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Geschichtenspiel Teil 45

*******ub74 Mann
136 Beiträge
... übrigens... "Seelenschmeichler"... den werde ich mir SOWAS von merken! *zwinker*
**st
Äh - sorry, wo sind denn da die aktuellen Wörter. *hae*
Keine Beschreibung angegeben.
**SK
7.791 Beiträge
@*******ub74 Ich empfehle, die Spielregeln zu lesen. *zwinker*
Zitat von ***ve:
Äh - sorry, wo sind denn da die aktuellen Wörter. *hae*
Ich denke, das ist als Kommentar zur Geschichte gedacht *zwinker*
**st
Ach so ... *sorry*
*********trone Frau
901 Beiträge
“Stöckelschuhe so hoch wie Brückenpfeiler” Super 👍🏻 @*********2016
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
Dankeschön ihr Lieben, besonders die Kommentare sind toll und bereiten Freude, außerdem dienen sie natürlich der weiteren Entwicklung meiner bescheidenen Schreibe *danke* *danke*
Die große Lüge

Es war schon immer klar, dass einen die Politiker die Hucke voll lügen. Doch jetzt haben sie den Bogen überspannt. Sie haben doch glatt unsere Attraktion, die Donauparkbahn, eingestellt. Eingestellt!!! Stellt euch das einmal vor. Lasst euch das auf der Zunge zergehen. Dabei war die Bahn unser bestes Business. Erklärt haben die uns die Schließung anhand falscher Statistiken. Okay, sie haben die Statistik so hingebogen, dass es echt schlimm aussieht. Dabei weiß selbst ein kleines Kind, dass im Park jeden Tag die Hölle los war, alle für die Bahnfahrt in meterlangen Schlangen anstanden. Und jetzt? Alles vorbei!

Nun gibt es nur noch den Rosengarten. Ein schöner Platz zum Ausruhen für unsere Alten. Doch wie lange werden die Lügner uns den noch lassen? Ich traue der Bagage keinen Schritt mehr und in meinem Herzen erwacht ein Verdacht. Es rattert in meinem Hirn. Ich brauche Bewegung. Da habe ich meist die besten Ideen. Da muss etwas passieren. Ich bin auf 180! Schnellen Schrittes laufe ich dahin. Vor mir ein Brennesselfeld. Ein Blitzgedanke in meinem malträtierten Schädel, der vor lauter Überlegungen schon überquoll. Ich pulte das Plastiksackerl aus meiner Jeans und die dünnen Handschuhe. Von den Brennnesseln stopfte ich, so viel es ging, in die Tüte und eilte nach Hause.

In meinen schlauen Büchern fand ich das passende Rezept. Ich kochte, mixte, kühlte und formte die Zutaten bis Schlussendlich ein weißes pulvriges Etwas fertig war. Es sah in der Tat Zucker äußerst ähnlich. Mit dem Ergebnis war ich höchst zufrieden. Nun musste ich es nur noch zu den Stadtvätern ins Rathaus bringen.

Bekleidet mit einem unauffälligen mausgrauen Kostüm lief ich durch die Stadt. Meine Tarnung war hervorragend. Keiner erkannte mich. Ein großes Graffiti an der Mauer des Rathauses empfing mich am Rathaus. Überdimensioniert hatte hier jemand „LÜGNER“ hin gesprüht und die Verantwortlichen in einem Scherenschnitt dargestellt. Sehr gelungen! Ich grinste in mich hinein. Der Show-down begann.

Hocherhobenen Hauptes und so überheblich, wie ich nur konnte, durchquerte ich den Eingang. Aus meinen vorhergegangenen Besuchen hatte ich das bei vielen in diesem Hause beobachtet – auch das mit der Kleidung. Somit war ich absolut unauffällig. Ich musste in den Sitzungssaal. Heute war ein großes Plenum angesetzt. Unsere Stadtväter wollten erneute Niederträchtigkeiten beschließen. Da werde ich ihnen einen Riegel vorschieben!

Nach kurzer Zeit erreichte ich den Sitzungssaal. Er stand offen. Eine Küchenhilfe bereitete gerade den Raum vor. Sie stellte Geschirr und kalte Getränke bereit. Mit einem geschulten Blick erspähte ich die Zuckerdosen. Die junge Frau verließ bei meinem Eintreten den Raum. Mit Höchstgeschwindigkeit leerte ich die Zuckerdosen und befüllte diese mit meinem Wahrheits-Zucker. Das konnte heute eine lustige Runde werden. Ich war gerade fertig, als die Hilfe mit Wasserflaschen und Säften zurückkam, und rückte ein paar Tassen zurecht.

Dieses Spektakel wollte ich mir nicht entgehen lassen. So marschierte ich in das Büro des Bürgermeisters. Gestresst sah mich seine Sekretärin an und fragte mich, was ich denn wolle. Ich machte glaubhaft wahr, dass ich geschickt worden sei, um das Protokoll während des Plenum mitzuschreiben. Sie atmete erleichtert aus, reichte mir Laptop und noch ein paar Dinge und ging mit mir zum Sitzungssaal. Dort zeigte sie mir meinen Platz in einer Ecke und die nötigen Steckdosen. In zwanzig Minuten sollte es losgehen. Der Platz lag hinter einem Vorhang. Die Protokollanten sollten nicht gesehen werden. Mir war das Recht.

Es dauerte nicht lange und die ersten Teilnehmer trudelten ein. Sie bedienten sich erst einmal am Kaffee und schaufelten „Zucker“ dazu. Ich grinste in mich hinein. Bisher hatte ich die Mischung noch gar nicht ausprobiert. Premiere für mein Mittelchen. Hoffentlich hielt es, was das Rezept versprach. Inzwischen waren auch der Bürgermeister und sein Schatzmeister mit dem Kaffee versorgt und alle saßen an ihren Plätzen.

Der Schatzmeister begann mit seiner Ausführung. Er sah den Bürgermeister an, startete neu. Ich spitzte meine Ohren. Ja, er sagte die WAHRHEIT. Da erzählte er tatsächlich, wie er in letzter Zeit alles passend zurechtgerückt hatte. Jeder einzelne erzählte seine Schandtaten. Ich schrieb fleißig mit. Nach dem der Wahnsinn beendet war, drückte ich das „Senden“-Knöpfchen. Im cc ging eine Mail immer an den Stadtanzeiger.

Für mich war es Zeit. Ich klappte den Laptop zu und ergriff die Flucht.

by UMW
Meeres*hexe*
Me 2
*********ld63 Frau
8.571 Beiträge
Spannender Plot, @*******exe! *lol*
Ich hoffe, du erzählst uns dann noch, was das Brennesselpülverchen bewirkt hat! *hexhex* *ggg*
*********trone Frau
901 Beiträge
Ein Wahrheitszaubertrank gemixt - davon habe ich ja auch schon immer geträumt. Toll erzählt @*******exe *blume*
*********trone Frau
901 Beiträge
Irgendwo im Ostallgäu - Fortsetzung
Gefesselt und geknebelt sitze ich neben Stella auf einer rustikalen Holzbank. Ich möchte an dieser Stelle nochmal festhalten, wie unfassbar ruhig ich angesichts der prekären Situation bleibe:
Wir wurden unfreiwillig zu „Coaches für Dominanz und Submission“ erklärt, nachdem wir versehentlich in den Gemäuern dieser alten Burg in das Seminar „BDSM für Anfänger“ hereingeplatzt sind. Einige uns gut bekannte Dorfbewohner aus Oberegenhof und Unteregenhof haben sich hier offenbar unter größter Geheimhaltung für diesen Kurs angemeldet und sitzen errötet vor dem Dozenten im Business Anzug. Er jedoch, kennt hier keine Gnade.

Tja "mit gefangen, mit gehangen".

Mich beschleicht der Verdacht, dass die richtigen „Coach-Damen“ gar nie hier angekommen sind und er es als Teil einer Inszenierung sieht, uns von unserer Flucht abzuhalten.

Wir hatten es fast zur Tür hinausgeschafft, da packte er uns grob am Nacken wie zwei Welpen und schubste uns auf die Holzbank links neben der Leinwand. Der bucklige Herrmann sollte sein Können als zukünftiger Dom hier zum ersten Mal unter Beweis stellen und uns im Befehlston den Platz zuweisen. „Do goasch her. Hock di do her … und du aah!!“ sichtlich bemüht und im besten Ostallgäuer Dialekt, navigierte er uns auf die Holzbank.

Wir waren derart baff über die schräge Situation, dass uns eine Gegenwehr gar nicht erst möglich war. Vor allem ich musste mir eben hart das Lachen verkneifen, als der Öko-Klaus mit seinen Hanfseilen im zerschlissenen Plastiksackerl von der BayWa, angeschlichen kam. Mit seiner Fistelstimme stieß er einen Urschrei aus und fing an uns umständlich einzuwickeln. Lydia musste im Anschluss das ganze wieder ordnen, weil sich das Seil komplett verheddert hat. Zu unserem Unglück legte der Meister selbst Hand an und erklärte Handlung-begleiten wie man das richtig anstellt.

Nun, es ist vollbracht. Wir sitzen nach aller Kunst fixiert kerzengerade auf der Bank und hoffen inständig das unsere Kollegen auf dem Rückweg vom Betriebsausflug uns durch Zufall finden werden.
Oder besser nicht?

Ich muss dringend auf die Toilette, meine Haut schmerzt unter den kratzigen Hanfseilen, als wäre ich mit Brennnesseln behandelt worden. Ich blicke rüber zu Stella und auch ihr laufen Schweißperlen von der Stirn.
Um mich abzulenken, lasse ich gedanklich alle schönen Betriebsausflüge Revue passieren. Da wäre mal der Besuch im Münchner Rosengarten, die Stadtführung durch Salzburg, eine Kunstausstellung in Basel, ja sogar bis nach Wien sind wir mal gefahren. Ich weiß noch genau wie die barfüßige Stella und ich verzweifelt einer Donauparkbahn hinterhergerannt sind. Sie hatte ihre Highheels in der Bahn ausgezogen und glatt vergessen. Wir haben die Schuhe natürlich wiederbekommen, aber ein paar Kids hatten die Sitzbank inklusive der Schuhe mit Graffiti besprüht. „Na ja, Wien isch halt a große Stadt. Da passiert sowas“, tröstete ich meine traurige Kollegin, und das war bisher das Aufregendste, was ich je erlebt habe.

Aber ein Kurs in Sado Maso, mitten im Dorf, quasi vor unserer Haustür und dann noch gefesselt dabei zu sitzen – ich hätte mir das in meinen kühnsten Träumen nie vorstellen können.
Es klopft an der Tür und während der Meister unbeirrt die Vorzüge von Klemmen an Brustwarzen erklärt, treten zwei aufgetakelte Gothik-Tanten ein. Deren schwarze Kluft ist durchsetzt von Schnallen und Nieten. Die kleinere der Beiden hat so Art Gartenschläuche in ihre Haare eingearbeitet und nuschelt „T´schuldigung ab´r z´Buchloe isch d´r Zug aus´gfalla.“

Stella reißt ihre Augen weit auf. „Hmmpf!“, ist alles was sie herausbringt unter dem Knebel. Ich sehe es ihr an – auch sie wittert unsere Chance hier schneller wegzukommen als gedacht. Nicht, dass wir uns oben noch frei machen müssen. Wenn einer der Mayerhofer-Brüder uns Klemmen anlegen müsste, würde ich sterben vor Lachen.
Der Zeremonie-Meister der Fessel- und Knebelkunst rückt räuspernd seine Krawatte gerade.
„Tja, dann … ähm. Sie sind dann also …“
Genau.
Nur zwei Damen vom Betriebsausflug und keine Coaches für BDSM. Genau. Zu unserem Glück scheint er doch endlich zu realisieren, dass es sich hier um eine Verwechslung handelt.

Keine zehn Minuten später rennen wir gefühlte dreihundert Treppen aus dem Burgkeller nach oben in Richtung Freiheit, nachdem unsere Fesseln unter mehrfaches Bedauern gelöst wurden.

Nun sitzen wir neben Gundel und ihrer Zither auf der Terrasse und trinken mit ihr einen Obstler zum Kaffee. Der Unimog steht auch schon bereit zur Talfahrt. Ich atme hörbar aus. Während wir die warmen Sonnenstrahlen genießen und das Zirpen der Grillen hören, kommen nach und nach unsere Kollegen von der Burg-Führung zurück.

„Mei war des aufregend!“, höre ich Josy die Hilfsköchin rufen.

Stella und ich schauen uns an und richten unseren Blick wieder zurück auf die Kühe vor uns.
Ich schmeiß mich weg! Herrlich! Und in Buchloe mal wieder der Zug ausgefallen - man könnt fast glauben, du hast die Geschichte GENAU so erlebt! *ggg*
@*******exe
Schau mal, ab hier
Zitat von *******exe:
Ein Blitzgedanke in meinem malträtierten Schädel, der vor lauter Überlegungen schon überquoll.
wechselst Du in die Vergangenheit *zwinker*
Zitat von *********trone:
„Do goasch her. Hock di do her … und du aah!!“
Ich krieg mich nicht mehr *haumichwech* So herrlich!
*******blau Mann
3.625 Beiträge
So schnö kaust gor net schaun


"Hab doch grod gsogt Schworzköpf kummen ned eini, brauch aa kaan Verdocht habn, schworze Köpf langn aa scho", sprach Fettbenno und schaute an den Jungs aus der Brigittenau vorbei auf eine Gruppe ankommender Mädels aus der Josefsstadt, lächelte schmalzig, begrüßte sie noch schmalziger, während er eine wedelnde Bewegung zu den Jungs machte, um ihnen zu bedeuten Leine zu ziehen. Heute lässt er niemanden mit schwarzem Kopf rein. Isso. Also keinen Mann; bei Mentscherln anders.

Die Jungs waren schwerstbekifft zu Fuß von der Donauinsel in den 1. Bezirk gelaufen, nachdem am frühen Abend im Praterpark ihre Hoffnungen von ein paar hochgschissenen Bubis aus Währing zerstört worden waren. Die Jungs aus dem Bezirk, der bezeichnenderweise eine ausgestreckte Zunge im Wappen trägt, waren hinter einer Gruppe Engländerinnen aus dem Hostel in der Adalbert-Stifter-Straße her. Engländerinnen! Kein Wunder, dass sie sich, anfangs nicht unberechtigte, Hoffnungen gemacht hatten, auf der Donauparkbahn einen geblasen zu bekommen. Sie waren dafür gerannt wie die Depparten, sind durch Brennnesselfeldern an den Gleisen gestiefelt, nur um dieselbe Bim zu erwischen wie die Engländerinnen. Sie hatten gebaggert und geschäkert, die englische Sprache malträtiert und getötet und sind letztlich daran gescheitert, nicht so wienerisch auszusehen, wie sich das Touristinnen aus Coventry im Allgemeinen so vorstellen - oder wünschen. Irgendwelche Kanacken haben sie in England auch...

"Wos is jetzt? Scheichts enk...!", brummte Benno.

Vlade aber dachte nicht an Flucht und wollte einfach nicht locker lassen. Kerri war im Rosengarten und er wollte zu ihr, was versteht der blöde Wichser daran nicht.

"Oida wooos? Mei Scheti ist do drin. I will zu ihr. Letzte Wochn worma zomma drin, ois war doch gut. Weisst noch?", biederte sich Vlade nochmal an mit einer letzten, verzweifelten Charmeoffensive.

Benno hasst das. "Oida, du rüttlst am Watschnbaam...Pfiat di, sonst fängst oine. So schnö kaust gor net schaun..!"

Der Fette Benno hasst viele und vieles. Voidillos in 5er BMWs mit bis zum Anschlag aufgedrehten Anlagen, Deutschrap, Austrorap, Rap überhaupt, Graffitis, Gettogwänder, aber allermeisten hasst er das Betteln der Würsterl, die schleimen oder quängeln, wenn er Nein gesagt hat. Armselig sind die. Als ob jemals, irgendwo in dieser Welt, in diesem Business, ein Einlasser seine Entscheidung geändert hätte. Solche Sachen passieren nicht. Höchstens in Filmen. Eine Änderung der Entscheidung der Tür ist undenkbar und würde die Ordnung der Welt aus den Angeln heben. Im Rosengarten ist Benno die Tür und trifft die Entscheidungen hier und die anderen müssen damit klar kommen. Isso. Es heißt nicht zum Spaß Tür - Politik. Das muss man erst nehmen. Das ist eine ernsthafte Sache.

Und Vlade seinerseits hasst Barkeeper und Türsteher. Er hält sie für Vollkoffer, denen die Macht, die man ihnen gegeben hat, zu Kopf gestiegen ist. Schon ein wenig Macht über andere verdirbt ganz schnell den Charakter. So schnell kannst gar nicht schauen. Noch schneller als es die Kohle tut. Gibst du so einem Koffer Macht, passiert es schnell, dass er denkt, er wäre besser und schlauer und wird eitel und selbstherrlich, so wie der Fette Benno hier, der nach Gutsherrenart vor der Tür stand, als wäre es sein gschissener Laden.

Also sprach der Fette Benno: "Jetz baba und foi net...!" und sah Vlade böse an und machte das Kreuz eigens breit dafür.

"Kumm scho, gemma, mia krotzn die Kurvn!", rief Dimi oder der andere Grieche, aber wie gesagt, Kerri war da drin und wenn ein krauses Haar einer Muschi ganze Schiffe schleppen kann, wie die Griechen sagen, dann galt das für die roten Härchen von Kerris Muschi eine Trillion mal. Sie konnten Vlade zu den Pleiaden schicken und wieder zurück.

"Kaun I wenigstens eine, mei Scheite rauszumholen?"

"Naa, Schworzköpfe kummen net eine, wie oft denn noch?"

"Ah ge!? Und wos is mit demm?"

Vlade zeigte auf Stelio, den anderen Griechen, der aber hellbraune Haare und blaue Augen hat und deswegen der prädestinierte Standardchauffeur der Gruppe, weil er nicht so schnell angehalten wurde. Letzteres stimmte eigentlich nur, wenn Stelio alleine war, aber Vorsicht ist die Mutter von irgendwas, also bassdscho.

Der Fette Benno beäugte Stelio von oben und schüttelte seinen kapitalen Schädel. "Wos is des? Is des a Jockn oder is des a Plastiksackerl? Ts ts ts... "

.
Brigittaplatz, 20. Bezirk
*******blau Mann
3.625 Beiträge
Soundtrack

@*********ld63 Das Pülverchen wirkte als Wahrheitspulver. Deshalb wurde der Zucker weggekippt und durch das Pülverchen ersetzt.

@*****a94 Danke für den Hinweis. Ich hab es mehrfach durchgelesen und trotzdem ist es mir nicht aufgefallen *rotwerd* Bin ja noch Lehrling *zwinker*
Alt zu werden ist einfach Scheiße


Es gab vieles, das man Anton vorwerfen konnte, aber daß es einem mit ihm jemals fad werden könnte, das stand niemals zu befürchten. Eigentlich hätte ich es meistens lieber ruhiger gehabt - aber daß mir dieser Wunsch mittlerweile dermaßen umfassend erfüllt wurde, daß niemand mehr auch nur irgendwas darf und die Welt zunehmend ins Monochrome abdriftet, hätt's jetzt auch nicht gebraucht. Man muß wirklich sehr aufpassen, was man sich wünscht, es geht immer in Erfüllung - allerdings mangels Präzision beim Wünschen sehr selten so, wie man es gerne gehabt hätte.

Damals jedoch, als Anton noch lebte und die Welt bunt war, mußte man stets auf das Ärgste gefaßt sein, ungefähr so wie wenn man mit einem Kleinkind unterwegs ist, das gerade entdeckt hat, daß es sehr schnell laufen und sich auch prima verstecken kann, besonders wenn es Mutti eilig hat und echt keine Zeit für dumme Spielchen.

Es ist kein Geheimnis, daß ich mich sehr gerne in Wien aufhalte. Mit der Zeit bildeten sich dabei einige Rituale heraus, eins davon war, daß ich mir in einem Bioladen im Dritten, Nähe Rochusplatz, ein Blätterteiggebäck mit Spinatfüllung kaufte und damit in den Donaupark hinauffuhr, um es dort genüßlich zu verspeisen. Logischer wäre es gewesen, damit in den Prater rüberzufahren oder in den Augarten, aber ich bin eine Frau, ich muß nicht logisch handeln. Spinattaschen gehörten im Donaupark verspeist und Weintrauben vom Viktor-Adler-Markt auf dem Zentralfriedhof, so einfach war das.

Nachdem ich nicht nur unlogisch bin sondern mir auch mein kindliches Gemüt entgegen aller Anfechtungen bewahren konnte, ist selbstverständlich auch darauf zu achten, bei jedem Besuch im Park mit der Donauparkbahn zu fahren. Ich liebe diese kleinen Bähnchen, und so eine Fahrt gehörte in jeder meiner Lieblingsstädte zum Pflichtprogramm. Ob Stuttgart, Karlsruhe, Frankfurt oder Wien: Bähnlefahren mußte sein.

Jetzt wollte der Anton natürlich immer mit auf meine Reisen nachdem er zu mir gezogen war, und ich hab ihn prinzipiell auch gerne mitgenommen. Geteilte Freude ist doppelte Freude, wie der Volksmund so schön sagt, aber man braucht halt auch gute Nerven wenn man mit anderen Leuten unterwegs ist, und meine Nerven sind noch nie besonders stabil gewesen.

Wir saßen also mit einer ausgesuchten Gruppe von Stofftieren - meistens waren Fredi und Herr Umnus dabei, manchmal auch Fernwauz oder Antons Schlafbär, welche heute allerdings daheim bleiben wollten - in der Donauparkbahn, welche gemütlich vor sich hinratternd das Gelände durchpflügte (zu schnell durfte der Lokführer nicht fahren, da man sonst NIEMALS auch nur annähernd an die versprochenen 15 Minuten Fahrzeit herangekommen wäre) und genossen die Aussicht. Bei der Haltestelle Rosenschau bleibt der Zug meist etwas länger stehen, da hier die meisten Leute zusteigen und es ein Zeitl dauert, bis die Billets alle kontrolliert sind. Wir also ein bissl in der Gegend umeinandergeschaut, in Richtung Rosengarten natürlich, die Hecke auf der anderen Seite ist eher unergiebig, und der Rosengarten war damals noch recht neu, erst vor kurzem gestaltet worden, und somit auch für mich interessant.

'Schau dir des an!', flüsterte Anton mir auf einmal hektisch zu. 'Da drüben, die zwei auf'm Bankerl, die machen business, I pack's ned!'
'Wie kommsch jetzt da drauf?', fragte ich verwundert. Ich sah lediglich zwei junge Burschen dasitzen, die sich unterhielten.
'Weil des Plastiksackerl jetzt auf einmal unter dem da rechts steht, vorher stand's links.'
'Ja, der hat ihm halt vielleicht die Aufgab bracht, oder sein Turnzeug, das er vergessen hatte, oder ein paar DVDs oder so???' versuchte ich, Antons Verdacht zu entkräften und die Ehre der beiden jungen Männer zu retten.
'Naa,', blökte Anton fachmännisch, 'I hab des genau g'sehn wie der eine dem anderen ein piece unter die Nase g'halten hat und dann hams beide dran g'rochen und grinst. Also offensichtlicher geht's nimmer. Und des mitten im Park!' Empört stierte er weiter in Richtung Bankerl und dachte offenbar verbittert an all die Jahre, die er bereits auf Staatskosten in diversen bayerischen Gitterpensionen hatte verbringen dürfen, obwohl er sich niemals dermaßen fahrlässig verhalten hatte.

Die beiden Burschen standen jetzt auf, schlenderten beiläufig nach hinten weg, trennten sich, der eine wandte nach rechts in Richtung Haltestelle Alte Donau, während der andere das Plastiksackerl beiläufig ins Gebüsch bei den Springbrunnen stellte und dann in die entgegengesetzte Richtung davonmarschierte.

Mit einem Sprung war Anton plötzlich aus dem bereits anfahrenden Zug gehechtet und sprintete davon. Bevor ich noch unsere Sachen sowie Fredi und Herrn Umnus aufsammeln und die Verfolgung aufnehmen konnte, hatte der Zug an Fahrt aufgenommen und ich mußte hilflos sitzenbleiben. Nie war mir die Strecke bis zum Donauturm so lange vorgekommen. Es bedurfte nicht viel an Phantasie um zu erraten, was Anton vorhatte. In einer fremden Stadt, ohne connections, was zum Henker wollte er mit seiner Beute anfangen? Und vor allem, wozu? Wir hatten doch genug Geld dabei!

Nervös und stocksgrantig starrte ich in die Brennesseln am Wegrand und in meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. In einem fremden Land eine Straftat zu begehen, aus purer Gedankenlosigkeit, das war SO typisch für Anton, nichts als Ärger hatte man, das war jetzt aber ENDGÜLTIG das letzte Mal, daß ich mit ihm weggefahren war und was sollte ich jetzt nur machen und wo war er überhaupt, wo sollte ich ihn suchen? Bei seinem Orientierungsvermögen würde er niemals alleine zu unserer Wohnung beim Reumannplatz zurückfinden, wo er nicht einmal in der Lage war, von dort mehr oder weniger gradaus die Davidgasse entlang bis zur Tankstelle zu gehen die einen Sonntags-Billa beinhaltete.

Kaum war der Zug endlich beim Turm angelangt, stolperte ich auch schon heraus und hetzte quer durch den Park Richtung Rosengarten, wo ich Anton das letzte Mal gesehen hatte. Glücklicherweise mußte ich nicht lange suchen: Bereits bei der Graffitiwand wo die Frau mit dem Schirm drauf ist, saß er von einem Ohr zum anderen grinsend, und begriff einmal wieder überhaupt nicht, wieso ich mich so aufregte.

'Schpinnsch jetzt? Was sollt I mit dene ihrm Dope?', fragte er auf meine Vorhaltungen wegen seiner plötzlichen Flucht völlig verständnislos. 'I bin lediglich dem Typen nach und hab ihn g'fragt, was er in dem Sackl drin hat und ob's da eventuell mehr davon ... und er hat mir a kleins Probepiece abzwackt und I hab mir au scho a bissl in mein Tschick einebröselt, I kann dir sagen, des haut nei! Schad, daß du nix mehr vertragsch! Und was is, geh mer was essen? I hätt grad irgendwie Hunger ...'

Entnervt ließ ich mich auf einen Sitzplatz fallen, schloß erschöpft die Augen und fragte mich, ob ich tatsächlich krank im Kopf war und daher überall Verbrechen und Katastrophen witterte wie meine Psychologen mir ständig einzureden versuchten. Früher hätte ich einfach mitgeraucht, wir hätten uns gemeinsam totgelacht und einen schönen Tag verbracht. Alt zu werden ist einfach Scheiße!
Donauparkbähnle
Fredi und Herr Umnus mit auf großer Fahrt
*********trone Frau
901 Beiträge
@*******blau cooler Soundtrack passend - musste gleich nochmal lesen mit Musik 👍🏻

@*********rlan ich musste gerade an die Spinattaschen vom Vollkorner denken die ich immer verspeise
...dass gehört wohl auch zum Älterwerden *zwinker*
Die in Wien waren VIEEEEEL besser. Solche hab ich nirgends mehr gefunden. Aber den Laden gibt es leider nicht mehr, da ist jetzt so ein olles Reformhaus drin.
*******ub74 Mann
136 Beiträge
Oooch, weißte was? Ich hab´ den Shit schon in jungen Jahren nicht vertragen - hab´ immer die Parties gesprengt, weil ich davon eingepennt bin (bis ich dann endlich mal begriffen habe, dass das Zeug einfach nicht kompatibel mit mir ist...) *g*

Schön hinverpackt, den Alt-werd-Frust - obwohl ich das (noch) gar nicht so schlimm finde...

Besonders die Betonung noch mal am Ende hat mir gefallen - ich mag sowas! *g*
Naja, du bist ja auch zehn Jahre jünger als ich, da findest du es halt noch nicht ganz so wild. Warte mal bis du in mein Alter kommst junger Mann. *mrgreen*
*******ub74 Mann
136 Beiträge
Parkbank.
Fiete blickt nur kurz von seiner Zeitung auf. Bloß ein nichtiges Käseblatt – aber gehört nun mal zu seiner Tradition am Nachmittag. Parkbank und Möchtegernzeitung. Alt-Herren-Klischee. Weiß er auch, ist ihm egal. Friesen sind da nicht so.

„Moin.“
Jürgen ächzt, als er seine grazilen 125 KG neben ihm auf die Bank wuchtet.
„Moin Moin.“
Schweigen.

Bis auf Jürgens Schnaufen.
Fiete gönnt ihm seine dringende Pause und liest derweil den Hasenzüchter-Artikel zu ende, der ihn einen Scheiß interessiert. Aber gehört dazu. Jede Seite. Tradition.
Als Jürgen allmählich nicht mehr klingt wie der Scheff vom Todesstern, senkt Fiete die Zeitung. Aber nur leicht. Nicht zu weit. Muss man ja eh gleich wieder hochheben.

„Für Dich is´ auch schon der Rosengarten hergerichtet, wa?“
Jürgen gluckst. Klingt komisch bei Jürgen, weil da immer so ein Pfeifen mitschwingt. Gesund klingt das nicht.
„Rosengarten? Du – ich hab´ da eher den Verdacht, meine Holde is´ froh, wenn die mich endlich in so´n Plastiksackerl stopfen und zwischen den Brennnesseln verbuddeln kann!“
Glockenhelles Lachen klingt anders als das marode Raucherpeitschen aus seinen Bronchien.

Fiete runzelt die Stirn – soweit das eben geht. Sein Hut war irgendwann mal weniger eng gewesen – mittlerweile wird das Ding ein Botox-Ersatz für Falten. Sobald er ihn aufgesetzt hat, ist Mimik nur noch eingeschränkt möglich. Er hat ganz ordentlich zugelegt. Gut, darf man. Er ist 78. Ihm doch egal. Aber am Kopf? Ist ihm eigentlich neu, dass man da so zunimmt. Is´ wohl aber so.
Und es ist tatsächlich mittlerweile schon eine echte Aufgabe, den Hut „aufzusetzen“. Arbeit.

„… ´sackerl`?“

Jürgen versucht wieder zu glucksen. Und wieder geht es im Raucherhusten unter. Diesmal aber löst er sich endlich. Fiete rollt mit den Augen, atmet tief aus durch die Backen (die oberen) und versucht, den Anblick neben der Parkbank zu verdrängen.

„Bayern. Glaub´ ich. Weißt` doch, unsere Ferienwohnung.“, setzt Jürgen an.
„Möchtegern-Business-Heinis oder wie?“, heuchelt Fiete Interesse. Hasenzüchter hin oder her, Jürgen ist irgendwie… er mag Jürgen. Aber das da neben der Parkbank… wer nach dem Anblick nicht die Flucht…
„Neee. Künstlerpaar, glaub´ ich. Die machen so in Grafschaften und so. Das hat auch was mit Inseln zu tun, irgendwie.“.
Und wieder fliegt ein grün-gelber Raucherklumpen, diesmal direkt vor Fietes Füße.
Fiete muss schon wieder Augenrollen – und wie das bei Friesen wie ihm so ist – unnötige Laute, Bewegungen oder Gefühle NERVEN.
„Alter! Kannst Du mal anders sterben?!“

Jürgen räuspert sich beängstigender Weise schon wieder. Diesmal mit Zigarette lässig im Mundwinkel. Naja – es würde lässig wirken, wenn es nicht die herabhängende Seite seiner schlaganfallgeprägten Hälfte wäre. James Dean stellt er jetzt nicht gerade in den Schatten.

„Nee, wieso. Gib´ mal Feuer.“

Jürgen raucht, Fiete liest.

Die Vögel zwitschern, der Frühling müht sich durch. Sonnensysteme entstehen, Sonnensysteme vergehen.

Friesen wie sie müssen nicht viel reden.

Bis Fiete den ersten halbwegs interessanten Artikel in diesem Traditions-Schmierblatt findet.
„Was war das mit der Grafschaft und den Inseln?“

Die Vögel verstummen.
Die Bäume stellen ihr Rascheln ein.
Das Laub am Boden erstarrt.
Die Welt hört auf zu atmen.

„Als Du meintest, ich soll anders verrecken, war Herzinfarkt eigentlich nich´ ganz oben, Du Eimer!“
So plötzlich – aus dem Nichts – scheiße, Jürgen muss die Arschbacken zusammenkneifen, um nicht in seine Hosen… hat er eigentlich an irgend welche gedacht? Egal.

„Stell´ Dich nich´ so an. ´Plastiksackerl` im Rosengarten ist doch eh schon gebucht.“
Er reicht Jürgen die Zeitung.

„Schweres Unglück auf der Inselgruppe Fiti:
wie das Verwaltungsoberhaupt der Fiti-Insel in der letzten Nacht sichtlich erschüttert berichtete, wurde durch ein schweres Zugunglück mit der seit Jahren ansässigen Inselschnellbahn „Donauparkbahn“ – benannt nach einem österreichischen Schnellzug, der einst mehrfach den Deutschen ICE in die Schranken wies, etwa „die halbe Insel“ zerstört – so Graf Fiti. Glücklicherweise sei dies überwiegend unterirdisch geschehen und nicht weiter nachvollziehbar, ähnlich dem Service der Deutschen Bahn, der gegenüber die Insel dank eines Österreichen Sponsors niemals wird Rechenschaft ablegen müssen.“

*******ub74 Mann
136 Beiträge
At Myself: Jaaah - ich weiß. Ich bin ein Absatz-Fanatiker.

Ich lese relativ schnell - und so schreibe ich auch gern... Okay - das war meine erste Spontangeschichte seit vielen Jahren... ich finde das sehr cool, das mit den vorgegebenen Wörtern! *g*

Das hat mich tatsächlich dazu gebracht, endlich wieder etwas ganz neues zu versuchen! *g*

Ach Mist... zu den Absätzen... ich baue gern Pausen damit ein. Wenn beispielsweise zwei Friesen auf einer Bank sitzen und sich unterhalten - wenn Du DEN "Flow" darstellen willst...
Da kannste nicht "ohne Punkt und Komma".... da braucht es Pausen.

Ich mag meine Pausen-Absätze - allerdings weiß ich auch, dass ich damit manchmal sehr übertreibe... ich arbeite daran... *g*
*******ub74 Mann
136 Beiträge
*gruebel* "N"eues schreibt man "groß", oder? *roll*
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