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Geschichtenspiel Teil 45

*********2016 Mann
2.250 Beiträge
"Neues aus Absurdistan"
Der Kontinent Absurdistan liegt unter einer dräuenden, unheilschwangeren Dunkelheit. Eine Dunkelheit die selbst bei Tage nicht vollkommen weicht, weil sie sich tief in den Herzen der gleichgeschalteten Völker eingenistet hat. Die mächtigen Gebirgsketten welche das gebeutelte Land umgeben wirken wie eherne Wachen die jedwedes Entkommen unmöglich erscheinen lassen. Die Pässe sind streng bewacht, die Abschottung gegenüber Andersdenkenden fast perfekt.

Die Obrigkeit regiert mit drastischen Maßnahmen, sitzt wohlbehütet und bewacht von den besten Söldner Schwadronen in der festungsartig ausgebauten Hauptstadt. Gepanzerte Schergen patrouillieren durch die Straßen der Städte, überwachen Dorf und Siedlungsplätze und durchstreifen die Lande. In allen Provinzen herrscht eine bedrückende, gar beängstigende Normalität , welche auch die letzten Spuren des einstmals so lustigen und bunten Treibens mittlerweile fast gänzlich ausgelöscht hat. Fast alle verbergen ihre Gesichter hinter nichtssagenden Masken, sehen eine Gefahr in jedwedem welcher sich unvorsichtigerweise nähert.

Mancherorts hallen verzweifelte Schreie , durchbrechen schrill die erdrückende Seelenfinsternis, die vielerorts herzbeklemmende Einsamkeit. Anderenorts laufenverhuschte Gestalten über kleine Straßen und Wege, angstvoll um sich schauend und oft genug verfolgt, gejagt, kontrolliert von den Soldaten der Herrschenden. Grob zurechtgezimmerte Bretterwände lassen die dunklen Zwischenräume, die schweigenden Löcher in den Wänden verschwinden., verdecken gnädig die freien Mauerlücken wo einstmals Händler und Marketenderinnen ihre Waren feilboten. Das fahrende Volk ist verschwunden, Musikanten, Gaukler und Artisten, wie vom Erdboden verschluckt.

Ein Trupp Hilfssoldaten des hiesigen Statthalters ist auf abendlichem Streifgang, überzeugt von der eigenen Wichtigkeit, eilt schnellen Schrittes zum Marktplatz. Von dort wurde Widerstand gemeldet, ein unbekannter Mensch hat sich dort eingefunden. Der Fremde hält aufrührerische Reden. Mehrere Personen welche dreisterweise bunte Tücher schwenken , singen, tanzen und sich wohl üben in der verbotenen Kunst des kessen aufbegehren haben sich eingefunden.
Von allen Seiten kommen die herzoglichen Söldner herbei um dieser Scharlatane und Teufel habhaft zu werden.
Wilde Gesellen sind das, welche schnell und unverhofft auftauchen, das brave Volk mit wunderlichen Thesen verwirren und wie geschmolzener Schnee wieder verschwunden sind. Mit ihrem schandhaften Treiben jedwede Ordnung in Frage stellen.
Der gestrenge Reichskanzler gebietet den Wächtern der Macht mit aller Härte gegen dieses Gelumpe vorzugehen.

Jahrhunderte später werden die Menschen diese Form des punktuellen Widerstandes als Flashmob bezeichnen, heutzutage in den Schicksalen von Absurdistan ist es einfach nur den widerwärtigen Pöbel zu unterdrücken.

Jeder vernünftige Mensch sollte sein Herz erheben gegen jedwede Form der Knechtschaft!
Haltet eure Seelen fest, ihr Menschen von Absurdistan, bevor sie auf immer verloren sind!

Kamasutra 02.11.2020
*****e_M Frau
8.538 Beiträge
@*********ested Kompliment! Die Handlung reisst mit *top*
*********ested Mann
435 Beiträge
Danke Odette, schön wieder hier zu sein.
Flash
Dass eines Tages selbst Flash mobben würde, hätte selbst Prinzessin Aura nie gedacht. Doch die von den Triaden angeheuerten Halunken hatten in der Nacht lautlos ganze Arbeit geleistet und Auras gesammten Thronsaal mit einer Mischung aus dem Saft sibirischer Honigmelonen- Heintzkechup und mit dem Hinkelstein zerstossenen chinesischen Tastaturkürzeln geflutet. Zentimeterdick! Und als ob das noch nicht genug wäre, die Mischung gleich noch mit Flammenwerfern gehärtet. Allerdings nur gerade so, dass Mann und Maus bei jedem Schritt an der nun nahezu gummiartigen Pampe kleben blieben und nur der auf der schon gereinigten Fläche Hinterherlaufende konnte die etwas eingesunkene Schuhsohle mit einem angeschliffenen Spaten wieder abhebeln.

Nun ja, anfangs wollte Flash erst aufbegehren, doch die Prinzesssin beherrschte nicht nur ihre Untertanen, sie war auch Meisterin im zwingenden Blick. Und dieser schnelle, jedoch elegante Wechsel zwischen angedeutetem Zorn mit der Aussicht auf wochenlangen Sexentzug und dem Hab-doch-Erbarmen-mit-einem-armen-geplagten-Weib-Blick gelang ihr regelmäßig aufs Neue bei ihm. Es war sozusagen schon vor der Eheschließung Alltag, eingespielte Normalität, die ihn auf subtilste Weise zwang, Dinge zu tun, die eigentlich eines Helden Stolz unwürdig sind und eben des holden Weibes Wünsche am Ende doch willfährig zu erfüllen.

Schließlich musste er seine Ehre gerade auch des Nachts verteidigen können, wenn selbst die Stallknechte und Mägde seiner Frau Lustschreie noch durch die dicken Steinmauern des Palasts und die Bretterwände ihrer eigenen Behausungen hören sollten.
Sonst würden sie selbst dann nicht Fahnen schwenken und ihn begeistert empfangen, wenn er nach dem Rachefeldzug die elenden Pseudoninjas im Duzend an den Zöpfen zusammengeknotet zum Schafott zog.

Also musste Flash wohl oder übel mit vollster Energie und Geschwindigkeit mobben, da keiner außer ihm es vermocht hätte, den Boden der Halle begehbar zu machen, bevor die ersten Hochzeitsgäste ankommen würden.

Hätte er allerdings gewusst, dass das richtige Verb in diesem Falle mit P geschrieben wird, hätte er nach dem Mobbing mittels der Schergen seines von der Prinzessin abgewiesenen Mitbewerbers den Boden halt schrubben müssen. Allerdings wäre er wahrscheinlich mit dem Schrubber, der nun einmal wirklich korrekt mit Doppel-B geschrieben wird, schneller fertig geworden.

So oder so: Bis zur Hochzeitsnacht würde er sich sicher von den ungewohnten Strapazen erholt haben und mit neuem Elan die Kraft seiner Heldenlenden beweisen können.


Das Gerücht, dass Popeye ihm geholfen hätte, wäre nur eine einzige Dose Spinat aufzutreiben gewesen, hat sich natürlich nachträglich als Fake entpuppt. Man kennt ja die Gerüchteküche an Königshöfen, die es an Auswahl und Vielfalt, sowie Abgekochtheit und Frische mit jeder Speisenküche aufnehmen kann.
@
@ Moreinterested
Für dieses beänstigend eindrückliche Bild wirds wahrscheinlich außer von mir noch etliche Komplimente hageln! *dafuer*

@******tra
Manchmal ist wie im Märchen halt gar nicht märchenhaft ... *top*
****mas Frau
3.500 Beiträge
@ Moreinterested
Kommt mir bekannt vor.
Gott sei Dank waren die Toten auf meinem Bakon nur Petunien. *puh*
*********ested Mann
435 Beiträge
Die waren danach aber wahrscheinlich kopflos *oh2*
Endlich eine Alternative
Ist doch alles halb so schlimm, oder? Mal ehrlich: Dieser kleine politische Ruck hat doch allen gut getan. Ja, ich weiß: Ich habe früher immer gegen die geredet, sie teilweise richtig verteufelt. Aber die neue Normalität ist doch wirklich nicht zu verachten. Immerhin habe ich wieder einen Job, und gar nicht mal einen schlechten.

Und dass sie neuerdings Flashmobs und Demos mit Waffengewalt niederschlagen? Hey, ganz ehrlich: Niemand muss gegen dieses System aufbegehren, immerhin sind wir ja noch eine rechtsstaatliche Republik. Gut, dass wir nur eine einzige Partei haben, das gab’s ja schon mal. Und ist doch nicht die schlechteste Lösung, oder? Damit werden einfach Entscheidungswege verkürzt, die dämlichen Wahlen fallen endlich weg und Litfaßsäulen und Bretterwände sind nicht alle zwei Jahre mit irgendwelchen Lügen-Plakaten vollgeklebt.

Hat sich doch vieles vereinfacht, mit unserer neuen Regierung. Wenn ich nur an die sinnlose Schreierei denke, damals, wegen der stetig wachsenden Überfremdung. Seit dem historischen Wahlsieg und dem anschließenden Ausrufen der Notstandsverordnungen ist es da ziemlich ruhig geworden. Die wenigen Fremden, die freiwillig geblieben sind, integrieren sich viel schneller als früher. Und die, die wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind, nehmen bestimmt auch schöne Erinnerungen an unser Vaterland mit.

Und ganz ehrlich: Ich finde es klasse, dass die alten Feiertage wieder so begangen werden, wie es Spaß macht: mit Fackeln laufen, Fahnen schwenken, Trommeln! Wie bei den Pfadfindern. Und dann erst die Uniformen! Die hatte man früher ja nur an, wenn man beim Bund gewesen ist. Dann wurde das freiwillig und die armen Soldaten trauten sich ja schon gar nicht mehr im Dienstanzug auf die Straße. Jetzt ist endlich wieder Wehrpflicht und auch die Jugend wird frühzeitig von der Straße geholt.

Ja, ich weiß, was jetzt kommt: Totschlagargument „Pressefreiheit“, „Recht auf freie Meinungsäußerung“ und all der Tinnef. Was hat es denn gebracht? Gelogen wurde, dass sich die Balken biegen. Alle regierungstreuen Medien haben doch den gleichen Quark verkündet! Und nur Lügen verbreitet. Die tolle „Pressefreiheit“ – als ob sie je existiert hätte! Gleichgeschaltet waren alle. Jetzt haben wir wenigstens ein offizielles Regierungsorgang, das dazu steht und nicht so tut, als wäre es unabhängig, überpartlich und all der Quatsch.

Und wozu haben die dummen Bürgerlein ihr „Recht auf freie Meinungsäußerung“ genutzt? Entweder haben sie herumgemäkelt und an allem was zu meckern gehabt, oder sie haben alle Andersdenkenden niedergeschrien. Außerdem darf heute jeder seine Meinung frei äußern, verboten ist das ja nicht. Er muss sich halt nur nicht wundern, wenn er Gegenwind bekommt - mit dem Staat legste dich besser nicht an, das war schon immer so.

Ach, und sicherer ist das Leben auch geworden. Jetzt kann eine Frau endlich wieder Nachts um die Häuser ziehen, ohne Angst vor Nachstellungen irgendwelcher moralisierender Gruppierungen zu haben. Die ganzen Radikalen sind sowieso alle in der Versenkung verschwunden, all die Schergen einer antinationalen Bewegung, die mit Begriffen wie „Demokratie“ und „Grundrechten“ argumentiert haben. Hey, die waren doch sowieso nur noch Makulatur! Nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt waren. Und nachdem unser Volk so viele Monate ohne diesen Kram gut gelebt hat, ist es doch alles halb so schlimm, oder?

Ich jedenfalls bin froh, dass unser Land endlich eine gangbare Alternative hat. Und klar: Ich bin in der Partei, was denn sonst?
****mas Frau
3.500 Beiträge
Wagner_E_Stein for president.


*verdaechtig*


Aber eine andere Wahl gibt's eh nicht. *undwech*
*******iva Frau
1.028 Beiträge
@*********Stein *anbet* *bravo* grandios!
*******iva Frau
1.028 Beiträge
Die Schafe von Absurdistan
In einem fernen fruchtbaren Land lebte einst eine Schafherde. Den lieben langen Tag liefen sie frei über saftige Wiesen, wohl behütet von den Schutzhunden ihres geliebten Hirten. Sie genossen sorglos die Natur. Sie lebten in den Tag hinein. Glücklich und geduldig ließen sie auch unangenehme Dinge wie das Scheren und gemolken werden über sich ergehen. Das war schließlich ihre Aufgabe, ihre Normalität.

Doch eines Tages schwenkte diese Realität jäh ins Gegenteil. Wie ein Flashmob tauchten die Hütehunde, die Schergen des Hirten, auf und trieben sie in ungewohnter Brutalität zusammen. Da halfen kein Schreien und kein Aufbegehren. Was war nur geschehen? Die Schafe wurden zwischen hohen Bretterwänden eingepfercht. Nicht einen Blick konnten sie mehr auf ihre saftigen Weiden und ihre alte Normalität werfen. Ihr Hirte erklärte Ihnen, es wäre nur zu Ihrem Schutz, dort draußen würde ein schrecklich großer und blutrünstiger Wolf sein Unwesen treiben. Jeder einzelne der Herde zitterte vor Angst. Lediglich eine kleine Gruppe von Aufrührern wollte nicht auf die Freiheit verzichten.

Sie standen oft zusammen und versuchten, einen Plan zu entwickeln, wie sie sich selbst von der Wahrheit um das Untier überzeugen könnten. Als der Hirte die Unruhe bemerkte, befahl er seinen Schergen, den Hütehunden, die Herde zu trennen, um die Unruhestifter zum Schweigen zu bringen. Diese gaben jedoch nicht auf und in einem unbewachten Moment gelang Ihnen die Flucht.

Befreit rannten sie über ihre saftigen Wiesen und genossen Ihre Freiheit. Da war nichts, was sie fürchten mussten, keine Gefahr, kein Wolf, kein Untier, alles war wie immer! Verzweifelt versuchten sie, die andern Herdenmitglieder zu überzeugen, aber diese wollten nicht zuhören. So begab es sich, dass der Rest der Herde von dem Hirten, der nur auf seinen Profit aus war, in engen Pferchen gehalten, gemästet wurden und zum Schluß ihres qualvollen Lebens von ihm zum Schlachter geführt wurden …

Und die Moral von der Geschichte?

Wir sollten nie vergessen, dass es am Ende der Hirte ist, der die Schafe zum Schlachter führt…

Katzendiva 05.11.2020
@*******iva

Ebenfalls eine starke Metapher *g*
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Was nur,wenn alles anders ist...wäre...wird ?
Und die Moral von der Geschichte?
Geschichtlichkeit- so scheint es- lebt zuweilen von der Gewissheit, dass Moral eher der Deutungshoheit des Urteils unterworfen wird als denn dem Geltungsgehalt von Begriffen...
"Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Meine Lebenskraft bringt er zurück." (DER GUTE HIRTE, 23 Psalm Davids.)
*nixweiss*
*nachdenk*
Und die Moral von der Geschicht'
Es gibt Feinde, die sieht man nicht.
Ist im AKW der Reaktor hin
hat ein Leben in der Nähe keinen Sinn.
Natürlich sieht man nichts, ahnt keine Gefahr
doch dem Hirten sind die Folgen klar.
Er will nicht, dass die Schafe leiden
auf atomverseuchten Weiden!
Was man nicht sieht, zu leugnen und zu ignorieren
kann fatale Folgen mit sich führen.
Auch eine schöne Metapher @*****a94

*top*
Zitat von **********hylen:
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Meine Lebenskraft bringt er zurück.

Mein Konfirmationsspruch... aber da fehlt "Er weidet mich auf grünen Auen, im Angesicht meiner Feinde".

Und wie vielen Hirten bin ich begegnet in meinem Leben. Sonen und solchen. Die einen der Herde verpflichtet, die anderen Anderem, aber sie sahen alle gleich aus.

Am Ende lernte ich: Trau, schau, wem. Und sei wehrhaft. Wenn Du für Dich selbst sorgen kannst, brauchst Du keine Hirten. Und zum Himmel die Mittler nicht *zwinker*
**********henke Mann
9.667 Beiträge
Komisch - die gleichen Worte habe ich sowohl auf der Beerdigung meiner Oma und der meines Opas gehört. Ist das so ein One-catches-all-Spruch?
*******tia Mann
5.162 Beiträge
@*********ested
Schöne Geschichte und Handlung, ein paar verwirrende Kommas nehme ich dafür in Kauf.

Und sonst: Hat sich das Thema Schlafschafe und Co. jetzt auch in diese Gruppe geschlichen?
*******tia Mann
5.162 Beiträge
@*********Stein
Ironie, oder?
Leben wir schon mit der zentralen Partei oder wird die Alternative erst noch die Macht ergreifen?
Zitat von *******tia:
Ironie, oder?

Öhm, schriftstellerische Freiheit? *zwinker*

Im Versuch, in der Tradition eines Aldous Huxley, eines Isaac Asimov, eines H.G. Wells, eines Norman Spinrad, eines Robert Harris, eines Philip K. Dick, eines Robert A. Heinlein and "you name it" zu bleiben - den literarischen "Ziehvätern" meiner frühen und späten Jugend (nicht den einzigen, wohlgemerkt *zwinker* )

Zitat von *******tia:
Leben wir schon mit der zentralen Partei oder wird die Alternative erst noch die Macht ergreifen?

DAS ist in der Tat die existentielle Frage... *gg*
Me 2
*********ld63 Frau
8.552 Beiträge
Hüterin des Waldes
Heute Nacht kam der erste Frost und griff nach den letzten Spuren von Grün. Der Winter kommt, mit großen Schritten und doch so leise wie ein Dieb in der Nacht. Nach Sonnenaufgang kam dichter Nebel auf und legte sich über die Kronen der Eichen gegenüber, so dicht, dass der Himmel nicht mehr zu sehen war. Ich mag diese Übergangszeit, es ist die Zeit der Stille, die Zeit der Träume. Wenn die Sonne untergeht, träume ich mich zurück zu den lauschigen Sommerabenden, an denen mein Geliebter und ich miteinander flüsterten, sobald die Abenddämmerung sich über unsere Köpfe senkte. Wie er sich nach mir ausstreckte und mich so sanft und eindringlich berührte! Ach, mein König, wie sehr ich dich vermisse! Im letzten Frühjahr schied er dahin. Sein prächtiger Körper war schon gezeichnet von Krankheit und Verfall, was seine strahlende Schönheit jedoch nicht im geringsten minderte. Seine letzten Tage verbrachte er neben mir, und ich bin so dankbar, dass wir Zeit hatten, uns voneinander zu verabschieden.

Auch meine Zeit läuft bald ab, ich spüre es schon seit langem. Nun trage auch ich das Zeichen. Fast ein ganzes Jahrhundert lang habe ich Wache gehalten und den Stürmen getrotzt, und wenn es nun zu Ende geht, bin ich bereit, denn weiß die Göttin, ich habe mehr als genug gesehen all die Jahre.

Erst vor ein paar Tagen kam der neue Förster hier vorbei. Es war noch früh am Morgen, als ich ihn auf seinem alten Hollandrad den Waldweg entlang fahren sah, noch bevor die ersten Jogger ihre morgendlichen Runden drehten. Er ist ein stattlicher Bursche, kräftig und hochgewachsen. Als er an mir vorbeifuhr, den Kopf in den Nacken gelegt, die dichten Locken vom Winde verweht, völlig versunken in den Anblick der Baumkronen, sah ich das Blitzen seiner dunklen Augen. Selbst aus seinem Hemd quoll eine Masse ungebärdiger Haare, ein dichter Brustpelz und sicher weich wie ein Flokati. Ich konnte mich kaum sattsehen. Hoffentlich wird er die maroden Bretterwände durch Zäune ersetzen, um die jungen Buchentriebe gegenüber zu schützen. Es wird Zeit, dass sich endlich wieder jemand für diesen Wald einsetzt, damit hier ein wenig Normalität und Ordnung einkehrt.

Denn mit der Ruhe in diesem idyllischen Fleckchen ist es ja endgültig vorbei. In den letzten Monaten hat der Publikumsverkehr stark zugenommen, Menschen aller Couleur bevölkern nun den Wald. Mangels alternativer Freizeitbeschäftigungen flanieren, spazieren und laufen sie hier vorbei, von frühmorgens bis weit in die Dämmerung hinein, mit ihren Hunden, ihren Kindern und ihren Smartphones, die sie herumschwenken, um sich gegenseitig zu filmen. Sie trampeln durch Büsche und Sträucher, reißen an jungen Trieben. Ihre Schreie und ihr lautes Lachen haben mich schon manches Mal aus dem Schlaf gerissen. Die Menschen ertragen die Stille nicht mehr heutzutage, selbst die einsamen Läufer reden unentwegt. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass sie keine Selbstgespräche führen, sondern in die Mikrofone ihrer Kopfhörer sprechen. Von Flashmobs ist die Rede, vom Aufbegehren gegen die Schergen der Arzneimittelindustrie. Sie klingen aufgeregt und geschäftig, diese Menschen, ja panisch, als ginge es um Leben und Tod.

Die Welt hat sich verändert. Dieser neue Trend „Zurück zur Natur“ scheint mir bei den meisten mehr eine Flucht denn ein wirkliches Bedürfnis zu sein. Zumindest lässt die Kommunikation zwischen den Besuchern und den Ureinwohnern hier doch noch sehr zu wünschen übrig. Ich setze all meine Hoffnung in Menschen wie den jungen Förster. Er scheint zu wissen, wie man sich in der Natur bewegt und ich vertraue ihm. Ich weiß, er wird kommen und mich abholen, wenn meine Zeit gekommen ist.

Geh nicht sanft in die gute Nacht,
Brenn, Alter, rase, wenn die Dämmerung lauert;
Im Sterbelicht sei doppelt zornentfacht.
Weil kein Funke je ihr Wort erbracht,
Weise – gewiss, dass Dunkel rechtens dauert.
Geh nicht sanft in diese gute Nacht.
(Dylan Thomas)

**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Wunderschön, liebe Into, und sehr berührend. Danke für diesen eindrucksvollen Text! *roseschenk*
@*********ld63 Was für eine wunderschöne Geschichte! *heul2* Und so wahr ...
*******tia Mann
5.162 Beiträge
...und der Baum hat ein so schönes Auge.
Tief! Auf so vielen Ebenen! *spitze*

Bitte federn ohne teeren! *genau*
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