Etwas Überlänge. Aber für die eigenen Worte nur ein paar Absätze fühlte sich auch nicht richtig an.
Die Freiheit des Schalentiers.
Aus Erfahrung und weil ich es beobachten durfte, kann ich sagen. Wer sich zu einem Schalentier mit Scheren gesellt, kann sicher etwas erleben. Es begann auf folgende Weise.
Beim Entdecken dieser verwunschenen Kaschemme denkt man sich zuerst nicht sonderlich viel dabei. Genauer gesagt erhört man diese Behausung mehr als das man sie erblickt. Was da unter Wasser dauernd „klipp, klapp“ macht liegt unter der ruhigen Wasseroberfläche, wohl mit Absicht, gut verborgen. Ein luftiges Wesen ist, na ja? irgendwie selbsterklärend, etwas windiger unterwegs und würde doch glatt über das Wasser hinweg huschen. Was weder das luftige Wesen noch das Schalentier unten im Wasser bedacht hatten, ist, dass dieses “Klipp, klapp“ auffällt. Zum Glück für beide ist das luftige Wesen, was rhythmische Geräusche angeht, etwas vorgebildet. Dazu gleich mehr. Was dieses Schalentier angeht, ihr kam die Möglichkeit das sich das Klopfen auch durch Stein und Erde ausbreiten könnte erst gar nicht in den Sinn.
Nennen wir unseren Sausewind einfach Luftikus und das Scherenschalentier Schnippi. Während Luftikus in die Tiefe hört und wohl denkt das solch gleichmäßige Paradiddle keinesfalls zufällig entstehen denkt das Schalentier erst gar nicht daran das ihre Alltagsgeräusche aus ihrem Versteck nach oben dringen könnten.
L(inks)r(echts)llRlrr… schlagen Schnippis Scheren gegen Steine und allen möglichen Dingen die nahe um die Behausung verstreut am Grund liegen. Kein Zweifel das diese Schlagfolge bewusst in die Welt gesetzt wird.
„Meisterhaft in die Welt getrommelt“ stellt er fest und lauscht nur ein paar Sekunden verzaubert den Geräuschen.
„Fabelhaft“ raunt er nach wenigen Sekunden.
„Diese Ruhe! Gleichmäßig perfekt. Famos!!“
Schnippi macht das wohl schon eine Zeit da sie dabei nach links, rechts, unten und oben blicken kann und ihre Umgebung auf diese Art beobachtet. Das waren seine Gedanken und Worte, als er diese seltsame Szene beobachtete. Was seltsam war berichtete er mir danach auch. Aber um das zu verstehen, muss man ein paar Dinge über Luftikusse wissen.
Sehen wir uns deshalb diesen Luftikus und auch ein klein wenig den Luftikus im Allgemeinen genauer an. Das ist bei diesem bestimmten hier gerade sehr günstig, weil er eben so selten ruhig steht.
Der Luftikus im Allgemein klopft wegen seinem windigen Wesen mittlerweile erst ein paar Mal zur Sicherheit auf die verschiedenen Dinge. Meist schnell, routiniert die Stabilität prüfend.
Zu oft wurden die entzückenden Schmetterlinge fast immer durch seinen Wind weggeweht. Ihre verzückendes, buntes Geflatter zog oft genug die Aufmerksamkeit dieses ungewöhnlich starrköpfigen Luftikus auf sich. Aber selten standen seine Winde günstig. Der Zauberschmetterling musste mit dem Wind fliegen und er musste sich gegen den Wind annähern. So konnte er den Schmetterling riechen aber das Zauberwesen ihn nicht. Sein unerwartetes Erscheinen und seine unscharfen Formen erschreckten meist das Zauberwesen und mit dem Schreck vergaß es kurz mit den Flügeln zu schlagen.
Zack, blies sein Wind sie wieder weg. Einen Schmetterling von hinten im Wind segelnd brausend auf die Pelle zu rücken war etwas gefährlich und allein durch den eigenen Wind drücke Luftikus auch mit dieser Methode den Schmetterling von ihm weg. Es ist nur seiner Starrköpfigkeit zu verdanken das ihm ein Tanz mit ein, zwei Schmetterlingen gelang.
Was die beiden Luftikusse, die ich kennte, klarstellten war für mich zuerst etwas überraschend. Es ist auch für windige Wesen ein klein wenig anstrengend gegen den Wind zu brausen. Deshalb haben die beiden eine eigentümliche Technik entwickelt. Sie nennen es Deckungsbeitrag.
Ich kann versuchen euch das, was ich verstanden habe, zu erklären.
Egal ob der Luftikus braust oder versucht stillzustehen beides kostet ihm Mühe. Ohne Brausen kommt er nirgendwohin und ohne stillzustehen kann man ihn ja gar nicht sehen. Da hülfe nur kein Luftikus zu sein was ja lächerlich wäre. Diese Mühe ist immer da. Die beiden sagen Fix dazu. Es ist fix das Brausen und Stillstehen ihm Mühe kosten wird. Meistens kann er eine kleine Weile auf seinem eigenen Wind mitfliegen. Das kann aber nur ein Luftikus verstehen.
Die meiste Zeit borgt er sich einfach vom dem ihm umgebenden Wind etwas Luftzug und reitet darauf brausend zum Zielort. Muss er stillstehen lässt er Teile von sich einfach gemächlich mit dem Wind ziehen. Das ist für ihn praktisch, da er ja sowieso bald wieder auf dem Wind reitend weiterbrausen muss. So erklärt sich auch sein nebliges, verschwommenes Aussehen.
Dazu sagten die beiden Windwesen etwas von Variabel. Das ist jetzt nicht ganz meine Welt und deshalb frage ich mich bis heute, was in dieser Gleichung auf der anderen Seite steht. Beide schienen seltsam begeistert während des Gesprächs und ich gebe jetzt einfach die Quintessenz dieses seltsamen Gedankengangs wieder.
Windumsatz minus Variable Mühe deckt wenigstens zu einem Teil Fixe Mühe um Windumsatz (bzw. Windumdrehung) zu winden. Wer daraus schlau werden kann, meinen Glückwunsch! Ich wurde es nicht ganz. Es ging sogar noch weiter!
Sie verstiegen sich in abstruse Theorien, dass das schon fast ein universelles, kosmopolitisches Gesetz ist!
Ich für meinen Teil nahm nur zur Kenntnis das beide entweder rumbrausen oder neblig, verschwommen rumstehen können. Warum, weshalb, wie scheint mir bis heute nicht sonderlich wichtig. Beide sind da, reicht doch. Luftikusdinge für Luftikusse. Absonderlich, aber für die beiden scheinbar wichtig. Sie vergaßen mich in ihrem Gesäusel völlig und pusteten sich bald unverständliche Nebelschwaden um die Ohren.
Man verzeihe mir die etwas lange Beobachtung, aber wenn so ein Luftikus mal stehen bleibt, sollte man sich Zeit nehmen und die Gelegenheit und sogar wenn möglich ihn am Schopf packen. Man sieht klar schon wieder die Nebelschwaden, die von ihm wegtreiben.
Generell bei dem Luftikus besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit das so manches beim Brausen zu stark mit seinem Wind in Bewegung gebracht wird. Blätter und sogar Früchte fallen von Bäumen. Gartenzäune fallen öfter einfach um. Türen klappern und immer pfeift der Wind in Ritzen und Ecken.
Wenn ihm kalt wird und er am Feuer sitzen möchte lässt sein Wind das Feuer stark auflodern. Bevor er sitzt und seine Form annehmen kann, glimmt da nur noch etwas Glut. Will er näher an die Glut leuchtet die mit seinem Wind wieder nur kurz auf. Wir können uns das enttäuschte Gesicht sicher vorstellen. Sicher, schön ist das Lodern für alle die es sehen dürfen. Aber eigentlich war dem Luftikus ja kalt.
Treffen sich zwei Luftikuse…. Das klingt wie der Anfang eines Witzes. Ist es auch. Ich kann die beiden beim zusammen rumwirbeln ja kaum sehen. Sie selbst sagen,
„Wir können das sehr wohl. Wenn aber ein Stein auf den anderen bleiben soll, ist es jedenfalls besser, wenn wir nicht zusammen rumwirbeln.“
Ich glaube den Beiden jedenfalls wenn sie mir das beim Vorbeihuschen zuflüstern. Selbst wenn sie es langsam angehen lassen, ist ihre Gestalt immer noch etwas verschwommen und neblig anzusehen.
Über die Erde kann der Luftikus sehr gut brausen. Ihm gefallen auch die hübschen, netten Igeldamen. Es ist ein Spaß, wenn beide kichern und er um die Dame rumsausen darf. Nur beim Sausen hat der Luftikus eine doch arg verschwommene Form und die Igel Dame stellt entsetzt fest das ihr bewährtes Stachelkleid durch den Luftikus hindurchgeht. Das wiederum stört unseren Luftikus eigentlich nicht. So wird er ihr nach und nach etwas unheimlich. Denn zum einen schützt ihr Stachelkleid nicht mehr wirklich und zum anderen kann sie nicht dauernd den Kopf drehen, während er um sie herumsaust.
Schließlich ist sie auf den Weg irgendwohin und der Luftikus säuselt immer etwas der Art.
“… ich schau schnell mal irgendwohin und bin gleich wieder da…“
Für die Igel Dame klingen irgendwann ich, da und irgendwohin in beiden Ohren gleichzeitig. Er wirbelt halt etwas zu schnell um sie rum.
Irgendwann sind dann beide froh, wenn einer der beiden auf dem Weg irgendwohin nicht mehr zurück zum Ort findet, an dem der andere auch auf dem Weg nach irgendwohin ist. Dort trifft man sich dann gelegentlich und kichert mal wieder kurz. Ob Luftikus mal wieder vorbeibraust oder die Dame gemütlich an ihm vorbeispaziert, weil die Winde ungünstig stehen oder er einfach stehen muss damit seine Schwaden zu ihm zurück oder von ihm wegziehen können, spielen jetzt bei den beiden beim Kichern keine Rolle mehr. Das Wort Deckungsbeitrag will die Igel Dame aber nicht wieder aus seinem Mund hören müssen.
Ach, meine Beiden. Wie immer, wenn es um den Luftikus geht, ist die Zeit verloren. Ich vergesse wie lange ich diesem Luftgespenst schon, hier auf meiner Treppe sitzend, lachend zusehe.
Wie er kichert wenn er Blätter in seinen Windwirbeln über den Boden kreisen lässt.
Wie er ängstlich ziemlich alles in unserem Garten schon abgeklopft hat um sicher zu sein das er nichts beim Vorbeibrausen kaputt macht.
Wie er sich sogar einmal in eine Gänseformation schmuggelte und lachend Tage brauchte um ohne die Hilfe der Formation nach Hause zurückzukommen.
Genau wie jetzt wurde es damals auch schon dunkel. Luftikus stand an diesem Tag schon für seine Verhältnisse verdächtig lange über das Wasser gebeugt. Lange hatte er zugehört und zugeschaut und war sich jetzt sicher das von dort untern nichts auf die Schnelle geborgen werden müsste. Dieses Schalentier war quicklebendig und eigentlich, wenn sie mal lächeln würde, war sie doch auch ein schöner Anblick.
Schnappi blickte kurz nach oben, lächelte und bekam es dennoch mit der Angst zu tun als Luftikus dort oben an einem Stein klopfte und mit Kopf wackelte. Schnappi erzählte mir später, unter uns, unter 8 Augen, dass sie Befürchtete das Luftikus nicht einmal das bisschen Sand berappen konnte, oder wollte, um die Schilfrohre, die sie extra zum Sprechen bis nach oben an die Opferfläche hochgezogen hatte, zu reinigen.
Sie war dort unten zwar zuhause aber
„Essen“.
Oh, meine lieben Beiden. Das ist Frau August! Sie mag es gar nicht, wenn ich nicht sofort komme, wenn das Essen fertig ist.
Hört ihr? Sie klappert schon mit dem Geschirr im Topf rum. Tut mir leid. Frau August darf man nicht warten lassen.
Das empfindet sie als etwas ungezogen. Macht es gut und geht fix nach Hause ihr beiden.