Schatten gelekt
So Sylvie,
vor dem netten Plausch mit Raptor im Salon Schmück in Kreuzberg hatte ich jetzt endlich die Muse, den von dir so vortrefflich lektorierten Text zu sichten und mit einigen wenigen Änderungen versehen, fertig zu stellen.
Wenn Du nochmals drüber geschaut hast und einverstanden bist, werde ich ihn so in meiner Website einstellen.
Da meine Brille auf der anderen Seite von Berlin in der Wohnung meines Sohnes liegt, könnten noch kleine Fehler oder zuviel Absätze drin sein.
Dies werde ich noch ändern, sobald ich wieder klar sehe. ;-}}
Schattenprofil
Ist ja schon alles so, wie beschrieben.
In meinem Profil.
Nuuuur - obwohl gar nicht oberflächlich, doch nicht komplett.
Wenn ich bedenke, dass ich selbst die Sehnsucht nach Erlösung habe, aus dem einen oder anderen Film, einigen lästigen, eingefahrenen Gewohnheiten aussteigen möchte, verstehe ich, dass wir uns hier meist so zeigen, wie wir uns mit uns wohlfühlen.
An und für sich sieht man bei Kennenlernen, wenn's funkt, alle Eigenarten des Gegenüber von der positven Seite. Wunderbar! Denn so haben Beide das Glück, selbst die Chancen und Möglichkeiten all ihrer Facetten zu leben und aus den Schubladen in den Hirnen und Augen ihrer Mitmenschen auszusteigen. Neu zu starten.
Doch ich weiß auch, dass die einzige Chance, mit sich und Anderen glücklich zu werden, in der Annahme unserer Schatten besteht, der Anteile an und in mir, die ich eben nicht mag. Gerade sie sind es ja, die nach Erlösung dürsten. Beim idealen Partner, Chef, Freundeskreis hoffen wir, das zu finden, was uns selbst fehlt.
Sicher hilft uns der neue Kick, die Freude, endlich das Gegenstück gefunden zu haben, die eine oder andere Marotte hinter uns zu lassen. Doch so manches Unerwünschte kehrt, wenn die rosarote Brille verblasst ist, um so störender wieder. Dann sind wir enttäuscht.
Ent-Täuschung ist nun eine gute Sache, wenn ich meine eigenen Täuschungen entdecke, und damit ein Stückchen echter werde. Meist jedoch finde ich den Makel beim Anderen. Da ich ihn vorher so idealisiert habe, kommt mir dann seine anfängliche Art, sich zu präsentieren, wie Betrug vor. Und ich bemerke nicht, dass es eigentlich Selbstbetrug ist. Tragisch! Gemein! Für alle Beteiligten.
Deshalb habe ich beschlossen, hier meine Schattenseiten auch zu zeigen. Zähneknirschend. Etwas ängstlich. Aber überzeugt, dass ich mich nur so ganz schenken kann.
Langer Rede, kurzer (na ja, hätt' ich wohl gerne!) Sinn:
Abgründe und Schatten, Fehler und Ungeliebtes, von Olove
Obwohl mein Wesen im Grunde naiv, optimistisch, phantasieübervoll, liebevoll, ja begeisterungsfähig ist, falle ich immer wieder in Selbstzweifel und Lethargie. Ziehe mich zurück. Dann muss ich niemandem etwas abschlagen, kann mich zuscheissen, ohne jemandem (außer mir selbst) damit auf den Nerv zu gehen. Muss niemanden um Hilfe bitten, kann mich ohne Zeitdruck irgendwann am eigenen Schopf aus dem Dreck ziehen. Mit meinen Texten und Gedichten sogar noch Lorbeeren einheimsen. Als Trösterchen sozusagen.
Weise, aber unglücklich und einsam! Gefickt eingeschädelt, oder?
Entweder ich kriege nach dieser Erkenntnis die Kurve und trete die Flucht nach vorne in die Selbstironie an, oder: Ich nutze die Chance, mich mal wieder selbst zu bedauern.
Richtig. Genau das führt mich dann zur Wut. Zur tiefsten Pein, zur "aus-gedrückten" Wut, wörtlich genau genommen. Ich habe schon einige Nierensteinchen unter längst vergessen geglaubten Schmerzen geboren, habe mit einem Wutausbruch wochenlange Unterleibsschmerzen unter Tränen weggebrüllt.
Obwohl ich weiß, »Wut tut gut!« ( solange sie nicht in Tiraden und Tätlichkeiten ausartet!), hemmt mich mein Gerechtigkeitssinn, die Angst selbst zum Täter zu werden, Wut und Wille auszudrücken. Je nach Ergebnis bin ich dann das gleiche Arschloch für mich, wie der, der mich vorher verletzt hat. Dies umso mehr, da ich weiß, dass ich mit meiner defensiven Art ja fast schon selbst um die Prügel gebeten habe.
Seit ich das begriffen habe, im Job mit Menschen arbeite, die klare, deutliche Ansagen brauchen und dort keine Ausflüchte helfen, weil es im Ernstfall um Leben oder Tod geht, lerne ich Stück für Stück, meine Kraft in Augen, Hände und Stimme zu bringen. Und ab und an das »Arschlochsein« sogar zu geniessen.
Doch das ist der Job. Ob ich das in einer Liebesbeziehung leben könnte oder wollte, bezweifle ich. Zumindest würde ich dort eine etwas feinere Art der Willensäusserung bevorzugen.
Bezweifeln - mich selbst vor allen Dingen - ist eine meiner echten Profifähigkeiten. Positiv gesehen, hält mich das lebenslang offen, Neues zu lernen, in die Position meines Gegenübers zu schlüpfen. Das sind für mich beste Voraussetzungen für Respekt, Würde und Teamarbeit.
Doch auch hier hält mich diese Fähigkeit immer noch zu oft davon ab, rechtzeitig in die Pötte zu kommen. Bis ich geklärt habe, ob es die richtige, tiefe Ahnung ist, oder einfach nur Schüchternheit, ist jeder Traum von Frau entschwunden, hat jemand Anderes das von mir erfundene Snowboard (ein missbrauchtes Einbachnstrassenschild mit Gummiauflage) schon längst vermarktet.
Erfolgreiche Menschen schießen ihre Pfeile kraftvoll ab - ungeachtet der Herzen, die sie auf dem Weg ins Ziel durchbohren. Ihr Vorbild war mir da auch keine Hilfe. Und die zeitweisen Neidattacken weckten nur weitere Zweifel.
Mit vielen Talenten gesegnet, fange ich Vieles an, doch bringe ich nichts davon richtig zur Meisterschaft. Dieser verinnerlichte Vorwurf, mich zu verzetteln, nagt immer noch an meinem Selbstwert - trotz mittlerweile zahlreicher erfolgreicher Gegenbeispiele.
Gerade meine Vielseitigkeit und Neugierde bieten die Chance neue Wege zu entdecken, dem Kreißen des Quadrats Stück für Stück näher zu kommen.
Die unbändige Sehnsucht, verstanden zu werden, lässt mich, wie hier ansatzweise zu bemerken, immer wieder unverständlich, umständlich werden. Zum Glück mit abnehmender Tendenz.
Das hier mutigste Geständnis ist wohl (Räuspern, Scham), dass Zähneputzen als automatisches Programm bei mir einfach nicht funktioniert. Allerdings nur, wenn ich alleine bin, meinen Wunsch nach Nähe und Frau aufgegeben habe, als einsamer Wolf durch die Tage und Nächte schleiche. Sobald es einen schönen Grund gibt, etwas für mich zu tun, liebe ich es mittlerweile, länger im Bad zu stehen als meine Kinder. Das geht jetzt auch, da niemand mehr das Bad blockiert und pünktlich am Bahnhof sein muss. Auch die Tanzabende sind mir dafür ein wolhtuender Trick Siebzehn!
Sogar meine Freude beim Kochen ist weg. Für mich ganz alleine: kein Bock, keine Phantasie nach fünfzehn Jahren meist ungewürdigter Hausmannstätigkeit. Alles schon tausend Mal dagewesen, öde und überhaupt - alleine am Tisch sitzen und essen lockt mich gar nicht.
Da ich jetzt schon lange ohne Partnerin lebe, bin ich so richtig zum Eigenbrötler geworden. Durch den weit entfernten Job, die regelmäßigen Besuche bei meinem Vater nach dem Tod meiner Mutter, den Wegzug meiner Kinder verbringe ich den größten Teil meiner Zeit alleine und/ oder on the Road. Selbst beim Tanzen bin ich deshalb meist einzeln unterwegs. Zwar überall gerne gesehen, doch ohne Bindung. Enge Freunde weit über Deutschland verteilt. Ursprünglich wollte ich den Platz für »Sie« freihalten. Fehlanzeige. Jetzt ist der Platz meist so leblos, dass er sicher niemanden Lebendiges anzieht.
"So! Nun wirst Du micht doch nicht anschreiben! Dann hat es mein Selbstboykott(z)teil ja doch noch geschafft. Ich wäre wohl besser Priester geworden." Ja, das könnte ein glaubwürdiger, letzter Satz in meiner vermeintlichen Eigendemontage sein.
Obwohl? Sicher hast Du in meinen Texten neben dem Nachdenklichen und Tiefen Gegensätzliches, Anziehenderes, entdeckt. Alles zusammen, ist das ein Wildblumen- und Kräuterstrauß, der es mit dem teuersten Bouquet aufnehmen kann.
Übrigens: Du findest darin auch edle, duftende Rosen . Natürlich mit Dornen!