Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
Fotomodelle 45+
521 Mitglieder
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Geschichtenspiel Teil 45

*****ree Frau
22.056 Beiträge
Ist mir auch schon passiert *ggg*
*******blau Mann
3.624 Beiträge
Ist mir schon zwei Sonntage hintereinander passiert.
*******ord Frau
800 Beiträge
Danke für euer Verständnis *g*
******eld Mann
2.191 Beiträge
Der Pirat - Familienausflug
10

Kopfschmerzen
Unwetter
Fahrradtour
flitzen
aufwärmen
andauernd
Sonntag
vergessen

Die für dieses Wochenende geplante Fahrradtour der Familie Bergmeier fand bereits am Samstagvormittag und nicht am anvisierten späten Sonntag, ein frühzeitiges Ende.
Grund für die vorgezogene Heimkehr, war ein Unwetter, das Freitagnacht von Norden hereinzog und andauernden Regen und Sturmböen über das sonst so beschauliche Steinhuder Meer schickte.
Mutter Bergmeier klagte schon über starke Kopfschmerzen, als sich die Familie vor dem Kamin der kleinen Gaststube aufwärmte, die sich an die Pension anschloss, in der sie sich für die Nacht eingemietet hatten.

Jetzt saßen sie am Frühstückstisch und Vater Bergmeier versuchte vergeblich, seine Familie bei der Stange zu halten. Die Heimfahrt war so gut wie beschlossen.
Claus Bergmeier selbst war ein passionierter Radsportler. Jeden Abend und jedes Wochenende konnte man ihn mit seinem Rennrad über die Landstraßen der Eifel flitzen sehen.

Dies war ganz im Sinne seiner Ehefrau Susanne, die dann zu ihren Pilates oder Yoga Kursen aufbrach. Auch wenn diese Termine nicht immer so ganz mit dem offiziellen Kursplan des Studios übereinstimmten.
Tochter Jennifer starrte, in bester Teenagermanier, verdrossen auf ihr Smartphone und zog ein Gesicht, das dem Wetter in nichts nachstand.

Nur Keno, der elfjährige Sohn, schien die Welt um sich herum vergessen zu haben.
Seit Tagen hatte er seine Nase in diesen alten Schmöker vom Flohmarkt vergraben.
Vater Claus warf missmutig einen Blick auf den Einband.
„Die Brüder der Küste – Bukaniere von Tortuga“ von Bartholomew Stevens
'Wenigstens liest der Junge und spielt nicht die ganze Zeit mit seinem Handy', dachte Claus.
Er warf einen ärgerlichen Blick auf seine Tochter und schlug sein Frühstücksei auf.

Nachdem sie die Fahrräder auf den Anhänger geladen hatte, machte sich Familie Bergmeier auf die Rückreise nach Euskirchen.
Im Wagen war es sehr ruhig. Die Insassen hingen ihren Gedanken nach.
Claus überlegte, welche Strecke er später noch abfahren würde.
Susanne freute sich, dass sie nun doch zu ihrer üblichen Privatstunde mit ihrem spanischen Yogalehrer kommen würde.
Jennifer hoffte rechtzeitig zur Party bei Mirja zu kommen, deren Eltern dies Wochenende nicht da wären.
Und Keno hoffte darauf, dass es zwischen Kapitän Barrot und der heißen blonden Ringdiebin noch richtig heftig zur Sache gehen würde.





.
*****ree Frau
22.056 Beiträge
Schön den Bogen gespannt von der Gegenwart in die Vergangenheit.

Hoffen wir mal, dass alle zu ihrem Vergnügen kommen *zwinker*
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Eine congeniale Lösung einer anspruchsvollen literarischen Aufgabenstellung, lieber @*******_HB! Chapeau! *hutab*
Me 2
*********ld63 Frau
8.545 Beiträge
Jaaa, @*******_HB, gut gelöst! *top*

Bitte nicht, liebe @**********gosto! Ich warte jede Woche darauf, Neues von van Staben, Carla und der grünen Clique zu lesen... *love3*
*****ree Frau
22.056 Beiträge
Ich auch @**********gosto du musst dich nicht verstecken. *g*
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
8-Wörter-Spiel
Kopfschmerzen
Unwetter
Fahrradtour
flitzen
aufwärmen
andauernd
Sonntag
vergessen

Kein netter Mensch oder: König Midas hat Eselsohren

Carla
Hast du nicht schon genug Bilder vom Schilf? Wenn du so weitermachst, kommen wir direkt in das Unwetter rein.

Van Staben (knipst weiter)
Ich hab dir doch erzählt, ich schreibe einen Artikel über die Sanierung degradierter Niedermoore durch den Anbau von Schilf. Nachwachsender Rohstoff unter Verwendung gereinigter kommunaler Abwässer.

Carla
Und dafür brauchst du so viele Bilder?

Van Staben
Nein, eins genügt. Aber ich will ein besonders schönes, am besten mit Gegenlicht. Das hat was Magisches.

Carla
Der nüchterne Wissenschaftler als Naturromantiker.

Van Staben (lacht)
Bin eben beides. Komm, stell dein Rad ab und setz dich her. Wozu haben wir denn Proviant eingepackt, wenn wir ihn wieder mit heim nehmen? Eine Fahrradtour ohne Picknick ist doch nur halb so schön. Ich hab auch Robert gefragt, aber er hat gesagt, er muss über Sonntag arbeiten. (schaut sie von der Seite an)
Was ist los? Hast du Kopfschmerzen?

Carla (fängt an zu weinen)
Ich hab schlecht geschlafen und furchtbares Zeug geträumt, von geschlagenen Frauen und abgeschnittenen Haaren.

Van Staben (reicht ihr einen Becher)
Du solltest nicht so viele Nachrichten schauen.

Carla (schnieft in ihren Becher)
Du hast gut reden! Man wird ja buchstäblich verfolgt von den Katastrophenmeldungen! Und dann berichten sie tagelang auf allen Kanälen von der Beerdigung dieser schrecklichen Frau. Ich könnte kotzen!

Van Staben (nimmt ihr den Becher aus der Hand und nimmt sie in den Arm)
Nu, nu! Da ist aber jemand ganz schön durcheinander!

Carla
Sie war kein netter Mensch! Sie hat rassistische und frauenfeindliche Strukturen vertreten. Und diese Staatsform ist doch sowieso total aus der Zeit gefallen.

Van Staben
Sagt wer?

Carla
Die taz. Die einzige kritische Stimme in der ganzen Lobhudelei. Hat richtig gutgetan, das zu lesen. - Keine Entschuldigung für die Verbrechen der britischen Kolonialpolitik, aber andauernd salbungsvolle Reden über das Commonwealth.

Van Staben
Das war ihre Rolle, oder nicht?

Carla
Heißt es „das“ oder „der“ Commonwealth? - Egal. - In der Praxis war es jedenfalls mit Respekt und Chancengleichheit nicht weit her. Im königlichen Haushalt durften keine Immigranten oder Ausländer arbeiten, und die wichtigsten Posten waren alle mit Männern besetzt. (setzt sich auf und schnäuzt sich)
Aber wenn jemand stirbt, ist alles Negative vergessen.

Van Staben
De mortuis nil nisi bene.

Carla
Komm, zeig mir mal deine Bilder, damit ich was Schönes sehe!

Van Staben
Schau! Ein paar sind recht gut geworden. (lacht) Zum Schilf fällt mir immer König Midas ein.

Carla
Stimmt ja, hast mal Alte Sprachen studiert. Da bist du bestimmt fit mit den ganzen Mythen. Midas … war das nicht der, dem alles zu Gold geworden ist, was er angefasst hat?

Van Staben
Genau der. Aber das mit dem Schilf ist eine andere Geschichte. Soll ich?

Carla (kuschelt sich an ihn)
Ja, erzähl!

Van Staben
Also, Apollo und Pan halten einen musikalischen Wettstreit ab. Lyra gegen Panflöte. König Midas gibt seine Stimme für Pan ab, Apollo ist stinksauer und verpasst Midas ein Paar Eselsohren. Damit er in Zukunft besser hört, du verstehst.

Carla (lächelt)
Das hat dem König bestimmt nicht gefallen.

Van Staben
Du sagst es. Midas wollte nicht, dass irgendjemand von diesen Ohren erfährt, und hat sie unter einer großen Mütze versteckt. Nur sein Barbier, der wusste davon, durfte aber niemandem etwas verraten.

Carla
Und, ging das gut?

Van Staben
Wie man‘s nimmt. Der Barbier ist fast erstickt an dem Geheimnis. Und als er es nicht mehr ausgehalten hat, ist er an den Fluss gerannt, hat im Schilf ein Loch gegraben und hineingeflüstert: „König Midas hat Eselsohren!“

Carla (lacht)

Van Staben
Ovid hat noch eine schöne Pointe zum Schluss: Wenn der Wind das Schilf zum Rauschen bringt, schreibt er in den „Metamorphosen“, kann man es immer noch flüstern hören: „König Midas hat Eselsohren!“

Carla (springt auf)
Du, das Gewitter ist da. Komm, wir flitzen heim und wärmen uns auf!

Van Staben (packt ein)
Und, geht‘s wieder?

Carla (nickt)

Van Staben
Und schau! Sei nicht so streng mit den Menschen! Sie sind eben wie Kinder und wollen an Märchen glauben!
Hörst du‘s? „König Midas hat Eselsohren!“
******eld Mann
2.191 Beiträge
Haha ... die Geschichte mit Midas Eselsohren, fand ich schon als Kind toll.
Ich hatte damals ein Bilderbuch mit griechischen Mythen.
Und natürlich auch den Struwwelpeter.
Frühkindliche Erziehung von allerfeinsten.
Fällt der heute eigentlich schon unter schwarze Pädagogik?
*******ord Frau
800 Beiträge
Hier die neuen 8 Wörter:

Welt
zivilisiert
Leidenschaft
Anteil
Miteinander
Gedächtnis
schützen
fühlen

Viel Spaß beim Geschichten stricken und noch einen gemütlichen Sonntagabend! *fuchs*
erhebende 11 Zentimeter...
*****a99 Frau
3.555 Beiträge
Die zivilisierte Welt fühlt, dass die Leidenschaft den größten Anteil am menschlichen Miteinander hat. Diese gilt es zu schützen und immer wieder ins Gedächtnis zu rufen.
******eld Mann
2.191 Beiträge
Der Pirat - Die Flucht
11

Welt
zivilisiert
Leidenschaft
Anteil
Miteinander
Gedächtnis
schützen
fühlen


Kaum hatte Kapitän Barrot ihr Gemach verlassen, holte Claudette, unsere schöne Ringdiebin, mit spitzen Fingern den Ring aus ihrem rosigen Schatzkästlein hervor. Ihn während der bevor stehenden Flucht weiterhin dort zu verwahren, hielt sie für keine gute Idee. Eventuell, müsste sie das Kleinod schnell zur Hand haben.
Flink schlüpfte sie in die Männerkleidung, die ihr bei nächtlichen Ausflügen schon so oft gute Dienste geleistet hatten. Die lederne Hose und das weite Leinenhemd, über dem eine Weste ihre Brüste verbarg. Dann stieg sie in die schweren, kniehohen Lederstiefel, versteckte ihr langes, blondes Haar unter einem Kopftuch und setzte sich den abgewetzten schwarzen Hut auf. Sie wischte einmal mit der Hand über den schmutzigen Fenstersims und verrieb den Dreck in ihrem Gesicht.
Mit einem kurzen Blick in den schon fast blinden Spiegel überzeugte sie sich von der Wirksamkeit ihrer Verkleidung. Den Ring ließ sie in einer kleinen Tasche im linken Stiefel verschwinden.
Dann folgte sie Louis auf den Flur hinaus.

„Na, sowas!“ Louis staunte nicht schlecht ob ihrer Verwandlung. „Ganz schön gewieft.“
Claudette verdrehte nur die Augen. „Ja ja, los jetzt. Wo lang?“
„Hier entlang“, antwortete Louis, deutete nach rechts den Gang entlang und ging voran.
Am Ende des Ganges führte eine Tür in eine Art Lagerraum. Dort öffnete er das Fenster und spähte hinaus.
„Okay, die Luft ist rein. Von hieraus können wir auf das Dach des Nachbarhauses springen. Komm her. Siehst du den Mangobaum dort? Über den steigen wir herunter.“
Kaum hatte er die letzten Worte ausgesprochen, ertönte von unten ein gewaltiger Schrei.
Offenbar hatte der Kapitän der Golden Crab seinen Verlust bemerkt.


Im Schankraum des Red Monkey herrschte plötzlich ein großer Tumult.
Kapitän Pears hatte in seiner überschäumenden Wut den Tisch umgeworfen. Die eine Hälfte seiner Piratenbande lag auf dem Boden und bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen. Die anderen saßen wie versteinert auf ihren Stühlen und starrten ihn verwundert an.
Dazwischen flatterte der ebenso verdutzte Papagei Neon krächzend umher.
„Bringt mir diese blonde Schlampe von einer französischen Hafennutte her. Sie hat meinen Ring gestohlen!“ Der Geifer flog ihm nur so von den Lippen und sein Gesicht war rot vor rasendem Zorn.
„Na, die hat ja wohl flinke Fingerchen“, stellte der völlig betrunkene Fenwick mit einem Grinsen fest und rieb symbolisch seine eigenen Finger aneinander, während er mit der Nase daran schnüffelte.
Mit einer blitzschnellen Bewegung zog Pears seinen Säbel, schwang ihn durch die Luft und führte ihn zurück in die lederne Halterung an seiner Seite.
Die augenblicklich eintretende Stille im Saal wurde nur durch das Wimmern des Hugenotten
gestört, der seine blutende Hand hielt und auf die drei Finger starrte, die auf dem mit Sägespänen bedeckten Boden lagen.
Erstaunlicherweise lagen sie zu einem perfekten gleichschenkligen Dreieck angeordnet dort, in dessen Mitte sich gerade eine Papageienfeder gesellte.
„Möchte hier noch jemand ein Witzchen zum Besten geben?“, fragte der Kapitän mit zusammengebissenen Zähnen.
„Na, dann seht mal zu, dass ihr in die Puschen kommt!“, schrie er seine Männer an und bedachte die, die ihm am nächsten waren, mit einer weiteren Ladung Speichel.

„Ich denke, wir sollten uns beeilen“, sagte Louis und schon war er aus dem Fenster gesprungen. Claudette folgte ihm, ohne eine Sekunde zu verlieren, nach.
Miteinander rannten sie über das Dach des Nachbarhauses. Gefolgt von lange Schatten, die ihnen, die untergehende Abendsonne an ihre Fersen heftete. Ohne zu Zögern sprangen beide in den nahestehenden Mangobaum. Behände kletterte unser tapferer Held hinunter und wartete mit ausgebreiteten Armen auf seine neue Komplizin. Diese ließ sich vom letzten Ast in seine Arme fallen.
Für einen kurzen Moment, trafen sich ihre Blicke und ihre Lippen waren sich so nah, dass beide den heißen Atem des anderen spürte.
Dann setzten sie ihre Flucht in Richtung Hafen fort.
Sie mieden die breiteren Straßen und hetzten stattdessen durch die engen Gassen.
'Hoffentlich ist einer meiner Leute mit einem Boot am Kai', betete Louis im Stillen.

Als sie kurz darauf am Hafen ankamen, gingen sie hinter ein paar Fässern in Deckung und sondierten die Lage.
Schnell hatte Barrot einen seiner Männer ausgemacht und ein Lächeln stahl sich in sein Gesicht.

Mr. Bartholomew Stevens, der Schiffsarzt der Antigone, schlenderte gelassen den Pier entlang und betrachtete mit gemischten Gefühlen, die sich auftürmenden, dunklen Wolken am Horizont. Lange würde das Sturmtief nicht mehr auf sich warten lassen.
In diesem Teil der Welt, hatten Stürme eine ganz andere Qualität, als in Kent. Er vermisste den milden, englischen Landregen. Er vermisste hier so vieles an seiner zivilisierten Heimat.

Da hörte er unvermittelt jemanden seinen Namen rufen. Stevens schaute sich um und sah seinen Kapitän auf sich zukommen. Er wunderte sich über dessen seltsam gehetzt und gleichsam verstohlen wirkenden Gang. Und über den schmächtigen Matrosen an seiner Seite.

„Gut, euch hier zu treffen, mein Freund“; raunte Louis ihm zu. „Ich vermute, ihr habt ein Boot hier, das auf euch wartet.“
„Ja, Patrick wartet mit der Schaluppe unten am Kai. Was ist denn los? Und wer ist das?“
„Erkläre ich euch später. Los jetzt, es eilt!“
Schon machte Louis sich auf den Weg zum Kaiende. Als auch der fremde Matrose ihm nach hastete, folgte auf Bartholomew ihnen nach.

Sie hatten soeben das Beiboot der Antigone bestiegen, als sie lautes Rufen hinter sich vernahmen. Schon ertönte ein Schuss und eine Kugel pfiff über sie hinweg.
„Los jetzt, hisse das Segel“, fuhr Louis den verdutzten Patrick, einen jungen, rothaarigen Iren aus Limerick an. Der Junge reagierte sofort und begann mit geübten Handgriffen das Segel hochzuziehen. Louis ergriff ein Ruder und stieß sich von der Kaimauer ab.
Dank des aufkommenden Windes, nahm das Boot schnell Fahrt auf.

Zwei weitere Kugeln flogen ihnen um die Ohren, dann waren sie auch schon außer Reichweite.
Louis blickte zum Kai hinüber und erkannte Jacobs, den ersten Maat der Golden Crab und neben ihm einen schwarzen Hünen, dessen Name ihm aber nicht geläufig war.
Dann sah er Kapitän Pears mit weit ausholenden Schritten den Pier hinunterstürmen.
Trotz der Entfernung hörten sie allen des Kapitäns donnernde Stimme über das Wasser zu ihnen herüberschallen.
„Barrot, ich werde dich kriegen, dir dein Herz herausreißen und die Möwen damit füttern. Hörst du mich, du elender Schweinepriester?“
In einem Anfall von Größenwahn und von angefeuert von dem Adrenalin, das durch seine Adern floss, zog Louis seine Hose herunter und streckte dem tobenden Pears seinen blanken Hintern entgegen.

Claudette, die dabei gleichsam auch einen Blick auf sein Gemächt werfen konnte, war einigermaßen beeindruckt. Auch von seiner Kühnheit. Stand der Kapitän der Golden Crab doch nicht in dem Ruf, eine Beleidigung leichtfertig abzutun oder jemals aus seinem Gedächtnis zu streichen.
Als er sein Beinkleid wieder geordnet hatte, setzte sich Louis neben sie und lächelte sie an.
„Eine gelungene Flucht, möchte ich meinen. Jetzt könnt ihr euch sicher fühlen. Na, was sagt ihr?“
„Ich sage, ihr habt euch gerade einen Feind fürs Leben gemacht. Uns sicher fühle ich mich noch lange nicht.“
„Da hat der junge Bursche sicher recht“, sagte auch Stevens und nahm ihm den großen Hut ab.
„Aber, mein Freund, erklärt mir nun einmal, wenn ich hier vor mir habe“, sprach er weiter.
„Mich dünkt, dieser Bursche, ist gar keiner. Oder zumindest ein überaus hübscher. Ich wusste gar nicht, dass ihr die Vorlieben von Kapitän Pears teilt.“
„Ich erkläre euch das alles, wenn wir auf der Antigone sind und die Anker gelichtet haben. Wir müssen den aufziehenden Sturm nutzen. Er wird uns schützen, bis wir genug Seemeilen zwischen uns und die Golden Crab gebracht haben.“

Während der Überfahrt, bemerkt Claudette die verstohlenen Blicke, die ihr der Mann, der ihr gegenüber saß, zuwarf. Sie kannte diese Blicke nur zu gut. Diese Blicke der Männer begleiteten sie schon fast ihr ganzes Leben. Kaum war sie dem Kinde entwachsen, hatte es begonnen. Selbst die Pfaffen des Klosters in Pierrevillers, dem Dorf nahe Metz, in dem sie aufgewachsen war, hatten ihr nachgestellt.
In ihnen war weder Liebe noch Leidenschaft. Es war nichts als Gier, die aus ihnen sprach.
Doch sie hatte früh gelernt, sich dieses Verlangen der Männer zunutze zu machen. Durch manchen harten Winter hatte sie ihre arme Familie gebracht, in dem sie sich den fetten Mönchen hingab und dafür mit Essen belohnt wurde.
Und als ihre Eltern beide, auf dem Weg zum Markt in Metz, von Wegelagerern ermordet wurden, blieb ihr im Alter von gerade mal vierzehn Jahren nur der Weg ins Kloster oder in die Hurerei. Sie war fest entschlossen sich ihren Anteil am Kuchen zu nehmen, kostete es was es wolle.
Und dieser fein gekleidete Herr ihr gegenüber könnte ihr dabei eventuell noch hilfreich sein.
Wie zufällig blickte sie ihm in die Augen, als er wieder zu ihr herübersah und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln.
Ja, ihn würde sie zu ihrem Ass im Ärmel machen, sollte dieser dumme Kapitän versuchen, sie um ihren fairen Anteil am Ring zu betrügen.




.
Claudette an Bord der Antigone
Tod im Maisfeld
Als Franz die Augen öffnete, sah die Welt grün verwaschen aus. Viel zu grün. Eben war sie noch blau, grau, gelb, auch grün, aber nicht so. Das Grün bewegte sich. Seine Augen begannen wieder etwas schärfer zu sehen, er erkannte Blätter, breite Blattspreiten mit langer Mittelrippe, die über ihm im Wind raschelnd wippten. Er lag offenbar auf dem Rücken, ohne sich zu bewegen und sah nach oben. Wie Kafkas Käfer, dachte er. Er forschte in seinen Gedanken nach, wie er dahin gekommen sei. Gregor Samsa ist einfach in seinem Bett aufgewacht, aber das hier war kein Bett. Das war Natur, Feld, was auch immer, sein Gedächtnis erinnerte sich nicht daran wie er in diese Lage gekommen war. Er fühlte eine Panik in sich aufsteigen. Er hatte sein Gedächtnis verloren. Aber das verliert man doch nicht so einfach, dachte er. Er merkte dass er sich beim Denken beobachten konnte. So wie er die über ihm wippenden Blätter beobachten konnte.

Die Dinge in seinem Kopf kreisten. Wenn er denken konnte, und sogar denken konnte, dass er denkt, konnte es nichts Schlimmes sein. Er hob die rechte Hand. Jedenfalls gab er ihr den Denkbefehl sich auszustrecken. Aber er konnte sie nicht sehen, sein Gesichtskreis war eingeschränkt. In dem Anteil, den er durch das Visier des Helms überblicken konnte, tauchte die Hand nicht auf. Auch wenn er die Augen nach rechts und links bewegte, sah er nur Blätter. Dass er nun wusste, dass der den Helm, der ihn schütze, noch aufhatte beruhigte ihn.

Er hatte ihn in der Frühe aufgesetzt. Und Anne den ihren auch. Sie waren auf ihren Motorrädern miteinander losgefahren, wie an den meisten Wochenenden, wenn das Wetter schön war, in die Berge, oder wenn es noch nicht zu kalt war, an einen See. Aber jetzt war er nicht in den Bergen oder an einem See, auch wenn Bilder davon vor seinen Augen auftauchten und verschwanden. Er hörte etwas. Rascheln, Schritte, es ärgerte ihn, wenn sie seine Bilder störten, wie im Kino, wenn einer ständig mit der Popcorntüte raschelt. Das Rascheln schwoll an und brach mit einem Knacks in seinem Ohr ab, und zugleich wischte ein Dunkel seine Bilder weg.

Der Notarzt und der Sanitäter knien neben Frank, als der Polizist durch die Schneise in den Maispflanzen zu ihnen kommt.
"Und?"
Der Arzt schüttelt den Kopf: "Ist hinüber".
"Ist ja auch ganz schön weit geflogen, der Preis für die Leidenschaft fürs Rasen, zivilisiert könne die ja nicht fahren."
Die drei Männer gehen zurück zur Straße, dort sitzt die Frau sehr blaß neben ihrer Maschine. Der Arzt sagt zu den beiden anderen: "Wir sagen es ihr aber erst etwas später."
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
„Das Rascheln schwoll an und brach mit einem Knacks in seinem Ohr ab, und zugleich wischte ein Dunkel seine Bilder weg.“

Sehr eindrücklich und wortgewaltig erzählt, lieber @****one!

Diesen „Tod im Maisfeld“ werde ich nicht so bald vergessen! *blumenschenk*
*******blau Mann
3.624 Beiträge
Wow! *bravo* @****one . Kurz und dicht und sehr eindrucksvoll! Gefällt mir sehr gut.
**********silon
6.628 Beiträge
Geworteter Reizger
Heute habe ich schier mal wieder Schreiben "müssen", um den inneren Stress loszulassen. Ich code durch den 4-wöchigen Vorbereitungskurs fast nur noch. Aber es macht mir viel Freude, dazumal es für mich eine gute Weiterbildungsmöglichkeit zum Mediengestalter-Beruf ist.

Geworteter Reizger

„Schnee von gestern“, sagte der Herr Dschinnchilla und machte einen auf Milla, als er wanderte auf der mäandernden Line der Lulle und Stulle des Fettes seines Speckes im Winter des Sommers der Emotionen.
Er hatte Kopfschmerzen, und ihm tränten die Augen, weil er Tage und Nächte schon vor dem Bildschirm seiner Welten gehangen hatte, um das zu erlernen, was er schon immer hatte mehren wollen, sich aber nie zugetraut hatte. Weil, die Unwetter waren ihm im Vergangenen ja immer so schwer gewogen, dass er nie hatte vorhersehen können, wann sie eventuell wieder zuschlagen würden.
Bevor er allerdings dazu bereit gewesen war, ihnen seinen Allerwertesten zu zeigen, malte er noch mit dem Stinkefinger ein Herz in den Staub ihrer Hinterlassenschaften. Bis er sich schließlich auf die Touren seines Fahrrads machte, um die Drahtmähre zu schinden und eben nicht immer der Esel seiner gewittrigen Ungeheuer zu sein.
„Die Blitze würden flitzen“, sagte er sich, wenn er jetzt das Wort zum Sonntag nehmen würde, um es sich aufzuwärmen und nicht zu vergessen und es dann schließlich andauernd vor sich herzubeten.

Doch davon kann hier nur bedingt die Rede sein, denn Herr Dschinnchilla war viel zu sehr damit beschäftigt, die Nullen und Einsen zum Hit einer Leidenschaft zu zimmern, derlei viele er gehabt zu haben pflegte. Und diese dann in die Welt hinauszuposaunen. Natürlich in zivilisierter Manier und im Anteil des Miteinanders seiner lernenden Gefährten.
Denn sie alle waren Teil des Gedächtnisses der Menschheit und konnten gar nicht drumherum, den Durst des Wissens zu fühlen und zu wühlen im Schanzengraben der dürstenden Kanonenrohre, die sie vor allem Möglichen nicht beschützen wollten, weil sie wie die Maden im Speck vom Jeck‘ in alle Winde verstreut wurden, um niederzumähen, was der Gegner als gegenwürdig bezeichnete.

Was allerdings ganz genau als würdig dem Niento seiner Tage hier betituliert werden sollte, ließ die grundsätzlich gegen alles Gegnerschaft offen, denn sonst hätte sie sich doch all zu sehr von den Gegebenheiten festnageln sollen, und das reizte sie nicht im Geringsten.
Wenn dann wohl eher waren sie gereizt von dem schlanken Dschinn, der seinen Chilla in Quallen-Form vermillte und schließlich dem, Ah, gar kein, Beh, folgen ließ, weil sein Hirn von Arbeit überreizt gewesen war.

© CRSK, Le, 09.2022


16 gereizte Worte:


  • Welt
  • zivilisiert
  • Leidenschaft
  • Anteil
  • Miteinander
  • Gedächtnis
  • schützen
  • fühlen

  • Kopfschmerzen
  • Unwetter
  • Fahrradtour
  • flitzen
  • aufwärmen
  • andauernd
  • Sonntag
  • vergessen

Die Vertonung:

https://soundcloud.com/crskunst/geworteter-reizger



Pixabay sei Dank. :)
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
8-WörterSpiel
Welt
zivilisiert
Leidenschaft
Anteil
Miteinander
Gedächtnis
schützen
fühlen

Für einen strahlenden Blick

Van Staben
Fühlst du dich nicht gut?

Carla
Nicht besonders. Und du?

Van Staben
Ich kann in letzter Zeit schlecht einschlafen.

Carla
Wie wär’s mit dem Einschlaf-Spray aus der Werbung?

Van Staben
Nicht dein Ernst, oder?

Carla
Natürlich nicht. War nur Spaß.

Van Staben
Wenn ich ein Einschlaf-Spray brauche, empfehle ich dir die blauen Augentropfen.

Clara (lacht)
Für einen strahlenden Blick? Schau ich so trüb aus der Wäsche?

Van Staben
Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, hast du schon mal glücklicher ausgesehen.

Carla
Ist das ein Wunder? (stirnrunzelnd) Alles wird gefühlt immer schlimmer. Es gibt kaum noch gute Nachrichten in unserer ach so zivilisierten Welt. Und es wird immer schwieriger, sich selbst zu schützen vor Trübsinn und Resignation.

Van Staben
Ja, das ist so. Und deshalb mache ich dir einen Vorschlag: Schau doch mal, wo sich deine beiden Franzosen zur Zeit herumtreiben. Wahrscheinlich auf Tournee, nehme ich an.

Carla
Und das sagst ausgerechnet du?

Van Staben
Was dir fehlt, ist eine große Portion Leidenschaft. Lebensfreude, Spaß am Miteinander mit anderen jungen Leuten.

Carla (umarmt ihn)
Ich weiß nicht, was ich sagen soll.

Van Staben
Dann sag nichts. Wenn ich einen kleinen Anteil daran habe, dass du dich besser fühlst, bin ich zufrieden. (zärtlich) Und komm mir nicht wieder heim ohne den strahlenden Blick!
„Carlas Franzosen“, Thomas Dunford und Jean Rondeau (Quelle: Instagram)
******eld Mann
2.191 Beiträge
Es sind 15 Mann auf des toten Manns Kiste.
Und 8 Wörter aus seiner Kiste.
*pirat* Harr

Unannehmlichkeiten
Drohung
Preis
Haut
einflussreich
unterhalten
verschuldet
festbinden

Viel Spaß damit. *wink*
Me 2
*********ld63 Frau
8.545 Beiträge
Ach, @**********gosto, ich kann´s gar nicht oft genug schreiben: van Staben ist ein Goldstück! *wolke7* *bravo*

@****one: beeindruckend erzählt! *wow* *spitze*
**********gosto Frau
16.056 Beiträge
8-Wörter-Spiel
Unannehmlichkeiten
Drohung
Preis
Haut
einflussreich
unterhalten
verschuldet
festbinden

Spurlos

Habeck
Ja?

Carla
Hier ist Carla Reemtsma. Ich … Sie sind doch befreundet mit Buch van Staben?

Habeck
Hallo Carla. Waren wir nicht per du?

Carla
Weiß nicht. Möglich. Ich … war ein paar Tage in Frankreich.

Habeck
Schön! Und wie war’s?

Carla
Ganz ok. Aber deshalb rufe ich nicht an. - Van Staben ist verschwunden.

Habeck
Was meinst du: verschwunden?

Carla
Ja, wie gesagt, ich war ein paar Tage weg, eine Woche, um genau zu sein. Und als ich wieder heimkam, war er nicht da.

Habeck
Du wohnst bei ihm?

Carla
Ja. Schon länger.

Habeck
Hast du versucht, ihn anzurufen?

Carla
Ja, das war das erste. Aber er geht nicht dran.

Habeck
Und auch sonst keine Nachricht von ihm? Eine Notiz auf dem Schreibtisch oder so?

Carla
Nein, nichts.

Habeck
Hast du sonst noch wo angerufen? Er hat doch ein paar gute Freunde. Özdemir zum Beispiel.

Carla
Cem ist in Heidelberg und macht Wahlkampf für die grüne Kandidatin dort. Er weiß auch nichts.

Habeck
Und sonst? Was ist mit seinem Freund im Altai? Dem italienischen Archäologen? Vielleicht ist er mal wieder spontan losgezogen?

Carla
Dann hätte er mir doch Bescheid gesagt.

Habeck
Stimmt. - Weißt du, ob er Probleme hatte? Irgendwelche Unannehmlichkeiten, war er verschuldet?

Carla
Keine Ahnung, wir haben nie über Geld gesprochen. Aber ich glaube nicht.

Habeck
Hat ihn jemand bedroht? Er hat sich doch mit seiner … heftigen Art sicher ein paar Feinde gemacht.

Carla
Na, es gab immer wieder mal Drohungen auf Twitter und Instagram, wie bei uns allen.

Habeck (seufzt)
Ja, das ist wohl der Preis, den wir bezahlen. - Aber das sind doch nur Einschüchterungsversuche. Ich glaube nicht, dass einer Ernst machen würde.

Carla
Sie haben leicht reden, mit Ihren Bodyguards! Er hat immer gesagt, er würde sich nicht festbinden lassen. Könnte sich selbst seiner Haut wehren.

Habeck
Ja, und hat sich erst neulich die Nase brechen lassen. (eilig) Aber das heißt ja noch nicht, dass irgendwas passiert sein muss! Das wollte ich damit nicht sagen.

Carla
Soll ich nicht zur Polizei gehen?

Habeck
Das ist glaub ich noch zu früh. Er kann ja jeden Augenblick wieder auftauchen. Und wir wissen auch garnicht, wie lang er schon weg ist, oder?

Carla (fängt an zu weinen)
Aber was soll ich denn sonst machen?

Habeck
Du fährst am besten zu einer Freundin und bleibst dort. Ich schau mal, was ich in Bewegung setzen kann. Ich unterhalte mich mal mit ein paar einflussreichen Leuten in der Sicherheitsbranche. Geheimdienst, Privatschnüffler, so was.

Carla (schnieft)
Danke.

Habeck
Und noch was: Nicht die Nerven verlieren! Wir finden unseren Prof bestimmt ratzfatz! Und dann kann er was zu hören kriegen! Einfach so zu verschwinden!
*******d18 Frau
7.194 Beiträge
Unannehmlichkeiten
Drohung
Preis
Haut
einflussreich
unterhalten
verschuldet
festbinden


*


Immer diese Unannehmlichkeiten!

Seit gestern stand sie unter immensem Druck. Sie musste den Preis für das Verhalten ihres Gönners zahlen. Immer hatte er sich gebrüstet mit ihrer Schönheit, mit ihrer Eleganz, mit ihrem würdevollen Auftreten. Sie war das Glanzstück jeder Matinee, die er veranstaltete. Wäre sie es nicht, hätte sie nicht stets seine einflussreichen Gäste bestens unterhalten, längst wäre er tief verschuldet.

Jetzt saß sie in ihren Boudoir vor ihrem Spiegel, schminkte sich die dunklen Flecken auf ihrer Haut an Hals und Dekolleté weg, zupfte die heraushängenden Haarsträhnen zurecht und steckte sich als letztes die festgebundene Schleife in ihre kunstvoll aufgetürmte Frisur.

Aber eigentlich wollte sie diese peinliche Farce nicht mehr aufrecht erhalten. Jeder wusste davon, nicht er war das Genie, das alle Fäden in der Hand hielt, damit diese Treffen ein voller Erfolg werden konnten, nein, sie war das Genie. Ohne sie war er ein Nichts. Auch er wusste es genau. Und er ließ dieses Wissen über seine Unfähigkeit an ihr aus. Ihre gelegentliche Widerrede, wenn ihre Empörung zu groß wurde, bedeutete einen Schlag in ihr Gesicht oder einen harten Griff in ihren Nacken. Sie sollte still sein.

Auch sie musste diese peinliche Farce aufrecht erhalten. Ohne ihn war sie ein Nichts. Er hatte sie vor Jahren „gefunden“, in sein Haus aufgenommen, ließ sie ihr Kind gebären, das sie von einem anderen empfangen hatte. Sie spielten das sich liebende Paar, obwohl alle wussten, dem war nicht so. Die Drohung, sie wieder aus dem Haus zu werfen, stand immer im Raum.

Eheleben im 20. Jahrhundert. Der unfreiwillig zölibatäre Mann nimmt eine „gefallene“ Frau und benutzt sie, um sich zu profilieren. Die Frau lässt dies mit sich machen, weil sie als Frau keinerlei Chancen hat, in dieser Gesellschaft ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

„Immer diese Unannehmlichkeiten“ - Schon diese Überschrift ist eine Farce!


*


Diese Geschichte entstand unter dem Eindruck des folgenden Buches. Sehr lesenswert.
******eld Mann
2.191 Beiträge
@*******d18
Ich musste schon am Anfang deiner Geschichte an den Film 'Subway' denken.
Ein französischer Film aus den 80ern.
Isabelle Adjani (So wunderschön) spielt die frustrierte Ehefrau des reichen Mannes, der sie aus der Vorstadtsiedlung geholt hat.
Ich liebe diesen Film und auch den Soundtrack.


******eld Mann
2.191 Beiträge
Der Pirat - Der Handel
Unannehmlichkeiten
Drohung
Preis
Haut
einflussreich
unterhalten
verschuldet
festbinden


12 Der Handel

Georg Lüpertz erwachte in klammen, durchgeschwitzten Laken. Da nützte auch die feine chinesische Seide nichts.
Er wischte sich die wirren Haare aus dem Gesicht und griff nach dem Wasserkrug auf seinem Nachttisch. Gierig leerte er ihn in einem Zug und fiel zurück in die Kissen.
Seine Hand tastete nach der Kordel, die neben dem Bett von der Decke baumelte und zog ein paar Mal heftig daran.
Es dauerte nicht lange und es klopfte an der Tür zu seinem Schlafgemach.
„Komm herein!“, rief er.
Die Tür öffnete sich und eine junge Mulattin erschien. Schüchtern verneigte sie sich.
„Bring mir einen frischen Krug Wasser mit Zitronensaft“, befahl Lüpertz dem Mädchen, das sofort eilfertig das Zimmer verließ.
Wenig später kehrte sie mit dem gewünschten Krug zurück.
Lüpertz winkte sie zu sich und schlug das Laken zurück.
„Komm her.“
Ohne zu zögern, kam sie zu ihm, stellte den Krug auf das Tischchen und entledigte sich ihrer Kleidung. Dann stieg sie zu dem Kaufmann, der ihr Besitzer war, ins Bett.

Eine Stunde später und deutlich entspannter saß Georg Lüpertz, der reichste Kaufmann Tortugas, in der Schreibstube, neben seinem großen Lagergebäude.
Vor ihn lagen abgefangene Depeschen, erbeutete Seekarten und Briefe in unterschiedlichen Sprachen. Man musste schließlich auf dem Laufenden bleiben.
Doch Georg konnte sich beim besten Willen nicht konzentrieren.
All die kunstvoll geschwungenen Buchstaben, erinnerten ihn an die Kurven der schwarzhaarigen Schönheit, die ihn bis in seine Träume verfolgte.
Er musste sie haben.
Es würde sicher nicht einfach werden, sie Foucault, dem Besitzer des Champignon Vénéneux, abzuluchsen und ganz bestimmt würde es teuer werden.
Das hieß, wenn sie denn überhaupt sein Eigentum war.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit betrat der in verzehrender Leidenschaft entbrannte Kaufmann die Kaschemme des berüchtigten Franzosen.
Er bestellte sich am Tresen ein Glas Rum und verlangte nach Foucault. Dann setzte er sich an einen Tisch im hinteren Bereich, wo sie sich ungestört würden unterhalten können.
Es dauerte nicht lange und Foucault erschien und setzte sich.
„Monsieur Lüpertz, womit kann ich euch zu Diensten sein?“, fragte er, mit einem Grinsen, das seine Höflichkeit Lügen strafte.
„Ich möchte mich mit euch über eine, wie ich glaube, Bedienstete von euch unterhalten.“
„So, so, möchtet ihr das“, brummte der Franzose und strich sich über seinen vollen, schwarzen Bart. „Und wer soll das sein? Ich habe eine Menge Mädchen hier.“
Dieser grobschlächtige Franzmann, mit seiner seltsamen Frisur, war Georg einfach zuwider. Doch es nützte nichts.
„Sie hat langes, schwarzes Haar und eine schneeweiße Haut“, sagte er.
„Ah, Francesca. Eine Genueserin. Ich warte auf das Lösegeld ihrer Familie.“
„Wie viel habt ihr von ihnen verlangt?“
„Die Bellacanis sind eine überaus wohlhabende Kaufmannsfamilie. Und sehr einflussreich. Sie könnte es mir sehr übel nehmen, wenn ich ihre Tochter einfach so weiterverkaufen würde.“
'Da geht es schon los mit dem Gefeilsche', dachte Georg bei sich.
„Ich verstehe. Wie viel verlangt ihr für eure eventuellen Unannehmlichkeiten?“
„Die Hälfte von dem, was euch euer Freund Kapitän Blake aus England zurückbringt. Und bis dahin bleibt sie hier bei mir.“
„Unmöglich, seit ihr verrückt“, empörte sich Georg. „Ihr solltet nicht so viel von euren Pilzen naschen.“
Foucault verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen und beugte sich vor.
„Ich denke, ich werde heute Abend an etwas viel Süßerem naschen, wenn ihr versteht, was ich meine.“
Dem Kaufmann war klar, dass der schmierige Fliegenpilzpanscher nur den Preis hochschrauben wollte. Daher, beherrschte er Ekel und Zorn.
„Hört zu und seid vernünftig. Ich gebe euch 100 spanische Dublonen. Hier und jetzt.“
„Wie gesagt. Die Hälfte. Denkt darüber nach. Ich muss euch kurz allein lassen.“
Damit erhob er sich und ließ einen wutschnaubenden Georg Lüpertz zurück.
Was sollte er nun tun, fragte dieser sich. Keine Frau der Welt war eine solche Summe wert. Er könnte sich an den Gouverneur wenden, der bei ihm hoch verschuldet war. Oder er könnte sie einfach entführen lassen. Aber beides könnte zu Problemen führen. Wenn, dann musste er dieses Stück französische Hundescheiße beseitigen lassen.

„Verzeiht, dass ich euch warten ließ“, hörte er Foucault sagen, der an den Tisch zurückkam.
„Und schaut nur, wen ich mitgebracht habe.“
Lüpertz drehte den Kopf zur Seite und da war sie. Haar wie Ebenholz, die Haut so weiß wie Schnee und die Lippen so rot wie Blut.
Sie trug ein Tablett voller Speisen und stellte diese jetzt, vor die beiden Männer, die um ihre Zukunft feilschten.
Georgs Blick versank zwischen ihren wogenden Brüsten, wie eine Schaluppe zwischen zwei Wellenbergen und er spürte, wie ihm das Blut zwischen die Beine schoss.
Als Francesca aufgetragen hatte und sich zum Gehen schickte, schlug Foucault ihr so heftig auf den Hintern, dass sie das Tablett fallen ließ und sich nur mit Mühe auf den Beinen hielt.
„Heb das auf oder willst du die Peitsche spüren?“, herrschte er sie an.
„Ich glaube, sie hat insgeheim Gefallen daran“, sagte er laut genug zu Georg, dass sie es auch hören konnte.
Georg sah die Scham und Verzweiflung in ihrem schönen Gesicht und seine Wut wurde übermächtig.
„Hört zu Foucault, nehmt das Gold oder ihr werdet es bereuen. Ihr wisst, ich bin ein mächtiger Mann auf dieser Insel. Dem Gouverneur ist euer exklusives Gewerbe schon lange ein Dorn im Auge und er könnte euch ohne viel Federlesens als Rattenfutter in den Kerker werfen lassen.“

Falls diese Drohung eine Wirkung auf den Adressaten hatte, ließ dieser sich nichts anmerken.
Er griff sich ein Hühnerbein und biss zu. Kauend, sagte er dann zu seinem Gegenüber: „Ihr seit ja ganz aus dem Häuschen. Warum esst ihr nicht etwas? Das beruhigt die Nerven.“
„Danke, aber ich bin nicht hungrig“, erwiderte Georg.
„Nein, blind seit ihr vor Geilheit auf diese italienische Schlampe. Ich will euch mal etwas erzählen. Wir mussten sie an allen Vieren festbinden, damit wir an ihr Schatzkästchen kamen. Mit der werdet ihr nicht viel Freude haben.“
Seit seinen Kriegserlebnissen verabscheute Georg Lüpertz Gewalt. In diesem Moment jedoch konnte er sich nur mit allergrößter Mühe davon abhalten, der von Narben entstellten Visage, die ihn schmatzend und kauend ansah, ein dutzend weitere hinzuzufügen und ihm die Kehle durchzuschneiden.

Didier Foucault wischte sich mit dem Handrücken den Mund und die fettigen Hände an seiner Hose ab. Dann sagte er: „Ich will keinen Streit mit euch. 150 Dublonen und sie gehört euch. Möge der Klabautermann euch beide holen. Das ist mein letztes Wort.“
„Einverstanden“, sagte der Kaufmann. „In einer halben Stunde bin ich zurück.“


Georg öffnete die Tür und bat Francesca einzutreten.
„Das wird dein neues Zuhause sein. Ein Zimmer ganz für dich allein. Lulu wird dir ein Bad einlassen. Sie wird dir auch alles hier zeigen. Auf dem Bett liegt ein Kleid für dich. Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir zum Abendessen Gesellschaft leisten würdest.“
„Was habt ihr mit mir vor?“, fragte sie.
„Hab keine Angst. Wir unterhalten uns beim Essen.“
„Lulu!“, rief Georg und schon erschien die junge Mulattin.
„Ja, Sire.“
„Hilf Francesca beim Baden und Ankleiden. Dann zeige ihr das Speisezimmer.“
„Jawohl, Sire.“
Damit ließ Georg die beiden allein.

Zum wiederholten Male blickte Georg auf seine Taschenuhr. Was dauerte das so lange?
Gerade wollte er nach Lulu rufen, als es kaum hörbar an der Tür klopfte.
„Komm herein“, rief er und stand auf, um seinen Gast zu begrüßen.
Francesca trat ein, schloss die Tür hinter sich und blieb vor ihr stehen.
„Gefalle ich euch so?“, fragte sie.
Georgs Mund wurde so trocken wie ein Segel in der Sonne.
„Schneewittchen“, sagte er tonlos.
Schneewittchen
@isadora_from_harbinger_chronicles_by_dashinvaine_d6z87yg-pre
**********silon
6.628 Beiträge
Im Fluss
Wiegeland der Schreckliche lag krank in einer Ecke der Abstellkammer des Hauses seiner Besitzerin. Man hatte ihn mit losen Knopfaugen und fadenscheinigem Bauchfell im Staub der vergessenen Dinge zurückgelassen und Gras über die Sache von damals wachsen lassen.
Denn er war es zu jener Zeit mit ziemlicher Regelmäßigkeit gewesen, der an den Marterpfahl der Großstadtindianer gebunden worden war, um das Opfer seiner Besitzerin zu mimen. Nur damit ihr selbst die Unannehmlichkeiten der Folter durch die Bande der Nachbarskinder erspart geblieben war und niemand sie nach dem Preis ihres letzten Tauschhandels fragen würde.

So stand Mone im Türrahmen der besagten Kammer des Vergessens und hatte sich über die Jahre bei Wiegeland dem Schrecklichen hoch verschuldet, um nicht zu sagen schlimm verknechtet.
Als sie ihren alten Kameraden endlich unter all dem Geröll ihrer längst verstorbenen Familie gefunden hatte, fühlte sie seinen reichen Einfluss auf ihr Gemüt. Sie spürte, wie sich der lose Blick seiner halb aus dem abgewetzten Kopf heraushängenden Knopfaugen tief in sie hineinbohrte, um sie schuldig zu machen.
Schuldig ob ihrer verschütteten Erinnerungen an ihre gemeinsamen vergangenen Jahre. Schuldig ob ihrer Drohung von vor Jahren, ihn für immer dort zu belassen, wo sie ihn damals in ihrer Wut hingeschleudert hatte, weil er sie hatte nicht beschützen können vor den Häschern ihrer Kindertage in der Nachbarschaft. Und schuldig ob des Preises, den sie damals nicht gezahlt hatte, um sich ihrer Haut zu erretten.

Heutzutage juckte ihr diese gelegentlich die Seele aus dem Leib. Und zwar immer dann, wenn sie die Schuld von damals verspürte und ihr Heil in anderen Dingen suchte, um sich mit den Stehrumchens in ihrer eigenen Wohnung zu unterhalten.
Und das war immer dann der Fall gewesen, wenn sie die Ablenkung im Nichtschlafen aufsuchte und den Trost in ihrer Arbeit fand. Denn sie war eine Lebenskünstlerin, die es verstand, den Klee beim Mondschein zu loben und zu ernten und daraus dann das feine Gespinst ihrer Geschichten zu weben.

So wie im Augenblick des Jetzt, als Wiegeland der Schreckliche mit seinen Hundepfoten über das Papier auf ihrem Schreibtisch tapste und ihr von seinem Dasein als Geist in der Plüschtierhölle berichtete, während Mone sogar gar nicht im Fluss mit sich selbst zu sein schien …

© CRSK, Le, 10/2022

8 Reizworte:

  • Unannehmlichkeiten
  • Drohung
  • Preis
  • Haut
  • einflussreich
  • unterhalten
  • verschuldet
  • festbinden

Sei im Fluss mit dir selbst - .... Pixabay sei Dank.
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.