Joaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa..... also das war so:
"Nicht quatschen, machen!"
Das war Cheries Antwort. Hä?
Wie, hä!?!
Ach so, die Frage! Naja, die Frage war keine wirkliche Frage. Wenn ich einen Satz beginne mit den Worten:
"Cherie, was hältst du davon, wenn...."
Dann ist das eine Dingenskirchen für die Mottenkiste. Eine sprachliche Floskel, eine Höflichkeitskrücke. Es wird so dahergesagt unter Eheleuten. So wie "Ich liebe dich"... nach der zehntausendsten Wiederholung ist kaum noch Kraft in diesen drei Worten.
Was? Ach ja, die Nicht-Frage. Sie lautete:
"Cherie, was hältst du davon, wenn ich den Herbst gaaaaanz typisch einläute?"
"Oh, du willst Laub fegen?"
Zack, schon war schlechte Laune.
"Nee, ich dachte, ich koche etwas. Wir haben den ganzen Sommer immer nur gegrillt. Und zwar nicht nur für uns, sondern gleich für Family und Nachbarn mit. Ich will was nur für uns machen."
"Und was?"
"Die drei magischen Worte!"
"Ich liebe dich?"
"Nein"
"Ich mach Wäsche?"
"Nein"
"Ich erschieße Putin?"
"Dicht dran, aber nein"
"Wir sind reich?"
"Nei - EN!"
"Was dann?
"Grünkohl mit Pinkel!"
"Geil!"
"Gell? Ich fahre einkaufen..."
"Whoa whoa whoa... Moment!"
"Wassn?"
"Was kommt da rein?"
"Ein Kassler Braten, jede Menge Bacon und oder durchwachsener Speck, eine dicke Rippe von 2 Kg, mindestens 15 Rauchenden, massenweise Zwieblies und...und...und...."
"Grünkohl?"
"Ach ja, natürlich."
"Und wer soll das alles essen?"
"Wir natürlich!"
"Nö."
"Wie, nö?"
"Das ist alles Schwein, oder?"
"Na klar!"
"Wollten wir nicht kein Schwein mehr essen?"
"Ach Cherie.... was weisst du über Schweinebraten?"
"Alles, was ich muss. Ich mag kein Schwein, ich will kein Schwein, ich esse kein Schwein! Tiere, die sich in ihrer eigenen Scheiße wälzen, mag ich nicht!"
"Schatz" (Kenner unserer Ehe wissen, dass, wenn ich von Cherie auf Schatz wechsele, der Ton ernster wird), "sieh es doch philosophisch."
"Was ist denn bitte philosophisch an einem Braten?"
"Schatz, ein Schweinebraten, oder Rippe oder Kotelett hat durchaus etwas Transzendentales!"
"Ernsthaft?"
"Na klar. Natürlich nur, wenn er gut gemacht ist. Denn es ist ja die Bestimmung des Schweines, gut zu schmecken! Die Sau als entfremdetes Individuum, geworfen in eine gottgleichgültige Welt kann ja als Bestimmung nur das annehmen, was ihre Existenz verursacht und dadurch sinnhaft prägt. Nämlich das Schwein-sein, dem das Bratenhafte bereits innewohnt. Das Schwein muss sich selbst verwirklichen, indem es sich in seine dem Sein-Zweck untergeordnete Rolle als Kassler-Rolle fügt. Klar soweit?"
Lange Pause mit sinnstiftenden, teils bösen Blicken.
"Tom, du hast n Knall."
"Nein, Teile des Textes sind von Dieter Nuhr, also bitte beschwere dich bei ihm!"
"Bring mir bitte eine Extra-Tüte Grünkohl mit, ich koche die auf meine Weise!"
"Okay! Bleibt mehr für mich. Soll ich dir auch Gänseschmalz mitbringen?"
"Was, wofür denn?"
"Darin wird das Fleisch angebraten!" Zugegeben ein leicht tadelnder Unterton, denn das weiß doch jeder!
"Nee, danke. Ich will keinen Gänsedings haben."
"Aber Cherie... (beschwichtigend) sollen wir noch kurz die morphologische Struktur der Gänseleber ausdiskutieren?"
Das war das erste Mal dieses Jahr, dass mit etwas nach mir geworfen wurde. Cherie dampfte schimpfend und fluchend ab und überließ mir die Küche. Wie bitte? Ja klar bin ich ein Arsch. Aber hätte ich ihr gesagt, ich würde die Küche gern zwei Stunden nur für mich haben, wäre sie alle 16 Sekunden hereingezischt und hätte nach dem Rechten gesehen. So geschah es, dass nach zwei Stunden ein wunderbares Gericht zum Verzehr bereit stand. Lecker. Kann ich nur empfehlen.
Tom
PS: 250 g geräucherten, durchwachsenen Speck und eine dicke Rippe in kleine Würfel schneiden und in Gänseschmalz auslassen. Ruhig knusprig werden lassen. Kleingehackte Zwiebeln dazu. Zwei Teelöffel groben, bayrischen Senf dazu. Brühe heißmachen. ACHTUNG: Wer die gelbe Hand benutzt, ist faul! Keine gekörnte, noch sonstige Brühe verwenden. Na gut, außer man hat Gäste, die man schnell wieder loswerden will.
Man "kann" Gemüsebrühe nehmen. Aber auch Kalbsfond, Rinderbrühe oder so. Ich benutze Hühnerbrühe vom Fleischer meines Vertrauens und selbstgemachte Gemüsebrühe 1:1. Dann den Grünkohl dazu. Das Ganze mit Salz und Pfeffer moderat abschmecken. Ca. eine Stunde leise simmern lassen. Den Kasslerbraten dazu, noch einmal eine Stunde simmern lassen. Jetzt die Härte: Den Dopf mit Zugspalt auf den Balkon und eine Nacht durchziehen lassen. Das ist hart! Aber am nächsten Tage noch einmal aufkochen und 15 Minuten vor dem Essen die Rauchenden (meine sind von Bauerngut, das sind die besten!) dazu. Braten raus, in Scheiben schneiden, servieren und glücklich sein!
PS2: Der Wein kommt in den Koch, nicht ins Essen!
PS3: Der wunderbarste Moment war, als ich Cherie knieend, nur mit einem Nachthemd bekleidet, den Pöppes mir zugewandt, mit einer Gabel auf dem Balkon sah und transzendentes Schweinchen mampfen sah...