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Geschichtenspiel Teil 45

*******d18 Frau
6.873 Beiträge
Liebe @*****e_M ,
Ich benutzte Monsignore in meiner Geschichte in der ursprünglichen Bedeutung. Ich hoffe, dies ist durch den Inhalt klargestellt worden. Außerdem ergänzte ich eine entsprechende Erklärung im „Vorspann“.
*****e_M Frau
8.486 Beiträge
Alles gut @*******d18

Ich wollte nur mein persönliches erweitertes Verständnis dieser Bezeichnung kundtun....
*****ida Frau
17.691 Beiträge
KW 22
Sie lag träumend im Gras. Die Sonnenstrahlen, die durch das unglaubliche Blau des Himmels stachen, wurden vom dunklen See reflektiert. Was, so sinnierte sie, wenn auch alle Gedanken, alles Gesagte, alle Intimität, die zwischen Julian und ihr aufgeflammt war in den letzten Wochen, nichts weiter war als Reflektion? Als Fantasie?

Vergänglich wie der Frühling, der sich mit schnellen Schritten in den Sommer verabschiedete und, kaum richtig genossen und wahrgenommen, schon vorbei war.

So schnell verhallt wie der ferne, schwärmerische Gesang der Nachtigall, die sie morgens, noch im warmen Bett liegend, hören konnte?

Schwachsinn, wie sollte das möglich sein?!

Das, was sie für Julian fühlte, tief in ihrem Inneren, in ihrem Herzen, in ihrer Seele – das war real. Das musste real sein! Das war wirklich, echt, wahr! Das spürte sie doch, das fühlte sie, das hatte sie bis ins Mark getroffen! Das konnte nur echt sein. Tief empfunden, wahrhaftig, ganz. Julian war ihre fehlende Hälfte, war ihr Seelenverwandter. Das musste so sein. Das war so.

Es musste irgendwo in diesem sagenhaften Buch stehen, in dem das Schicksal der Menschen aufgezeichnet war – sie hatte den Namen vergessen – und war schon vor ihrer beider Geburt klar gewesen. Schon Shakespeare hatte von ihnen gewusst, das war doch sonnenklar!

Warum auch sonst hätte der Monsignore, als er sie in der Wiese am Bach liegend in trauter Zweisamkeit gesehen hatte, derart heftig reagiert? Warum sich in diese rasende, moraltriefende, bösartige Tirade gesteigert?

Er hatte es auch gespürt, ganz klar.

Zufrieden mit sich, ihrer Liebe und der Welt stand sie auf, sah Julian vom Wohngebäude aus auf sie zu laufen und stürzte ihm glücklich entgegen. „Romana, meine Liebe!“, seufzte er und schloss sie fest in seine Arme.
*******tia Mann
5.149 Beiträge
Grandios, @*********rlust ... so gesehen ist der heiligen Stuhl auch nur ein Haufen brauner Scheiße.
*****e_M Frau
8.486 Beiträge
Neue Wege
Es begab sich zu der Zeit, als der Ungenannte seine Papstregentschaft inne hatte, dass in den Beichtstühlen der Heiligen Stadt etwas völlig Neues getestet wurde.



Da die Kathedralen immer weniger Besucher aufwiesen und damit einhergehend auch die Goldreserven immer weiter abschmolzen, gründete der oberste Rat eine Findungskommission um diese Entwicklungen zu stoppen.

Ob dabei eine Reflektion über die Hintergründe gewünscht war blieb zunächst im Unklaren. Die Einen sagten so und die Anderen so.

Francesco, ein Monsignore gebürtig in Brescia, übernahm die Koordination. Und so kam es, dass man sich genau am Iden des März, also am 25.03. nahe der Katakomben des Calisto traf.

Ein schmuckes kleines Hotel wurde angemietet. Man wollte sich bewusst ausserhalb der vatikanischen Mauern versammeln. Und dafür bot sich dieser Ort an der Via Appia Antica ganz besonders an.

Nachdem die kleine überschaubare Gruppe die jeweiligen Zimmer bezogen hatte traf man sich an der Bar.

„Ich habe für Morgen bereits etwas vorbereitet“, konnte man Francescos Stimme aus dem Knäuel von Soutanen und kahlköpfigen Schädeln vernehmen, „deshalb schlage ich vor, jeder nimmt sich ein Script, schaut kurz hinein, sagt dann ob wir so starten können, und wer es für Schwachsinn hält, nur frisch heraus, ich kann Kritik vertragen“.

Mit grossem Geraschel griffen die Herren nach den Papieren, die in blauen Mappen auf einem Tisch lagen. Einige nahmen ihre Gläser und verzogen sich in die Nischen des Raumes, andere blieben am Tresen angelehnt stehen und begannen zu lesen.

Im Raum schwebte eine gewisse Intimität, die alle beim Lesen ständig mehr ergriff. Hier und da atmete man tief ein, auch liessen sich einzelne verstohlene Blicke auf die Uhr beobachten. Silvanus, ein alter Vertrauter Francescos, drückte etwas nervös an seinem Kragen und es schien so, als wolle er mit zwei Fingern etwas wieder und wieder entfernen.

Als der erste seine Stimme erhob um nach einem weiteren Getränk zu fragen, kam spürbare Entspannung in die Gruppe. Aus anfänglichen Gemurmel wurde dann doch ein immer lauter werdender Diskurs. Und nachdem der Kellner alle mit frischen Getränken versorgt hatte, begann Francesco zu sprechen.

„Wenn wir als Institution überleben wollen, dann ist jetzt Fantasie gefragt. Keinerlei Denkschranken sollte es geben. Nutzen wir unser empathisches Knowhow und wagen wir etwas Neues. Begegnen wir den Menschen in ihren eigenen Themenbereichen. sprechen wir aus, was andere nicht zu denken wagen. Das ist die Chance unsere besondere Seelsorgekompetenz unter Beweis zu stellen.“

Zwischen den schwarzen Röcken der Zuhörer kam Bewegung auf.

„Damit machst Du den Ungenannten rasend“, rief einer. „Christlich ist der Vorschlag ja unbedingt“ ein anderer. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, der passende Slogan“ kam von dem kleinen Johannes rechts hinten, der häufig nur mitleidige Blicke erhielt, weil man von seinem Tattoo mit eindeutig erotischem Motiv wusste.

„Also, liebe Brüder, ich freue mich, dass ihr mich nicht spontan gekreuzigt habt. Erotik und Kirche sind meiner Meinung nach sehr miteinander verwandt. In beiden Bereichen geht es um Hingabe, Tiefe, Befriedigung und dadurch auch Lust. Ja, sprechen wir uns für eine lustvolle Kirche aus, die Transformation, aber auch der Bestand unserer Institution kann gelingen, wenn wir diese Chance ergreifen. Morgen dann mehr in unserer Sitzungsrunde. Bringt Euch ein. Vielfalt, auch im Denken, ist das A und O, wenn ich mal dieses Beispiel bemühen darf.“

Er grinste breit und sein gebräuntes Gesicht strahlte.

Mit seinem Glas prostete er den anderen zu. „Auf ein gutes Ergebnis unserer Zusammenkunft“. Die Runde nickte sich zu und trank gemeinsam.

„So, jetzt gibt es das berühmte Abendessen der Signora Marcella, deshalb sind wir schliesslich auch hier in der Residenza San Calisto.

Anschliessend biete ich einen Ausflug in die Katakomben an. Der eine besondere Raum ist wieder geöffnet und wie ich hörte, hängt auch ein neues Andreaskreuz.
Diamo il nostro riferimento all'apostolo Andrea.
Questo è certamente nella tua mente?“

„Und die Signora mit dem roten Kleid“ rief der kleine Johannes fragend. „Fratello, das musst du schon selbst herausfinden“, rief Francesco und band sich die weisse grosse Leinenserviette um den Hals.
*****ida Frau
17.691 Beiträge
*klugscheisser* ja, kleiner Fratello Giovanni, guardi e studi! *gg*
*****e_M Frau
8.486 Beiträge
Lool! 🤣
*********cht76 Mann
783 Beiträge
Das ausgerechnet an dem Tag, an dem ein verbaler Fauxpas des Francesco aus Buenos Aires durch sämtliche Medien geht. *lol* *bravo* *zugabe*
*****e_M Frau
8.486 Beiträge
@*********cht76

Das war mir bis eben entgangen, sonst hätte ich es irgendwie verwurstet…
*********cht76 Mann
783 Beiträge
Fantasie
Intimität
blau
rasend
fern
Monsignore
reflektieren
Schwachsinn

Nach dem Frühstück und einer langen Diskussion über Hexamine ging Witchitas Unterricht mit der Zusammenstellung eines hexaminoptimierten Speiseplans für den Tag weiter. Sally, Schwarzer Kojote, Frances und Deborah lernten eine Reihe von Lebensmittelzaubern. Nach einiger Zeit schwirrte Sally so der Kopf von süßem Salz, Bitterzucker und gebratenem Wasser, dass es ihr gelang, anstelle der Glasur für den Kuchen, den es am Nachmittag geben sollte, Deborahs Haare pink zu färben. Die nahm es glücklicherweise gelassen und meinte, das werde sich schon in wenigen Tagen von selbst wieder richten. Witchita nahm den Vorfall aber zum Anlass, eine Pause auszurufen: „Vielleicht habe ich mir doch etwas zu viel für den Vormittag vorgenommen. Wir machen jetzt eine Weile Pause. So lange muss der Fledermausbraten jetzt sowieso im Ofen bleiben. Wer jetzt der Intimität frönen möchte, darf das gerne tun, aber bitte nicht hier drinnen. Ich habe aus gegebenem Anlass den Schallschutz für mein Haus verstärkt. Draußen gibt es jede Menge gemütliche Verstecke. Aber was rede ich – Sally kennt die ja schon.“

Das ließen sich Sally und Schwarzer Kojote nicht zweimal sagen. Nachdem sie es bereits beim Frühstück geschafft hatten, sich mit ihren Blicken bis auf die Unterwäsche auszuziehen und immer wieder hatten aufstehen müssen, um davongeflogene Kleidungsstücke wieder einzufangen, konnten sie sich nur noch mit Mühe zusammenreißen.

Es war ein sonniger Tag, der Himmel war blau, und Sally schlug vor, den Weg hinunter zum Fluss zu nehmen. Ein Kleidungsstück ums andere flog an den Wegesrand, und endlich störte es niemanden mehr. Doch als schließlich beide so voreinander standen, wie die Natur sie erschaffen hatte, hörten sie von fern eine Stimme laut „Sally!“ rufen. Nur dank eines schnellen Hexenspruchs waren Sally und Schwarzer Kojote wieder angezogen, als Sallys Schwester Anne vor ihnen stand.

„Endlich habe ich dich gefunden, Sally! Ich habe schon seit gestern Mittag ununterbrochen nach dir gesucht. Du glaubst gar nicht, wo ich überall war. Die Prärie ist ja so unheimlich mitten in der Nacht. Oh, ich störe doch hoffentlich nicht? Eure Hexenklamotten sind aber auch sowas von schick, das möchte ich auch! Aber weißt du, Dad meinte gestern, er will dich überhaupt nicht wieder zurückhaben. Und Paddy hat was von Exorzismus gefaselt. Und was macht Mom? Die sagt ja eh nur zu allem ja und amen, was die Männer verlangen. Das hat mich so rasend gemacht, da bin ich auch abgehauen. Da bin ich natürlich direkt Jack in die Arme, aber der hört mir auch nicht zu. Typisch Mann, wenn du mich fragst. Erzählt mir nur einen von Präsident Jackson, und dass er die Indianer vertreiben will. Dabei haben die ihm doch überhaupt nichts getan! Die wohnen hier doch schon viel länger als wir! Und dann hat mir Mrs Kelly erzählt, dass Pater Donnelly einen Brief an Monsignore Miège [1] schreiben will, dass der aus Leavenworth zu uns kommen soll, um eine Teufelsaustreibung durchzuführen! Also reflektieren die denn alle überhaupt nicht, was die für einen Schwachsinn erzählen? Du hast doch mit dem Teufel nichts am Hut. Im Gegenteil, ich habe mir fest vorgenommen, auch Hexe zu werden, genau wie du, und da wird es doch wohl irgendeinen Weg geben, selbst wenn das mit diesem Reihereierlikör nicht klappen sollte. Da können die Jungs jetzt mal sehen, wie die den Haushalt ohne uns beide geschmissen kriegen! Nix mehr mit bedienen lassen und auf die Bibel berufen! Alles können die Mom schließlich auch nicht allein aufladen. Aber jetzt müssen wir noch dringend die Indianer warnen. Hatte ich eigentlich erzählt, was Jack vorhat mit den Indianern? Also, …“

„Anne, jetzt hör mir bitte auch mal zu! Zufällig steht hier einer von den Indianern vor dir. Das ist Schwarzer Kojote, mein Freund!“ Demonstrativ schmiegte sich Sally an ihn an. Es folgte ein langer, leidenschaftlicher Kuss.

„Boah, Sally“, platzte es aus Anne heraus, „das hättest du mit Jack nie gemacht! Das sieht richtig echt aus, so romantisch, und nicht mehr nur reine Fantasie! Hach, muss Liebe schön sein! Frei von irgendwelchen Zwängen, und niemand, der einem sagt, putz die Küche, hol Wasser… Und einfach nur auf dem Besen durch die Weltgeschichte fliegen. Bitte, bitte macht mich auch zur Hexe! Dann helfe ich auch mit, das Indianerdorf zu retten. Dann kriegt dieser Jack mal ordentlich eins auf die Nüsse. Meine Schwester einfach so sitzen lassen! Das verzeihe ich dem niemals!“

„Ähm, Anne – wir wissen schon über alles Bescheid und haben alles im Griff. Komm erstmal mit, bei uns gibt es gleich Mittagessen, du musst doch einen wahnsinnigen Hunger haben!“

„Genau“, ergänzte Schwarzer Kojote, „und würdet ihr dann bitte auch damit aufhören, uns immer als Indianer zu bezeichnen? Wir sind hier schließlich nicht in Indien. Wir gehören zum Volk der Kiowa und sind stolz darauf!“


[1] John Baptiste Miège (1815–1884), ab 1850 erster Apostolischer Vikar der Indianerterritorien östlich der Rocky Mountains (später Apostolisches Vikariat Kansas, dann Bistum Leavenworth, heute Erzbistum Kansas City)
Me 2
*********ld63 Frau
8.430 Beiträge
Oh wow, @*********cht76, jetzt geht´s aber zur Sache zwischen Sally und schwarzer Kojote! *anmach*
Und eine weitere Hexe aus dieser Familie - klasse! *bravo* Bin gespannt, wie es weiter geht! *ggg*
2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
3.310 Beiträge
Fantasie
Intimität
blau
rasend
fern
Monsignore
reflektieren
Schwachsinn

Es war schon spät am Abend. Dennoch zeigte sich die Sonne am Horizont, wenngleich sie mit dem Abendrot signalisierte, dass sie gedachte, schnellstmöglich ihren Heimathafen anzusteuern.
Tanya schloss die Augen. Nicht, weil die Reflexionen ihre Sicht beeinträchtigten. Das war jetzt gar nicht möglich, da sie doch eine Sonnenbrille trug. Eine ziemlich große Sonnenbrlile, die auch das blaue Auge verdecken sollte. Die hauptsächlich das blaue Auge verdecken sollte, das er ihr beigebracht hatte.
Oh, wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte er ihr noch wesentlich mehr beigebracht.
Zum Beispiel, dass seine rasende Wut nur durch sie entfacht würde. Sie, sie allein war schuld, wenn er sie verprügelte, verprügeln musste! Sie war, wenn er, der Monsignore der Nutten hier rund um Dresden nichts besseres zu tun hatte, als ihr durch alle Härte, die ihm zu Gebote stand, ihre schwachsinnigen Ansichten aus dem Leib zu prügeln.
Natürlich hätte er gerne, viel lieber sogar, die Zeit dazu genutzt, um seine speziellen Fantasien an ihr auszuleben. Aber sie musste ja unbedingt so tun, als wäre sie ein Mensch mit eigenem Willen und eigener Entscheidungsfähigkeit. Dass dies fern jeglicher Realtität war, musste sie halt spüren, denn selbst seine Eltern hatten ihm deutlich vor Augen geführt:

Wer nicht hören will, muss fühlen.

Zeit, sich zu sammeln.

Monsignore war nun weit weg. Sie hatte die Distanz hergestellt, indem sie sich bei der nächstbesten Gelegenheit in den Zug gesetzt hatte. Heim zu Mama. Weit weg von allem, was er symbolisierte. Nicht nur, damit er sie nicht mehr mit Gewalt und Drohungen einschüchtern konnte. Auch, um diese Art der Intimität zu verhindern, mit der er sie immer wieder dazu bringen konnte, zurückzukehren.
Auch aus diesem Grunde hatte sie ihn bei sämtlichen Medien blockiert: Facebook, Tiktok, Whatsapp - alles, was sie gemeinsam genutzt hatten, war nun entweder mit Blocks versehen - oder sie hatte sich selbst auf diesen Plattformen gelöscht.

"Es gibt doch 50 Tipps, ihn zu verlassen".... Ein Song, uralt. Nicht ihr Style. Und doch... Er setzte sich fest, war gekommen um zu bleiben - damit sie realisieren konnte, dass niemand sie daran hindern konnte zu gehen.

Es ist 0:26 Uhr. Noch 12 Minuten, noch 3 Haltestellen. Und sie weiß: Dort wird ihre Mutter warten. Am Bahnsteig. Sie wird warten, bis ich aus dem Zug steige. Sie wird mir die Sonnenbrille abnehmen und die Wunden küssen, die er geschlagen hat. Sie wird keinen Kommentar abgeben und für mich da sein. Ohne Vorwürfe. Ohne "Ich habs Dir ja gesagt" - Plattitüden.

Und sie weiß: Sie wird all das, was in den letzten 5 Wochen passiert ist, erzählen. Und sie, die Mutter wird zuhören. Sie in den Arm nehmen. Ihr zeigen, dass der nun eingeschlagene Weg der richtige ist.

Heute schrieb ich - zu einem anderen Thema: "Wir werden sehen".

Und so, so glaube ich, wird auch sie lernen, damit - mit einfach allem! - umzugehen.
*******d18 Frau
6.873 Beiträge
Schwere Kost, @********elle .
Sie wird es lernen, die Geschichte soll nicht umsonst geschrieben sein.
*******tia Mann
5.149 Beiträge
Wahnsinn, wie wild hier schon wieder geschrieben wird. Ich komme nicht nach mit Lesen... sorry. Einfach nur Klicken kann ich nicht ...
*hund* So hechele ich hinterher ...
*****ree Frau
21.901 Beiträge
@********elle so schön von dir zu lesen, auch wenn es schwere Kost ist. *top*
*****ove Mann
207 Beiträge
Innere Sicherheit
Er hieß Fanta. Sie wurde Bluna gerufen. Ein Paar. Bluna und Fanta Blau. Schon die Namen zeugten von ihrer Naivität.
Monsignore Schwach sinnierte seit Tagen darüber nach, wo er die zwei Gestalten einsetzen könnte, ohne das ganze Projekt zu gefährden. Seit der Kirche die Mitglieder wegbrachen wie dem Nordpol die Gletscher, musste er bei der Inneren Abwehr mit Personal auskommen, das jeder Beschreibung spottete. Nun gut, es lag natürlich auch an der Menschnkenntnis und der fortgeschrittenen Altersdemenz seines Kardinals, der zwar schon immer beliebte, seiner ganzen Familienblage Pöstchen in der heiligen Stadt zu besorgen, doch im letzten halben Jahr dafür wohl nur noch den Bodensatz zur Verfügung hatte. Und gerade in seiner Abteilung brauchte es doch Personen, die zumindest einen Rest Grips in der Birne haben, um ihre Handlungen wenigstens ansatzweise reflektieren zu können. Wie sollte die Innere Abwehr richtig funktionieren, wenn man ihm nur Dilletanten unterjubelte?

Nein, auf den ominösen Maulwurf der Muslime in der Kurie konnte er die Zwei wirklich nicht ansetzen. Es ginge keinen Tag, bis sie sich selbst enttarnt hätten. Allerdings - ja, das wäre natürlich eine Idee - da die Innere Abwehr auch für die Überprüfung der Finanzen auf Mängel und Verschwendung zuständig ist, könnte er die Beiden dort einschleusen. Bald schon wäre dadurch der Ruf seiner Abteilung so im Keller, dass sie keiner mehr ernst nähme. Der Maulwurf dürfte sich sicherer als je zuvor fühlen. Prima!

Dann würde Tim keinen Verdacht mehr auf sich lenken, wenn er sich bei der Kurie als Bote zischen den Kardinalpräfekten bewarb.
Da sein bisheriger Ruf als Sprecher des Verwaltungsgerichts und Verbindungsglied zu den römischen Behörden untadelg war, würde er in die engere Wahl kommen und die Überprüfung aller Kandidaten durch die Innere Abwehr ihn als einzig geeigneten Kandidaten übrig lassen.

Wie es seine Haushälterin jedesmal zu sagen pflegte, wenn Tim mal wieder zu einem ihrer "Abendessen ohne Wanzen" bei ihnen gewesen war: "In Tim i tät vollste Vertraue abbe! Iste eine kleine Charmeure, abber eine solch Uomo d'onore. Wenn ich nur wäre eine Donna molto giovane!" Worauf sie Kusshände Richtung Haustüre warf und laut seufzte.
Mir liegt zwar Eifersucht fern, doch es machte mich bisher jedesmal rasend, wenn sie so schwärmte. Gerade weil sie ja Recht hat und mir solch männliche Eigenschaften selbst völlig abgehen. Leider.

Nichtsdestotrotz - Problem gelöst. In schāʾa llāh!
*****ove Mann
207 Beiträge
@********elle
Bedrückend echt! Genial geschrieben. *spitze*

@*********cht76
Wenn die Zugroasten Verwandten von Trump direkt bei der Einreise erst ein paar richtige Kiowatschn bekommen hätten .... *bravo*

@*****e_M
Bald wird es in den Kathedralen nur noch Kathedern, dann brauchen sich die Herren nicht mehr in HinternZimmern verstecken. *top2*

@*****ida
Wie romantisch! Streut alle Zweifel in die Ohren der Monsignoren... *top*

@*******d18
Zölibat zwingt die Sinne schwach zu werden. Im Sinne von abgestumpft. In die andere Richtung des Schwachsinns führt es soooo viel tiefer! *smile*

@*********ld63
Geschrieben Mai 1841? Da warste aber noch sehr jung, gell!
Mich trösten winkende Zweige auch immer wieder, auch wenn sie den Irrsinn nicht verhindern können *hi5*
*******nd29 Mann
726 Beiträge
Fantasie
Intimität
blau
rasend
fern
Monsignore
reflektieren
Schwachsinn


Der Schlüssel

Monsignore Luigi Bianchi, ein würdevoller Mann von mittlerer Größe und mit einem Schnurrbart, der genauso perfekt getrimmt war wie seine Moralvorstellungen, saß an seinem massiven Schreibtisch in der prächtigen Kanzlei seiner Gemeinde. Fehltritte seiner Schäfchen machten ihn rasend, jedoch konnte sich selbst gut reflektieren und ungehemmte Reaktionen waren ihm fern. Er war bekannt für seine Fähigkeit, selbst die verzwicktesten Probleme mit einem Lächeln und einem Zitat aus der Bibel zu lösen. Doch an diesem Morgen war sein Gesicht sorgenvoll.

„Monsignore, es gibt eine dringende Angelegenheit“, sagte Schwester Maria, als sie hastig in sein Büro trat. Sie hielt ein kleines blaues Paket in der Hand, das ihr sichtlich Unbehagen bereitete.

„Was haben wir denn hier, Schwester?“ fragte Luigi, während er sich zurücklehnte und seine Finger vor sich verschränkte.

„Es wurde anonym an die Tür der Kirche geliefert“, antwortete sie mit einem nervösen Blick. „Niemand weiß, von wem es kommt.“

Luigi nahm das Paket und untersuchte es sorgfältig. Es war schlicht verpackt, ohne Hinweise auf den Absender. Er öffnete es vorsichtig und fand darin einen alten, verstaubten Schlüssel und einen handgeschriebenen Zettel: „Dieser Schlüssel öffnet die Tür zu einem Geheimnis, das seit Jahrhunderten verborgen liegt.“

Der Monsignore war erstaunt, mit welcher Intimität der unbekannte Schreiber ihm diese Offenbarung anvertraute. Dabei spukte direkt eine Passage aus dem Matthäusevangelium durch die Windungen seines Gehirns: "Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein."

Ein Abenteuer, dachte er sich und spürte, wie seine Neugier geweckt wurde. Seine Fantasie begann sich auszumalen, was dieser ominöse Schlüssel wohl ans Tageslicht bringen würde. Es war eine willkommene Abwechslung zu den sonst eher beschaulichen Aufgaben.

Am nächsten Morgen, in den frühen Stunden, als die ersten Sonnenstrahlen durch die bunten Kirchenfenster fielen, stand Luigi vor einer alten Holztür im Keller der Kirche. Er hatte diese Tür schon oft gesehen, aber nie beachtet. Er fragte sich voller Vorfreude, welche himmlischen Gaben sich wohl hinter dieser Tür verbargen. Er zögerte. Wenn nun ein von Schwachsinn Getriebener sich nur einen Scherz mit ihm erlauben würde? "Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.", so schreibt Jakobus, doch ist ein Zettel eines Fremden nicht mit dem Wort Gottes zu vergleichen. Würde er jetzt aber nicht handeln, dann würde er allerdings den Wahrheitsgehalt der Botschaft nicht herausfinden. Mit dem antiken Schlüssel in der Hand und einem entschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht schloss er die Tür auf. Tatsächlich öffnete sie sich.

Hinter der Tür fand er eine schmale, steinerne Treppe, die hinab in die Dunkelheit führte. Mit einer flackernden Kerze in der Hand stieg er vorsichtig hinab. Jeder Schritt hallte gespenstisch in der Stille wider. Am Ende der Treppe fand er eine kleine, feuchtkalte Kammer. In der Mitte der Kammer stand ein alter Holzsarg, der mit kunstvollen Schnitzereien verziert war.

Als Luigi den Sarg vorsichtig öffnete, erwartete ihn eine überraschende Entdeckung. Im Inneren befand sich kein Leichnam, sondern eine sorgfältig gefaltete, alte Robe, ähnlich derjenigen, die Bischöfe tragen. Auf der Robe prangte ein Emblem, das er sofort erkannte: Es war das Symbol der alten Abtei, die einst an diesem Ort gestanden hatte, Jahrhunderte bevor die jetzige Kirche gebaut wurde.

Zusammen mit der Robe fand Luigi einen vergilbten Brief, dessen Schrift so alt war wie die Robe selbst. Der Brief war an einen Bischof adressiert, dessen Name in der Geschichte der Kirche kaum Erwähnung fand. Der Schreiber des Briefes, ein Mönch der alten Abtei, hatte ein Rezept zum Brauen eines starken Bieres verfasst.

Luigi, der den Alkoholgenuss von der Kanzel immer verteufelte, schloss einen Vertrag mit der örtlichen Brauerei und konnte damit Einnahmen für den Erhalt der Kirche und gemeinnützige Projekte gewinnen. Nun ließ er mit seinen bierlaunigen Gemeindemitgliedern auch mehr Gnade walten.
*********ested Mann
435 Beiträge
Ein Abend am Meer

Die sanfte Brise spielte mit ihren Haaren, und sie blickte über die schilfbedeckten Sonnenschirme auf das ruhig liegende Meer. Irgendwie war Schilf im Trend, doch hier in Apulien fühlte es sich ein wenig fremd an. Gerade war der rote Glutball der Sonne hinter dem Horizont verschwunden, und der Himmel brannte noch in einem intensiven Abendrot, das vom Rot-Violett der wild rankenden Bougainvillea, dem Orange ihres Spritz und dem Grau-Blau des Meeres noch unterstrichen wurde.

Sie liebte diese Zeit im Giardino Monsignore, denn die Tagesgäste hatten den Strand bereits verlassen, und die Abendgäste waren, so spät in der Saison, noch nicht da. Stefano war so nett gewesen, die allgegenwärtige Musik leise zu stellen, sodass sie das sanfte Klickern der Steine hören konnte, wenn sich die Wellen wieder zurückzogen. Manchmal war es eben doch vorteilhaft, wenn man die Landessprache sprach und dazu noch blond und langbeinig war.

Stefano lächelte, als er die frisch gegrillte Dorade vor ihr auf den Tisch stellte. So ließ sich leben. Was brauchte sie mehr, als auf der Terrasse zu sitzen, das Abendrot zu betrachten, die leichte Brise auf der Haut zu spüren und sich auf den gegrillten Fisch zu freuen? Sie blickte auf die Uhr. Etwas gab es da noch, was sie sehnsüchtig herbeisehnte. Wenn sie an Paul dachte, zuckten ihre Mundwinkel und ihre Fantasie schlug die wildesten Kapriolen. In wenigen Minuten würde er im Flugzeug sitzen und sich auf den Weg machen. Mit der nötigen Menge Melatonin war auch ein gesegneter Schlaf und damit eine ausgeschlafene Ankunft sicher. Nach der Ankunft konnte sie garantieren, dass er hellwach bleiben würde.

Der Fisch und der Wein waren ein Gaumenschmaus. Auch das Dolce und der Espresso steigerten den Genuss, doch der wahre Höhepunkt lag noch vor ihr. Sie betrachtete die anderen Gäste und ließ genüsslich den optimal gekühlten 2021 Giancòla Malvasia Bianca Salento über ihre Zunge rollen. Sie war schon leicht angeheitert, aber diese Leichtigkeit machte es umso wunderbarer. In einem Tasting würde sie den Wein als glänzend strohgelb mit goldenen Nuancen beschreiben. Er besaß eine feingezeichnete Nase, mit Noten von kaltem Rauch, Ananas und einem Touch Banane und Muskatnuss. Am Gaumen spielte er mit konzentrierter Frucht, pfeffriger Komponente und schöner Saftigkeit. Ein wirklich lang anhaltender Genuss, doch diese kulinarischen Beschreibungen waren doch nur ein Herauszögern.

Es war Zeit für den Höhepunkt. Paul so fern und sanft entschlummert über dem Atlantik, sie hier, leicht beschwipst in Mattinata. So sollte es sein. Nachdenklich betrachtete sie die blaugrüne Glasrückseite seines vor ihr liegenden, geklonten Handys, das den sanften Schein der Kerze reflektierte. Es war Zeit für den Showdown. Aus ihrer Pouch entnahm sie das Paper-Wallet und entfaltete es mit, wie sie feststellen musste, doch einer gewissen Erregung. Mit Pauls Handy, der Bitcoin-App und dem QR-Code war es nur eine Sache von Sekunden, um den privaten Key zu importieren. Tatsächlich war es mehr als nur ein Hochgefühl, als sie mit „Move Funds“ die Bitcoins transferierte. Dies war nur der Beginn einer langen Reihe von Transfers und Splits, die es erschweren würden, die Bitcoins zu verfolgen. Natürlich würde eine professionelle Blockchain-Analyse den Weg zu den Kryptobörsen nachvollziehen können, aber bereits bis Paul ausgeruht in San Francisco ankommen würde, waren alle Coins in dreiundzwanzig Ländern ausgecasht.

65.000 Bitcoins bei, was war der aktuelle Marktwert? Uups, 62.217,63 €, das machte dann über 4 Milliarden Euro. Das tat weh, aber sie hatte ihm gleich gesagt, dass so ein Paper-Wallet Schwachsinn sei. Ein klein wenig Intimität und seine natürliche narzisstische Veranlagung hatten ihm aber offensichtlich keine Wahl gelassen, als mit dem Papier zu protzen. Nun ja, wenn er wieder wach und online war, würde ihn seine App über diese Transaktion informieren. Leider entging ihr dieser sicherlich erhebende Moment, wenn er rasend vor Wut seinen geliebten Bitcoins adieu sagen musste, aber er konnte ja versuchen, sie wieder zurückzubekommen. Dumm war nur, dass ihm für die meisten dieser Coins der Besitznachweis fehlte.

Sie war bestens gelaunt, als sie, über den noch warmen Asphalt, barfuß zum kleinen Hafen von Mattinata schlenderte. Heute waren ihr angenehme Träume sicher. Morgen Vormittag würde der bereits ausgeschaltete Handy-Klon seinen Weg über Bord und zum Meeresboden finden. Diese Umweltverschmutzung lag ihr ein klein wenig auf der Seele, aber die Aussicht auf ihre neue Jeanneau Sun Odyssey 469 schaffte da Abhilfe. Ihre jetzige 32-Fuß-Yacht war doch ein wenig eng.

Vielen Dank, mein lieber Paul, und uns beiden beste Träume.

© Moreinterested 06/2024
*********cht76 Mann
783 Beiträge
Wow *anbet*
*****ree Frau
21.901 Beiträge
@*********ested *hutab*
Tolle Wendung, mit der ich nicht gerechnet hätte. *bravo*

@*******nd29
Bier hat doch was gutes 👍

Schöne Stories so unterschiedlich und fein geschrieben.
**********silon
6.369 Beiträge
Reflektion
„Wissen Sie, was hätte passieren können, wenn ich nicht die Zügel in der Hand behalten hätte?“, fragte Lynn Lonely den Monsignore Rigoletta, als dieser ihm in seinem grünlich samtenen Nachthemd gegenübersaß und so aussah, als hätte er eine Robe an, die ihm einen würdigen Amtstitel verleihen würde. Dabei war er doch nur der Hausmeister der Schule von schräg gegenüber. Da er aber damals vor vielen Jahren, als er noch jung gewesen war, eine Pilgerreise nach Rom getan hatte und danach immer steif und fest behauptet hatte, ihm sei der Papst bei seiner Reise auf dem Petersplatz in Rom persönlich begegnet und hätte ihm seinen Segen gegeben, nannten ihn die Leute im Kietz ehrfürchtig den Monsignore. Eben den Monsignore Rigoletta.
Und so antwortete der Monsignore: „Die Geister, die du vor Jahren gerufen hast, wären dich sonst holen gekommen?“ Seine rehbraunen Augen taxierten Lynn und in Gedanken fügte er noch hinzu: „Mal wieder? Weil sie dich sonst auch immer holen kommen wollen?“

Lynns Augen blickten zurück und hielten dem Monsignore stand. „Sie wissen nicht, wie das ist, wenn sich die Stimmen in meinem Kopf manifestieren und jeden Gehörgang, jeden Gedanken und deren Flüsse und Knotenpunkte besetzt halten, so dass ich am Ende nicht mehr weiß, was ist, was war und was vielleicht noch sein wird und nicht mehr unterscheiden kann, ob ich gerade das Kind von gestern bin oder aber der erwachsene Lynn von heute.“
Nichts.
„Wissen Sie, wie das ist, wenn das schlechte Gewissen Sie am Schlafittchen gepackt hält und Sie über Ihren abgrundtiefen Abgründen baumeln lässt, nur um Ihnen weiß zu machen, dass Sie Angst haben müssen, weil die Mans Ihres aktuellen Umfeldes Ihnen Böses wollen, nur weil sie Sie anders wähnen, weil sie von Ihnen glauben zu wissen, dass Sie Fehler begangen haben und weil sie meinen, dass Sie ein Günstling sind und sich nur die Rosinen im Leben herauspicken?“
Nichts.
„Nein, Sie haben gar keine Ahnung und halten das alles für Schwachsinn. Für das Fazit meiner überspannten Fantasie.“, fuhr Lynn Lonely fort, und ihm war zugleich heiß und kalt zumute. Denn solcherlei Intimitäten ließ er nur selten so unverblümt und decodiert zu. Es hätte ihn ja sonst auch noch angreifbarer für den eventuellen Unbill seiner Nachbarn machen können.
Und wenn er dem Monsignore jetzt noch gestanden hätte, dass er ihn für sein kritisches Überich hielt, dass ihm an dieser Art von Tagen immer arg zusetzte, so hätte man ihn vermutlich tatsächlich endgültig für verrückt erklärt.

Deshalb ließ er nichts in dieser Richtung verlauten, sondern pflegte weiter seine Rechtfertigung vor dem Herrn, obwohl er schon lange nicht mehr an ihn glaubte. Noch nicht einmal mehr die Form der Huldigung seiner selbst und der Feier seines eigenen Körpers und seines bisherigen Daseins wollte er mehr wahren, so sehr glaubte er an die Geister, die er selbst gar nicht gerufen hatte, sondern die ihm vom Leben der anderen in die Kinderstube seines krausen Darmes gelegt worden waren.

Stattdessen nahm Lynn sich den Monsignore Rigoletta zur Brust und zupfte hier und da an dessen grünlich samtenen Nachtgewandt herum, bis dieser schließlich so aussah wie sein plüschiger Hausdrache mit dem klangvollen Namen Liselotte und ihn daran erinnerte, dass innere Kritiker immer auch etwas von einem fauchenden und feuerspeienden Drachen haben.
Doch Liselotte hingegen war eigentlich von friedfertiger Natur. Allerdings nur, wenn man sie in Ruhe ließ und ihr nicht ihre Perlenkette aus lauter Liebenskugeln nahm. Denn sonst hätte sie auch zur rasenden Wildsau mit Flügeln auf den Rücken werden können und wäre dann mit blauem Feuer im Herzen durch die Lande gezogen und hätte dort ihren Tribut eisern zurückgefordert.
Fern ihrer eigentlichen Bestimmung, reflektierte Lynn Lonely.

© CRSK, Le, 06/2024

Die 8 reizenden Worte dieser Woche:

  • • Fantasie
  • • Intimität
  • • Blau
  • • Rasend
  • • Fern
  • • Monsignore
  • • Reflektieren
  • • Schwachsinn

Liselotte
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*******ert Frau
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Das schwarze Auto

''Aufräumen wollte ich. Nur aufräumen. Es schaut nach wie vor aus hier, daß es mir selber graust und das will was heißen. So kann man ja auch nicht arbeiten, in so einem Durcheinander. Also muß soviel Zeug wie möglich raus, damit wieder Platz in den Schränken ist und ich wenigstens ab und zu den Boden saugen kann. Klingt, logisch, oder?''

''Ja eh. Zeit wirds. Und wo ist jetzt dein Problem?''

''Kann ich dir sagen. Denn jetzt kommen wir zum unlogischen Teil: Seit ich die Gurksikinder weggegeben habe, werde ich vom Unheil verfolgt. Kaum hatte ich sie an der Brauchbar abgegeben, fing es praktisch aus heiterem Himmel an zu regnen, ich wurde naß und habe mich erkältet. Und das war erst der Anfang.''

''Ach komm, red doch keinen Schwachsinn! Du hast wirklich viel zu viel Fantasie. Neulich hast mir schon weismachen wollen, dieser komische braune Teddy sei böse, also der hätte so eine bösartige Ausstrahlung, und dann bist bis nach Augsburg gefahren um ihn im Bücherschrank auszusetzen weil er dir nicht weit genug weg sein konnte. Und die Sache mit Fredi, also daß du deinen treuen Reisebegleiter nach zwanzig Jahren deiner Schwägerin mitgegeben hast die am anderen Ende Deutschlands wohnt weil er dich angeblich krank gemacht hat! Und dann dieser kleine grüne Elefant, der dir in Stuttgart in der Straßenbahn verloren gegangen ist und um den du dich wochenlang gegrämt hast nur weil er deinem verstorbenen Freund gehört hat! Das ist doch alles nicht normal!''

''Blau. Herr Umnus war blau, nicht grün.''

''Des is doch wurscht jetzt! Blau, grün, gelb! Du machst mich wirklich rasend langsam. Daß man ein Stofftier vermißt das man verloren hat, ok, kann ich verstehen. Aber eine derartige Intimität mit ihnen zu entwickeln, daß man ihnen Gefühle oder gar bösartige Absichten unterstellt, also das geht einfach zu weit Teresa, das mußt du einsehen! Du hast einfach einen totalen Schlag weg seit Andy gestorben ist. Von wegen die Gurksikinder hätten dich mit einem Fluch belegt. Zwanzig Jahre hatten sie es gut bei euch. Zwanzig Jahre! Da können sie doch jetzt mal weiterziehen.''

''Ja schon Giuseppe, aber zu wem halt. Am Ende landen sie bei fiesen, gemeinen Kindern die sie auf den Boden hauen und auf ihnen herumtreten ... dafür hat Andy sie doch nicht gerettet, damals, im Winter, als er sie am Weg zum Getränkemarkt auf einem Fensterbrett im Schnee fand, frierend, einsam und verlassen ...''

Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, heulend schmiß ich mich auf mein Bett und vergrub mich unter der Bettdecke. Von fern hörte ich leise das Klappen der Wohnungstüre. Jetzt war er gegangen. Gut so. Menschen, die Stofftieren eine Seele absprachen, waren kein Umgang für mich.

Wenn Giuseppe wüßte, dachte ich düster, was ich mir für den nächsten Tag vorgenommen hatte. Eingewiesen hätte er mich. So wie man früher unbequeme Frauen in die Irrenanstalt abgeschoben hat. Dabei war ich nicht einmal unbequem, ich hatte lediglich eine andere Sicht auf die Welt als er. Monsignore Giuseppe war sooooo sicher, immer recht zu haben, sicher und geborgen in seiner logischen Bankerwelt. Zahlen lügen schließlich nicht. Mister Supercool mit seiner Sonnenbrille und seinem schicken schwarzen BMW. Wieso waren wir eigentlich befreundet? Zefix!

Am nächsten Tag stieg ich etwas beklommen die Treppen eines heruntergekommenen Mietshauses hoch. Ich hatte Michael im Internet gefunden, über ein You Tube Video, welches nicht nur informativ sondern auch angenehm gestaltet war, und als ich dann auf seiner Website erfuhr, daß er Flüche beseitigen konnte, war ich hin und weg. Genau das was ich brauchte! Eigentlich lebte Michael im Ausland, kam aber in Abständen von etwa einem halben Jahr nach München um hier Sprechstunden abzuhalten. Und ich hatte tatsächlich einen Termin bekommen!

Freundlich lächelnd sah er mich an. ''Du bist tatsächlich mit einem Fluch belegt worden,'' sprach er bedächtig.

Na also, wußte ich es doch!

''Es ist ein Mensch mit dem du eng befreundet zu sein glaubst ...''

Geh weiter, ein Mensch???

''... und der dir seit längerer Zeit sehr kritisch gegenübersteht. Er fährt ein schwarzes Auto und hat eine Seele in derselben Farbe.''

Ein schwarzes Auto? Meinte er etwa Giuseppe??? Niemals!
Michael sah mein ungläubiges Gesicht und lächelte fein.

''Ich kann dir keine Namen nennen, aber offenbar hast du bereits eine Ahnung davon, wer es gewesen sein könnte. Es ist wichtig, der betreffenden Person zu vergeben. Rachegedanken würden nur auf dich selbst zurückfallen und dir nachhaltig Schaden zufügen.
Wir wollen uns nun hier vor das Bild von Erzengel Michael stellen und gemeinsam darum beten, daß der Fluch transformiert werden kann und keine andere unschuldige Seele trifft.''

Der Heilige da oben hat leicht reden, dachte ich später so vor mich hin, als ich am Bahnsteig stand und auf meine U-Bahn nach Hause wartete. Der fährt in einer Woche heim in seinen Urwald und läßt uns in der Großstadt zurück, wo wir uns gegenseitig auf die Füße treten und jeder dem anderen wegen irgendetwas neidig ist. Wie konnte Giuseppe mir das antun? Und mir dann noch ins Gesicht lachen wenn ich ihm mein Herz ausschüttete. Was für ein Unmensch! Das sauber gewienerte Fenster der soeben eingefahrenen Bahn spiegelte mir mein grantiges Gesicht entgegen und ich setzte mich betreten auf einen freien Platz. Wie sollte ich nun mit dieser Situation umgehen? Schließlich sollte Giuseppe nicht erfahren, daß ich von seinem hinterhältigen Tun wußte. Andererseits konnte ich auch nicht weitermachen als sei nichts geschehen. Michael hatte mir geraten, keine überstürzten Entscheidungen zu treffen und meine Sorgen in Gottes Hände zu legen. Wie gesagt, der hatte leicht reden ...

Kaum war ich daheim angekommen und hatte mir einen beruhigenden Tee aufgegossen, klingelte es an der Wohnungstüre. Verdammt! Hatte ich doch nach der letzten Lebensmittellieferung glatt vergessen, die Klingel abzustellen! Wer konnte das denn sein?
Vorsichtig linste ich durch den Spion. Mein Bruder! Ja so eine Überraschung!

''Ja servus Walter, komm rein, was führt dich hierher nach München? Wieso hast denn nix gesagt vorher? Wenn ich jetzt ned daheimgewesen wär?''
''Ach du, ich war rein zufällig in der Gegend und dachte ich schau mal rein. Hör zu, was ich dich fragen wollte, wegen dem Erbe von Papa ... du müßtest mir hier was unterschreiben.''

Mit wachsendem Unglauben las ich das mir vorgelegte Schriftstück. Eine Verzichtserklärung. Ich sollte erklären, darauf zu verzichten, meinen Pflichtteil einklagen zu wollen. Wieso das denn? Wollte man mich über den Tisch ziehen? Was sollte das?
Mein Bruder rutschte etwas unbehaglich auf dem Sessel umher:
''Du das ist reine Formsache, ich mußte das auch unterschreiben. Also denk dir nichts dabei.''

Ja nee, klar. Was als nächstes? Sollte ich vielleicht auch auf die Wohnung verzichten, auf mein Sofa und auf meine Stereoanlage? Noch bevor ich den Mund aufbekam um ihn zu fragen, was denn da gespielt werde, war Walter auf meinen Balkon hinausgetreten.
'Tolle Aussicht hast!'', bemerkte er anerkennend.

Dies war das letzte was ich von ihm in diesem Leben hörte.
Eigentlich hätte ich gedacht, daß Menschen, die aus großer Höhe fallen, noch versuchen sich festzuhalten, oder zumindest schreien. Aber Walter war einfach nur gefallen. Wie ein Stein. Ohne einen Ton von sich zu geben. Nur das leise 'Pflupp' als er unten ankam, das wird mich noch lange begleiten.

Warum der Balkon so plötzlich abgebrochen war, wird noch untersucht. Baumängel. Nona. Die Tauben werden es nicht gewesen sein.

Was glaubt ihr wie ich geschaut habe, als unten vor dem Haus neben der Leiche meines Bruders ein nagelneuer Peugeot 408 geparkt stand. Ein schwarzer Peugeot 408. In der Kühlerhaube sah man das Abbild der Leiche reflektiert. Cooles Motiv dachte ich, und bedauerte ein wenig, daß die Polizei bereits vor Ort war und ich nicht einfach die Kamera hervorholen konnte. Man denkt seltsame Dinge wenn man im Schockzustand ist.

Armer Giuseppe. Ich hatte ihn völlig zu Unrecht in Verdacht gehabt.
Kommende Woche werde ich ihm eine Nudelsuppe kochen - wie von Mamma.

*
*****ree Frau
21.901 Beiträge
Pünktlich um 20 Uhr die neuen acht Wörter für die neue Woche.

° Karriere
° Skipper
° Masken
° perfekt
° Oberfläche
° Bedrohung
° folgenschwer
° Hierachie

Viel Erfolg und Kopfkino!
*****e_M Frau
8.486 Beiträge
Alltagsrezepte
Gerade könnten Skipper wohl Oberwasser haben, denn sie kennen sich aus. Sind mit den glatten und den aufgewühlten Oberflächen vertraut, immer dann wenn es nass wird. Bedrohung und deren folgenschwere Entwicklungsmöglichkeiten können sie einschätzen. Ja, und sie neigen zumeist zu besonnenem Abwägen, unabhängig in welcher Hierarchieebene die Wellenformation einzusortieren ist. Perfekt ausgestattet lassen sie alles an sich abperlen, oft mit maskenartigem Charme. Man könnte also fast davon ausgehen, dass ihre Karrierechancen auch im Alltag sehr gross sind. Doch wenn sie dann nur grinsend aus ihrer sicheren Position die Mannschaft domptieren, gehen die Pläne oft nicht auf und es nutzt die Navigationskunst alleine auch nichts.
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