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Geschichtenspiel Teil 45

*******tia Mann
5.162 Beiträge
Abgesehen davon, ist diese Entwicklung nicht fast überall zu beobachten?

Ja, scheint so. Ich habe mich damit auch abgefunden. Fotografie ist nur noch Hobby.
So ist der Zeitenwandel ...
*********trone Frau
901 Beiträge
Kurzgeschichten: Plauderecke 8: Rock around the Clock

Ich habe das Thema in der Plauderecke eröffnet. Dort können wir unsere Erfahrungen austauschen 🙋🏼‍♀️
Heute kommen die neuen Wörter ein bissl eher als 20 Uhr, weil ich jetzt ins Bett muß, bin müde.

Erwin Wurm
Gurkensalat
Kletterpartie
rühmen
Sandkuchen
emeritiert
kinderleicht
Festung
*******ord Frau
800 Beiträge
Oh, Erwin Wurm ist cool *g*
Wer oder was ist 'Erwin Wurm'?
*******ord Frau
800 Beiträge
Ein Künstler... One-Minute-Sculptures z.B.
Habs gerade bei Wiki gesehen *g*
Die Gehörnten
Erwin Wurm
Gurkensalat
Kletterpartie
rühmen
Sandkuchen
emeritiert
kinderleicht
Festung

------------------

Eigentlich war dieser Ausflug ja seine Idee gewesen. Er fand es eine gute Gelegenheit, ihre Beziehungsprobleme, die sie seit Monaten voneinander entfernten, endlich einmal anzusprechen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Auf neutralem Boden – was ihm wichtig war, wusste er doch um die Jähzornigkeit seiner Frau, die selbst das gute Porzellan ihrer verstorbenen Mutter als Waffe einsetzen würde, um ihren Argumenten Nachdruck zu verleihen.

Die Begeisterung, mit der sie seinen Vorschlag begrüßte und sich direkt daranmachte, ein Lunchpaket mit Sandwiches, vom Vortag übrig gebliebenem Gurkensalat und Sandkuchen herzurichten, hatte ihn zunächst nur irritiert. War sie doch sonst keine so leidenschaftliche Spaziergängerin, und bis zum Ziel war immerhin einiges an Aufstieg und Kletterpartie zu bewältigen.

Zuversichtlich, heute loszuwerden, was ihm schon einige Zeit am Herzen lag, legte er sich schon während der Wanderung durch den Wald gedanklich den Einstieg in das Gespräch zurecht. Einfach damit rausplatzen wäre sicher kinderleicht, würde aber ihr aufbrausendes Temperament wahrscheinlich zu sehr provozieren.

Ihre stetig steigende Laune während des Ausflugs und ihr witziges Geplauder ließen ihn an seinem Vorhaben, ihr reinen Wein einzuschenken, zweifeln. Vielleicht renkte es sich ja von alleine wieder ein? Hatte sie nur eine schlechte Phase gehabt? So guter Dinge, lustig und zugänglich hatte er sie schon lange nicht mehr erlebt. Das war auch einer der Gründe, weshalb er mehr als bereit war, eine Affäre mit seiner lebenslustigen Arbeitskollegin anzufangen.

Auf der Aussichtsplattform, an der sie kurz Rast machten, hatte sie sogar den Arm um ihn gelegt und sich an ihn geschmiegt, wie in der Anfangszeit ihrer Ehe. Tatsächlich war er versucht, sie zu küssen, doch das hätte sich nicht richtig angefühlt. Er mochte nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, war lieber für klare Verhältnisse.

Je näher sie ihrem Ziel, einer Felsformation, kamen, desto mehr schien seine Stimmung umzuschlagen, und als sie es erreicht hatten, hatte er seinen Plan bereits begraben. Sie schien so glücklich und entspannt, und er meinte auch, den ein oder anderen verliebten Seitenblick von ihr wahrzunehmen, dass er die gute Stimmung nicht zerstören wollte. Warum ihr wehtun und unnötig Dreck aufwühlen? Und überhaupt: Die Ehe sollte eine Festung sein, eine Burg, die man nicht einfach kampflos aufgibt. Seine Arbeitskollegin… Irgendwie war doch beiden klar, dass das nichts von Dauer sein konnte. Gleich am Montag im Büro würde er mit ihr reden und die Liaison beenden. Oder besser noch: eine SMS schicken. Das ersparte erst mal unliebsame Diskussionen.

„Es war eine tolle Idee von Dir, hierher zu kommen. Ich war schon ewig nicht mehr hier. Die Aussicht ist atemberaubend und die Stille Balsam für die Seele!“ Sie stand am ungeschützten Rand des Felsens, dessen schroffe Wand 500 Meter tief abfiel und einen Blick über das gesamte Tal ermöglichte – ein Traum für alle Freunde des free climbing. Direkt unterhalb der Felswand trotzten vereinzelte knorrige Büsche dem steinigen Boden etwas Leben ab, erst in tieferen Regionen ging der Bewuchs in Wald über.

„Hast Du den Fotoapparat mitgenommen? Komm, lass uns ein paar Bilder machen!“ Sie nahm die Schiebermütze ab, schüttelte ihre Frisur zurecht und stellte sich in Pose. Was für eine Kulisse! Er hatte nur sein Handy mitgenommen und probierte ein paar Einstellungen, um möglichst viel von der Landschaft mit aufs Bild zu bekommen.

„Ein bisschen mehr nach links… Ja, genau, bleib so!“, dirigierte er sie. Während er ein paar Fotos machte, fing sie an zu plaudern, doch ihr Tonfall hatte sich verändert.

„Erinnerst Du Dich an Erwin, der letztes Jahr ein paar Tage bei uns zu Besuch war?“, wollte sie wissen.

„Meinst Du Erwin Wurm, dieser Professor außer Dienst?“
„Er ist nicht außer Dienst, sondern emeritiert, also nur in Teil-Ruhestand.“ Wieso klang ihre Stimme jetzt so trotzig?

„Ok, emeritiert also. Was ist mit ihm?“
„Erwin und ich… Wir treffen uns.“
„Wie meinst Du das?“
„Ach, komm schon. Du weißt genau, was ich meine.“

Langsam ließ er die Hand mit dem Handy sinken. „Du willst mir ernsthaft erzählen, dass Du… dass ihr…“
„Ficken, Vögeln, Bumsen – nenn es wie Du willst, aber es ist viel mehr als das. Hey, Du weißt doch, wie der Hase läuft. Zwischen Dir und mir läuft doch nichts mehr, da ist einfach die Luft raus. Und mit ihm blühe ich richtig auf, ich spüre das Leben wieder!“

Musste er sich das antun, wie sie vor ihm ihren Stecher verherrlichte und rühmte? Was war er doch für ein Trottel, zu glauben, dass ihre kecken Blicke und Zuneigungen vorhin ihm galten. Wahrscheinlich hatte sie an diesen Erwin gedacht! Und sie, die ihn betrog und hier so gefühllos abkanzelte, hatte er schonen und die Ehe mit ihr retten wollen? Wie konnte er all die Jahre nicht merken, wie erbarmungslos sie war? Unbändige Wut erfüllte jede Faser seines Körpers, während sie weiter ihre Lobeshymnen auf ihren Professor zum Besten gab.
Was stellte sie sich eigentlich vor, wie er auf so was reagieren soll? Ihr auf die Schulter klopfen und alles Gute wünschen?

Immer noch fassungslos über ihre Abgebrühtheit und seine eigene Blauäugigkeit, nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung links hinter ihr wahr. Er rührte sich nicht, ließ sie weiter plappern von tollen Zeiten, die sie vor sich hatte. Es war nur noch einen halben Meter von ihr entfernt, doch sie konnte es nicht sehen, weil es sich im toten Winkel befand. Gleich war es bei ihr… Jetzt! Mit einem unschönen Geräusch krachte das Gehörn eines Steinbocks gegen ihre Hüfte. Mit einem Schrei knickte sie ein und stolperte an die Abschlusskante des Felsens.

„Oh mein Gott! Hilfe! Hilf mir doch! Los, verjag das Vieh!“ Ganz sicher würde er nichts dergleichen tun. Er verhielt sich weiter ganz ruhig und wartete ab, wie die Situation sich entwickeln würde.

Noch bevor sie sich wieder aufrichten konnte, setzte der Steinbock mit einem kräftigen Stoß nach, was sie endgültig über den Rand katapultierte.

Stille trat ein.
Wie hatte sie vorhin gesagt? Die Stille ist Balsam für die Seele. Dem konnte er nur beipflichten.

Langsam nahm er seinen Rucksack, zog sich zurück, bis er den Wanderweg erreichte und machte sich auf den Heimweg. Die Sache mit der Arbeitskollegin würde er noch mal überdenken…
*******ush Frau
1.264 Beiträge
Bei deiner köstlichen Geschichte, @*****a94 , lande ich irgendwo zwischen Schmunzeln und Aufregen. Ein Kerl, der darüber nachdenkt, eine Affäre per SMS zu beenden? Baaaaahhhhh! Aber das Böckchen setzt dem ganzen nicht Hörner auf, sondern die Krone. Das ist ein bisschen wie bei Roald Dahl.
*********ynter Frau
9.811 Beiträge
Das Gemälde
Im Vorübergehen schnappte sie ein paar Sätze auf. "Wie ein junger Trieb, der gerade erst dabei ist, sich neu zu entfalten. So möchte ich das frühe Werk beschreiben.“

Das klang irgendwie spannend. Vor allem, wenn sie daran dachte wie enttäuscht sie zunächst gewesen war, dass sie keinen Einlass in die vielgelobte Ausstellung von Erwin Wurm gefunden hatte. Doch bei diesen wunderschönen Gemälden von eher unbekannten Künstlerinnen und Künstlern ging ihr das Herz auf und ihre Begeisterung stieg stetig. Als schnöden Ersatz hatte sie diese vergleichsweise kleine Vernissage gesehen, so ähnlich wie Sandkuchen statt der versprochenen Torte zum Sonntagskaffee. Was für ein Irrtum.

Vor einem Bild in der Nähe des Herrn, der eben noch gesprochen hatte, blieb sie stehen und betrachtete es zum Schein interessiert, wartend, dass er weitersprach. Seine Worte klangen als verstünde er etwas von Kunst. Nicht so wie sie. Bildinterpretationen waren schon seit Schultagen eher wie eine schwierige Kletterpartie für sie gewesen - sie hangelte sich gerade so über die Abgründe menschlicher Vorstellungskraft. Für andere waren Deutungen dagegen kinderleicht. So wie anscheinend für ihn.
Er wirkte auf sie wie ein emeritierter Professor. Lebenserfahren, belesen, ergraut und sehr anziehend – kurzum ein Genießer auf allen Ebenen. Seine Stimme, vor allem dieses Timbre darin, gefiel ihr. Seine Worte waren erlesen, sein Äußeres schlicht, aber elegant. Sie tippte auf Armani und schloss auf einen Feingeist. Vor ihrem inneren Auge verwandelten sich seine Worte in Hände, die ihren Geist streichelten.

Noch immer stand er versunken vor diesem einen Gemälde, welches ihn in Bann zu halten schien. Er sog es förmlich in sich auf. Seine Augen waren geschlossen und dennoch zeichnete er mit seinem Zeigefinger die Konturen der angedeuteten Figur nach. Es schien als berühre er sie zärtlich. Seine Lippen lächelten dabei als genieße er einen guten Wein.

Dies Gemälde war in pastosen Grüntönen gehalten, mit einigen goldfarbenen Akzenten. Es zeigte eine ruhige, melancholisch wirkende Szenerie. Dabei wirkte es derart lebendig, dass man das Gefühl hatte, Erde, Wasser und Wald zu riechen.
Sie hielt es nicht länger aus und trat zu ihm. In gebührendem Abstand, aber deutlich Interesse zeigend. Ihre Bewegung riss ihn aus seinem Gedankengang. Er drehte seinen Kopf in ihre Richtung, betrachtete sie ohne dabei platt oder aufdringlich zu wirken. Ein scheues Lächeln ihrerseits flackerte auf, nur für den Bruchteil einer Sekunde. Danach bedeckte sie – fast erschrocken – ihr Strahlen mit einem imaginären Tuch.
In seinem Blick lag großes Interesse, in genau der angemessenen Zeit, die gerade noch als höflich galt. Beide schauten nun auf das Gemälde. Eine Weile schwiegen sie, doch war dies nicht unangenehm. Um sie herum kamen und gingen die Leute, die sie nicht beachteten.

„Wie finden Sie die Pinselführung?“

Überrascht schrak sie bei seiner Frage zusammen. Tatsächlich schien es ihr, als habe sie gerade anstelle der Figur an diesem Ufer gesessen, auf das Wasser gestarrt und sich dabei selbst wie in einem Spiegel beobachtet.

Er schmunzelte und trat einen Schritt zurück, so dass er nun direkt neben ihr stand. Ihr Körper schien in Flammen aufzugehen und sie rang nach Atem. Die Wucht seiner Nähe haute sie fast um.
„Sie ist brillant.“ Antwortete sie leise. „Es wirkt oberflächlich chaotisch, doch jede einzelne Linie führt den Blick wie auf einer Bahn genau hin zu diesem lieblichen Wesen. Genau ins Zentrum ihres Schmerzes.“

Hatte sie das gerade gesagt? Woher nahm sie das?

„Ich sehe es ebenso und besser als Sie hätte ich es nicht ausdrücken können. Sehr feinfühlig Ihre Interpretation. Sagen Sie: Kennen Sie die Künstlerin persönlich? Oder das Modell?“

Sie fühlte sich auf seltsame Weise ertappt. Obwohl die mädchenhafte Gestalt mit ihrem Rücken zum Betrachter saß und ansonsten mit angedeuteten Schilf, Wasserspiegelungen und Wellen zu verschwimmen schien, erkannte sie sich selbst darin. Etwas an diesem Gemälde zog sie magisch an und mit voller Wucht traf sie der Schmerz gleich einem Hieb in die Magengrube. Mit einem Röcheln knickte sie ein und nur sein beherzter Zugriff bewahrte sie vor einer Ohnmacht.

Fürsorglich führte er sie zu einer nahen Bank und ließ sie hinsetzen. Sie konnte ihn nicht ansehen, obwohl sie am liebsten in ihm versunken wäre. Doch es schien als ließe dies das märchenhafte Wesen auf dem Bild nicht zu. Trotz abgewandten Gesichts spürte sie einen bohrenden Blick auf sich – kommend aus dem Bild. Das klang total verrückt. Ihr Gehirn schien sich in matschigen Gurkensalat zu verwandeln, zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Das Atmen fiel ihr schwer, so schnüre sich ein breites Tau massiv um ihre Brust.

„Ganz ruhig.“ Flüsterte er. Seine Umarmung und Nähe ließen sie willenlos und wachsweich werden. Er schien sich vor ihren Augen zu verjüngen. Das Haar wurde schwarz und voll, seine Falten polsterten sich zu glatter Haut. Angst, aber noch mehr Schmerz drang durch alle Poren ihrer Haut.
„Lass es zu und gib der Angst nach, sauge den Schmerz auf wie ein Schwamm.“ Säuselte er und ihr war als verlasse ihre Seele ihren Körper und schwebte auf das Gemälde zu. Ein Sog erfasste sie und zog sie in das undurchdringliche Grünbraun der Schlingpflanzen. Sie hörte ein glockenhelles Lachen während die Last von schier unmenschlichem Schmerz sie in ihre Position drückte und erstarren ließ.

„Antaura sei Dank, dass ich dich wiederhabe, meine Liebste.“ Hörte sie ihn sagen und das freudige Glucksen der gestaltgewordenen Frau aus dem Bild, welche nun statt ihrer neben ihm auf der Bank saß.

„Ich danke dir, mein dunkler Gebieter, dass du mich nun endlich aus meiner Festung aus Schmerz und Leid befreit hast. Der Schmerz der Menschheit, welche ich für dich und deine Kraft über die Zeit gesammelt habe, ging allmählich über mein Fassungsvermögen.“

Sie küssten und umarmtem sich, derweil sie – gefangen in dem Gemälde – dies alles spürte, obwohl eine direkte Ansicht ihr versperrt war. Jedoch sah sie sehr deutlich ihr eigenes zartes Gesicht schmerzverzerrt im Spiegel des Wassers. Sie war gefangen, festgehalten von diesen Schlingpflanzen, die sich um ihren Körper gewunden hatten und anfingen, sie auszusaugen. Wie könnte sie je wieder entkommen? Alles in ihr schrie.

Inzwischen hatten sich mehr Menschen vor dem Gemälde eingefunden, dessen neue Lebendigkeit und Schmerz die Massen schier anzog. Offensichtlich wirkte es wie ein Katalysator, vervielfachte die Angst in ihren Körpern und ließ diese hin zu ihr, dem lieblichen Wesen, fließen.
Das Paar wandte sich zum Gehen und Panik stieg in ihr auf. Er würde sie nun hier allein zurücklassen, mit all dem Schmerz der Welt. Kurz trat er nah an das Bild heran und raunte ihr zu:
„Du wirst für mich das Leid der Menschen sammeln bis dein Gefäß gefüllt davon ist. Dann werde ich wiederkommen und dich erlösen – so wie alle anderen vor dir.“
Sprach`s und ging.

Viele Jahre später

„…wie ein junger Trieb, der gerade dabei ist, sich zu entfalten…“

Endlich – es klang als rühmte er sie und ihr Opfer für ihn. Fast schon hatte sie die Hoffnung aufgegeben. Ihre Ablösung war nah. Die Umklammerung der Schlingpflanzen begann sich zu lösen. Sie hätte es keinen weiteren Tag länger ertragen können.
Mit freundlicher Genehmigung von @IntotheWild
Zitat von *********ynter:
Vor ihrem inneren Auge verwandelten sich seine Worte in Hände, die ihren Geist streichelten.
*love* Worte, wie ein Gemälde, oder ist es ein Gemälde, das zu Worten wird? So oder so - eine wundervolle Kombination!
Me 2
*********ld63 Frau
8.551 Beiträge
Sehr, sehr coole Story, liebe @*****a94! *top*
Dein Kurzkrimi hat es in sich - bis zum Ende ahnte ich zwar, dass da noch was kommt, aber auf ein bockiges Tier als Täter wäre ich nie gekommen!! *wow* *bravo*

Sehr magisch, sinnlich und hypnotisch deine Geschichte, liebe @*********ynter! *hypno*
Du hast mich komplett in diese verborgene Dimension hineingezogen... bin immer noch geflashed! *sternchen* *roseschenk*
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
„Rickmanns neuer Freund“
Neue Gerüchte laufen seit Tagen wie tumbe Lemminge durch die Weiten der Mietskaserne Moabit und verursachen B.O.C grässliches Magengrimmen. Die dringend notwendige medizinische Notfallversorgung mit fruchtigem Alkoholika, sprich Grand Marnier läuft auf Hochtouren. Etwas Neues soll einziehen, Männlein, Weiblein oder sonst was, kein Mensch blickt da mehr durch. Manche reden gar von einem Bischof, andere von einem pensionierten Sportlehrer. B.O.C stellen sich vor Entsetzen die Haare auf. Als ob hier nicht schon genug Scheinheilige und Kohlrabi Kasper wohnen. Nur eins scheint festzustehen, B.O.Cs volldepperter Lieblingshassmieter Rickmann hat da seine Finger bis weit über die Ellenbogen mit im Spiel. Damit ist das wie auch immer geartete Vorhaben zum Scheitern verdammt und wird wie ein knochentrockener Sandkuchen zerbröseln. Darauf einen leckeren Tropfen, aber mit Schwung.

Das Haar struppig, das Gesicht noch ungewaschen, einer perfekten Morgenhygiene kann sich Bertram heute wahrhaftig nicht rühmen. Dazu waren die letzten Tage allerdings auch zu nervenaufreibend. Bertram Ottos sorgenvoller Blick fällt auf die Marnierflasche, nur noch halb voll, und es ist die letzte ihrer Art. Ali, der türkische Kiosker kommt erst gegen zehn mit dem dringendst erforderlichen Nachschub. Ein Kilo Schälchen Gurkensalat soll Ali ebenfalls mitbringen, der passt nach B.O.Cs verquerem Geschmacksempfinden sehr gut zum Likör. Außerdem bedeutet es mal wieder keinen lästigen Abwasch.

Bertram Otto Clasens persönliche Theorie geht ja in Richtung Untervermietung eines Raumes der Rickmannschen Wohnung. Dem Bekloppten dürften, bedingt durch seine erotischen Spielereien mit der aus Gammelfleisch zusammen gesetzten Wollust des alten Steltzmann Drachens, wohl finanzielle Engpässe ins Haus stehen. Zufrieden mit seiner Schlussfolgerung schenkt sich Bertram einen doppelten Mehrfachen ein, das heißt Grand Marnier bis knapp unter den Schwenker Rand. Im Eifer des Gefechtes verirren sich einige Tröpflein des Leib- und Magengetränkes in den buschigen Schnauzbart unseres scharfsinnigen Beobachters, welche jedoch kinderleicht und von großer Übung zeugend, mit flinker Zunge wieder eingefangen werden. Anschließend ruckelt sich B.O.C bequem in seinem Großvatersessel zurecht, mustert die akkurat in Reihe liegenden Arbeitsgegenstände wie Kladde, Bleistift, Spitzer, Reservebleistift und Radiergummi, sowie den unbestechlichen uralt BW-Feldstecher. Bequem in seinen blauweiß gemusterten Matrosenschlafanzug gekuschelt, kann das Tagewerk beginnen. Ein fruchtiges Schlückchen als letztes Warm-Up und schon kratzt der Bleistift erste Notizen auf unschuldig daliegendes Papier.

„08.12 Uhr Familie Pastelka auf dem gewohnten Trampelpfad zum Aldi, der wöchentliche Ausflug in den Konsumtempel.“

„08.34 Uhr Zwei Jungs aus der Nachbarschaft erlauben sich eine waghalsige Kletterpartie in der großen Erle, heldenhafte Rettung ihres im Geäst verfangenen selbstgebauten Pappmache Segelfliegers.“

Liebevoll noch einmal nachgeschenkt, Alltagsstress fordert eben seinen Tribut.
Sodann tritt ein nachweislich folgenschweres Ereignis ein, das Highlight des Tages. Rickmann schliddert ums Eck, stilecht gekleidet mit grünen Knickerbocker Hosen und weißem Netzshirt. Dahinter stöckelt, elfengleich im Dromedar Trab seine heißblütige Flamme. Frau Irene Steltzmann, die überreife Endsiebzigerin. Tief verloren in den endlosen Weiten ihrer vierunddreißigsten sexuellen Revolution. Feenhaft umweht von einem Hauch schwarzen Tülls unter dem sich erschreckend deutlich mexikorote Dessous abzeichnen. Der Dritte im Bunde ist ein verhutzeltes Männlein mit verknautschtem Koboldgesicht welcher wohl immer noch seinen Kommunionsanzug spazieren trägt. Die abstehenden Segelohren des Männleins scheinen sich im aufkommenden Wind aufzublähen wie überkochende Milch. Wohl der besagte Neue.

„09.11 Uhr Ausgeburten aus uralten Schauergeschichten suchen uns heim. Grün-Rotes Hirnsausen, die olle Schrumpel Fee und nun noch das Knautschgesicht als Zugabe. “

Statt ein Kreuzzeichen zu schlagen, greift Bertram schnell zu den quasi letzten Beruhigungstropfen und schickt endlose Stoßseufzer, gekoppelt mit dem Schrei nach Ali, zum Himmel. Aber für ein, zwei Kleine reicht es noch und dann wird der Nachschub da sein.

B.O.C lehnt sich weit aus dem Fenster und beobachtet das seltsame Trio genauestens. Sein Feldstecher steht auf zoom und liefert gestochen scharfe Bilder von den Herankommenden. Die Ohren des Koboldgesichts scheinen in der Tat ein reges Eigenleben zu führen.

„Rickmann du dämlicher Vollpfosten, was für einen Hanswurst schleppst du denn da an? Reicht nicht die verschrobene alte Schachtel, mir kommen die Frikadellen von Vorvorgestern hoch.“

Dröhnend tönt Bertram satte Bassstimme über die Straße, lässt erbleichende Passanten in Schockstarre verharren, während dann eine dünne Pieps Stimme gequengelt antwortet.

„Nicht Hans Wurst, werter Herr Nachbar, sondern Erwin Wurm, Geistlicher im Ruhestand, also emeritiert sozusagen.“

B.O.Cs Gesichtszüge entgleisen vollständig, ein Moment der ungläubigen Stille. Dann schallt sein wieherndes Gelächter über die Straße. Gewiefte Kenner der Szene hören ein wenig beginnende Trunkenheit heraus.

Rickmann stammelt fassungsloses Zeug, die schmachtenden Blicke der Steltzmann hängen gebannt an seinem Arsch und Kollege Wurm übt sich in fistelndem Protest.
Rasende Gedankensplitter fegen wie ein Wirbelwind durch Bertram Ottos Ganglien.

„Ich sollte meine trauten vier Wände in eine Festung verwandeln.“

Aber dann wird Bertram klar, dass außer Ali eh nie jemand zu ihm kommt, und auch sonst niemandem der Zutritt erlaubt ist.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Und da nun endlich Alis typische Schrittgeräusche auf dem Etagenflur hörbar werden, entspannt sich Bertram zusehends und setzt seiner Flasche, bzw. deren Inhalt ein jähes Ende.

Den Nachschubdeal bekommt Bertram gerade noch hin, das lästige Haustür klappern bekommt er auch noch mit, sowie das penetrante Quietschen von Rickmanns Wohnungstür.

Mühsam sortiert sich Bertram wieder auf seinem Beobachtungsplatz. Leergefegt ist die Straße. Nur zwei Kleinigkeiten stechen Bertram noch ins Auge.

„Dralles Luder von schräg gegenüber bei der täglichen Home Gymnastik.“

„Basti Kümmelfried, welcher mit seinem neu angeschafften Hausschwein spazieren geht.“

Zwei weitere gut gefüllte Dreifache finden ihren Weg. Immerhin muss die neue Flasche ja mal an gekostet werden. Müde legt sich Bertrams Kopf auf die verschränkten Arme und das fällige Mittagsschläfchen übernimmt erstmal die weitere Regie des Tagesablaufes.

Kamasutra 09.06.2021
Mieses Rattenleben


Hartmann saß in seiner Ecke und nagte mißmutig an einem Stück Gurkensalat, das wohl jemand im Klo runtergespült hatte und das gerade verlockend um die Ecke gesegelt gekommen war. Riesenklumpen. Aber offensichtlich schonmal gegessen. Blöde Bulimiker!

So ein Rattenleben war hart, man konnte nicht jeden Tag Sandkuchen mit Schlagobers erwarten, selbst wenn man sich direkt unter dem Gulli vor der Bäckerei Felber postierte. Da fiel höchstens mal ein Stück Brezel hindurch, und das bekam dann auch nicht er sondern Ewald vom Clan der Vornamenratten. DEN hätte sich die Frau Sengl damals aussuchen sollen für ihre Ausstellung 'Die letzten Tage der Menschheit' nach Karl Kraus. Aber nein, sie mußte Onkel Sedlacek hernehmen. Seinen geliebten, redegewandten und saucoolen Onkel, den er zeitlebens bewundert und für unsterblich gehalten hatte. Hinterher wurde frech behauptet, es seien keine Ratten für die Ausstellung getötet worden sondern man hätte die Leichen aus dem Bestand für Zuchtratten entnommen. Gelogen! Er würde ja wohl seinen Onkel erkennen wenn er ihn sah!

Museen waren prima Futterplätze. Kinderleicht, sich dort zu verköstigen, man mußte halt nachts rein, da war die Gefahr, erwischt zu werden, relativ gering, aber ein bisserl aufpassen mußte man schon auch. Tante Navrotil aus Salzburg war da mal böse reingefallen. Sie teilte seine Vorliebe für Gurken und war, obwohl sie eigentlich unter der Festung wohnte und dort wahrhaft fürstlich von den Resten der Touristenjausen leben konnte, eines Nachts ins Museum der Moderne rüberspaziert und wollte sich an den Gurkerln von Erwin Wurm gütlich tun. Na bah aber auch!!! Hatte der die mit so einem grauslichen Zeug präpariert gehabt! Tante Navrotil hatte auf dem gesamten Heimweg gespieben wie blöd und seither keine Gurke mehr angebissen. Vorsichtshalber.

Nicht unbedingt ein Abenteuer, dessen man sich hätte rühmen dürfen, aber wie das Leben so spielt, genau diese Geschichterln erzählen sich praktisch von selber herum und Tante Navrotil hatte sich so manches Mal böse auslachen lassen dürfen, bis ihr Erlebnis von einer anderen Sensation abgelöst worden war, nämlich vom grausamen Tod des Cousin Eder. Dieser hatte im Hause eines emeritierten Professors in Döbling gehaust und eines Nachts aus purer Blödheit dessen Sammlung alter Folianten angenagt. Böser Fehler. Der Professor hatte beinah einen Herzinfarkt erlitten und nicht geruht bis er des Banausen habhaft wurde, und solange mit dem Spazierstock auf ihn eingeschlagen bis der Arme völlig zermatscht war und ihn die Frau Sengl ned amal mehr für die Darstellung einer ihrer zu Tode verwundeten Soldaten mehr hätte brauchen können. Die Bergung von Cousin Eder war eine der gefährlichsten Missionen der Rattenheit gewesen, an die man sich erinnern konnte. Aber schließlich hatte auch er ein anständiges Begräbnis verdient. A scheene Leich, wie man in Wien zu sagen pflegte, auch wenn er wirklich nicht mehr hübsch aussah, aber das hatte er zu Lebzeiten eh auch schon nicht getan, von daher ... wurscht.

Hartmann selber hatte lange Zeit im Essl-Museum gewohnt, das hieß schon so und hatte auch immer gehalten, was es versprach. Volle Abfallkörbe allenthalben, man mußte sich nicht einmal bis hin zum Restaurant durchbeißen. Kunstinteressiert wie er war, das lag in der Familie, war er immer gerne auch mal durch die Ausstellungen geschlendert und mit einem Mal: Boff. Ein riesiger Raum voller ausgestopfter Ratten. Schock! Zuerst hatte er niemanden erkannt, war sogar seltsam fasziniert gewesen von der Skurrilität der Exponate, die von der Künstlerin in menschliche Posen gebogen worden waren ... bis ihm auf einmal glühend der Schreck durch die Glieder fuhr: Onkel Sedlacek!!! Wie er leibte und lebte, noch mit dem Sektglas in der Hand - nur war er halt jetzt tot. Tot, gebleicht und ausgestopft zur Belustigung der Menschheit ausgestellt.

Die Kletterpartie hinauf auf den Kahlenberg danach war keine lustige gewesen, aber er hatte das Museum nach diesem Schock nicht mehr betreten wollen und von irgendwas mußte er ja leben. Die guten Plätze am Kahlenberg oben waren aber natürlich schon belegt gewesen, die Vornamenmafia hatte sich auch hier bereits bestens etabliert gehabt und so blieb ihm nur die berühmte Wiener Kanalisation, wo sich die Heimatlosen einfanden, die Gestrauchelten, die Leute ohne Beziehungen und ohne Vornamen. Die an dem nagen durften, was die Menschenschaft oben durch ihre Scheißhäuser fallen ließ. Wie beispielsweise das Stückerl gespiebener Gurkensalat, das er soeben in den Pfoten hielt.

Manchmal, aber nur manchmal, fragte er sich, wie es wohl wäre, ein Mensch zu sein. Ob die sich auch klag- und kritiklos mit allem zufriedengeben mußten, was so von oben angeschissen kam?

************
**********henke Mann
9.667 Beiträge
Heute darf ich die acht Wörter einstellen *freu* - und ohne viel Schmus sind sie hier:
  • Strohhut
  • glasklar
  • Ringelnatter
  • baden
  • Aussichtsturm
  • glitschig
  • ausschreiten (mit großen Schritten gehen)
  • Sternberger Kuchen (ein besonderes Mineral)


Viel Spaß beim Geschichtendrechseln *g*
*******tia Mann
5.162 Beiträge
@*****a94

Verstehen kann ich ihn, dieses Gefühl ist mir bekannt. Ob man(n) wirklich so handeln kann, bzw. nicht handeln, ... ich weiß es nicht. Vorstellbar ist es im Moment der Wut und Verletzung schon ...
*******tia Mann
5.162 Beiträge
@*********ynter

Ihr Gehirn schien sich in matschigen Gurkensalat zu verwandeln,

Ein *sekt* auf diese Formulierung ... *g*
*******tia Mann
5.162 Beiträge
@*********2016 und @*********rlan

Danke für Euer schön schräges Lesevergnügen *les*
**********Engel Frau
25.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
Zu den aktuellen Wörtern kam noch gar keine Geschichte - sollen wir sie nochmal eine Woche laufen lassen?
Me 2
*********ld63 Frau
8.551 Beiträge
Oh, ja, bitte!! *liebguck*

Ich könnte sie gebrauchen, aber ich bin einfach nicht so schnell gerade bei der Hitze... *schnecke* *faechel*
**********Engel Frau
25.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich dachte auch schon, bei der Hitze war sicherlich so manches Hirn diese Woche aufgeweicht. *zwinker*

Ok, dann lassen wir diese Wörter jetzt noch eine Woche weiterlaufen. Denn schlecht sind sie ja wirklich nicht. *g*

Ich glaube, ich verziehe mich noch eine Weile auf den Balkon, hier drinnen ist es kaum auszuhalten ... *faechel*
Me 2
*********ld63 Frau
8.551 Beiträge
Dasselbe hier!! *lol* Sitze auf der Terrasse und begrüße sehnsüchtig jedes Lüftchen! *ventilator* *ggg*

Danke, Engelchen! *knutsch4*
**********Engel Frau
25.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
Balkon heißt aber für mich kein JOYclub *zwinker* Den gibt es für mich ganz bewusst nur am PC.
Wenn ich im Urlaub verreist bin, grad noch am Mini-Laptop, aber niemals übers Handy. Da krieg ich Augenkrebs *lol*

Also, ich bin dann mal ne Weile weg vom JC-Platz *wink*
**********henke Mann
9.667 Beiträge
Hier regnet es heute: Vielleicht bekomme ich eine kleine Geschichte hin zu meinen Wörtern *g*
*******tia Mann
5.162 Beiträge
Mein Hirn ist schon verdampft und ich hoffe auf *regen*
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