Begehren
Sein
Achtsamkeit
Überreizung
berühren
spazieren
flirren
fliegen
Samsara - Rastlose Seele
„Das Sein wird nicht nur vom Dasein bestimmt.“ (Heidegger, Sein und Zeit)
Wie lässt sich eine durstende Seele vor dem Austrocknen retten?
Das durch die Terassentür einfallende Licht der Morgensonne tauchte das Schlafzimmer in flirrenden Goldstaub und weckte Marie mit einem Kitzeln auf ihrem Gesicht. Sie wunderte sich, dass sie nicht auf dem Bett lag, sondern unter ihm.
Nur sehr langsam kam das, was am Abend zuvor geschehen war in ihrem Gedächtnis hoch. Ohne das es ihre Intention gewesen wäre, hatte sie eine intime Begegnung ihrer Cousine mit dessen Freund miterlebt. Marie unter dem Bett und ihre Cousine auf dem Bett.
Diese süße Erinnerung verursachte einen genussvollen Schauer in ihrem zarten, wohlgeformten Körper. Eine ihr unbekannte Wärme, ja gar Hitze, machte sich in ihrem Schoß bemerkbar. Langsam schob sich ihre Hand unter ihren Rock. Es kribbelte immer stärker an ihrem Venushügel. Ihre Finger tasteten sich über ihren braunen Flaum zum Ursprung dieser für sie neuen Erregung. Sie spürte Feuchtigkeit an ihren Schamlippen und ertastete eine jetzt ordentliche Erhebung wie eine Knospe umrahmt von ihren nassen Blütenblättern. Ihr Verlangen schwoll durch diese Berührung weiter stark an und entlud sich in einer Explosion in ihrem Inneren, die sie am ganzen Körper vibrieren ließ. Ein langer und genussvoller Seufzer entschlüpfte ihrem Mund und ließ sie genussvoll erneut die Augen schließen.
Dieses Erlebnis war der Grundstein für die kommenden Erfahrungen einer jungen Frau, die sehr katholisch erzogen war.
Ein paar Jahre später war Marie – inzwischen als Studentin - auf einer Exkursion. Inmitten einer kargen andalusischen Landschaft erhob sich ein kleiner grüner Hügel gekrönt von einer alten und liebevoll sanierten Finca, die ihrem Professor gehörte. Dort verbrachte Marie zusammen mit weiteren 19 Studenten und 2 Professoren zwei Wochen, um eine archäologische Ausgrabung zu besuchen und ein altes Dorf zu vermessen. Die Finca bot zwar viel Platz, der sich aber nur auf zwei Schlafzimmer und zwei sehr große Räume aufteilte. Ein Raum beherbergte die Küche mit dem großen Esstisch, an dem sie alle zusammen aßen und arbeiteten. Der zweite der großen Räume diente als Schlafraum für die Studenten, 20 junge Frauen und Männer.
Die Tage waren sehr heiß und die Nächte angenehm mild. Gemäß den spanischen Gepflogenheiten tranken sie reichlich Rotwein zum Abendessen. Auch Marie trank mit, obwohl sie das nicht gewohnt war. Aber es half ihr, ihre Scham zu überwinden, sich im Schlafraum vor und mit all den anderen nackt auszuziehen und die Gemeinschaftsdusche zu benutzen - auch vor den Augen der männlichen Studenten.
Eines Tages, es war ein besonders heißer Tag gewesen, schlugen die Professoren vor, dass sie alle zusammen in einem nahegelegenen See baden gehen sollten. Die Gruppe war alleine am See und so gingen sowohl die Studenten als auch ihre Professoren nackt, so wie sie Gott geschaffen hatte, ins kühle, angenehme Wasser. Auch das war Neuland für Marie, sie zögerte daher und fühlte sich nicht wohl bei diesem Gedanken.
Eine Kommilitonin und ihr Professor versuchten ihr gut zuzureden und ihre Bedenken zu zerstreuen. Niemand würde sich etwas daraus machen und sie wären ja ganz unter sich. Doch trotz dieses guten Zuredens, was Marie schließlich zustimmen und mitmachen ließ, überzog eine kräftige Schamesröte nicht nur ihr Gesicht, sondern ihren ganzen Körper, als sie sich auszog und mit allen ihren Kameradinnen und Kameraden sowie den Professoren nackt ins Wasser stieg.
Auch an diesem Abend trank die Gruppe zum leckeren gemeinschaftlichen Essen viel Rotwein und langsam war Marie sichtlich gelöster, als in den ersten Tagen. Ihre Hemmschwelle war überwunden. Es wurde heiß diskutiert: Über Marx und Engels, Plato, die freundschaftliche Liebe und über die freie Liebe. Marie kam wieder mal an eine ihrer Wissensgrenzen: Auch dieses Thema – Polyamorie, Freie Liebe, die offene Liebe ohne Hemmungen – war komplett Neuland für sie.
So kam es, wie es das Thema anregte. Die Studierenden fingen an, am Tisch zu küssen und einige gingen schließlich, angeregt vom vielen Wein und den beflügelten Themen, eng umschlungen in den Schlafsaal. Marie versuchte, so lange am Tisch sitzen zu bleiben, wie möglich, ihre überreizten Augen waren gerötet und sie verspürte Müdigkeit. Ihr Gesprächspartner und sie stellten gleichzeitig fest, dass sie die letzten waren.
„Bis später“, flüsterte er und verschwand zur Toilette.
Marie legte sich, wegen der Hitze nur mit einem Shirt an, auf ihre Matratze. Der Raum war nahezu dunkel. Nur die Sterne und der Mond beleuchteten durch das offene Fenster schwach die Körper der Studenten, welche sich verteilt auf die Matratzen auf den Boden gelegt hatten.
Doch was das sanfte, silbrig glänzende Mondlicht enthüllte, war ein erotischer Reigen. Die wenigsten schliefen. Hier und da konnte ein aufmerksamer Beobachter ein leises, lustvolles Stöhnen hören, zudem erfüllte ein Rascheln und Raunen die Schlafstätte. Die Luft war erhitzt durch die vom Schweiß feuchten Körper, die sich aneinander rieben.
Marie nahm auf der Matratze neben ihr eine Bewegung wahr. Ihre Freundin Anna tauschte Liebkosungen mit einem anderen Studenten. Ihre Körper rieben sich dabei nackt und heiß aneinander. Marie spürte, wie sich Annas Hand auf ihren nackten Arm legte und Anna begann Marie vorsichtig zu streicheln. Gleichzeitig schmiegte sich ihr Platon-Gesprächspartner an ihren Rücken und umarmte sie vorsichtig. Anna fuhr zärtlich weiter über Maries Brust, berührte sie, brachte sie zum Beben. Von hinten erfuhr sie ebenfalls Berührungen voller Achtsamkeit von einem scheinbar erfahrenen jungen Mann. In dieser Nacht erlebte Marie am eigenen Leib, was “der fließende Übergang der freundschaftlichen Liebe Platos zur körperlichen Liebe bedeutete. Und wie wundervoll es sich anfühlte.“
Beflügelt durch dieses intensive sinnliche Erlebnis, stand Marie kurz vor Sonnenaufgang auf, schnappte sich ein Fahrrad, das an der Hauswand lehnte und fuhr nackt durch die frische Morgenluft über die Felder. Sie breitete die Arme aus, genoss den Wind auf ihrer Haut und fühlte sich als ob sie mit den Möwen am Himmel flog und durch die Wolken spazieren ging.
„Sexualität ist ein Bestandteil unseres Seins.“
Wie lässt sich eine durstende Seele vor dem Austrocknen retten?
In dem man sie ins Meer der Liebe wirft.
© Aphroditee 19.07.2020
Flieg, Flieg, mit den Möwen, getragen vom Wind,
über den Wolken und weiter zu den Sternen.
Gewidmet der lieben Merit, die uns viel zu früh verließ.
Adeus, Helena