Unsichtbar
Luise Graf schob einen Umschlag über den Tisch.„Fünftausend Euro, eine Telefonnummer und Fotos meines Mannes. Weitere fünftausend erhalten sie, wenn sie geliefert haben. Erledigen Sie den Job in den nächsten zehn Tagen und rufen Sie mich eine halbe Stunde vorher an.“
„Ich dachte, sie wollen Fotos?“
„Seit wann denken Nutten? Ich will ihn ans Bett gefesselt, nackt, mit verbundenen Augen und erigiertem Glied. Benutzen Sie Ihre Strümpfe dazu. Er mag das.“
Acht Tage später schloss die Bankiersfrau mit dem Stiefelabsatz die Tür der Hotelsuite hinter sich und Kälte glitzerte in ihren Augen über der Mündung des Pistolenlaufs. Ohne ein Wort zu sagen, stellte sie eine Champagnerflasche und zwei Gläser auf das Glastischchen.
„Ach du Scheiße. Was ...“
„Mund halten und hinsetzen“, zischte sie.
Sie goss Champagner ein. Weder die Flasche noch die Waffe zitterten in ihren behandschuhten Händen.
„Austrinken. Wenn Sie wieder aufwachen, habe ich meinen Spaß gehab und Sie meinen Mann glücklich gemacht.“
...
„Wenn du kleine Schlampe nicht willst, dass ich dir die Flasche bis zum Anschlag in den Hals ramme, dann sauf das Zeug!“ Sie hob den Lauf der Pistole.
Als sie sah, dass das Glas leer war, zog sie ihren Mantel aus. Darunter trug sie einen schwarzen Lackoverall mit einem Reißverschluss zwischen ihren langen Beinen, der jeden Quadratzentimeter Haut bedeckte.
„In ‚James Bond – Die Welt ist nicht genug‘ gibt es kurz vor Schluss eine Szene, in der er auf einer Foltermaschine mit einem Metallband um den Hals gefesselt ist. Mit weit gespreizten Beinen in schwarzen Strumpfhosen setzt sich Sophie Marceau dem keuchenden James Bond auf den Schoß und erklärt ihm, dass Männer, wenn sie erwürgt werden, eine Megaerektion bekommen.“
Sie zog eine Latexmaske über das Gesicht, nur ein winziger Spalt für die Augen blieb frei. „Ich wollte immer schon einmal wissen, ob das stimmt.“
Ein neuer Tag brach an. Die Gitter vor den Fenstern brachen das Sonnenlicht und zeichneten schwarze Linien auf eine weiße Bettdecke. Der Kriminalbeamte davor hielt ein Foto in die Höhe. A4 und in Farbe. Ein ans Bett gefesselter und mit einem schwarzen Strumpf erdrosselter Detlev Graf, die heraushängende Zunge blau, den Kopf auf die Seite gedreht.
„War wohl diesmal ein bisschen zu viel in der Spritze, was? Hast es dir richtig besorgen lassen von dem Hengst und als es dir kam, ein bisschen zu heftig zugezogen.“
„Es war seine Frau!“
„Scheiße. Erzähl das deinem Luden. Keine Spuren, nur du und der Geldsack waren da.“
„Es war sie!“
„Jo, ganz sicher.“
Er haute ihr eine rein. Und noch eine.
„Sie liegt seit vierzehn Tagen mit einem gebrochen Bein in einem Tiroler Krankenhaus.“