimlich ins Klo kippen müsst, dann schließt euch mit Hilfe eurer Smartphones sozialen Netzwerken an, oder – bei vier Gläsern – bildet eigene Gruppen. Nur Mut, ihr glaubt gar nicht, wie viele Follower ihr alleine mit der Fragestellung: „Hilfe, meine Eltern wollen mich dazu missbrauchen, die Erde zu zerstören, ich muss vier Gläser Milch pro Tag trinken … tu ich aber nicht
“ , haben werdet. Sie werden euch „liken“ und eurer Community beitreten. Sie werden coole Vids vom Kühe-Abschlachten und Milch-ins-Klo-kippen uploaden, nebenbei einen Shitstorm über alle Weltzerstörer prasseln lassen und bald schon täglich Flashmobs mit dem Toppevent „Burning down the cow!“ organisieren.
Liebe Kinder, ich denke, dass ihr allmählich begreift, wieviel Potenzial in euch steckt, die Welt zu retten und den Klimawandel zu stoppen. Die von euch ausgelöste Massenbewegung könnt ihr sogar noch toppen: Trinkt Cola, das schärft und weckt euren Verstand, postet die Vids, gebt euren Followern die nächste Aufgabe: „Wenn ihr auch mal groß seid, dann seht zu, dass die Limonadenhersteller auch bei euch einen Brunnen anlegen, denn solch ein Cola-Brunnen saugt das ganze Wasser soweit auf, dass ihr nie wieder Angst vor Überschwemmungen haben müsst. Und dann geht hin und züchtet Schafe. Die pupsen etwas dezenter als Kühe und sind außerdem klüger als Rindviecher. Ein Schaf beißt den Halm, reißt ihn aber nicht aus. Es wächst immer was nach, und wenn nicht, ist das Schaf sogar mit dürrem Gras zufrieden und scheißt goldene Köttel statt wabbeliger Fladen. Sammelt goldene Köttel und geht damit an die Börse, pokert ruhig ein bisschen, auch wenn die von euch gesammelten Köttel noch nicht so ganz ebenmäßig und vielleicht sogar noch ein bisschen klebrig erscheinen ...“
Tragt diese Botschaft genauso in die Welt. Es wird immer genügend Rindviecher geben, die euch eure Köttel (bzw. die eurer Schafe) zu Höchstpreisen abkaufen, Immissionshandel nennen das die Erwachsenen, gab's schon im Mittelalter, hieß damals Ablass, und - hat es euren Urgroßeltern geschadet? - Wir leben immer noch.
© Mercurio13